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BERTOLT BRECHT

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Bertolt Brecht: übersetzung

Bertolt Brecht
 
Kein anderer deutscher Schriftsteller hat die Entwicklung der Dramatik des 20. Jahrhunderts weit über Deutschland hinaus so geprägt wie Bertolt Brecht. Seine marxistische Überzeugung und seine kulturpolitisch herausragende Stellung in der DDR führten allerdings dazu, dass man ihm in der Bundesrepublik und auch in Österreich erst spät den Rang einräumte, der ihm gebührt.
 
 Biografische Daten
 
Früher Erfolg
 
Bertolt Brecht kam am 10. Februar 1898 unter dem Namen Eugen Berthold Friedrich Brecht als Sohn eines kaufmännischen Angestellten in Augsburg zur Welt. Ab 1908 besuchte er das Gymnasium in Augsburg, im Jahr 1917 legte er das Notabitur ab. Im selben Jahr immatrikulierte er sich an der Philosophischen Fakultät der Universität München, ein Semester später wurde er Student der Medizin und der Naturwissenschaften.Dies studierte er allerdings nie ernsthaft und exmatrikulierte sich im Jahr 1921.
 
Im Herbst 1918 diente Brecht als Sanitätssoldat im Lazarett in Augsburg. Anfang der 20er-Jahre hatte er bereits mit seinen ersten literarischen und dramatischen Werken großen Erfolg. 1921 schrieb er die Erzählung »Bargan läßt es sein«, 1922 kam in München sein Stück »Trommeln in der Nacht« zur Uraufführung, 1923 wurde sein 1918 entstandenes Stück »Baal« am Alten Theater in Leipzig uraufgeführt. Für diese beiden Stücke erhielt er den Kleist-Preis und eine Anstellung als Dramaturg bei den Münchener Kammerspielen. Er konnte sich von dieser Zeit an ausschließlich auf seine schriftstellerische Arbeit konzentrieren.
 
Theaterarbeit in Berlin
 
Im Jahr 1924 ging Brecht nach Berlin, wo er am Deutschen Theater unter Max Reinhardt zeitweise als Dramaturg tätig war, dann wirkte er als freier Schriftsteller und Regisseur. Brecht hatte in diesen Jahren einen engen Kontakt zur künstlerisch-literarischen Szene der Hauptstadt, unter anderem zu Arnolt Bronnen, Herbert Ihering und Wieland Herzfelde. Seit dieser Zeit unterhielt Brecht auch intensive Arbeitsbeziehungen zu Frauen, die über das emotionale Verhältnis hinaus einen ausbeuterischen Charakter hatten. Diese Rolle nahmen Elisabeth Hauptmann, später auch Margarete Steffin und Ruth Berlau ein. Auch die Beziehung zu Helene Weigel, mit der er seit 1928 verheiratet war, war eng an die gemeinsame Arbeit gebunden. Etwa ab 1926 befasste er sich mit den marxistischen Theoretikern und mit dem dialektischen Materialismus. 1928/29 besuchte er die »Marxistische Arbeiter-Schule«. In dieser Phase entwickelte Brecht sein »episch-dialektisches Theater«. 1928 wurde im Theater am Schiffbauerdamm »Die Dreigroschenoper« mit der Musik von Kurt Weill uraufgeführt, die zu einem der größten Bühnenerfolge der Weimarer Zeit wurde.
 
Exil
 
Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten musste Brecht das typische Emigrantenschicksal deutscher Intellektueller auf sich nehmen. Am 28. Februar 1933 floh er aus Deutschland, seine Werke gehörten zu den Büchern, die am 10. Mai 1933 von den Nationalsozialisten verbrannt wurden. Brecht ging zunächst nach Prag, dann nach Wien, Zürich, Paris und schließlich nach Dänemark, wo er von August 1933 bis März 1939 in Skovbostrand bei Svendborg lebte und äußerst produktiv arbeitete, unter anderem zusammen mit Walter Benjamin, Karl Korsch und Hanns Eisler. Er war Mitherausgeber der Moskauer Exilzeitschrift »Das Wort«, die auch einen Teil seines Werkes veröffentlichte.
 
