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DAVID UND SALOMO: VON DER STÄMMEGESELLSCHAFT ZUM KÖNIGTUM

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David und Salomo: Von der Stämmegesellschaft zum Königtum
 
In kulturgeschichtlicher Hinsicht ist im Raum des biblischen Israel um 1000 v. Chr. eine deutliche Zäsur erkennbar. Viele der im 12. und 11. Jahrhundert v. Chr. errichteten Dörfer wurden verlassen. Andere Dörfer entwickelten sich zu Städten. Neue Städte wurden gegründet, teilweise auf den Ruinen der im 12. Jahrhundert zerstörten kanaanäischen Städte. Nicht nur die Philister gründeten ihre Städte an der Küste und bildeten einen Stadtstaatenverband. Auch im Inland bildeten sich Territorialstaaten: die Königreiche Aram, Ammon, Moab, Edom und das Reich von David und Salomo. Kulturgeschichtlich dominiert fortan eine Stadtkultur. Diese neue Städtebildung war notwendige Konsequenz und Instrument der neuen staatlichen Organisation: Die neuen Städte hatten Stadtmauern und befestigte Stadttore, boten so Schutz vor möglichen Feinden und konnten außerdem die anwachsende Bevölkerung aufnehmen. Ferner benötigte der neue Staat eine Gliederung für die Verwaltung, und die Stadt schuf die Bedingungen für eine Differenzierung von Handwerk und Handel. Die Stadt war sichtbarer Ausdruck des neuen politischen Bewusstseins.
 
Die Anlage von Städten hatte zwar bereits in der kanaanäischen Epoche des Landes eine große Tradition gebildet.Insgesamt gesehen stellt die Städtebildung der israelitischen Königszeit aber einen bau- und kulturgeschichtlichen Neuanfang dar.
 
Der Wandel von der Stämmegesellschaft zum monarchisch regierten Nationalstaat vollzog sich im 11./10. Jahrhundert v. Chr. und ist historisch mit dem Benjaminiten Saul, dem aus Bethlehem stammenden Judäer David und dessen Sohn Salomo verbunden. Dieser Wandel war ein komplexer Prozess, der durch mehrere Faktoren ausgelöst war. Es gab äußere Gründe: die Auseinandersetzung mit den Philistern; das Bestreben Israels, in Rivalität mit den gleichzeitig entstehenden Nationalstaaten Ammon, Moab und Edom die politische Führung im Großraum zu übernehmen, wobei wirtschaftliche Gründe, die Kontrolle beziehungsweise Abschöpfung der Handelswege, eine Rolle spielten. Es gab aber auch innere Faktoren: die Rivalität der Stämme untereinander, die Verknappung der Anbauflächen, das Ausbrechen einzelner Clans aus der Stämmesolidarität. So kam es zu einer anfänglich breiten Akzeptanz des Königs, der als eine die inneren Konflikte regelnde und die militärisch-strategischen Probleme auf Dauer sicherer lösende Zentralinstanz angesehen wurde.
 
Es zeigte sich jedoch bald, dass die neue Staatsform Veränderungen im Steuerwesen, in Wirtschaft und Handel sowie besonders in der Sozialstruktur mit sich brachte, die viele im Volk als Rückkehr zu jenen »ägyptischen« Verhältnissen empfanden, deren Ende die Stämmegesellschaft ja gerade als die größte Tat des Gottes Jahwe gefeiert hatte. Dass Salomo zum Ausbau des Jerusalemer Tempels für den neuen Hauptgott Jahwe sowie zum Bau seiner monumentalen Palastanlage, innerhalb deren der Jahwetempel mehr die Funktion einer Palastkapelle als die eines Volksheiligtums hatte, einen von Beamten kontrollierten Frondienst einführte, erschien vielen als »Rückkehr nach Ägypten«. Wie eine Analyse des 2. Buches Mose (1-15) zeigen kann, reagierten »staatskritische« Erzähler auf diesen staatlichen Frondienst damit, dass sie die Geschichte vom Auszug aus Ägypten (Exodus) so erzählten, dass der Pharao und seine Frondienstaufseher Züge des Salomo und seines Beamtenapparats erhielten.
 
Die massivsten Veränderungen vollzogen sich im gesellschaftlichen Bereich. Die weitgehend auf Gleichheit aller Bürger gestützte Gesellschaftsform der Stämmegesellschaft wurde abgelöst durch eine Klassengesellschaft, in der besonders die Kleinbauern durch das System der Schuldknechtschaft in Abhängigkeit von Großgrundbesitzern, Staatsbeamten und Kaufleuten gerieten. Die Gründe, die zur Verarmung vieler Bauern, ja eines großen Teils der Bevölkerung führten, waren vielschichtig. Nach dem Tod Salomos zerfiel das Reich in zwei Teile: Israel im Norden und Juda im Süden; für den Ausbau dieser Staaten war einerseits ein aufwendiger und teurer Verwaltungsapparat notwendig, wobei sich ein starkes soziales Gefälle von der Hauptstadt und den städtischen Verwaltungszentren hin zu Landstädten und Dörfern einstellte. Andererseits war dieser Ausbau nur mit einem hohen Maß an Abgaben und an staatlichem Arbeitsdienst der Bauern zu bewältigen. Unwetter, Dürreperioden, Viehseuchen oder familiäre Unglücksfälle führten die Bauern vielfach in so große Nöte, dass sie oft nur in Schuldknechtschaft überleben konnten.
 
Ähnliche gesellschaftliche Verdrängungsprozesse gab es in dieser Zeit im gesamten Vorderen Orient. Soweit erkennbar, ist dieser Prozess der Verarmung allerdings nur in Juda und Israel im Namen der Religion bekämpft worden - durch den scharfen sozialkritischen Protest der Propheten Amos und Hosea (im Nordreich Israel) sowie der Propheten Jesaja und Micha (im Südreich Juda). Wahrscheinlich hängt das Aufkommen dieser Art von oppositioneller Prophetie im 8. Jahrhundert sogar mit der von diesen Propheten herausgestellten kultur- und sozialgeschichtlichen Krise zusammen. Für sie waren der monumentale Ausbau des Staates und die Konzentration des Reichtums auf wenige nicht ein kultureller Höhepunkt, sondern ein Tiefpunkt der großen humanitären Ideale der Anfangszeit Israels.
 
Prof. Dr. Erich Zenger


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