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BOXER: DER BOXERAUFSTAND UND SEINE FOLGEN

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Boxer: Der Boxeraufstand und seine Folgen
 
Die Bewegung der »yi hetuan«, von den Ausländern »Boxer« genannt, war ein regional begrenztes Phänomen. Flut- und Dürrekatastrophen lösten im Sommer 1898 im ökologisch besonders labilen Nordchina Not und Unruhe unter der bäuerlichen Bevölkerung aus. Die Spannung stieg, als die deutsche Besetzung Tsingtaus und seines Hinterlandes in der Provinz Shandong dem aggressiven Vorgehen christlicher Missionare Auftrieb gab. Schon länger hatten sich Missionare nicht gescheut, Dorfgemeinschaften zu spalten und mit ihrer Klientel unter dem Schutz der Extraterritorialitätsrechte eine Art von Staat im Staate zu bilden. Die Ankunft europäischer Truppen ermutigte nun zu einem noch willkürlicheren Vorgehen. Es verwundert wenig, dass im Bewusstsein der Bevölkerung Verbindungen zwischen dem Vordringen der Fremden und den neuerlichen Katastrophen der Natur gezogen wurden. Eine in solchen Situationen abrufbare Tradition war die des magisch inspirierten Faustkampfes.Rituale sollten böse Mächte bannen und die eigene Unverwundbarkeit gewährleisten. Junge Männer fanden sich in Kampfgruppen zusammen, die der Parole »Unterstützt die Qingdynastie, vertreibt die Ausländer« folgten. Solche Gruppen verbreiteten sich 1899 wie ein Flächenbrand über ganz Nordchina. Nachdem ein britischer Missionar als erster Ausländer von den Boxern getötet worden war, verlangten die Großmächte Anfang 1900 vom Kaiserhof die Unterdrückung der Bewegung. Im Mai unterbrachen Boxerverbände die Eisenbahnverbindung zwischen Peking und der Küste. Die Ausländer in der Hauptstadt waren isoliert. Der Kaiserhof, der sich nach langem Schwanken hinter die Boxermilizen stellte, erklärte den ausländischen Mächten den Krieg, nachdem der deutsche Gesandte in Peking von Regierungstruppen erschossen worden war. Am 14. August 1900 erreichte die Expeditionsarmee der acht Mächte Peking, befreite die etwa tausend dort eingeschlossenen Ausländer und begann mit Plünderungen großen Stils. Die Kaiserinwitwe war im gleichen Moment mitsamt dem gefangenen Kaiser aus der Hauptstadt geflohen.
 
 Drakonisches Wiedergutmachungsdiktat
 
In den Jahren 1900 und 1901 erreichte China den Tiefpunkt seiner internationalen Stellung. In Nordchina brach jede staatliche Autorität zusammen. Die in der Hauptstadt zurückgebliebenen Würdenträger, unter ihnen der an der Pro-Boxer-Politik der Kaiserinwitwe unschuldige Li Hongzhang, mussten sich, nachdem bei den Unruhen 229 Ausländer zu Tode gekommen und viele andere nur knapp einem Massaker entgangen waren, von den Mächten drakonische Straf- und Sühnebedingungen diktieren lassen. Die gravierendste Maßnahme war eine auf 39 Jahre verteilte »Boxerentschädigung« in der damals astronomischen Höhe von 67,5 Millionen Pfund Sterling. Sie wurden nach einem Schlüssel auf die acht Mächte umgelegt. Ihre Folgen für die chinesische Wirtschaft waren katastrophal: Zwischen 1902 und 1910 musste die Zentralregierung etwa die Hälfte ihres Budgets für die »Boxerzahlungen« aufwenden. Dies gelang nur durch drastische Steuererhöhungen, die nahezu alle Teile des chinesischen Volkes trafen. 1901 bestätigte sich, dass der Imperialismus in China im Grunde ein kooperatives Unternehmen der Großmächte war. Auch jetzt hatte niemand ein ernsthaftes Interesse an der Verwandlung der Kernprovinzen in Kolonien. Das Gremium der Gesandten in Peking bildete aber eine Art von Über-Regierung, den diplomatic body, gegen dessen Entscheidungen die chinesische Politik im Konfliktfall wenig ausrichten konnte.
 
