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BANKEN: VOM GELDWECHSLER ZUM BANKIER

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Banken: Vom Geldwechsler zum Bankier
 
Der moderne Kapitalismus hat eine seiner Wurzeln in Italien. Geld und Kredit gab es zwar schon im antiken Rom und im indischen, chinesischen sowie im islamisch-arabischen Kulturraum. Mit dem Niedergang des Weströmischen Reichs in den Wirren der Völkerwanderung verkümmerten aber der Geldverkehr und das Kreditwesen bis auf kleinste Reste. Zur Zeit der Kreuzzüge entstand durch den grenzüberschreitenden Verkehr eine Art »Frühkapitalismus«. Die Notwendigkeit, unterwegs Waren mit fremden Münzen zu bezahlen, führte zu dem Bedürfnis, das eigene Geld in die orts- oder landesübliche Währung einzuwechseln. In den italienischen Handelszentren wie Genua, Mailand und Venedig schlugen professionelle Geldwechsler ihre Bänke auf, die man banchieri nannte. Diese Geldwechsler dehnten im 12. Jahrhundert ihr Geschäft nach ganz Europa aus, wo man sie wegen ihrer Herkunft Lombarden nannte. Noch heute erinnert daran die aus dem Italienischen stammende Bankterminologie mit Begriffen wie Lombardkredit, Saldo, Agio oder Storno.Die ersten banchieri, die ihre Dienste auch auf Depots und Kredite und eigentliche Beteiligungen ausdehnten, sind um 1200 in Genua nachweisbar, doch blieben ihre Aktivitäten punktuell. Die Wiege des modernen europäischen Bankwesens, das auf einem grenzüberschreitenden Beziehungsgeflecht beruht, stand in Florenz.
 
 Warum ausgerechnet Florenz?
 
Die Frage nach dem Warum führt in der Geschichte selten zu einer klaren und eindeutigen Antwort. Entscheidend sind meist höchst komplexe Konstellationen von topographischen, ökonomischen, technologischen, politischen und soziokulturellen Gegebenheiten und kreativen Einzelpersönlichkeiten. Florenz ist keine Hafenstadt. Sein zunächst bescheidener Wohlstand beruhte auf dem Handwerk und speziell auf der Webkunst und der Textilveredelung, die ein Netzwerk von Import- und Exportverbindungen benötigte. Die Kombination von Handel und Seefahrt mag zwar den Unternehmergeist und die kurzfristige Spekulations- und Risikofreude anstacheln, die im Bankgeschäft wichtige Komponente der qualitätsbewussten, langfristig angelegten Vertrauensbildung entsteht aber nur in Verknüpfung mit einer über Generationen hinweg gepflegten handwerklichen Qualitätskultur. Nur ein über die Dauer berechenbares Geschäft ermöglicht es, Risiken zu verteilen und das Kapital in einem rationalen Verhältnis zu den Gestehungskosten und dem Verkaufspreis gewinnbringend einzusetzen. Banken leben von ihrem Ruf, und ein guter Ruf beruht auf der Fähigkeit, glaubwürdig zu sein und zu bleiben. Banken sind möglicherweise nichts anderes als Häfen des Kapitalverkehrs, und diese von Menschen geschaffenen Häfen liegen vorzugsweise nicht an den exponierten Küsten der Ozeane. Die Florentiner verstanden es im 13. Jahrhundert, in einer Konstellation von Mängeln und von verschiedenen schwierigen Voraussetzungen, die Gunst ihrer historischen Stunde zu nutzen und in der Konkurrenz der Stadtstaaten das lukrativste Gewerbe zu entwickeln. Sie setzten als qualitätsbewusste Handwerker, anders als ihre spekulationsfreudigen Konkurrenten in den Hafenstädten Genua und Venedig, auf bescheidene Verdienstspannen und große Umsätze, kalkulierten scharf und verzichteten auf allzu hohe Risiken. Eine Voraussetzung des Vertrauens schufen sie 1252 mit einer eigenen Münzprägung, dem Fiorino d'oro, der ersten städtischen Goldmünze.
 
