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BYZANTINISCHE UND OSTEUROPÄISCHE ARCHITEKTUR

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byzantinische und osteuropäische Architektur
 
Um 500 bahnten sich im östlichen Mittelmeerraum tief greifende Wandlungen in der Gestalt der frühchristlichen Basilika - eines längsorientierten, mehrschiffigen Versammlungsraums mit überhöhtem Mittelschiff und meist flacher Decke - an. Die bisher ungegliederte Längswand wurde durch Vorlagen in Joche zerlegt, der bisher nur durch Schranken umgrenzte Altarraum wurde durch einen Vorchor erweitert, zentrale Planungen monumentalen Ausmaßes gewannen ein gesteigertes Interesse, sichtbar an der Sergios-und-Bakchos-Kirche oder der Hagia Sophia in Konstantinopel. Vornehmlich durch Zentralbauten bestimmt war dann die byzantinische Sakralarchitektur nach dem Ende des Bilderstreits seit dem 9. Jahrhundert. Trotz vorhandener typologischer Differenzen weisen fast alle diese Bauten eine im Zentrum angelegte Kuppel und einen rechteckig-kubischen Baublock auf, der am Außenbau durch eine die Innendisposition widerspiegelnde hierarchische Struktur gekennzeichnet ist.
 
Besonders deutlich werden derartige strukturelle Grundphänomene an den Kreuzkuppelbauten, zum Beispiel an der Nordkirche des Lipsklosters in Konstantinopel: Einem rechteckigen oder hier nahezu quadratischen Raum ist ein griechisches Kreuz eingeschrieben, im Osten wird ein dreiteiliges Bema (der »Chor«) angefügt.Wird das Bema zusätzlich an die Kreuzkuppelstruktur angesetzt, spricht man von einem komplexen Kreuzkuppeltypus; bekommen der östliche Kreuzarm und die östlichen Eckräume die Funktion des Bemas zugewiesen, wird der Bautypus als einfacher Kreuzkuppelbau bezeichnet. Die Raumhierarchie erkennt man schon im Grundriss: Im Zentrum befindet sich der Kuppelraum mit vier Stützen. An ihn grenzen seitlich die vier bis in die Höhe des Kuppeltambours reichenden, tonnenüberwölbten Arme des griechischen Kreuzes an. Die Ecken nehmen niedrigere, kleinere, hier kreuzgewölbte Räume auf. Auch das Bema ist folgerichtig hierarchisch konzipiert. Im Osten schließt es in Apsiden ab. Zwischen das Bema und den Laienraum, den Naos, schiebt sich eine Abschrankung, das Templon oder die Ikonostase, die die räumliche Zäsur als eine liturgische markiert. Im Westen der Kirche setzt eine mehrjochige Vorhalle, der Narthex, an, der fast immer die Breite des Naos einnimmt.
 
Die später errichtete Südkirche des Lipsklosters verdeutlicht einen weiteren Bautypus, die Umgangskirche. Bei ihr ruht die Kuppel auf massiven Pfeilern, der Kuppelraum ist an drei Seiten von Räumen umgeben, zwischen Kuppelraum und Umgang vermitteln Arkaden. Bei der Nordkirche sind sowohl die östlichen und westlichen Eckräume als auch die neben dem Bema liegenden Räume, die Parabemata, zweigeschossig angelegt, sodass vier Oberkapellen entstehen. Dementsprechend ist auch die Vorhalle zweigeschossig angelegt; ein Treppenturm im Norden sichert den Zugang in das obere Geschoss. Die vier Oberkapellen dienten als Reliquien- oder Privatkapellen. Die relativ weit verbreiteten Oberkapellen sind auch für die Architektur in Georgien und Armenien typisch. Für die mittelbyzantinische Zeit darf dieser Bautypus mit Oberkapellen geradezu als charakteristisch für die hauptstädtische Architektur angesehen werden. In Konstantinopel wurden die Sakralbauten vornehmlich aus Ziegelmauerwerk errichtet, gelegentlich auch auf einem Sockel aus Haustein. Die zurückhaltende Fassadengestaltung folgte in erster Linie der Funktion, die Baustruktur zu veranschaulichen. Vor allem der Ostfassade wird, besonders ab dem 11. Jahrhundert, durch eine Nischengliederung im oberen Geschoss eine eigene Struktur aufgelegt. Kennzeichnend bleiben aber bis in das 12. Jahrhundert die klaren kubischen Formen.
 