1935 wurde Brecht die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt. Im selben Jahr hielt er sich zeitweise in den USA auf, wo in New York sein 1932 entstandenes Stück »Die Mutter« (nach dem Roman von Maxim Gorki) inszeniert wurde. Mit Ausbruch des Zweiten Weltkriegs floh Brecht nach Schweden, im April 1940 nach Helsinki und ging dann im Sommer 1941 über Moskau und Wladiwostok nach Santa Monica in Kalifornien, wo er bis 1947 lebte und arbeitete. Aus der räumlichen Nähe zu Hollywood ergab sich auch eine - allerdings eher seltene - Arbeit an Filmen. So schrieb Brecht das Skript zu Fritz Langs »Hangmen also die« (1943). Mit dem Starschauspieler Charles Laughton verwirklichte er von 1945 bis 1947 die Übersetzung und Inszenierung seines Stückes »Leben des Galilei« für das Theater.
 
Im Zielkreuz der Kommunistenjagd
 
Am 30. Oktober 1947 wurde Brecht vor das »Committee of Unamerican Activities« zitiert und verhört, da er in den Verdacht geraten war, sich für den Kommunismus betätigt zu haben. Schon am nächsten Tag verließ Brecht die USA und ging über Paris nach Zürich. In den westlichen Besatzungszonen Deutschlands wurde Brecht die Einreise verweigert, vom »Kulturbund« der sowjetischen Besatzungszone wurde er dagegen eingeladen und so ging er im Oktober 1948 nach Ostberlin. Ab Herbst 1949 wohnte er in Weißensee und arbeitete am Deutschen Theater als Generalintendant und Regisseur. Anlässlich der Aufforderung Gottfried von Einems, für Salzburg ein »Festspiel« zu schreiben, beantragte Brecht als Gegenleistung die österreichische Staatsbürgerschaft, die ihm 1950 gewährt wurde. Auf diesem Weg wollte er die Teilung seines Wirkungskreises verhindern und eine Verbindung nach Westdeutschland aufrechterhalten.
 
Das Berliner Ensemble
 
1949 gründete er mit seiner Frau Helene Weigel das »Berliner Ensemble«, im selben Jahr brachten sie das Stück »Mutter Courage und ihre Kinder« zur Aufführung. Brecht wurde der wohl bedeutendste Künstler der jungen DDR. 1950 wurde er Mitglied der Akademie der Künste, bekam 1951 den Nationalpreis und 1954 den Stalin-Friedenspreis. Nach seiner Solidaritätserklärung an Walter Ulbricht, die gegen den Arbeiteraufstand vom 17. Juni 1953 gerichtet war, wurden im Westen Deutschlands an verschiedenen Bühnen seine Stücke abgesetzt. Bertolt Brecht starb am 14. August 1956 in Ostberlin im Alter von nur 58 Jahren an einem Herzinfarkt. Sein Grab befindet sich auf dem Berliner Dorotheenstädtischen Friedhof.
 
Die Erben
 
Aus Brechts erster Ehe mit der Schauspielerin und Sängerin Marianne Zoff (1927 geschieden) entstammt seine Tochter Hanne, die 1923 geboren wurde. Hanne Hiob war als Schauspielerin und Sängerin unter anderem am Berliner Ensemble tätig. Aus der Ehe mit Helene Weigel gingen Stefan (* 1924) und Barbara (* 1930) hervor. Letztere verwaltet gemeinsam mit ihrem Mann, dem Schauspieler Ekkehard Schall, Brechts Erbe und bestimmt über die Vergabe von Aufführungsrechten. Die Erben der Frauen, die an Brechts Werken maßgeblich mitgewirkt haben, führen bis in die Gegenwart Prozesse, um eine angemessene Beteiligung am Erlös zu bekommen, der mit dem Werk erzielt wird, das unter dem Namen »Bertolt Brecht« veröffentlicht wurde und wird.
 
