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AUFKLÄRUNG: DIE NATURFORSCHUNG

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Aufklärung: Die Naturforschung
 
Die Aufklärung, von Immanuel Kant beschrieben als »Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit« hin zu einem Zustand, sich der eigenen Verstandesfähigkeiten zu bedienen, eröffnete jedem einzelnen die Möglichkeit, das nun neu entstehende naturwissenschaftliche und technische Wissen zu nutzen und zu erweitern, wie es seit Francis Bacon gefordert worden war. Vor diesem Hintergrund differenzierte sich die Naturforschung erstmals zu Einzeldisziplinen aus, die sich anfangs vorwiegend empirisch an Objektbereichen (Minerale, Pflanzen, Tiere, Himmelserscheinungen) orientierten; dies warf bald Fragen nach der sachlichen und methodischen Einheit ihres Vorgehens (Sammeln, Klassifizieren, Bestimmen) auf, und zwar umso deutlicher, je größer die Materialfülle wurde, die im Sinne der Aufklärung nutzbringend zu verwerten war. Riesige Enzyklopädien und Lexika der Wissenschaften und Künste, wie sie für das 18. Jahrhundert daraufhin typisch wurden, bildeten als Lösung nur einen Notbehelf, für den mehr und mehr ein auf die jeweiligen Diziplinen abgestimmter, professionellerer Zuschnitt gewählt werden musste. So entstand in Weiterführung der regelmäßigen gedruckten Mitgliederinformationen der Pariser und Londoner Akademien der Wissenschaften ein ausgedehntes Kommunikationssystem in Form wissenschaftlicher und halbwissenschaftlicher Periodika, die gegen Ende des Jahrhunderts in eine Fülle von Spezialzeitschriften übergingen. Daneben fand die Aufklärung mit ihrer intellektuellen Freude am Wissen und Erkennen, Sammeln und Botanisieren, instrumentellen Beobachten und Experimentieren auch Eingang in die adligen und bürgerlichen Salons, wobei auch Kinder und Frauen ausdrücklich in die Unterrichtung mit einbezogen wurden. Darüber hinaus wurden auf bürgerlicher Seite neben den fürstlichen Landesakademien ab der Mitte des 18. Jahrhunderts überall in Europa, besonders aber in protestantischen Städten, gemeinnützige oder patriotische Gesellschaften gegründet, die sich der praktisch-nützlichen Umsetzung theoretischen Wissens in Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft widmeten.
 
Bis in die frühe Neuzeit war die »Physica« oder »Philosophia naturalis« geprägt gewesen von einer Gesamtschau, die als »Wissenschaft von der gesamten Natur« noch Bestandteil eines philosophischen Systems war. Dessen Lehre sollte im Rahmen der Artistenfakultät (der Sieben freien Künste) die Grundlage für das Studium der höheren Fakultäten (Theologie, Jurisprudenz, Medizin) liefern - zuletzt wohl noch einmal in René Descartes »Prinzipien der Philosophie« (1644). Aber schon im ausgehenden 17. Jahrhundert sprach man von einer »Physica eclectica« oder »selectiva«, das heißt, die »Physica«, für die sich jetzt im Deutschen der Begriff »Naturwissenschaft« durchsetzte, löste sich von ihrer funktionalen Bindung an ein solches vorgegebenes System und wählte sich in einzelnen Bereichen die für ihren jeweiligen Gegenstand brauchbarsten Prinzipien aus.
 
Für die Bestimmung der Lebewesen und Minerale blieben größtenteils noch die Grundsätze der aristotelischen Naturphilosophie (zum Beispiel Bewegung, Stoff und Form oder die Grundelemente Feuer, Wasser, Luft, Erde) gültig. Für die entstehende neue Biologie und die Mineralogie (Gesteinskunde, Geologie) wurden die Materialsammlungen innerhalb der »Naturgeschichte« vorerst - um der Fülle des Materials Herr zu werden - nur nach bestimmten äußeren Merkmalen klassifiziert, wobei man selbstverständlich von der »Konstanz der Arten« ausging, für die Bereiche der unbelebten Natur (Minerale, Gesteine, Himmelsobjekte) aber auch bereits den Zeitfaktor (Entwicklungsgeschichte von Individuen und Arten) als zusätzliches Ordnungsprinzip heranzog. Allein die Idee einer natürlichen Stufenleiter, der »Scala naturae«, schien dabei die Unzahl der Einzeldinge noch zusammenzuhalten, überhöht in der Vorstellung der Physiko-Theologie, dass alle Dinge nach Gottes Vorsehung für einander und für das Zu-Stande-Kommen der »besten aller möglichen Welten« (Leibniz) geschaffen seien.
 
