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ABCWAFFEN: MASSENVERNICHTUNGSMITTEL

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ABC-Waffen: Massenvernichtungsmittel
 
Unter Massenvernichtungsmitteln versteht man Kernwaffen sowie chemische und biologische Waffen. Wenige Waffen dieser Art reichen aus, um weite Gebiete zu kontaminieren und große Teile der Bevölkerung zu vernichten. Vor allem durch die Entwicklung von Kernwaffen entstand zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit die Gefahr, dass diese sich in einem Atomkrieg selbst auslöschen könnte. Strategien zielten daher seit Beginn des Kalten Kriegs darauf ab, den Einsatz dieser Waffen durch Abschreckung zu vermeiden. Tatsächlich ist es zwischen den beiden Machtblöcken niemals zu einem Einsatz von Kernwaffen gekommen. Das beweist indes nicht, dass die Lage auch auf Dauer stabil geblieben wäre. Kontrovers wird diskutiert, ob nach dem Ende des Ost-West-Konflikts die atomare Gefahr bereits gebannt ist oder ob die Welt nicht sicherer wäre, wenn alle Massenvernichtungswaffen verschrottet würden. Diese Meinungsverschiedenheit betrifft nur die Kernwaffen, da inzwischen ein weit reichender internationaler Konsens besteht, dass chemische und biologische Waffen vollständig vernichtet werden sollten.Während Kernwaffen bisher einmal — 1945 zur Zerstörung der japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki — eingesetzt wurden, hat es bis heute schon mehrfach Chemiewaffeneinsätze gegeben, so zum Beispiel zu Anfang der Achtzigerjahre in Irak gegen die Kurden. Über die Verwendung biologischer Waffen gibt es bisher lediglich Spekulationen. Die Gefahr, dass diese zukünftig eingesetzt werden, ist aber groß.
 
Sowohl internationale als auch nationale Bemühungen sind darauf ausgerichtet, die Gefahren, die von Massenvernichtungsmitteln ausgehen, zu verringern. Man unterscheidet zwei Ansätze: Zum einen ist man bestrebt, bereits bestehende Potenziale abzubauen und weitere quantitative und qualitative Aufrüstung zu verhindern (vertikale Proliferation), zum anderen soll die Verbreitung in weitere Staaten und substaatliche Einheiten verhindert werden (horizontale Proliferation). Möglichkeiten, die Realisierung dieser Ziele voranzutreiben sind unter anderem: internationale Rüstungskontrollverhandlungen, Abrüstungsverträge und Exportkontrollen; Zusammenarbeit, um Schmuggel und Sabotage zu verhindern oder technische Probleme der Abrüstung zu lösen; Einführung von internationalen Standards entsprechenden Schutzmaßnahmen für sicherheitsempfindliche Anlagen und Materialien auf nationaler Ebene; Einrichtung regionaler Kontrollinstitutionen (zum Beispiel durch die Europäische Atomgemeinschaft, EURATOM) und Verifikationsmaßnahmen verschiedener Verträge (zum Beispiel Sicherungsmaßnahmen der Internationalen Atomenergie-Behörde, IAEO). Darüber hinaus prägen Traditionen, ungeschriebene Regeln, informelle Kontakte und gemeinsame Überzeugungen die internationale Zusammenarbeit. Zur Bezeichnung all dieser expliziten und impliziten Instrumente hat sich in der Politikwissenschaft auch der Begriff »Nichtverbreitungsregime« eingebürgert.
 
Ein schwer wiegendes Problem der Rüstungs- und Rüstungsexportkontrolle ist die »zivilmilitärische Ambivalenz« der involvierten Technologien: Beispielsweise können Plutonium und hochangereichertes Uran sowie ihre Produktionstechnologien sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden. Solche Ambivalenzen gibt es auch bei Chemie- und Biotechnologien. Kontrollkriterien können daher nicht nur rein technisch definiert werden, sondern müssen sich auch auf deklarierte Verwendungszwecke stützen. Eine unausweichliche Folge der Nichtverbreitungsbemühungen ist damit auch eine zunehmende internationale Kontrolle ziviler Industrien.
 
 Kernwaffentechnologien
 
Man unterscheidet verschiedene technische Generationen von Kernwaffen: Die »erste Generation« beruht nur auf der Kernspaltung. Bei einer Kernexplosion läuft im Kernspaltmaterial eine Kettenreaktion ab. Dieses Kernspaltmaterial ist Plutonium oder hoch angereichertes Uran, abgekürzt: HEU (Highly Enriched Uranium). Die Kettenreaktion kommt nur dann zustande, wenn ausreichende Mengen dieses Materials zusammengefügt werden: Dann treffen Neutronen, die bei einer Kernspaltung frei werden, wieder auf neue Kerne und erzeugen weitere Kernspaltungen, statt nur verloren zu gehen. Während einer Kernexplosion wächst die Zahl der Neutronen immer stärker an, in einem Kernreaktor bleibt sie dagegen immer konstant. Bei jeder Spaltung wird Energie frei. Eine Kettenreaktion dauert nur wenige Millionstel Sekunden, dann fliegt die Anordnung wegen der hohen freigesetzten Energie wieder auseinander. Die Explosionsenergie liegt in der Größenordnung derjenigen Energie, die die Explosion von mehreren tausend Tonnen konventionellen Sprengstoffs, zum Beispiel TNT (Trinitrotoluol), freisetzen würde. Man misst sie daher mit der Einheit »Kilotonnen TNT-Äquivalent« (kt TNT). Solange eine Kernwaffe nicht gezündet wird, darf das Spaltmaterial nicht zusammengefügt sein, denn sonst könnte die Kettenreaktion schon durch ein zufällig vorhandenes Neutron ausgelöst werden. Die Technik der Zündung besteht also darin, das Material schnell zusammenzufügen und die Kettenreaktion durch Anfangsneutronen zu starten. Die Entwicklung einfacher Kernwaffen ist auch ohne Versuchsexplosionen möglich.
 
