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ABÄLARD, DER LOGIKER

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Abälard, der Logiker
 
Am Anfang des 12. Jahrhunderts verfügte Paris über mehrere bedeutende Schulen, aus denen sich später die Universität entwickelte. Zu den angesehensten Lehrern zählte der junge Petrus Abaelardus (* 1079). Aus niederem Adel stammend, hatte Abaelard auf seinen Erbanspruch verzichtet, um sich ganz der Wissenschaft widmen zu können. Nachdem er sich bereits als Logiker einen Namen gemacht hatte, begann er um 1113 mit dem Studium der Theologie. Die Verbindung beider Fächer wurde prägend für sein Denken. Die strengen Regeln der Logik sollten dazu verhelfen, auch in Fragen des Glaubens zwischen richtigen und falschen, zwischen begründeten und unbegründeten Aussagen zu unterscheiden.
 
In Philosophenkreisen wurde damals leidenschaftlich über das Wesen der Allgemeinbegriffe gestritten. Sind die Begriffe, fragte man sich, etwas real Existierendes, oder handelt es sich bloß um leere Worte? Abaelard bezog in dieser Diskussion eindeutig Stellung: Wenn die Vernunft ihren Blick auf die Einzeldinge richtet, nimmt sie an ihnen bestimmte gemeinsame Eigenschaften wahr. Zu deren Benennung dienen die Begriffe, die folglich aus sich selbst heraus keinen Bestand haben.
 
So verheißungsvoll die Karriere Abaelards begonnen hatte, so jäh wurde sie durch eine unglückliche Liebesaffäre unterbrochen. Als Hauslehrer hatte er die schöne Héloise verführt, deren Onkel ihn aus Rache entmannen ließ. Danach zog sich Abaelard in das Kloster Saint-Denis zurück (1119); Héloise wurde Nonne zu Argenteuil.
 
1121 erschien Abaelard in Soissons vor einer Kirchenversammlung, die seine Lehren über die göttliche Dreifaltigkeit verurteilte. Mit eigener Hand musste er die beanstandete Schrift dem Feuer übergeben. Nach dieser Demütigung ließ er sich mit seinen Anhängern bei Nogent-sur-Seine nieder, wo er zu Ehren des Parakleten (das heißt des Heiligen Geistes) eine Kirche erbaute. Als er etwa 1127 zum Abt von Saint-Gildas in der Bretagne gewählt wurde, schenkte er Le Paraclet seiner ehemaligen Geliebten, die dort ein Frauenkloster einrichtete.
 
Auch in Saint-Gildas kam Abaelard nicht zur Ruhe. Er überwarf sich mit den disziplinlosen Mönchen, musste nach eigenen Angaben sogar ein Mordkomplott befürchten. Fluchtartig verließ er 1133 die Abtei; 1135/36 nahm er in Paris wieder seine Lehrtätigkeit auf.
 
Schon bald formierte sich gegen ihn der Widerstand konservativer Theologen, an deren Spitze die beiden Zisterziensermönche Wilhelm von Saint-Thierry und Bernhard von Clairvaux standen. In den Klöstern studierte man mit Vorliebe die Kirchenväter; der heilige Augustinus galt als unumstößliche Autorität. Abaelard dagegen unterwarf auch die altehrwürdige Überlieferung dem Urteil der Vernunft. In seinem Hauptwerk »Sic et Non« (Ja und Nein) stellte er kirchliche Lehrsätze, Bibel- und Väterzitate so zusammen, dass sie sich zu widersprechen schienen. Er selbst bot keine fertigen Lösungen, überließ es vielmehr dem Leser, die Widersprüche auszugleichen. Mit diesem Ansatz wurde er zu einem Pionier der scholastischen Methode, die seit dem 13. Jahrhundert das theologische Denken beherrschte.
 
Wegen seines weit reichenden Einflusses war Bernhard von Clairvaux ein gefährlicher Gegner. In einem Brief an Papst Innozenz II. schrieb er, das Einzige, was Abaelard nicht wisse, seien die Worte »Ich weiß es nicht«. Dieser Vorwurf war mehr als nur ein geistreiches Wortspiel. Für Bernhard stand fest, dass es in der Religion Geheimnisse gab, die der menschliche Verstand nicht ergründen konnte. Das Unbegreifliche begreifen zu wollen, war daher Anmaßung, ja Sünde. So erklärt sich der Fanatismus, mit dem Bernhard den Lehren Abaelards entgegentrat.
 
Auf einer Synode zu Sens sollte es 1140 zu einem Streitgespräch zwischen den beiden Kontrahenten kommen. Bernhard hatte jedoch schon vorher die versammelten Bischöfe auf seine Seite gebracht, sodass Abaelard ohne jede Anhörung als Ketzer verurteilt wurde. Als letzter Ausweg blieb ein Appell an den Papst, aber auch Innozenz II. billigte die Beschlüsse von Sens. Abaelard wurde zu lebenslangem Stillschweigen verpflichtet. Eine Erkrankung zwang ihn, im Kloster Cluny Zuflucht zu suchen. Sein Gastgeber, Abt Peter der Ehrwürdige, konnte ihn mit Bernhard aussöhnen und sogar die Rücknahme des päpstlichen Urteils erreichen. Im Frühjahr 1142 ist Abaelard gestorben. Er hinterließ ein Werk, das nicht nur philosophisch-theologische Schriften umfasste, sondern auch geistliche Dichtungen, den Briefwechsel mit Héloise und eine Autobiographie, in der er die »Geschichte seiner Unglücksfälle« beschrieb.
 
Dr. Michael Oberweis
 
Literatur:
 
Flasch, Kurt: Einführung in die Philosophie des Mittelalters. Darmstadt 31994.


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