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DEUTSCHLAND: RECHTSSTAAT UND DDRVERGANGENHEIT

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Deutschland: Rechtsstaat und DDR-Vergangenheit
 
Kann der Rechtsstaat das Unrecht sühnen, das in der DDR geschehen ist? Diese Frage ist in den Vordergrund gerückt, nachdem die ostdeutsche Bürgerrechtlerin Bärbel Bohley den bitteren Satz formuliert hatte: »Wir hatten Gerechtigkeit erwartet und haben den Rechtsstaat bekommen.« Wie Bärbel Bohley empfinden viele der in der DDR aus politischen Gründen strafrechtlich Verfolgten. Sie finden die Prozeduren der Ermittlung und Strafverfolgung zu umständlich und langwierig, die Urteile zu milde. Von den sechs Mitgliedern des Nationalen Verteidigungsrates der DDR, denen 1992/93 wegen der Tötungsdelikte an der Grenze der Prozess gemacht wurde, sind drei aus Gesundheitsgründen freigelassen und die Verfahren gegen sie eingestellt worden (Honecker, Stoph, Mielke). Auch die übrigen drei, die rechtskräftig verurteilt worden sind, befinden sich in Freiheit, weil der Strafvollzug bis zur Entscheidung ihrer Verfassungsbeschwerde vom Bundesverfassungsgericht ausgesetzt wurde (Kessler, Streletz, Albrecht).Ein weiterer Prozess wegen der gleichen Delikte gegen die ehemaligen Mitglieder des SED-Politbüros Egon Krenz, Horst Dohlus, Kurt Hager, Günther Kleiber, Erich Mückenberger und Günter Schabowski begann am 13. November 1995. Spionage gegen die Bundesrepublik vom Territorium der DDR aus ist nach dem Spruch des Bundesverfassungsgerichts vom Mai 1995 straffrei. Die wegen Todesschüssen an der Grenze angeklagten ehemaligen DDR-Grenzsoldaten sind bis auf zwei oder drei eindeutige Mordfälle zu Bewährungsstrafen verurteilt worden und befinden sich in Freiheit. Das gilt auch, mit zwei Ausnahmen für die Ende 1994 wegen Rechtsbeugung verurteilten Richter und Staatsanwälte der DDR. Nach den Kriterien des Bundesgerichtshofes können nur besonders schwere Menschenrechtsverletzungen durch ehemalige DDR-Juristen als Rechtsbeugung gewertet und bestraft werden. Minder schwere Unrechtshandlungen wie Wahlfälschung oder Denunziation wurden mit Freiheitsstrafen zur Bewährung und eventuell Geldstrafen geahndet. Sie sind Ende 1995 bzw. 1997 verjährt. Die Opfer sehen sich durch diese Tatsachen in ihrer harschen Kritik am Rechtsstaat bestätigt. Sie sind empört darüber, dass die ehemalige DDR-Elite nicht ihrem Anteil am Funktionieren der Diktatur entsprechend bestraft wird. Es ist schwer zu vermitteln, dass nicht alles, was politisch und moralisch verwerflich war, auch strafrechtlich beurteilt werden kann. So sind etwa 60 000 Ermittlungsverfahren wegen Funktionärs- und Regierungskriminalität seit dem Beitritt der DDR zum Grundgesetz eingeleitet worden, ein bis zwei Prozent führten zu Verurteilungen, in der Regel Bewährungsstrafen. In den meisten Fällen kam es gar nicht zu Gerichtsverfahren. Grundsätze wie das Rückwirkungsverbot (kein Verbrechen, keine Strafe ohne Gesetz), das bei der Urteilsfindung die Anwendung des zur Tatzeit geltenden Rechts verlangt oder der objektive Nachweis persönlicher Schuld (im Zweifel für den Angeklagten), der Pauschalverurteilungen verbietet, sind konstitutive Elemente des Rechtsstaates. Sie außer Kraft zu setzen, um ein aktuelles Problem wie die Ahndung von DDR-Unrecht besser handhaben zu können, hieße den Rechtsstaat selber auszuhebeln, dessen Wiederherstellung doch ein Ziel der friedlichen Revolution war. Doch im Laufe der Zeit haben sich ursprünglich positive Rechtsinstitute durch immer weitere Verästelung und Verfeinerung auch nachteilig entwickelt. Die strikte Bindung an das geschriebene Gesetz etwa, die Berechenbarkeit und Rechtssicherheit bewirken sollte, führt bei der heutigen Regelungswut eher zu Unübersichtlichkeit und damit Rechtsunsicherheit. Die gegen die Willkür der feudalen Obrigkeit ausgestalteten Schutzrechte des Angeklagten können so strapaziert werden, dass Prozesse mit Verfahrensfragen und Rechtsmitteleinsatz überfrachtet und unzumutbar in die Länge gezogen werden, wie das im Fall von ehemaliger DDR-Prominenz immer wieder zu beobachten ist. Grundsätzlich kann die Justiz in Bezug auf die DDR nur die strafrechtliche Verantwortung von Einzelpersonen klären und rechtsstaatlich vertretbare Urteile fällen. »Aufarbeiten« und »bewältigen« kann sie DDR-Vergangenheit nicht, das ist Sache von Wissenschaftlern, Pädagogen und einer verantwortungsbewussten Öffentlichkeit.


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