Ein Staat, der sich Kernwaffen verschaffen will, benötigt entweder Plutonium oder hoch angereichertes Uran bzw. die Technologien zu seiner Herstellung. Technische Bemühungen zur Nichtverbreitung konzentrieren sich daher besonders auf die Bewachung und Kontrolle dieser Materialien und Technologien. Weder Plutonium noch hoch angereichertes Uran kommen in der Natur vor. Hoch angereichertes Uran produziert man mit Natururan in Anreicherungsanlagen, Plutonium aus abgebrannten Brennelementen mittels der Wiederaufarbeitungstechnologie.
 
Anreicherungsanlagen werden auch in der zivilen Kernenergie für die Produktion von schwach angereichertem Uran für den Reaktorbrennstoff benötigt. Dieses Uran ist selbst nicht waffentauglich, aber zivile Anlagen lassen sich zur Produktion von hoch angereichertem Uran umrüsten. In geringem Maße wird sogar der Bombenstoff HEU selbst zivil verwendet. Plutonium wird dagegen in großem Umfang auch zivil genutzt. Einige Staaten haben aber aus wirtschaftlichen oder politischen Gründen auf die Wiederaufarbeitung und zivile Nutzung von Plutonium verzichtet, so zum Beispiel die USA. In Deutschland ist es den Kraftwerksbetreibern gegenwärtig (1998) noch freigestellt, ob sie den Brennstoff wiederaufarbeiten oder direkt entsorgen wollen. Wie beim Uran gibt es auch beim Plutonium verschiedene Zusammensetzungen. Aber im Gegensatz zum schwach angereicherten Uran ist zivil genutztes Plutonium für Kernexplosionen geeignet, wenngleich dieses Verfahren mit zusätzlichen technischen Schwierigkeiten befrachtet ist.
 
Unter der »zweiten Generation« von Kernwaffen versteht man solche, die neben der Kernspaltung die Fusion von leichten Kernen, unter anderem von Wasserstoffisotopen, ausnutzen. Deshalb werden sie auch Wasserstoffbomben genannt. Sie erlauben wesentlich energiereichere Kernexplosionen als reine Kernspaltwaffen. Bevor ein Staat Wasserstoffbomben entwickeln kann, benötigt er umfangreiche technische Erfahrung auf dem Gebiet der Entwicklung von Kernwaffen der »ersten Generation«, einschließlich einer Vielzahl von Versuchsexplosionen.
 
Die »dritte Generation« von Kernwaffen ist nie entwickelt worden. Sie wurde aber in den Achtzigerjahren im Zusammenhang mit der Strategischen Verteidigungsinitiative der USA (SDI) intensiv diskutiert. Man versteht darunter solche Kernwaffen, die vor allem nur eine bestimmte Art von Energie in eine Vorzugsrichtung abstrahlen. Dazu zählten in der Planung weltraumgestützte Röntgenlaser oder Mikrowellenwaffen. Ihre Entwicklung wäre eine Fortsetzung des qualitativen nuklearen Rüstungswettlaufs gewesen und hätte umfangreiche Nukleartestserien erfordert.
 
 Aufrüstung und Abrüstung
 
Im Zuge des Ost-West-Konfliks gab es einen beispiellosen nuklearen Rüstungswettlauf. Existierten Ende 1945 weltweit sechs Sprengköpfe, besaßen die USA 1949 bereits 235 und die Sowjetunion einen. Der Höchststand wurde 1986 mit rund 23000 amerikanischen und 40000 sowjetischen Sprengköpfen erreicht. Hinzu kamen je einige Hundert Kernwaffen in Großbritannien, Frankreich und China. Berühmt wurde damals der Begriff Overkill; er gibt an, wie oft sich die Menschheit mit diesem Kernwaffenarsenal auslöschen könnte. Neben der quantitativen Aufrüstung fand seit den späten Vierzigerjahren ein qualitativer Rüstungswettlauf statt. Im November 1952 explodierte die erste amerikanische und im August 1953 die erste sowjetische Wasserstoffbombe. In den Ausbau ihrer Forschung und Entwicklung sowie ihrer jeweiligen Produktionskomplexe investierten die USA und die Sowjetunion ganz massiv. Die Zahl der Variationen und die Explosionsenergie der Bomben nahmen zu. Die energiereichste Nuklearexplosion mit 58 Mt, das entspricht der Sprengenergie von etwa 30000 Hiroshima-Bomben, wurde 1961 von der Sowjetunion gezündet.
 