Der Florin entwickelte sich zu einer der bedeutendsten Währungen Europas, und er hat mit seinem Kürzel fl. und £ bis in die heutige Zeit seine Spuren hinterlassen. Die Verlässlichkeit des Fiorino d'oro entspricht dem Kunst- und Qualitätssinn der Künstler und Handwerker und der Verlässlichkeit der Kaufleute. Folgender Geschäftsgrundsatz, der auch heute noch jedem Firmenleitbild wohl anstehen würde, ist aus dem Florenz des 13. Jahrhunderts überliefert: »Der Kaufmann darf nie vergessen, dass er schließlich nur fremdes Gut verwaltet und dass er von fremdem Vertrauen lebt.«
 
 »Im Namen Gottes und des Gewinns«
 
A nome di Dio e di guadagno - diese Präambel, die man als Taufspruch des hochmittelalterlichen Bankwesens bezeichnen könnte, wird erstmals in der Buchhaltung von Castra Gualfredi dei Borghesi aus dem Jahr 1253 bezeugt. Aus Tuchhandel und Geldwechsel entstand im 13. Jahrhundert sukzessive ein neuer Wirtschaftszweig: das Bankwesen. Das Herstellen, Veredeln und Vermarkten von Stoffen war auf eine weltweit vernetzte Import-, Export- und Finanzierungsorganisation angewiesen, die sich dann auch für andere Zwecke nutzen ließ. Für ihre profitable Verbindung von Geschäft, Religion, Politik und Kunst ist zu Recht die Familie Medici in die Geschichte eingegangen. Die Medici waren nicht nur Bankiers, sondern stellten auch politische Machthaber, Päpste und Kunstmäzene. Ihre 1397 gegründete Bank ist die berühmteste, aber nicht die einzige Florentiner Bank. In seiner Blütezeit kannte Florenz über 80 Bankhäuser, die in ganz Italien und in ganz Europa ihre Filialen hatten. Die Niederlassungen der Medici befanden sich in Rom, Neapel, Mailand, Venedig und Pisa sowie in Genf, Lyon, Avignon, Brügge, Basel und London. Wirtschaftliche Globalisierung ist also keine neue Erscheinung und sie ist engstens mit einem grenzüberschreitend funktionierenden Bankwesen verknüpft.
 
 Der unersättliche Geldhunger der Mächtigen
 
Bemerkenswert ist der rasche Aufstieg des neuen Geschäfts mit vielfältigen Finanzdienstleistungen, der trotz mittelalterlichen Zinsverbots mit »aktiver Duldung« der Kirche erfolgte. Zwischen den Gründungen im 13. und der ersten großen Blüte im 14. Jahrhundert liegt nur eine Generation. Einer der Gründe ist der Mangel an Edelmetall und das große Transportrisiko. Die weltlichen und kirchlichen Machthaber waren auf Steuern und Ablassgelder angewiesen, um ihren Hofstaat, ihre Heere und Flotten, ihre Bauten und ihre Kreuzzüge zu finanzieren. Dazu brauchte es Kapital, und dieser Kapitalbedarf ist die Wurzel des modernen Kapitalismus, und nicht der »kapitalistische Geist« des Kalvinismus.
 
Der Kapitalismus und das Bankgewerbe als notwendige Infrastruktur sind durch den staatlichen und kirchlichen Abgabenhunger vorangetrieben worden. Der Bedarf an Abgaben war durch Naturalien nicht mehr zu befriedigen, Waren mussten schließlich gegen Geld getauscht werden, und dazu brauchte es die Vermittlung von Kreditinstituten. Die Florentiner Banken standen in direktem Verkehr mit Steuereintreibern und Ablasshändlern, gaben Kredite und kauften Wolle für ihre Textilindustrie, bezahlten dann die kirchlichen Auftraggeber mit dem Erlös der Tuche und kassierten von den Päpsten eine hohe Provision. Der päpstliche Auftrag, für Rom Geld einzuziehen, war ein gutes Geschäft. Die verwandtschaftlichen Bande der Medici-Bankiers und der Medici-Päpste sind wohl auch ein Grund für die zwar einträgliche, aber auf die Dauer nicht haltbare Kombination von Religion, politischer Macht und Kommerz, die schließlich die Reformation auslöste. Es ist kein Zufall, dass eines der bedeutendsten Kunstwerke der Frührenaissance, die zusammen mit Masolino ab 1424/25 ausgeführten Fresken des Masaccio in der Brancacci-Kapelle der Florentiner Kirche Santa Maria del Carmine, die neutestamentliche Szene der Diskussion um die Tempelsteuer darstellt, die das Spannungsfeld von Finanzen, Kirche und Staat versinnbildlicht. Zwei Generationen später wird der Prediger Savonarola den Florentinern zurufen: »Die Zeremonien, die man heute in der Kirche feiert, finden nicht mehr zu Ehren Gottes statt, sondern um des Geldes willen.« Er wird dafür 1498, an der Schwelle zur Neuzeit, gehängt und verbrannt.
 
Dr. Robert Nef


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