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BLUTGERINNUNG: WUNDVERSCHLUSS UND WUNDHEILUNG

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Blutgerinnung: Wundverschluss und Wundheilung
 
Trotz warnender Sinneseindrücke ist der Schutz des Körpers durch Vorsorge nicht perfekt. Kleine Verletzungen der Haut sind fast alltäglich. Wundverschluss und Wundheilung gehören zu den elementaren Mechanismen des Körpers zur Wiederherstellung seiner Integrität. Die Eigenschaften des Blutes sind in geradezu faszinierender Weise auf eine solche Situation eingestellt und auch die schier unzähligen Zellen der beteiligten Gewebe verhalten sich derart zweckmäßig, als »wüssten« sie alle, was zum Wohle des Körpers zu tun sei.
 
Die Blutgerinnung läuft als eine Kaskade von Aktivierungsereignissen ab, die schließlich zum Blutpfropf und damit zum Schorf führen. Der Schorf muss nicht nur die Wunde nach außen schließen, sondern auch für den Verschluss der verletzten Hautgefäße sorgen, da die Wunde auch unter dem Schorf nicht weiter nach innen bluten darf. Der erste Schritt bei der Blutgerinnung ist die Aggregation von Thrombozyten (Blutplättchen). Thrombozyten sind Bruchstücke der größten Zellen des Knochenmarks, der Megakaryozyten.Eine solche Zelle entlässt bei ihrem Zerfall rund 500 Thrombozyten.
 
Bei der Entstehung der Wunde werden auch kleine Blutgefäße verletzt. Im freigelegten Gewebe befindet sich zwischen den Zellen ein fädiges Bindegewebsprotein, das Kollagen, an dem sich die Thrombozyten anlagern. Durch die Anlagerung an dieses Protein werden die zunächst fladenförmigen, nur zwei Mikrometer (zwei Tausendstelmillimeter) großen Thrombozyten aktiviert. Sie sondern bald Stoffe zur Anlockung weiterer Thrombozyten ab. Außerdem verändern sie ihre Form: Sie bilden lange Zellfortsätze aus, werden klebrig und verhaken sich ineinander. Während dieser Phase geben die Thrombozyten weitere Stoffe ab, die im Verlauf des Wundverschlusses unabdingbar sind. So entlassen sie Substanzen mit starker Wirkung auf die Muskulatur in den kleinen Blutgefäßen, besonders das Serotonin, welches die Durchlässigkeit der Kapillaren für Blut stark verringert. Zu den aggregationsfördernden Stoffen, die die Thrombozyten abgeben, gehört unter anderen das Fibrinogen, das für die Blutgerinnung notwendig ist. Die Thrombozyten setzen darüber hinaus Moleküle frei, die zu einer gegenseitigen Verklebung, der Zelladhäsion, führen. Dieses Fibronektin wird bei verschiedenen Funktionen im Körper benutzt, wenn bestimmte Zellen sich nicht nur sammeln sollen, sondern auch zusammenbleiben müssen, so auch bei bestimmten Immunzellen. Außerdem werden noch verschiedene Wachstumsfaktoren für die Fibroblasten, die noch undifferenzierten Bindegewebszellen, sezerniert.
 
Aber damit immer noch nicht genug. Die Thrombozyten bilden noch weitere Wirkstoffe, von denen der PAF (englisch: platelet activating factor = aktivierender Faktor für Blutplättchen) und das Thromboxan A2 wohl am bedeutsamsten sind. Thromboxan unterstützt die Wirkung des Serotonins und hilft, die blutenden Kapillaren auf muskulärem Wege zu verengen oder zu verschließen. Der PAF lockt bestimmte Fresszellen (Phagozyten) des Immunsystems an und aktiviert sie. Die aktivierten Fresszellen nehmen Fremdkörper und Zelltrümmer auf und beginnen PAF selbst herzustellen. Es lockt weitere Thrombozyten und Immunzellen an und ist damit eine wichtige entzündungsauslösende Substanz.
 
Durch diese vielfältigen und gleichzeitig organisierten Vorgänge entsteht in weniger als einer Minute eine Ansammlung miteinander verklebter Thrombozyten. In der normalen Blutungszeit von zwei bis vier Minuten sind mit schier unglaublicher Koordination die Thrombozyten zu einem weißen Thrombus angewachsen, die Blutgefäße sind verschlossen und die Immunzellen wurden »zur Weitermeldung« und als Fresszellen aktiviert. Darüber hinaus sind die bindegewebsbildenden Zellen für ihre Funktionen der notwendigen Umstrukturierungen an dieser einzurichtenden »Baustelle« aktiviert, und außerdem wurde die Blutgerinnung durch Bereitstellung von Wirksubstanzen in Gang gebracht.
 