Allein in den Fünfzigerjahren wurden Hunderte von Nukleartests — fast alle überirdisch — durchgeführt. Wegen ihrer spektakulären Sichtbarkeit und ihres gefährlichen radioaktiven Niederschlags nahm man diese Tests als Symbol des Schreckens im nuklearen Rüstungswettlauf. Forderungen nach einer schnellen Beendigung der Versuche und nach Abrüstung mehrten sich. 1958 wurden Verhandlungen zu einem Teststoppvertrag aufgenommen, aber es kam nur zu Vertragsabschlüssen, die die Tests auf unterirdische Explosionen begrenzten (Teststoppabkommen 1963) und die maximale Explosionsenergie der Versuche auf 150 kt festlegten (Testschwellenvertrag 1974). Erst im Jahre 1996 konnte ein vollständiges Teststoppabkommen unterzeichnet und der qualitative nukleare Rüstungswettlauf beendet werden.
 
Bereits 1946 hatte es — wenngleich vergebliche — Bemühungen gegeben, den nuklearen Rüstungswettlauf zu begrenzen. Nach einem Vorschlag des amerikanischen Rüstungsexperten Bernard M. Baruch von 1946 sollten alle Kernwaffen vernichtet und die Kontrolle über Nuklearmaterial und Nuklearindustrie einer internationalen Behörde unterstellt werden. Dieser Baruchplan scheiterte 1948 am Veto der UdSSR im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Fortschritte in der Rüstungskontrolle ab den Sechzigerjahren gründeten im Wesentlichen in der Überzeugung beider Supermächte, dass Verträge vor allem die Lage global zu stabilisieren vermochten. Dazu diente beispielsweise der ABM-Vertrag von 1972. Er sollte die Funktionsfähigkeit der Abschreckung garantieren, indem er Waffensysteme verbietet, die einen Zweitschlag abwehren könnten. Die beiden SALT-Verträge von 1972 und 1979 und der INF-Vertrag von 1987 zielten auf die Begrenzung von Interkontinentalraketen bzw. Mittelstreckenwaffen; weitere Verhandlungen und Verträge bezogen sich auf die Einrichtung kernwaffenfreier Zonen sowie auf Stationierungsverbote im Weltraum und auf dem Meeresboden.
 
Bedeutende Abrüstungsschritte wurden jedoch erst nach dem Ende des Ost-West-Konflikts möglich. Die beiden START-Verträge von 1991 und 1993 legten fest, die Zahl der strategischen Sprengköpfe bis zum Jahr 2003 auf 3500 (USA) und 3000 (Russland) zu reduzieren und die entsprechenden Trägersysteme zu zerstören. Wenngleich diese Verträge nicht die Zerstörung der Sprengköpfe vorsehen, haben beide Seiten freiwillig mit deren Demontage begonnen. Die technischen Kapazitäten hierfür sind jedoch begrenzt. Ein großes Problem ergibt sich vor allem daraus, dass riesige Mengen HEU und Plutonium frei werden. Sie müssen in einer Weise entsorgt werden, die eine schnelle Wiederaufrüstung erschwert und die Weiterverbreitung verhindert. Der größte Teil dieses Materials soll zu zivilem Reaktorbrennstoff umgewandelt werden. Dieser Prozess wird noch Jahrzehnte in Anspruch nehmen. Experten schätzen die Menge des militärischen HEU auf weltweit etwa 1700t, das reicht für den Bau mehrerer Hundertausend Sprengköpfe. Nur knapp die Hälfte davon wird offiziell als überschüssig angesehen, und davon sind nur 10t unter internationaler Kontrolle. Die Zahlen für Plutonium sind vergleichbar.
 
 Nichtverbreitung von Kernwaffen
 
Eng verknüpft mit dem Problem der Auf- und Abrüstung ist das der Nichtverbreitung von Kernwaffen. 1962 prophezeite der damalige amerikanische Präsident John F. Kennedy, dass es zum Ende des Jahrhunderts etwa bis zu 30 Kernwaffenstaaten geben werde. Die Bemühungen um Nichtverbreitung führten 1968 zur Unterzeichnung des Nichtverbreitungsvertrags (NVV), früher auch Kernwaffensperrvertrag genannt. Dieser Vertrag, der seitdem der zentrale Eckpfeiler des Nichtverbreitungsregimes ist, unterscheidet zwischen den Kernwaffenstaaten — laut Definition nur diejenigen, die vor dem 1. Januar 1967 eine Kernwaffe gezündet hatten — und Nichtkernwaffenstaaten. Die Nichtkernwaffenstaaten gingen die Verpflichtung ein, sich keine Kernwaffen zu verschaffen und dies durch die IAEO überprüfen zu lassen, die Kernwaffenstaaten sagten zu, über vollständige nukleare Abrüstung zu verhandeln. Alle Unterzeichner sind verpflichtet, bei der zivilen Kernenergienutzung in Zukunft zusammenzuarbeiten. Der NVV ist der einzige Vertrag geblieben, in dem die vollständige nukleare Abrüstung als Ziel festgeschrieben ist. Im Jahre 1995 wurde er für unbegrenzte Zeit verlängert. Gleichzeitig legte man fest, dass die regelmäßige Überprüfung des Vertrags verstärkt werden soll und dass dafür eine Liste von Kriterien zu beachten sei. Außerdem wurden das Ziel der »vollständigen nuklearen Abrüstung« bekräftigt und ausdrücklich einzelne Maßnahmen, zum Beispiel der Teststoppvertrag, als diesem Ziel förderlich benannt. Die Prinzipien und Ziele haben die beiden Normen der Nichtverbreitung und Abrüstung weiter gestärkt. Inzwischen sind alle fünf offiziellen Kernwaffenstaaten — die USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich — Unterzeichner des Nichtverbreitungsvertrags.
 
