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ALTSTEINZEIT: FRAUENSTATUETTEN ERSTE BILDER DES MENSCHEN

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Altsteinzeit: Frauenstatuetten - Erste Bilder des Menschen
 
Gegenüber den sehr vagen Hinweisen auf absichtlich zugerichtete Tierteile und die farbige Fassung des menschlichen Körpers ist in den Frauenstatuetten der jüngeren Altsteinzeit die ausgestaltete Form differenzierter religiöser oder zumindest ritueller Vorstellungen greifbar. Statuetten unbekleideter Frauen mit fülligen Körperformen sind ein auffallendes Phänomen der altsteinzeitlichen Jägerkulturen vor 30 000 bis 20 000 Jahren, der Zeit des mittleren Jungpaläolithikums. Für die meisten dieser Statuetten lässt sich die Entstehungszeit jedoch auf den Abschnitt um 25 000 bis 21 000 v. Chr. einengen. Dieser Zeitraum fällt in eine trocken-kalte Klimaphase der letzten Kaltzeit (Würm-Eiszeit) unmittelbar vor dem Kältemaximum und der maximalen Ausdehnung der Inlandgletscher dieser »Eiszeit«. Das Trockenklima verhinderte eine Bewaldung; im gesamten Verbreitungsgebiet bestand eine offene Graslandschaft, die im jahreszeitlichen Wechsel von großen Tierherden durchzogen wurde, die die wirtschaftliche Basis der Jägerkulturen bildeten. Die wichtigste Waffe war die Speerschleuder, ein Wurfstab oder -brett mit einem Widerhaken am Ende, durch dessen Hebelarm der Speer eine außerordentliche Durchschlagskraft erhielt. Pferd, Ren, Wisent, Mammut und Nashorn waren die wichtigsten Beutetiere. Neben der Jagd spielte die Sammelwirtschaft eine Rolle, deren Bedeutung sich wegen der schlechten Erhaltungsmöglichkeiten entsprechender Funde allerdings schwer abschätzen lässt.
 
Heute kennen wir mehr als hundert solcher Frauenstatuetten, die in vergleichbarer Ausprägung in einem großen Gebiet - vom Don bis zum Atlantik und auch südlich der Alpen in Italien - gefunden wurden. Gewissermaßen zu ihrem Prototyp wurde eine 1908 bei Willendorf in der Wachau in Niederösterreich entdeckte Figur aus Kalkstein - die »Venus von Willendorf«. Diese auf die römische Göttin der Liebe - und ihre Skulpturen, die in Antike und Renaissance Anlass zur Darstellung von schönen Frauenakten boten - bezogene Bezeichnung geht zurück auf den Marquis de Vilbraye, der eine von ihm 1864 in Laugerie Basse bei Les Eyzies-de-Tayac (Dordogne) gefundene, eher schematisierte Frauenstatuette aus dem Magdalénien »venus impudique« (»keuschlose Venus«) genannt hatte.
 
Die ersten voll ausgebildeten Frauenstatuetten wurden bei den Grabungen von Edouard Piette in der Grotte du Pape bei Brassempouy (Landes, Südwestfrankreich) von 1894 bis 1897 gefunden. Zu diesen Statuetten aus Mammutelfenbein gehört auch die weltberühmte »Tête à la capuche«, ein wunderbarer kleiner Frauenkopf mit ausgearbeiteten Gesichtszügen und langen Haaren. Etwa zur gleichen Zeit wurden in der Barma Grande, einer der Grimaldi-Höhlen (Höhlen von Mentone) an der italienischen Riviera unweit von Nizza, kleine Frauenfiguren aus Steatit (Speckstein) entdeckt, die nach einer wechselvollen Rezeptionsgeschichte erst heute richtig gewürdigt werden. Großes Aufsehen erregte die 1922 in einer Höhle bei Lespugue im Pyrenäenvorland entdeckte Elfenbeinstatuette, die in ihrer extremen Ausformung den Typ dieser Frauendarstellungen in künstlicher Verzerrung zeigt. Seither verlagerte sich der Schwerpunkt der Funde nach Osteuropa.
 
Östlich des Don fand man in Gagarino Frauenstatuetten mit überbetonten weiblichen Attributen, die trotz der großen Entfernung die gleichen Merkmale wie die Statuetten von Brassempouy oder Lespugue aufweisen. Dies gilt auch für die zahlreichen Frauenfiguren, die Pjotr Jefimenko in den 1930er-Jahren bei seinen Ausgrabungen in Schicht I von Kostjonki am Don entdeckte. Die aus Elfenbein oder Kalkstein gearbeiteten Statuetten von Kostjonki I verdeutlichen, dass im heutigen Osteuropa ein Verbreitungsschwerpunkt dieser Darstellungen liegt. Durch die Statuetten von Awdejewo und Chotyljewo wird dies nachdrücklich unterstrichen. Bedeutend sind auch die Frauenstatuetten von Dolní Věstonice und Pavlov am Fuß der Pollauer Berge in Mähren, die teilweise aus Lehm gebrannt sind. Ein Elfenbeinköpfchen von Dolní Věstonice hat ausgearbeitete Gesichtszüge und lässt sich mit der »Tête à la capuche« von Brassempouy vergleichen.
 