Kreuzkuppelkirchen wie die Nordkirche des Lipsklosters wurden vom 10. Jahrhundert an bis in die Spätzeit in Konstantinopel, in den Provinzen, aber auch in Regionen errichtet, die der byzantinischen Kultur verpflichtet waren: Nachdem mit den Eroberungszügen der Araber im 7. Jahrhundert Syrien, Ägypten und Nordafrika verloren gegangen waren, war die byzantinische Kunst zunächst auf die Hauptstadt, auf Griechenland und Kleinasien beschränkt; seit dem 9. Jahrhundert kamen dann die missionierten Teile des Balkans, seit dem 11. Jahrhundert das Fürstentum von Kiew hinzu. So entspricht etwa die Panhagia Chalkeon in Thessalonike - mit Ausnahme der Oberkapellen - typologisch der Nordkirche des Lipsklosters. Auch die Sophienkirche in Kiew, deren Patrozinium auf die Hagia Sophia in Konstantinopel verweist, ist im Zentrum wie eine Kreuzkuppelkirche angelegt; sie steigert diesen Bautypus aber noch, indem sie diesem zwei weitere U-förmig angelegte »Schiffe« hinzufügt, die in ihrer räumlichen Organisation die hierarchische Grundstruktur jedoch nicht beeinträchtigen. Eine andere Variante zeigt die zeitgleich errichtete Sophienkirche in Ohrid, an der sich exemplarisch die Einflüsse lokaler Bautraditionen und Vorgaben sowie hauptstädtischer Repräsentationsansprüche studieren lassen: Ihr längs gerichteter Grundriss zeigt eine Orientierung am basilikalen Vorgängerbau. Die östlichen und westlichen Kreuzarme sind durch zwei Arkaden von den Eckräumen getrennt. Im Obergeschoss aber rezipiert der Bau eindeutig die mit Oberkapellen ausgestattete Kreuzkuppelkirche.
 
Eine Vierkonchenanlage mit kleinen Nischen in den Ecken und zwei im Osten die Konche flankierenden Nebenräumen zeigt die Kirche des Heiligen Kreuzes in Ahtamar. Obwohl sich dieser Bautypus deutlich von Kreuzkuppelbauten unterscheidet, teilt er mit diesen die Betonung einer Ost-West-Achse durch das Bema; zudem sind auch hier Oberräume über den Parabemata angelegt. Charakteristisch für die Architektur in Armenien ist die Dominanz der Kuppel und damit des Kuppelraumes. Malerei und Skulptur spielen eine eher untergeordnete Rolle. Dementsprechend ist auch die Architektur nicht von vornherein auf eine derartige Ausstattung angelegt. Wie in Armenien und auch in Georgien üblich, ist die Kirche in Ahtamar in Hausteinmauerwerk errichtet, das hier aber mit Reliefs geschmückt ist, die ein eigenes Bildprogramm aufweisen. Auch in Georgien lassen sich einige typologische Übereinstimmungen mit den byzantinischen Kirchen aufzeigen. Kreuzförmig angelegt und rechteckig ummantelt, sind die dortigen Bauten oft durch eine Tendenz zur Längsausrichtung charakterisiert. In Mzcheta wird das Hausteinmauerwerk, wie in Georgien seit dem 10. Jahrhundert gebräuchlich, durch Blendbögenreihen bestimmt. In Stein geschnittene Ornamente umgeben die Fenster und schmücken die Giebelfelder über den Eingängen.
 
Unter den Palaiologen, der letzten Kaiserdynastie des Byzantinischen Reichs, wurden die Bautypen der mittelbyzantinischen Zeit beibehalten. Darüber hinaus zeigt die Apostelkirche in Thessalonike (1310-14) einen den Bau an allen drei Seiten umschließenden Mantelbau, der durch den Exonarthex, eine zweite Vorhalle im Westen der Kirche, ergänzt wird. Möglicherweise hatten derartige Mantelbauten in mittelbyzantinischer Zeit unmittelbare Vorstufen in seitlichen Flankenräumen.
 
Ein ebenso bedeutsamer Bautypus wie die Kreuzkuppelkirche ist der Achtstützenbau (oder die Trompenkirche). Bei der wahrscheinlich in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts errichteten Hauptkirche, dem Katholikon, des Klosters Hosios Lukas ruht die Kuppel auf acht Stützen; die Überleitung zum Kuppelkreis, die bei der Kreuzkuppelkirche durch die Pendentifs hergestellt wird, leisten hier die Trompen. Der Kuppelraum dominiert den Gesamtbau nicht nur aufgrund seiner Größe, sondern auch deshalb, weil sich das Bildprogramm des Naos hier konzentriert und damit diesen Raum als Hauptraum kennzeichnet. Die angrenzenden Kreuzarme und die Raumkompartimente, die das Rechteck ergänzen, sind dabei - wie auch bei einer Kreuzkuppelkirche - einer Hierarchie verpflichtet. Die Klosterkirche von Daphni folgt um 1100 diesem Bautypus. Die Nea Moni auf Chios (1042-55) zeigt eine typologische Variante, bei der die Kuppel unmittelbar auf den Außenmauern aufsitzt. Am Außenbau des Katholikons von Hosios Lukas zeigt sich zudem das für den griechischen Raum typische Kästelmauerwerk, bei dem Ziegel und Haustein, manchmal auch Bruchstein, in ein ästhetisch ansprechendes System gebracht sind.
 