Kernwaffen fanden tatsächlich weit weniger Verbreitung, als Kennedy dies zu Anfang der Sechzigerjahre noch befürchtet hatte. Trotzdem gab es immer wieder Problemfälle: Neben den fünf offiziellen Kernwaffenstaaten verfügen heutzutage auch Israel, Indien und Pakistan über die technische Fähigkeit, Kernwaffen herzustellen und besitzen vermutlich ein Arsenal dieser Waffen. Diese drei Staaten weigern sich, dem NVV als Nichtkernwaffenstaaten beizutreten. Im Frühjahr 1998 zündeten Indien und Pakistan einige nukleare Sprengsätze und erklärten sich als Kernwaffenstaaten. Dieser Status wird von der internationalen Gemeinschaft nicht akzeptiert. Andere Probleme konnten indes gelöst werden: Brasilien und Argentinien unterhielten beide Kernwaffenprogramme, haben diese inzwischen aber aufgegeben. Stattdessen ist seit 1996 der erweiterte (zweite) Tlatelolco-Vertrag in Kraft, mit dem ganz Südamerika zu einer kernwaffenfreien Zone erklärt worden ist. Der Vertrag schließt die Verpflichtung einer genauen Verifikation des Verbots von Kernwaffenbeschaffung ein. Die Republik Südafrika war im Besitz von sechs Kernsprengkörpern, die sie wieder demontiert hat. Inzwischen ist das Land dem Nichtverbreitungsvertrag beigetreten und lässt seine Nuklearanlagen von der IAEO inspizieren. So ist Südafrika weltweit das erste Land, das nuklear vollkommen abgerüstet hat. Die Verifikation dieser Abrüstung ist daher als ein wichtiges Lehrstück für zukünftige vergleichbare Bemühungen. Irak hatte trotz NVV-Unterzeichnung ein umfangreiches Beschaffungsprogramm, das erst nach dem Golfkrieg von 1991 entdeckt und von einer Expertenkommission der Vereinten Nationen gestoppt wurde. Auch Nord-Korea, ebenfalls ein NVV-Unterzeichner, wurde überführt, geheime Beschaffungsaktivitäten zu betreiben. Diese Erkenntnis kann als Erfolg der Verifikation gewertet werden. Auch Iran wird von den USA verdächtigt, ein geheimes Kernwaffenprogramm zu unterhalten, allerdings fehlen bisher die Beweise.
 
Das Nichtverbreitungsregime hat im Laufe der letzten Jahrzehnte immer mehr an Bedeutung gewonnen. Viele Staaten, die anfänglich nur zögernd dem Nichtverbreitungsvertrag beigetreten sind, haben sich inzwischen zu aktiven und konstruktiven Befürwortern entwickelt, so auch die Bundesrepublik Deutschland, die 1995 aktiv für seine unbegrenzte Verlängerung und für eine universelle Beteiligung geworben hatte. Zu Anfang der Neunzigerjahre haben Deutschland und andere Industriestaaten ihre Exportkontrollen optimiert und konnten dabei viele Lücken schließen. Es wurden so auch Lehren aus dem »Fall Irak« gezogen — ein Land, das für sein Kernwaffenprogramm viele Technologien des Westens, auch aus Deutschland, verwertet hatte. Überdies sind in den letzten Jahren die Sicherungsmaßnahmen der IAEO reformiert worden. Einen wichtigen Fortschritt stellen auch weitere schon eingerichtete oder geplante kernwaffenfreie Zonen dar. Neben der südamerikanischen sind dies Zonen in Afrika, im Südpazifik und in Südostasien. In Zukunft könnten weitere in Zentralasien und in Ostmitteleuropa hinzukommen.
 
 Eine kernwaffenfreie Welt?
 
Die vollständige nukleare Abrüstung ist seit dem Ersteinsatz von Kernwaffen im Jahre 1945 eine immer wiederholte Forderung, die als roter Faden alle Rüstungskontrollverhandlungen durchzieht. Die Forderung nach Abrüstung von Kernwaffen hat seit der NVV-Verlängerung an Bedeutung gewonnen und wird zunehmend vor allem von den blockfreien Staaten erhoben. Die Kernwaffenstaaten selbst betrachten eine kernwaffenfreie Welt als unrealistisch, jedenfalls auf absehbare Zeit. Die Befürworter der Abschaffung von Kernwaffen führen an, dass sie andernfalls früher oder später doch zum Einsatz kommen würden, dass sie nach dem Völkerrecht inhumane Waffen seien und dass der NVV ihre Abschaffung gebiete. Die Gegner führen ins Feld, Kernwaffen seien für die Abschreckung unerlässlich. Außerdem könne die vollständige Abrüstung niemals restlos überzeugend verifiziert werden. So gilt: Eine kernwaffenfreie Welt ist nur dann ein realistisches Ziel, wenn diese Argumente widerlegt werden können, mit anderen Worten: wenn die Sicherheitsbedürfnisse auf überzeugende Weise auch ohne Kernwaffen befriedigt werden können.
 