 Vom Thrombus zum Schorf
 
Die eingeleitete Blutgerinnung führt zur Bildung des Wirkstoffes Thrombin, dem Faktor II a (a für aktiviert) aus seiner inaktiven Vorstufe, dem Prothrombin, also dem Faktor II. Das Thrombin regt nun seinerseits die Aggregation weiterer Thrombozyten an. Vor allem soll es zur fädigen Vernetzung des weißen Thrombus kommen. Zur Umwandlung von Prothrombin zu Thrombin ist der Faktor X a notwendig, der unter Beteiligung des Faktors VIII a in eine funktionsfähige Form überführt wird. Der Faktor VIII fehlt bei den Männern, die an der häufigeren Form der Bluterkrankheit (Hämophilie A) leiden. Das veranschaulicht eindrucksvoll, wie sehr molekulare Mechanismen des Körpers auch an verborgenen Stellen lebenswichtige Funktionen von fundamentaler Bedeutung wahrnehmen können.
 
Thrombin ist ein Enzym, welches kleine Proteinbruchstücke, die Fibrinopeptide, aus Fibrinogen herauslöst. Das Fibrinogen wird für solche Fälle im Blut bereitgehalten. Diese Proteinbruchstücke polymerisieren, ähnlich einem Kunststoff zum vernetzten Fibrin. Hierzu ist der Faktor XIII notwendig, der vom Thrombin im gleichen Zeitraum zu Faktor XIII a aktiviert wird. Das Fibrinnetz verklebt nun mit den Thrombozyten des weißen Thrombus, wobei wieder das Fibronektin die Verankerung maßgeblich mitbesorgt. Gleichzeitig verfangen sich rote Blutkörperchen in dem Fibrinnetz, wodurch der rote Thrombus entsteht.
 
Befinden sich Thromben als Blutgerinnsel in den Blutgefäßen, kann der Körper sie durch Spaltung des Fibrins in kleinere Bruchstücke wieder auflösen. Diese Fibrinolyse steht im strömenden Blut mit der ebenfalls ständig ablaufenden Fibrinbildung in einem dynamischen Gleichgewicht. Bei bestimmten Formen der Blutungsneigung kann man therapeutisch »blutverdickende« Medikamente verabreichen, die das Gleichgewicht zur Thrombenbildung hin verschieben. Umgekehrt besteht bei einem zur Fibrinbildung hin verschobenen Ungleichgewicht mit Gefahr einer Thrombose die Möglichkeit, fibrinolytische Substanzen dem Blut zuzuführen und so das Blut dünnflüssiger zu machen. Natürlich bedürfen solche Eingriffe in das biologische Gleichgewicht einer sorgfältigen Überwachung, weil zu viel des Guten immer die Gefahr des entgegengesetzten Leidens in sich birgt.
 
Thrombin aktiviert zusätzlich Molekülsysteme innerhalb der Thrombozyten, die die Bewegungen von Zellen ermöglichen und ganz ähnlich auch in jedem Muskel vorkommen. Dieses Aktin-Myosin-System kontrahiert sich in den beteiligten Thrombozyten: Sie ziehen das gesamte Fibrinnetz und damit den roten Thrombus zusammen. Letztlich führt diese Zusammenziehung in Verbindung mit der Verfestigung des Thrombus zum Schorf zu einem von innen gesteuerten Wundverschluss nach außen. Das an der Luft trocknende und damit noch weiter aushärtende Blut nimmt schließlich die bekannte, fast schwarze Farbe an.
 
 Keine Heilung ohne Entzündung
 
Kaum hat man sich eine Verwundung zugezogen, hat sich das Wundgebiet bereits entzündet. Eine Entzündung ist Voraussetzung für die Heilung und damit notwendig. Auslöser hierfür können aber auch Bakterien oder Viren, Gifte, Hitze oder Elektrizität sein. Entzündungen sind immer durch vier Kennzeichen charakterisiert: Schmerz, Rötung, Erwärmung und Schwellung.
 
Das Reaktionsgewebe ist fast ausschließlich das Bindegewebe mit den dazugehörenden Gefäßen. Die Aktivierung des Abwehrsystems beginnt damit, dass Mastzellen Histamin freisetzen. Histamin beeinflusst die Kapillaren, die nun langsamer durchströmt werden und deren Wände durchlässiger werden. Durch die Wände treten jetzt weiße Blutkörperchen (Leukozyten) und plasmatische Flüssigkeit in das Bindegewebe aus, manchmal auch rote Blutkörperchen. Auch Schmerz- und Fieberstoffe werden freigesetzt. Die Fieberstoffe wirken auf die Temperaturregulation im Stammhirn ein, sodass sich die Körpertemperatur erhöht.
 