In der Palaiologenzeit ändert sich die Formensprache der Architektur maßgeblich. So sind die Fassaden der Apostelkirche in Thessalonike mittels Nischen, zurückspringender Fenster oder Blendbögen kräftig durchmodelliert. Kennzeichnend ist aber auch die Zunahme von sehr unterschiedlichem Ziegeldekor. Wie beim Mauerwerk in mittelbyzantinischer Zeit kann man auch hier regionale Eigenheiten erkennen. Bauwerkstätten lassen sich damit über einen größeren geographischen Raum verfolgen. Teilweise gelingt es sogar, die Wege von Werkstätten nachzuzeichnen. Nahezu identische Bauten an zwei unterschiedlichen Orten (Peribleptoskirche in Ohrid und Panhagia Bellas in Boulgareli) lassen zudem Rückschlüsse auf exakte Bauplanungen zu. Für die Spätzeit ebenso charakteristisch ist ein weiteres Phänomen: Die »Außenhaut« wirkt, etwa in Konstantinopel und Mistra, wie eine von der Innendisposition unabhängig modellierte Wand.
 
Hinzu kommt - zumindest bei einigen Bauten - eine palastartige Struktur, bei der Elemente aus dem Profanbau in die Sakralarchitektur übernommen werden. Im Innenbau der an die Kirche des Pammakaristos-Klosters in Konstantinopel angesetzten Nebenkirche, des Parekklesions, tritt eine klare Kreuzkuppelstruktur zu Tage, die am Außenbau nur partiell ersichtlich ist. Die einzelnen Raumabschnitte sind nicht präzise ausgewiesen, was an der Grenze zwischen Naos und Narthex deutlich wird. Zonenaufbau und Gesimsverlauf unterstreichen diesen Eindruck. Am Exonarthex der Sophienkirche in Ohrid ist zwischen zwei turmartige Risalite eine mittlere zweigeschossige, offene Portikusarchitektur eingespannt. Die Türme sind mit Kuppeln bekrönt. Dieser Exonarthex springt seitlich über die Flucht des Kernbaus hinaus, sodass man von Westen her nur diese Fassade sehen kann. Dieser Grundtypus orientiert sich an einer Palastarchitektur, wie sie in Konstantinopel im 10. Jahrhundert nachweisbar ist. Die spezifische Art des Kästelmauerwerks, die im Gegensatz etwa zu dem Bau in Konstantinopel sehr flach gespannte Außenhaut und die Fülle an Ornamenten weisen nach Epirus, woher die hier tätige Bauwerkstatt stammte. Die Ziegelinschrift dokumentiert den kirchenpolitischen Anspruch, da der in ihr genannte, aus Konstantinopel stammende Erzbischof Gregorius eine Anspielung auf seine Funktion für die immer wieder bedrohte Region um Ohrid macht. In Epirus wurde in den neunziger Jahren des 13. Jahrhunderts in der Hauptstadt Arta ein Achtstützenbau errichtet, die Panhagia Parigoritissa. Durch den bis in die Höhe des Dachgesimses reichenden Mantelbau und die Formensprache der Fenster wird nur an ihrer Ostfassade noch erkennbar, dass es sich hier nicht um einen Profan-, sondern um einen Sakralbau handelt. Auch hier forcierte die politische Situation eine derartige Formensprache.
 
Der Sakralarchitektur wuchs im Lauf ihrer Entwicklung die Freiheit zu, mit Formen nahezu spielerisch zu verfahren. Sie wurde im 13. und 14. Jahrhundert auch für diejenigen Auftraggeber zum Vorbild, deren kulturelle Identität durch eine Orientierung an Byzanz bestimmt war. Die serbischen Herrscher stifteten zahllose Klöster, Kirchen und Ausstattungen, die die Handschrift byzantinischer Werkstätten aufweisen. Die Klosterkirche von Gračanica steht am Ende zahlreicher Aufträge von König Stephan Uroš II. Milutin. Als seine Grablege initiiert, ist der Bau ein politisches wie auch ein kulturelles Vermächtnis. Zwei Kreuzkuppelsysteme sind aufeinander gesetzt, sodass sich am Außenbau eine pyramidenartige Staffelung der einzelnen Kompartimente von Haupt- und Nebenkuppeln, Kreuzarmen und Eckkompartimenten ergibt, die alles bisher da Gewesene übertrifft. Das am Außenbau reizvolle Ineinanderverschachteln hat im Inneren aber eine Unübersichtlichkeit zur Folge, die byzantinischen Bauprinzipien und Traditionen mit deren stringentem Bildprogramm letztlich zuwiderläuft.
 
Prof. Dr. Barbara Schellewald
 
Literatur:
 
Onasch, Konrad: Kunst und Liturgie der Ostkirche in Stichworten unter Berücksichtigung der Alten Kirche. Wien u. a. 1981.
 Rice, David Talbot: Byzantinische Kunst. Aus dem Englischen. München 1964.


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