Das Interesse der Kernwaffenstaaten richtet sich traditionell in erster Linie auf die Nichtverbreitung, weniger auf die Einlösung eigener Abrüstungsverpflichtungen. Zugleich wollen sie insbesondere die drei Staaten außerhalb des NVV, Indien, Pakistan und Israel, in Abrüstungs- und Kontrollverpflichtungen mit einbeziehen. Das hatte zur Folge, dass Russland, China und Großbritannien im Teststoppvertrag von 1996 auf einer Klausel bestanden, die den Vertrag nur dann in Kraft treten lässt, wenn ihn auch diese drei Staaten außerhalb des NVV ratifiziert haben. Vor allem Indien machte jedoch geltend, dass die Abrüstungsverpflichtungen der Kernwaffenstaaten gegenwärtig noch zu wenig berücksichtigt seien, und weigert sich, den Vertrag zu unterzeichnen. Die Inder bestanden entschieden auf Verhandlungen, die einen Zeitplan für »vollständige nukleare Abrüstung« festlegen sollen. Diese fatale Zuspitzung zwischen den vermeintlich gegensätzlichen Zielen Abrüstung und Nichtverbreitung hatte auf der Genfer Abrüstungskonferenz zu einer Blockade geführt. Nach ihren Nukleartests 1998 gaben die Inder jedoch ihre starre Haltung auf, und die Abrüstungskonferenz wurde wieder handlungsfähig. Seit 1999 finden dort Verhandlungen über einen Vertrag zur Beendigung der Produktion von Spaltmaterial für Kernexplosionszwecke (cut-off) statt.
 
Der cut-off hätte zur Folge, dass Verifikationsmaßnahmen auch in den Kernwaffenstaaten eingeführt würden. Zur Zeit gibt es Sicherungsmaßnahmen der IAEO nur in Nichtkernwaffenstaaten, obwohl sich der größte Teil des waffentauglichen Nuklearmaterials und entsprechender Anlagen in den Kernwaffenstaaten befindet. Nach dem Zerfall der Sowjetunion Ende 1991 und dem Beginn umfangreicherer nuklearer Abrüstung entstanden in Russland große Probleme mit der Sicherung, Kontrolle und Umwandlung (Konversion) des militärischen Nuklearkomplexes. Technische und juristische Standards nach westlichem Vorbild fehlten zunächst völlig und werden erst allmählich mithilfe internationaler Zusammenarbeit implementiert. Je größer der Anteil internationaler Kontrollen auch in Kernwaffenstaaten ist, desto eher entwickelt sich dort auch eine disziplinierte Kultur der Materialbuchhaltung und -sicherung. Dies wäre eine der wesentlichen Voraussetzungen für die Verifikation einer kernwaffenfreien Welt.
 
Es gibt viele realistische Schritte, die ergriffen werden könnten, ohne dass bereits eine Entscheidung über vollständige nukleare Abrüstung gefällt werden müsste — beispielsweise ein Vertrag zur Limitierung oder Abschaffung von taktischen Kernwaffen, die Verifikation der Demontage von Kernsprengköpfen, der Verzicht auf einen Ersteinsatz, die Einrichtung weiterer kernwaffenfreier Zonen, die Einführung von Transparenz- und IAEO-Sicherungsmaßnahmen auch in Kernwaffenstaaten oder die vertragliche Festlegung auf das Prinzip der Irreversibilität von Abrüstungsmaßnahmen. Ein Beispiel für letzteren Abrüstungsschritt wäre das Verbot, Nuklearmaterial, das für zivil deklariert worden ist, wieder militärisch zu verwenden.
 
 Chemische und biologische Waffen — Begriffsbestimmung, Produktion und Einsatz
 
Unter dem Begriff »chemische Waffen« (C-Waffen) werden gemeinhin alle Chemikalien subsumiert, die mit dem Ziel hergestellt oder eingesetzt werden, ihre Giftigkeit (Toxizität) gegenüber Mensch oder Tier als primäre Waffeneigenschaft auszunutzen. Entscheidend ist mithin das Zweckkriterium, nicht die Toxizität einer Chemikalie an sich.
 
Die Geschichte der modernen Kriegführung bietet einen reichen Fundus an nachgewiesenen oder vermuteten C-Waffen-Einsätzen, besonders im Ersten Weltkrieg. Damals kamen von etwa 150000t produzierten chemischen Kampfstoffen knapp 125000t zum Einsatz, und zwar hauptsächlich Chlorgas und Phosgen. Zwischen den beiden Weltkriegen wurde die Kampfführung mit Giftgasen wiederholt geächtet, so vor allem im Genfer Protokoll von 1925, das vom Deutschen Reich 1929 ratifiziert wurde. Bis Ende 1935 unterzeichneten freilich nur 38 Staaten das Protokoll, und 17 dieser Staaten behielten sich das Recht eines Vergeltungsschlags mit C-Waffen vor, sollten sie selbst von einem solchen Angriff betroffen sein. Trotz dieses völkerrechtlichen Verbots setzte Italien während des Kriegs gegen Abessinien (das heutige Äthiopien) 1935/36 C-Waffen ein, ebenso Japan im Japanisch-Chinesischen Krieg (1937—45). Mit Ausnahme von Japan verzichteten allerdings die anderen Krieg führenden Staaten im Zweiten Weltkrieg darauf, in Kampfhandlungen chemische Waffen einzusetzen. Dies muss verwundern, da chemische Kampfstoffe damals nicht nur bereits erforscht und entwickelt waren, sondern überdies im großen Umfang insbesondere in den deutschen, britischen, amerikanischen und sowjetischen Militärarsenalen lagerten. Vermutlich gründete der unterbliebene Einsatz hauptsächlich in der Angst vor Vergeltungsschlägen.
 