Die angelockten verschiedenen Typen der weißen Blutkörperchen (Lymphozyten, Granulozyten und Makrophagen) sind immunkompetente Zellen, das heißt, sie erkennen Bakterien und Schmutzpartikel als fremd und zerstören sie durch Aufnahme und, wenn möglich, durch Verdauung. Die Erwärmung ist eine Begleiterscheinung der Rötung und gleichsam ein »lokales Fieber«. Sie wird durch die Ausschüttung gefäßerweiternder Stoffe aus bereits eingetroffenen Fresszellen bewirkt, sodass mehr Blut und damit noch mehr Immunzellen den Entzündungsort erreichen.
 
Angelockt durch Entzündungsstoffe im Gewebe, treten vornehmlich die Granulozyten durch feine Spalten zwischen den Zellen der Blutgefäßwände hinaus in den Raum des umgebenden Gewebes. Dieser Übertritt wird erleichtert durch die gefäßerweiternden Substanzen, unter anderem Histamin, welche die Gefässwandzellen sozusagen weitmaschiger machen. Hierdurch kommt es ebenfalls zum vermehrten Austritt von Flüssigkeit sowie mitgeführten Proteinen aus dem Blutplasma. Es entsteht eine wasser- und proteinreiche Schwellung, das Ödem.
 
 Die Wundheilung
 
In der Folgezeit kommt es zum Wachstum vorhandener und zum Einsprossen vermehrter Blutgefäße. Ein kompliziertes Arrangement von regulierenden Substanzen sorgt nicht nur für Wachstum und Gestaltgebung der Gefäßwände, sondern auch für die Ausbildung von deren Muskulatur. Ferner werden angelockte undifferenzierte Bindegewebszellen, die Fibroblasten, durch bestimmte Hormone aus den Wandzellen der Gefäße und den Thrombozyten zu Zellteilungen angeregt. Sie differenzieren sich allmählich zu den Bindegewebszellen, den fertigen Fibrozyten und scheiden Bausteine für spätere Kollagenfasern ab. Letztere entstehen außerhalb der Zellen durch Polymerisation. Lymphozyten versuchen so, den Schmerzherd gegen die Umgebung abzugrenzen. Bei vollständiger Abgrenzung bildet sich ein Abszess, der von einer faserigen Bindegewebskapsel eingeschlossen ist. Der austretende Eiter setzt sich zusammen aus von den Lymphozyten aufgelösten Erregern, zugrunde gegangenen Lymphozyten und zerstörtem körpereigenem Gewebe.
 
Das wachsende, gut durchblutete Bindegewebe, das inzwischen auch frei von Bakterien und Zelltrümmern ist, schließt allmählich die Wunde unter dem Schorf von seinen Rändern her, wobei das kollagene Fasergerüst offenbar vielen der beteiligten Zellen zur Orientierung dient. Die Keimzellschicht der Oberhaut führt vermehrt Zellteilungen durch und dehnt sich ebenfalls flächig aus. Wichtig ist, dass sich auch wieder die ihr unterliegende, kollagene Basalmembran neu bildet und die Oberhaut, die Epidermis, mithilfe von Kollagenfasern in tiefer gelegenen Schichten verankert. Schon bei recht kleinen Wunden entdifferenzieren sich die Zellen der Keimzellschicht aus der Oberhaut während dieser Wachstumsphase, das heißt, sie nehmen wieder einen eher embryonalen Zustand ein. Normalerweise werden diese Zellen zu den austrocknenden und letztlich abschilfernden toten Keratozyten der Hornschicht der Epidermis.
 
Die Entdifferenzierung während dieser Phase ist zwingend notwendig: Wenn im Wundgebiet beispielsweise Schweißdrüsen aus der Oberhaut durch Einstülpung in die Tiefe neu gebildet werden müssen, ändern die basalen Zellen ihr Zellteilungs- und Wachstumsprogramm und wachsen als Schlauch in die Tiefe, indem sie die Basalmembran handschuhfingerförmig vor sich herschieben und sich zu einer Schweißdrüse ausdifferenzieren. Aus bereits differenzierten Hornhautzellen hätte sich eine Schweißdrüse, eine kleine Haaranlage oder eine Talgdrüse nicht mehr ausbilden können. Sobald sich die Oberhaut durchgängig geschlossen hat, wird der Schorf locker und fällt schließlich ab.
 
Prof. Dr. Carsten Niemitz
 
Literatur:
 
Birkner, Berndt / Hoffmann, Georg: Das Blut. München u. a. 1991.


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