 Das Werk
 
Vorbilder und frühe Dramen
 
Brechts literarische Vorbilder waren Knut Hamsun, Gerhart Hauptmann, Frank Wedekind, Arthur Rimbaud, Paul Verlaine und François Villon. An Wedekind faszinierte Brecht das Antibürgerliche und Provozierende seines Auftretens, an Villon beeindruckten ihn der Anarchismus und der Nihilismus; diese entwickelte Brecht dann in seinen Werken zu einer gesellschaftskritischen Haltung weiter. Brecht trat übrigens auch im Kabarett des Komikers Karl Valentin auf. Er selbst bezeichnete sich immer wieder als »satirischen Schriftsteller«.
 
In seinem Erstlingswerk »Baal« von 1918 (Uraufführung 1923) zeigt Brecht in der Hauptfigur einen nihilistischen Genussmenschen, der sein Leben bis zum Letzten auskostet und zynisch das anderer Menschen verbraucht. Auch in seinem zweiten Stück, »Trommeln in der Nacht« von 1919 (Uraufführung 1922), provozierte Brecht seine Zeitgenossen. Er zeigte das Bürgertum der Nachkriegszeit, das Kriegsende und Revolution allein dazu genutzt hat, seinen Besitz wieder abzusichern. Schauplatz des Stückes »Mann ist Mann« (1924-1926, uraufgeführt 1926) ist Indien, doch sind die aktuellen Bezüge zu Deutschland unübersehbar. Es geht um ein Individuum, das von der kapitalistischen Industriegesellschaft in eine menschliche Kampfmaschine verwandelt wird. Brecht sah das zunächst positiv, denn diese Person geht in der anonymen Masse auf und findet so zu sich selbst. Nach den Erfahrungen mit der Brutalität der Nationalsozialisten änderte Brecht 1931 die Schlussszene, der Held wird nun zum willenlosen Werkzeug einer barbarischen Macht.
 
Zentrales Thema der Stücke der 20er-Jahre ist die Kritik an der kapitalistischen Ökonomie. Immer wieder setzte sich Brecht mit den Gesetzen der Herrschaft des Geldes auseinander. In der »Dreigroschenoper« zeigt er die bürgerliche Gesellschaft als räuberisches System, das sich mit seiner zur Schau getragenen Anständigkeit nur maskiert. Brecht erzählt die Geschichte des Mackie Messer, eines Räubers und Mörders, der seine Verbrechen durch Anpassung an bürgerliche Normen kaschiert und schließlich erkennt, dass Bürger und Räuber auswechselbar sind. Deshalb wechselt er in die Bankenszene (»Was ist der Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?«). Die Ironie an der Wirkungsgeschichte dieses Stückes war, dass die Lieder in der Vertonung von Kurt Weill zu Evergreens wurden; die Gesellschaft, die Brecht mit seiner Satire treffen wollte, war begeistert davon. Aus dieser Erfahrung entwickelte er Ende der 20er-Jahre seine »Lehrstücke«. Er wollte damit das (passive) Konsumverhalten des Zuschauers aufbrechen, ihn zu einem Mitspieler machen, ihn politisch und ästhetisch erziehen. Die Umsetzung dieses Vorhabens wurde durch die nationalsozialistische Herrschaft unmöglich. In der Kulturpolitik der DDR nahmen die »Lehrstücke« dann einen wichtigen Platz ein.
 
Das 1929-1931 entstandene Stück »Die heilige Johanna der Schlachthöfe« gilt als Brechts erstes marxistisches Stück, in dem er die Vorgänge im Kapitalismus, speziell an der Börse, dramatisiert. Die Titelheldin erkennt die Ungerechtigkeit der ausbeuterischen Gesellschaft, will sich auf die Seite der streikenden Arbeiter schlagen, verrät aber letztendlich die Streikenden und wird deshalb von den Ausbeutern heilig gesprochen. Durch die Zeitumstände kam dieses Stück erst 1959 unter Gustav Gründgens in Hamburg zur Erstaufführung.
 