Auch nach 1945 schritt die weitere Entwicklung von chemischen Waffen stetig voran. Die Kampfstoffe Tabun und Sarin, bereits vor dem Krieg in Deutschland entwickelt, wurden bei verschiedenen Streitkräften eingeführt, ferner neue zusätzlich entwickelt. Von diesen sind die hoch toxischen phosphororganischen Ester besonders hervorzuheben, die unter dem Tarnnamen »V-Stoffe« bekannt wurden, insbesondere der nervenschädigende VX-Kampfstoff. Daneben entwickelten militärische Forschungslabors auch Reizgase und psychoaktive, Halluzinationen hervorrufende Stoffe, die man anschließend in großem Stil produzierte und bevorratete. Sowohl während des Korea- als auch während des Vietnamkriegs wurden Anschuldigungen laut, es seien chemische Waffen als Mittel der Kriegführung verwendet worden. Für den Vietnamkrieg ist dieser Einsatz belegt. Im 1. Golfkrieg setzte Irak ab 1984 Senf- und Nervengase gegen Iran ein.
 
Als biologische Waffen (B-Waffen) gelten lebende Organismen jeglicher Art oder aus diesen gewonnene infektiöse Stoffe, die Menschen, Tiere oder Pflanzen verseuchen oder vernichten können. Gemeinhin wird dabei zwischen Bakterien, Rickettsien und Viren unterschieden. Die Wirkung dieser Waffen beruht auf der Reproduktion der verwendeten Organismen, die dann den Ausbruch einer Infektionskrankheit (zum Beispiel Pest oder Milzbrand) nach sich ziehen oder indirekt wirken, indem sie Tiere und Pflanzen befallen und damit die Nahrung der Menschen verseuchen oder unmittelbar infektiöse Erkrankungen hervorrufen. Toxine, von Mikroorganismen gebildete Giftstoffe, werden in aller Regel ebenfalls dieser Kategorie zugeordnet. Neben den bereits erwähnten Bakterien kommen auch Pilze als Produzenten von Toxinen infrage.
 
Das verhältnismäßig geringe Ausmaß der für die Produktion erforderlichen Infrastruktur macht es überaus schwierig, die Einhaltung des Herstellungsverbots, im B-Waffen-Abkommen von 1972 festgeschrieben, zu überprüfen. Anders als bei Nuklearwaffen oder C-Waffen sind im Falle der biologischen Waffen keine großflächigen Anlagen oder Testeinrichtungen erforderlich. Im Prinzip könnte sie jedes pharmazeutische Labor einer Universität oder eines Industriebetriebs produzieren. Diese Waffen haben bisher praktisch keine größere (nachgewiesene) Verwendung gefunden. Nichtsdestoweniger besteht die Notwendigkeit der Kontrolle, da biologische Waffen einfach herzustellen sind und eine immense Zerstörungswirkung entfalten. Beispielsweise könnten 100 kg effizient ausgebrachter Milzbrandsporen bei einem Angriff auf eine dicht bevölkerte Großstadt bis zu drei Millionen Opfer nach sich ziehen. Die Wirkung wäre vergleichbar dem Einsatz einer Kernexplosion mit der fünfzigfachen Stärke der Hiroshima-Bombe.
 
 Das B-Waffen-Abkommen
 
Das B-Waffen-Abkommen von 1972, das 113 Staaten unterzeichneten, trat 1975 in Kraft. Darin verpflichteten sich die Vertragsparteien, keine biologischen Waffen (einschließlich Toxinen) zu entwickeln, herzustellen, zu lagern, auf andere Art und Weise zu erwerben oder zurückzubehalten. Ausgenommen von diesem Verbot sollte der Umgang mit entsprechenden Stoffen und Mitteln zu friedlichen Zwecken sein. Außerdem verpflichteten sich die Unterzeichnerstaaten, eventuell vorhandene Bestände zu vernichten, sie nicht weiterzugeben und Dritte auch sonst in keiner Weise bei der Beschaffung dieser Waffen zu unterstützen.
 
Bei der Aushandlung dieses Übereinkommens verzichtete man darauf, ein Verifikationssystem zu errichten. Lediglich Überprüfungskonferenzen der Vertragsparteien, die im Abstand von fünf Jahren stattfinden sollten, wurden vereinbart. Auch schienen biologische Waffen entsprechend der zu Anfang der Siebzigerjahre vorherrschenden Einschätzung kaum militärischen Nutzen zu haben. Mittlerweile haben die B-Waffen-Programme der Sowjetunion und Iraks die Auffassung, an diesen Waffen gebe es kein militärisches Interesse, widerlegt. Des Weiteren konnten weit reichende Verifikationsvorschriften in späteren Abrüstungsverträgen neue Standards setzen.
 