 Späte Reformpolitik
 
Großbritannien, die USA und Frankreich begrüßten es, dass die Dynastie nach 1905 ein umfassendes Reformprogramm zu verwirklichen begann. Nach dem Boxerschock, der die Aussichtslosigkeit dumpfer Fremdenfeindlichkeit bewiesen hatte, war es ausgerechnet die Kaiserinwitwe, die nun, beraten durch Leute wie den weitsichtigen Provinzgouverneur Zhang Zhidong, noch radikalere Veränderungen in Gang setzte als diejenigen, die sie 1898 unterbunden hatte. Diese äußerst späten Reformen der Qingdynastie werden leicht unterschätzt, weil der Sturz des mandschurischen Herrschergeschlechts 1911 ihre Verwirklichung abbrach. Sie stellen indessen das eindrucksvollste Reformprogramm dar, das vor Deng Xiaopings Modernisierungspolitik der 1980er-Jahre in Angriff genommen wurde. Am wichtigsten war die Abschaffung der mehr als tausend Jahre alten Beamtenprüfungen; der Regierungsdienst war nunmehr nicht länger ein Monopol der gelehrten Elite, die sich viele Jahre lang in den klassischen Schriften des Konfuzianismus schulen musste. Zugleich zerbrach auch die zentralisierte Verwaltungsstruktur, die das Reich wie eine Stahlklammer zusammengehalten hatte. Plötzlich wurde ein Auslandsstudium attraktiv. Tausende junger Chinesen machten sich auf den Weg nach Europa, in die USA und vor allem nach Japan, einen Umschlagplatz für Ideen aus dem Westen. Umgekehrt wurden japanische Ausbilder nach China geholt, besonders um militärische Erfolgsgeheimnisse in die Reform einzubringen.
 
Die Armeereform, bei der sich vor allem Yuan Shikai, der starke Mann im Abendrot des Kaisertums, hervortat, war für die Zukunft besonders bedeutungsvoll. Nun erst entstanden im provinzialen Rahmen schlagkräftige Truppen nach preußischem oder japanischem Vorbild. Zu den weiteren Reformen gehörten die Einrichtung von Handelskammern, ein ziemlich erfolgreiches Vorgehen gegen den Anbau von Mohn und den Handel mit Opium sowie die Reorganisierung traditioneller Hofämter als Ministerien westlichen Stils. Schon 1906 hatte die Kaiserinwitwe eine Verfassung in Aussicht gestellt. Im Oktober 1909 traten dann die ersten Provinziallandtage zusammen, die ersten Parlamente in der Geschichte Chinas. Obwohl sie allein die gebildete und wohlhabende Elite repräsentierten, bedeuteten sie einen tiefen Bruch mit der politischen Tradition. Der chinesische Staat hatte politische Versammlungen seiner Untertanen stets mit Misstrauen betrachtet und meist unterdrückt. Nun räumte er der Elite, auf deren informelle Mitarbeit er immer schon angewiesen war, ein formelles Mitspracherecht ein.
 
So erwuchs aus der Katastrophe von 1900 eine halbwegs konstruktive Politik. Diese wurde zum öffentlichen Diskussionsthema, die Suche nach nationaler Identität und nach brauchbaren ausländischen Modellen wurde zu einer Hauptbeschäftigung der Intellektuellen, die nach dem Ende des Prüfungssystems das Erbe der traditionellen Beamten-Gelehrten antraten. Nationalismus war fortan der Grundnenner, auf dem sich die verschiedensten politischen Richtungen trafen. Er erlangte nun auch außenpolitische Bedeutung. Nach den Erfahrungen mit übergroßer Beflissenheit gegenüber dem Westen wie etwa zwischen 1864 und 1895 und ihrem Gegenteil, militanter Abwehr wie 1900, wurde nun aus einer Position der Schwäche heraus nach einem neuen Mittelweg gesucht. Dabei konzentrierte man sich darauf, in geduldiger Verhandlungsarbeit für China bessere Bedingungen bei neuen Anleihen und Eisenbahnprojekten zu erzielen. Einige der ehemals abgetretenen Bergwerks- und Bahnkonzessionen wurden sogar zurückgekauft. 1905 wurde daneben zum ersten Mal die Protestform des Boykotts eingeübt: eine gewaltlose Massenaktion, die das Ausland am wirtschaftlichen Nerv zu treffen suchte. Nach dem Boxerdebakel präsentierte sich der chinesische Nationalismus in seinem Auftreten vorsichtig, aber in der Sache entschieden.
 
Prof. Dr. Jürgen Osterhammel, Freiburg
 
Weiterführende Erläuterungen finden Sie auch unter:
 
China: Die Gründung der Republik 1912
 
Grundlegende Informationen finden Sie unter:
 
China: Die Epochenwende 1895


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