In der Chemie kamen modifizierte aristotelisch-demokritische Prinzipien zum Tragen. Bei der Erklärung grundlegender chemischer Prozesse (Synthese, Analyse), etwa bei der Rückführung von Stoffen auf konstante, zahlenmäßig eng begrenzte Ausgangsprodukte, deren Eigenschaften in der Synthese verloren gegangen und durch andere ersetzt waren, hatte man nämlich mit den qualitätslosen »Atomen« Demokrits nichts anfangen können, wohl aber mit den aristotelischen »minima naturalia« als den kleinsten möglichen Einheiten der natürlich vorkommenden (gemischten) Stoffe. Aus einer Zusammenfassung dieser beiden Ideen war bei Robert Boyle der neue, empirisch begründete Elementbegriff geworden, der dann am Ende des 18. Jahrhunderts bei Antoine Laurent Lavoisier seine endgültige Form erhielt. Zwischenzeitlich war ein hypothetischer, unwägbarer Stoff, das Phlogiston, zur Erklärung der Verbrennungsvorgänge als Prinzip herangezogen worden, der im 18. Jahrhundert immerhin zu einem ersten einheitlichen System der Chemie wenigstens der Verbrennungsvorgänge geführt hatte.
 
Auch Magnetismus und Elektrizität, Licht, Wärme oder Lebensvorgänge wurden auf solche jeweils spezifischen unwägbaren Stoffe, Imponderabilien, zurückgeführt, die als nicht der Gravitation unterliegend jeweils einen einzelnen Bereich abgrenzten. Daneben gab es die mechanischen Prinzipien im Sinne Descartes' und insbesondere die mathematischen Prinzipien im Sinne Isaac Newtons, die allein die quantitativen Größen der Kraftwirkungen zwischen ponderablen (wägbaren) Massen zu bestimmen suchten oder auch bloß quantitativ beschreibend waren - wie vorerst für die Strahlenbrechungen und Reflexionen in der Optik.
 
Descartes' und Newtons Prinzipien wurden fast ausschließlich im Rahmen der angewandten Mathematik behandelt und an den Universitäten gesondert gelehrt, während die »Physik« noch im alten Sinne in eine »Physica generalis« (allgemeine Naturlehre), eine »Physica specialis« (besondere Naturlehre) und eine »Physica specialissima«, welche die detaillierte Naturgeschichte der drei Naturreiche umfasste, unterteilt wurde. Demonstrationen mithilfe von Experimenten fanden wegen ihres Aufwandes erst seit dem Ende des 17. Jahrhunderts ganz allmählich Eingang in die Lehre - anfangs als (universitäre) Privatveranstaltungen neben der öffentlich gelehrten aristotelischen Physik, im Laufe der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts insbesondere an den protestantischen Universitäten auch in der öffentlichen Lehre - sogar mit entsprechendem Lehrstuhl für »Physica experimentalis«. Bis dahin waren sie als »mathematische Experimente« (und Instrumente) in die Mathematiklehre integriert.
 