In Osteuropa sind Frauenstatuetten ein typisches Element der Kostjonki-Awdejewo-Kultur, die hier außerdem durch große und dauerhafte Siedlungsstrukturen gekennzeichnet ist. In Kostjonki I konnte eine solche, 37 m lange und 21 m breite Siedlung freigelegt werden. Am Außenrand dieser deutlich begrenzten breitovalen Fläche lagen von Menschen bewohnte Erdhütten, die ein Dachgerüst aus Mammutstoßzähnen besaßen und Feuerstellen beherbergten. Im Zentrum der Siedlung waren auf der Mittelachse zehn Feuerstellen aufgereiht. Auf dieser geräumigen, sicher nicht überdachten Innenfläche gab es zudem Arbeitsplätze, teilweise mit eingeschlagenen Mammutknochen als Arbeitstischen. Ferner lagen hier zahlreiche Gruben. Die kleineren Gruben waren vielleicht Kochgruben, in denen Flüssigkeit mit heißen Steinen erhitzt wurde. Derartige Siedlungen derselben Kultur wurden auch bei neuen Grabungen in Kostjonki und Awdejewo freigelegt.
 
Auch die Geräte und Waffen der Kostjonki-Awdejewo-Kultur sind unverwechselbar; in der Kunst kommen außer den Frauenstatuetten Tierplastiken, vor allem Mammutstatuetten, vor. Diejenigen Frauenstatuetten, die sich in den Gruben fanden, sind mitunter vollständig erhalten, die zahlreichen Statuetten aus dem Siedlungshorizont, der Schicht des damaligen Bodenniveaus, sind dagegen meist zerbrochen. Der unterschiedliche Erhaltungszustand der Statuetten ist also nicht etwa durch absichtliches Zerschlagen, sondern durch ihre Fundlage - überdurchschnittliche Erhaltungsmöglichkeiten in den Gruben, umfangreichere Zerstörungen im freien Siedlungshorizont - bedingt. Verbreitet war die Kostjonki-Awdejewo-Kultur vom Don bis in das östliche Mitteleuropa (Polen, Niederösterreich); die »Venus von Willendorf« stammt also von einem der westlichsten Fundplätze dieser Kultur.
 
Im westlichen Mitteleuropa - in Frankreich und in Italien - treten die Frauenstatuetten in anderen Fundzusammenhängen auf, die aber in den gleichen Zeitraum wie die Kostjonki-Awdejewo-Kultur gehören. Leider stehen uns über die Siedlungsstrukturen, aus denen die Frauenstatuetten hier stammen, praktisch keine Informationen zur Verfügung. Meist handelt es sich um Höhlenfundplätze, in denen sich Siedlungsbefunde generell nur schwer erkennen lassen und die außerdem auch nicht ausreichend Platz für größere Siedlungen boten.
 
Die Frauenstatuetten bestehen aus Elfenbein, Stein oder gebranntem Ton. Noch unvollendete Stücke zeigen, dass das Mammutelfenbein zunächst geschnitzt, dann geschliffen und poliert wurde. Ähnlich verlief der Herstellungsprozess der aus weicherem Gestein (Kalkstein, Sandstein) gearbeiteten Figuren. Die Tonfiguren wurden mit der Hand geformt und dann gebrannt. In Dolní Věstonice in Mähren entdeckte man im Grundriss einer etwas abseits, oberhalb der Siedlung gelegenen Hütte einen Brennofen für solche Figuren sowie viele Halbfabrikate und Bruchstücke von Frauen- und Tierstatuetten. Eine derartige Serienherstellung zeigt, dass solche Statuetten keineswegs selten waren.
 
Außer vollständigen Frauenstatuetten sind auch abgekürzte Teildarstellungen erhalten geblieben. So handelte es sich bei den oben erwähnten Kopfdarstellungen von Brassempouy und Dolní Věstonice mit ihren ausgearbeiteten Gesichtszügen und einer Frisur sicher um selbstständige Darstellungen und nicht etwa um Bruchstücke ehemals vollständiger Figuren. Daneben gibt es besonders unter den Funden von Kostjonki I und Dolní Věstonice auch zahlreiche abgebrochene Köpfe von Frauenstatuetten. Eine andere abstrakte Darstellung des Weiblichen ist das Motiv der aus dem körperlichen Zusammenhang isolierten Brüste, wie wir sie von Dolní Věstonice kennen. Hier kommen stabförmige Körper mit ausgearbeiteten Brüsten vor, aber auch Anhänger, die nur die beiden Brüste wiedergeben. Eine rote Malerei in der Höhle Le Portel (Ariège, Pyrenäenvorland) hat große Ähnlichkeit mit diesen Brustanhängern und könnte Gleiches meinen; es wäre die bisher einzige Darstellung an einer Höhlenwand. Von Dolní Věstonice gibt es ferner Darstellungen des mittleren und unteren Körperteils, die ursprünglich sicher weder Kopf noch Füße hatten, sowie gabelartige Darstellungen der Beinpartie. Plastisch modellierte Schampartien kennen wir bisher nur aus Schicht I von Kostjonki, wo 18 solcher »Medaillons« gefunden wurden, auf denen die Vulva manchmal sehr deutlich wiedergegeben ist.
 
