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AMERIKA ALS IDEE: GOD'S OWN COUNTRY

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Amerika als Idee: God's own country
 
Schon vor dem 4. Juli 1776, dem Tag der Unabhängigkeitserklärung, stand Amerika für die Möglichkeit des Neubeginns. Ob es darum ging, frei von der Last der Vergangenheit eine neue Ordnung zu schaffen, oder die Hoffnung des Auswanderers gemeint war, für sich und seine Nachkommen ein besseres Leben zu finden - Amerika bot dem Einzelnen und der Menschheit eine zweite Chance. Daher schrieb der Publizist Thomas Paine Anfang 1776 in einem viel gelesenen Pamphlet: »Wir haben es in unserer Hand, die Welt von neuem zu beginnen.« Es war also nicht nur vom Streben nach individuellem Glück die Rede, sondern auch von einem Auftrag, der erkannt und erfüllt werden müsse. Beides zusammen macht jene besondere kulturelle Mischung aus, die Alexis de Tocqueville in seinem Werk »Die Demokratie in Amerika« beschrieben hat: In Amerika habe man zwei Kräfte miteinander verbunden, die sich sonst bekämpften, nämlich den »Geist der Religion und den Geist der Freiheit«.
 
 Der Geist der Religion. ..
 
So begann die Geschichte des modernen Amerika mit jenen englischen Auswanderern, die sich selbst als »Pilgrims«, als Pilger, bezeichneten. Sie wurden nicht von materieller Not getrieben, sondern glaubten, ihnen sei wie einst dem Volk Israel ein gelobtes Land zugewiesen, damit dort jeder für sich gottgefällig lebe und zugleich ein Gemeinwesen entstehe, das der Welt als ein weithin sichtbares Vorbild dienen könne.
 
Diese Kongregationalisten, die Puritaner, verstanden Freiheit nur als die Freiheit von Irrtum und sahen zwischen politischem und religiösem Regiment keinen Unterschied. In ihrer Kolonie sollte niemand Bürgerrechte erhalten, der nicht in die »Gemeinde der Heiligen« passte. Doch unter dem Druck weiterer Zuwanderer mit anderen Zielen brach diese Einheitskultur bald zusammen, und den Anhängern der alten Ordnung blieb nur die Gründung exklusiver Kirchengemeinden. Damit legten sie unfreiwillig den Grundstein zu der für den amerikanischen Protestantismus so typischen Vielfalt unabhängiger Kirchen und verschafften dem Prinzip der Wahlfreiheit kulturelle Geltung. In diesen Auseinandersetzungen kündigten sich aber auch noch weitere amerikanische Besonderheiten an. Je deutlicher die religiöse und kulturelle Pluralisierung voranschritt, desto mehr betonten die Amerikaner den Wert von Religion als solcher. Anders als die Französische Revolution war die amerikanische keineswegs religionsfeindlich. Sie vertrat die Staatsunabhängigkeit und Gleichberechtigung aller Religionen, also die Wahlfreiheit des Einzelnen, garantiert bereits im ersten Zusatzartikel (Amendment) zur amerikanischen Verfassung. Später erschienen zunächst die abstrakte Einheit des Protestantismus und dann der gemeinsame Nenner aus Judentum und Christentum als Garanten einer gemeinsamen Wertorientierung. Im Sinne einer solchen Zivilreligion erklärte schließlich Präsident Dwight D. Eisenhower im 20. Jahrhundert, die Demokratie benötige Religion, aber um welche es sich jeweils handele, sei ihm gleichgültig.
 
Die religiös imprägnierte amerikanische Kultur begünstigte die freiwillige religiöse Selbstzuordnung. So gehören vier von fünf Amerikanern noch heute zu einer Religionsgemeinschaft, und die meisten Kinder konfessionsloser Eltern schließen sich später einer solchen an. Entsprechend blieb nur die Andersartigkeit fremder Religionen von dem Anpassungsdruck frei, dem die Einwanderer sonst ausgesetzt waren. Das puritanische Experiment in politischer Theologie ist also missglückt, doch blieb es keineswegs folgenlos.
 
 ... und der Geist der Freiheit
 
Die Bedeutung von Wahlfreiheit und Wettbewerb zeigt, dass sich in Amerika der Liberalismus der angloschottischen Aufklärung und die Kirchen bereits im 18. Jahrhundert arrangiert hatten. Auch die in Virginia vorherrschenden Anglikaner und die Kongregationalisten Neuenglands lernten mit der Zeit, nicht mehr direkt über staatliche Zwangsmittel, sondern nur noch indirekt durch Meinungsbildung öffentlich zu wirken, und die ohnehin staatsfernen Baptisten trugen in den Jahrzehnten vor der Revolution aktiv zur Politisierung der Öffentlichkeit bei. Sie behandelten John Locke, den englischen Staatstheoretiker des 17. Jahrhunderts, wie den fünften Evangelisten und predigten die Prinzipien der Vertragstheorie einschließlich des Widerstandsrechts.
 