Erste zaghafte Versuche, die Transparenz relevanter Aktivitäten der Unterzeichnerstaaten zu erhöhen, wurden während der zweiten und dritten Überprüfungskonferenz mit der Einführung von vertrauensbildenden Maßnahmen unternommen. Allerdings kam die Mehrzahl der Konferenzteilnehmer dem Aufruf zur alljährlichen Datenmeldung nur schleppend nach. Es dauerte neun Jahre, bis wenigstens die Hälfte der Unterzeichner eine diesbezügliche Meldung eingebracht hatte. Die dritte Überprüfungskonferenz im Jahre 1991 initiierte außerdem Beratungen über Verifikationsmaßnahmen, die im Rahmen von Expertengruppen (seit 1995 die Ad-hoc-Gruppe) in Angriff genommen wurden. Mit dieser Abkopplung von den im Fünfjahresrhythmus stattfindenden Überprüfungskonferenzen und mit der Etablierung eines parallelen Verhandlungsstrangs beabsichtigt man, in kürzerer Zeit ein greifbares Resultat zu erhalten, zum Beispiel in Form eines Verifikationsprotokolls.
 
Doch viele Entwicklungsländer sind nur dann bereit, Verifikationsmaßnahmen zu akzeptieren, wenn im Gegenzug konkrete Schritte zur Verbesserung der internationalen Kooperation einer friedlichen Nutzung der Biowissenschaften vereinbart werden. Aus diesem Grund wurde das Verhandlungsmandat der Ad-hoc-Gruppe weit gefasst. Seit der Aufnahme ihrer Tätigkeit behandelt die Ad-hoc-Gruppe drei Themenkomplexe kontinuierlich. Zum einen beschäftigt sie sich mit der Definition von zentralen Begriffen und Kriterien, einschließlich der Listen von Stoffen (Agenzien). In dieser Frage stehen sich zwei gegensätzliche Positionen gegenüber, die bisher nicht überbrückt werden konnten. Der einen Auffassung zufolge ist bei der Definition zentraler Begriffe äußerste Vorsicht angebracht, um eine Eingrenzung der Verbotstatbestände unter allen Umständen zu vermeiden. Dies käme einer Änderung des Vertragstextes des B-Waffen-Übereinkommens gleich und läge darum eindeutig außerhalb des Mandats der Ad-hoc-Gruppe. Die Minderheitsposition sieht dagegen in klaren Begriffsbestimmungen die unabdingbare Voraussetzung, das Übereinkommen zu stärken. Fortschritte konnten demgegenüber bei der Bestimmung von Pathogenen und Toxinen erzielt werden. Allerdings blieb noch offen, für welchen genauen Zweck die vereinbarten Listen verwendet werden sollen.
 
Zum anderen debattierte die Ad-hoc-Gruppe Maßnahmen, mit denen eine verbesserte Vertragseinhaltung gewährleistet werden kann. Verschiedene Typen von Visitationen und Inspektionen, die diskutiert wurden, unterschieden sich in Zielsetzung, Häufigkeit sowie in den Kompetenzen, die den Inspektionsteams dabei eingeräumt werden sollten. Noch nicht entschieden wurde, welche Arten von Inspektionen letztlich im Protokoll berücksichtigt werden sollen, wie diese Inspektionen zu initiieren sind, welche Art von Informationen ein Staat für die Auslösung einer Verdachtsinspektion zur Verfügung stellen muss, welche Schutzmaßnahmen gegen unberechtigte Forderungen von Inspektionen zu ergreifen sind und wie die Ergebnisse der Inspektionen weiterverwendet werden sollen.
 
Des Weiteren wurden Maßnahmen diskutiert, wie die internationale Kooperation für friedliche Zwecke verbessert werden kann. Hier waren die Beratungen zu Beginn von unrealistischen Forderungen seitens einiger Entwicklungsländer gekennzeichnet. Allerdings setzte sich im Verlauf der Verhandlungen zunehmend die Einsicht durch, dass eine Duplizierung bereits bestehender Übereinkommen und eine Verdoppelung der Tätigkeit bereits in diesem Bereich aktiver Organisationen wenig hilfreich für die Stärkung des B-Waffen- Abkommens ist. Um eine solche Verdoppelung zu vermeiden, soll die Organisation, die künftig die Einhaltung des Abkommens zu überwachen hat, beauftragt werden, mit Organisationen wie der Weltgesundheitsorganisation oder der Welternährungsorganisation zu kooperieren. Darüber hinaus verhandelt man darüber, wie der Schutz der Vertraulichkeit von erhobenen Daten gewährleistet werden kann, welche Rechtsfragen bei der Formulierung des Protokolls zu behandeln sind und wie die nationale Umsetzung der Bestimmungen des Protokolls (wie auch des B-Waffen-Abkommens selbst) verbessert werden kann. In all diesen Bereichen bestand jedoch noch ein erheblicher Handlungsbedarf, sodass eine Fertigstellung des Protokolls noch auf sich warten lassen wird.
 
 Das Chemiewaffen-Übereinkommen
 
Nach Abschluss des amerikanisch-sowjetischen Abkommens zur Produktionseinstellung und Beseitigung von C-Waffen im Juni 1990 verabschiedete die UNO-Vollversammlung 1992 die internationale Konvention zum Verbot und zur Zerstörung aller Chemiewaffen in der Welt. Im Januar 1993 unterzeichneten 130 Staaten dieses Abkommen. Das war der Abschluss eines Verhandlungsmarathons von über 20 Jahren. Von weit reichender Bedeutung sind die detaillierten Verifikationsbestimmungen zur Überwachung der Konvention. Sie greifen in bis dahin unbekanntem Ausmaß in den zivilen Sektor ein und unterwerfen die chemischen Industrien der Unterzeichnerstaaten regelmäßigen Inspektionen. In der Vorbereitungsphase zwischen Unterzeichnung und In-Kraft-Treten des Vertragswerks hatten die Signatarstaaten etliche noch ausstehende Detailfragen zu klären sowie den Beginn der Tätigkeit der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OVCW) vorzubereiten. Dies gelang im Hinblick auf die Lösung der vielfältigen Sachfragen nur unvollständig.
 