Die Köpfe der Frauenstatuetten sind meist nur summarisch - oft sogar lediglich als Kugel ohne weitere Details - wiedergegeben. Das Gesicht ist nur selten ausgearbeitet, manchmal wird eine Frisur oder eine Kappe angedeutet. Mehrfach ist der Kopf leicht geneigt, und die Frau scheint auf ihren Leib zu blicken. Unter dem meist deutlich abgesetzten Hals folgen die gerundeten Schultern, darunter die oft enormen Brüste. Die dünnen Arme verschwinden unter den Brüsten oder liegen auf ihnen wie dünne Wülste. Der Leib ist meist vorgewölbt, die Hüften und auch die Oberschenkel sind oft füllig und gut modelliert dargestellt. Dagegen sind die Unterschenkel »nachlässig«, häufig verkürzt oder spitz zulaufend gestaltet. Nur ganz wenige Figuren haben kleine Füße.
 
Die Frauenstatuetten sind deshalb sicherlich keine Abbilder der damals lebenden Frauen; die meist umrisshafte Darstellungsweise mit einem Kopf ohne physiognomische Details und mit den verkürzten Unterschenkeln verbietet eine solche Interpretation. Zudem sind die Frauen meist unbekleidet wiedergegeben. Einige tragen allerdings eine Kappe: Bei der Statuette von Dolní Věstonice scheint der Kopf wie mit einer Kapuze verhüllt, in der sich schräge Sehschlitze befinden. Häufiger ist an der Taille ein Gürtel wiedergegeben, gelegentlich sind Halsketten und Armbänder dargestellt, was indirekt das Tragen von Schmuck bestätigt. Besonders bei einigen Figuren von Kostjonki I ist mehrfach ein Band quer über den oberen Teil der Brüste gezeichnet. Bei einer 1983 gefundenen Statuette läuft dieses Band sogar um den Oberkörper herum und wird von zwei Trägern, die über den Schultern liegen, gehalten. Einmalig ist die Darstellung eines Bandes, das beide Handgelenke einer großen, 1988 in Kostjonki I gefundenen Kalksteinstatuette umschließt und die Hände auf dem Bauch zu fixieren scheint; dieses Band zwischen beiden Handgelenken half möglicherweise bei einem bevorstehenden Geburtsvorgang. Bei Statuetten von Dolní Věstonice bedeckt ein rockartiges Kleidungsstück den unteren Körperteil; unter dem deutlich gezeichneten Bauchnabel verläuft bei diesen Figuren eine umlaufende Rille, unterhalb derer keine anatomischen Details mehr erkennbar sind. Ein schurzartiges Kleidungsstück ist auch auf der Rückseite der Elfenbeinstatuette von Lespugue dargestellt, deren Vorderseite leider zerscherbt ist.
 
In vielen Fällen sind schwangere Frauen dargestellt. Auf das letzte Stadium der Schwangerschaft weisen bei einer großen Kalksteinstatuette von Kostjonki I die Form des Leibes und der vorgewölbte Bauchnabel hin. Zwei Statuetten von Tursac (Dordogne) beziehungsweise Kostjonki XIII zeigen einen stark nach unten verlagerten Schwerpunkt des vorgewölbten Leibes, die Beine beider Figuren sind zurückgebogen. Bei der Statuette von Kostjonki XIII ist zwischen den gespreizten Beinen eine deutliche, geöffnete Scheide markiert, bei der Statuette von Tursac tritt zwischen den Beinen ein Zapfen aus: Beide Figuren stellen den Vorgang einer Geburt dar. Erkennbarer Inhalt und das zentrale Thema dieser Frauendarstellungen ist somit das Wunder von Schwangerschaft und Geburt - und damit des Lebens.
 
Prof. Dr. Gerhard Bosinski
 
Literatur:
 
Die Anfänge der Kunst vor 30000 Jahren. Ausstellung in der Kunsthalle Tübingen, 18. Juli —13. September 1987, herausgegeben von Hansjürgen Müller-Beck und Gerd Albrecht. Stuttgart 1987.
 Bosinski, Gerhard: Die Kunst der Eiszeit in Deutschland und in der Schweiz. Bonn 1982.
 Graziosi, Paolo: Die Kunst der Altsteinzeit. Neuausgabe Stuttgart 1964.
 
Der Löwenmensch. Tier und Mensch in der Kunst der Eiszeit. Begleitpublikation zur Ausstellung »Der Löwenmensch- Tier und Mensch in der Kunst der Eiszeit«. Ulmer Museum, 11.September —13.November 1994, herausgegeben von Brigitte Reinhardt und Kurt Wehrberger. Sigmaringen 1994.
 Vialou, Denis: Frühzeit des Menschen. München 1992.


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