Locke selbst hatte schon auf das Alte Testament und Amerika angespielt: Am Anfang sei die ganze Welt wie Amerika gewesen. Den Naturzustand habe man sich etwa so vorzustellen wie die Lage von Kolonisten, die neu beginnen können. Die Amerikaner ihrerseits definierten sich in der Unabhängigkeitserklärung durch einen obersten Glaubenssatz, den sie wie eine Zusammenfasssung der lockeschen Lehre formulierten: Alle Menschen seien gleich geschaffen und von ihrem Schöpfer mit unveräußerlichen Rechten ausgestattet worden, wozu das Leben, die Freiheit und das Streben nach Glück zählten. Regierungen seien dazu eingesetzt, diese Rechte zu sichern. Damit aber wurde die politische Revolution auch zu einer kulturellen, denn die naturrechtliche Begründung der individuellen Freiheit kann auch ganz egalitär als die Unabhängigkeitserklärung des gemeinen Mannes gelesen werden, der sich von den Eliten emanzipiert.
 
Dieser Kult des gemeinen Mannes hat besonders zwei Denk- und Verhaltensgewohnheiten erzeugt. Einerseits einen polarisierenden Argwohn, der den gemeinen Mann gegen die Elite, die Tugend gegen die Kultiviertheit, alles Kleine gegen alles Große, die überschaubare Gemeinschaft gegen die anonymen Gebilde und schließlich das ganze Land gegen Washington ausspielt, der aber als Motiv zur Kontrolle der Macht noch mit seinem liberalen Ursprung verbunden bleibt. Andererseits die dynamische Seite der Respektlosigkeit, die sich als Tradition der Traditionslosigkeit oder auch als Glaube an die unbegrenzte Regenerationsfähigkeit äußert und es für unamerikanisch hält, sich in die Gegebenheiten zu fügen oder sich mit dem Erreichten zufrieden zu geben. Nur in Amerika konnte daher der Kapitalismus als Negation alles Etablierten, die »schöpferische Zerstörung«, zur Ideologie des gemeinen Mannes werden.
 
 Nation als politisches Konzept
 
Welche Rolle der Gegensatz zwischen elitärem und egalitärem, »populistischem« Denken bei der Entstehung der Verfassung spielte, wird oft übersehen, zumal die beiden Positionen unterschiedlich dokumentiert sind. Während die Zeitungsartikel der Federalists Politiker Alexander Hamilton, James Madison und John Jay, die für einen Bundesstaat mit starker Zentralregierung eintraten, als »Federalist papers« zu einem Klassiker wurden, sind die Argumente der »Antifederalists« George Mason oder Richard H. Lee, die stärker auf dem Schutz der individuellen Freiheiten beharrten, nie entsprechend präsentiert worden. Dennoch entstand die Verfassung aus langwierigen Diskussionen, und die Federalists setzten sich erst durch, als sie den von den Antifederalists geforderten Grundrechtskatalog, die »Bill of Rights«, in zehn Zusatzartikeln zur Verfassung von 1787 akzeptierten. Den Kern des Konflikts beschreibt die oft abgewandelte Formulierung, dass die Federalists dem Volk misstrauten, aber an Personen glaubten, während die Antifederalists an den gemeinen Mann glaubten, aber niemandem genug trauten, um ihm Macht zu verleihen. Am Ende einigte man sich auf eine Teilung der Macht, also auf jenes System der »checks and balances«, das nun seit mehr als zwei Jahrhunderten besteht. Wenn die Amerikaner also gelegentlich über Unregierbarkeit klagen, dann darf man sie daran erinnern, dass sie bekommen haben, was beabsichtigt war.
 
Langfristig wichtig war der geradezu sakrale Rang der Verfassung, der zur Stabilität der gesamten Ordnung beitrug und noch heute daran erinnert, dass die Amerikaner ihre Nation politisch verstehen. Die Unverwechselbarkeit des Projekts Amerika, sein Ausnahmestatus in der Geschichte, ergab sich daraus, dass es die Zustimmung zu bestimmten Ideen ist, die jemanden zum Amerikaner macht. Dies führte dazu, dass Ideen immer wieder, ob zutreffend oder nicht, als unamerikanisch bezeichnet wurden und eine Kultur mit hohem Konformitätsdruck entstand. Entscheidend aber bleibt, dass man Amerikaner werden kann und dass Amerika sich immer wieder beim Wort nehmen lässt, weil es auf Worte gegründet ist.
 
Prof. Dr. Michael Zöller


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