An der jungen, nach modernsten Gesichtspunkten 1736 gegründeten Göttinger Universität etwa wurde nach Friedrich Albert Carl Grens »Grundriss der Naturlehre«, der von 1787 bis 1820 sechsmal aufgelegt wurde, unterrichtet: in der »allgemeinen Physik« neben einer allgemeinen Körperlehre die allgemeine Gravitation sowie Mechanik, Hydrostatik und Aerostatik jeweils unter dem Gesichtspunkt der Newtonschen Gravitation, während man zur »speziellen Physik« die Abschnitte Wärmestoff, Licht(-stoff) einschließlich Optik und Verbrennung, elektrische Materie, magnetische Materie, Luft, Phänomene der Erde und Atmosphäre sowie die »Schwere einfacher Stoffe und ihrer Verbindungen« (das ist die neue, quantitative Chemie) zählte. Die Naturgeschichte fehlte hierin bereits als Bestandteil der Physik. Man hatte sie, insbesondere die Naturgeschichte der Lebewesen, ursprünglich vor allem wegen ihres Detailwissens aus der Lehre der »Physik« herausgenommen und separat behandelt, meist im Rahmen der Ausbildung der Ärzte. Bestrebungen, sie wenigstens als »allgemeine Naturgeschichte« ohne den Ballast der beschreibenden Details wieder aufzunehmen, scheiterten. Als »Physik der Lebewesen« (Physiologie) sollte sie eine Sonderentwicklung erfahren. Die »Physik« selbst versteht sich seit dem letzten Drittel des 18. Jahrhunderts deshalb nur noch als Wissenschaft von der toten Materie. Die naturgeschichtliche Geographie und Geophysik sowie die Astronomie, beziehungsweise alles, was aus diesen Bereichen nicht zur Himmelsmechanik gehörte, waren ebenso wie die Chemie wegen ihrer Detailfülle, die sich damals noch nicht auf Gesetzmäßigkeiten zurückführen ließ, aus der Physiklehre ausgeschlossen worden.
 
Der über das gesamte 18. Jahrhundert ausgefochtene Kampf um die Frage, ob die mathematischen beschreibenden Prinzipien zur angewandte Mathematik oder in die erklärende »Physik« gehören - wobei insbesondere die ausgesprochenen Experimentalphysiker mathematischen Formalismus ablehnten -, war durch Kants »Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaft« (1786) zu Gunsten letzterer entschieden worden. Kantging es im Gegensatz zum vorherrschenden Empirismus um die erkenntnistheoretische Grundlegung der eigentlichen, rationalen Naturwissenschaft. Diese müsse apodiktische Gewissheit erhalten und deshalb von apriorischen Prinzipien ausgehen. Jede rationale, dann auch »exakt« genannte Naturwissenschaft müsse deshalb einen »reinen Teil« (= Metaphysik) enthalten, andererseits aber die Mathematik mit ihren Möglichkeiten der Konstruktion und deduktiven Ableitung der Begriffe aus diesen (metaphysischen) Prinzipien zur Grundlage haben. Nicht nur die naturhistorischen Disziplinen und die »nützlichen Wissenschaften«, auch die Chemie, der das mathematische Element noch fehlte, waren für Kant deshalb keine (Natur-)Wissenschaften; letztere galt ihm vielmehr als »Kunst«. Nicht zuletzt aufgrund dieses Vorwurfes sollte dann Anfang der Neunziger Jahre des 18. Jahrhunderts die Stöchiometrie des Kantschülers Jeremias Benjamin Richter entstehen, eine erste quantitativ-mathematische Chemie der Verbindungen und damit eine Voraussetzung für die Aufnahme in den Kanon der neu definierten universitären Wissenschaften.
 
Parallel zur Festigung der methodischen Einheit der neuen Physik durch die Integration eines Teilbereichs der Mathematik ging dann eine entsprechende Isolierung und »Autarkisierung« der Mathematik ihrerseits einher. Während die Mathematik um 1800 als »Mechanik« (Joseph Louis de Lagrange) und »Astronomie« beziehungsweise Himmelsmechanik (Pierre Laplace, Carl Friedrich Gauß) ihre paradigmatischen Höhepunkte erreicht hatte und damals vielen als Ziel und Abschluss der (notwendig die reale Wirklichkeit beschreibenden) Mathematik selbst gegolten hatte, konnten so im 19. Jahrhundert mehr als drei-dimensionale Geometrien entwickelt werden, deren Möglichkeit Kant noch abgelehnt hatte.
 
Prof. Dr. Fritz Krafft
 
Literatur:
 
Starobinski, Jean: Die Erfindung der Freiheit. Aus dem Französischen. Frankfurt am Main 1988.
 Teichmann, Jürgen: Wandel des Weltbildes. Astronomie, Physik und Meßtechnik in der Kulturgeschichte. Stuttgart u. a. 1996.
 Wuketits, Franz M.: Eine kurze Kulturgeschichte der Biologie. Mythen — Darwinismus — Gentechnik. Darmstadt 1998.


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