Mit In-Kraft-Treten des Chemiewaffen-Übereinkommens nahm die OVCW ihre Arbeit auf. Im Mai 1997 fand die konstituierende Sitzung der Konferenz der Vertragsstaaten statt, der Exekutivrat nahm seine Arbeit auf und das Technische Sekretariat begann, die von den Vertragsparteien eingehenden Meldungen zu Chemiewaffen und zu relevanten Anlagen sowie zu entsprechenden Aktivitäten zu verarbeiten und auf dieser Basis Inspektionen in den Vertragsstaaten durchzuführen. Während der ersten Vertragsstaatenkonferenz wurde eine große Zahl von Problemlösungen bestätigt, die im Vorbereitungszeitraum erarbeitet worden waren. Auch erfolgten Konsultationen zur Lösung noch ausstehender Sachfragen. Letztgenannte Aufgaben konnten mit Blick auf die bei Inspektionen erlaubte Ausrüstung der Inspektionsteams auch erzielt werden. Jedoch verzeichnete der Abschlussbericht der ersten Sitzung der Konferenz noch immer 24 ungelöste, für das Funktionieren der OVCW zum Teil essenzielle Sachfragen. Auf Basis der eingegangenen nationalen Meldungen begann das Technische Sekretariat im Juni 1997 mit der Durchführung von Inspektionen. Allerdings hatten bis Ende 1997 ein gutes Drittel der Vertragsparteien noch keine Meldungen abgegeben, und viele eingereichte Informationen waren unvollständig, widersprüchlich oder auch falsch. Dessen ungeachtet zeitigten die Meldungen auch einige positive Überraschungen: So deklarierten vier Staaten den Besitz von chemischen Waffen (USA, Russland, Indien und Süd-Korea) und sieben Staaten meldeten ehemalige Produktionsanlagen. Die Erstinspektion der Produktionseinrichtungen erfolgte innerhalb der dafür vorgesehenen Frist von 120 Tagen. Fünf Einrichtungen in den USA, in denen chemische Waffen vernichtet wurden, unterlagen einer kontinuierlichen Überwachung. Der 41 Vertragsstaaten umfassende Exekutivrat trat bis Ende 1997 zu insgesamt sieben Sitzungen zusammen. Dabei betonte der Rat wiederholt das Ziel der Universalität der Konvention und forderte alle Vertragsstaaten, die noch keine oder unvollständige Meldungen an die Organisation übermittelt hatten, auf, ihren Deklarationspflichten nachzukommen. Diesem Aufruf schlossen sich auch diejenigen Mitglieder des Rates an, die selbst keine vollständigen Meldungen abgegeben hatten, wie etwa die USA.
 
Insgesamt ist zu sagen, dass die Implementierung des Chemiewaffen-Übereinkommens in seiner Anfangsphase unter der Dominanz nationaler Interessen litt. Der in dem Übereinkommen festgeschriebene Ziel- und Normenkatalog drohte ins Hintertreffen zu geraten. Damit dies in Zukunft nicht geschieht, müssen alle Chemiewaffenbesitzer ihrer Verpflichtung zur Kostenübernahme bei der Verifikation nachkommen. Überhaupt muss die nationale Umsetzung der Vertragspflichten in Zukunft verbessert werden. Dies betrifft neben den turnusmäßig abzuliefernden Meldungen insbesondere die Zahlung der Mitgliedsbeiträge an die Organisation.
 
Dr. Annette Schaper und Dr. Alexander Kelle
 
Literatur:
 
Europe and nuclear disarmament. Debates and political attitudes in 16 European countries, herausgegeben von Harald Müller. Brüssel 1998.
 Kelle, Alexander: Atombombe des kleinen Mannes? Die Bekämpfung der Weiterverbreitung von biologischen Waffen nach der Vierten Überprüfungskonferenz des Biowaffen-Übereinkommens. Frankfurt am Main 1997.
 Kelle, Alexander: Das Chemiewaffen-Übereinkommen und seine Umsetzung - einführende Darstellung und Stand der Diskussion. Frankfurt am Main 1996.
 
Nuclear non-proliferation. A reference handbook, herausgegeben von Darryl Howlett und John Simpson. Harlow 1992.
 
Nukleare Abrüstung - mit welcher Perspektive? Der internationale Diskurs über die nukleare Rüstungskontrolle und die Vision einer kernwaffenfreien Welt, Beiträge von Harald Müller u. a. Frankfurt am Main 1996.
 Rhodes, Richard: Die Atombombe oder die Geschichte des 8. Schöpfungstages. Aus dem Englischen. Lizenzausgabe Berlin-Ost 1990.
 Schaper, Annette und Frank, Katja: Ist eine kernwaffenfreie Welt verifizierbar? Frankfurt am Main 1998.


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