Das »epische Theater«
 
Die folgenden großen Stücke sind - bei allen didaktischen Intentionen des Autors - nicht vordergründig lehrhaft. Ihre sehr unterschiedlichen Figuren sind lebendige, widersprüchliche Charaktere, der Handlungsablauf hat dramatische Spannung, die gestalterischen Mittel sind vielfältig: chronikartige Aneinanderreihung von Szenen, schärfste Satire, Parabel. 1929/1930 schrieb Brecht die Oper »Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny«, wiederum zusammen mit Kurt Weill, in der er erstmals seine Theorie vom »epischen Theater« umsetzte. Die Art der Darstellung ist dabei bestimmt von einem Begriff, den Brecht ab 1936 selbst den »Verfremdungs-Effekt« nannte, kurz »V«-Effekt. Brecht definierte diesen Effekt folgendermaßen: »Einen Vorgang oder einen Charakter verfremden, heißt zunächst einfach, dem Vorgang oder dem Charakter das Selbstverständliche, Bekannte, Einleuchtende zu nehmen und über ihn Staunen und Neugierde zu erzeugen.« Brecht wandte sich gegen eine Abbildung, die als Widerspiegelung nur das abbildet, was ohnehin zu sehen ist. Er wollte mit den Mitteln des Theaters erreichen, dass die »Vorgänge hinter den Vorgängen« sichtbar werden. Parallel dazu entwickelte Brecht auch ein eigenes Realismuskonzept. Darin bleibt die Kunst autonom und sich selbst als Kunst bewusst. Sie bildet Realität nicht einfach ab, sondern weist mit ihren eigenen Mitteln und Formen auf diese Realität hin. Damit setzte sich Brecht entschieden von der Widerspiegelungstheorie des Georg Lukács ab (»Expressionismusdebatte«).
 
Konsequent angewendet hat Brecht die epische Technik in seinem vielleicht berühmtesten Stück, »Mutter Courage und ihre Kinder« (entstanden 1939, uraufgeführt in Zürich 1941 mit Therese Giehse in der Titelrolle). Es ist als Chronik angelegt und zeigt das Schicksal der Marketenderin Anna Fierling zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Sie versucht, am Krieg zu verdienen und bezahlt dies mit dem Verlust ihrer materiellen Existenz und dem Tod ihrer Kinder. Ihre Blindheit gegenüber den tödlichen Mechanismen des Krieges soll beim Zuschauer in Erkenntnis umschlagen. Parallel zur »Mutter Courage« schuf Brecht das Stück »Leben des Galilei«, das er mehrmals umarbeitete. Das Thema, die Verantwortung des Wissenschaftlers für die Verwendung seiner Forschungsergebnisse durch die Gesellschaft, das Verhältnis von Wissen und Machtausübung erhielt nach dem Abwurf der Atombomben 1945 für den Autor neue Aktualität. Die Endfassung von 1947 wurde erst 1955 uraufgeführt.
 
In Finnland schrieb Brecht, nach einem Entwurf von Hella Wuolijoki, das Volksstück »Herr Puntila und sein Knecht Matti«, das 1948 in Zürich uraufgeführt wurde. Puntila ist ein Gutsbesitzer, der betrunken menschliche Regungen hat, sich mit seinem Gesinde verbündet und im nüchternen Zustand alles wieder zurücknimmt. Matti hilft ihm zunächst und geht auf ihn ein, verlässt ihn aber zum Schluss. Urwüchsige Lebenskraft, drastische Sprache und derber Humor ließen das sozialkritische Stück, das den Regeln des »epischen Theaters« folgt, zu einem großen Publikumserfolg werden.
 
Zu den Stücken, die in Parabelform politische Aufklärungsarbeit leisten wollen, gehört »Der gute Mensch von Sezuan« (entstanden 1939-1941): Drei Götter besuchen die Erde, um einen guten Menschen zu finden, was ihre Welt als eine gute Einrichtung rechtfertigen würde. Sie treffen die Prostituierte Shen Te, einen guten Menschen, die sich aber in der Öffentlichkeit nur durchsetzen kann, wenn sie sich in ihren bösen Vetter verwandelt. Schließlich verschwindet das Gute ganz hinter der Maske des Bösen endgültig. Letztendlich überlassen die Götter Shen Te ihrem Schicksal. Das Stück hat einen offenen Schluss, im Epilog wird der Zuschauer aufgefordert, in seiner eigenen Wirklichkeit das Gute zu suchen und zu finden. Die Transponierung der Handlung nach China und die Verdoppelung der Hauptfigur sind deutliche Ausformungen des brechtschen Verfremdungseffekts.
 
Auch »Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui« (entstanden 1941, Uraufführung 1958) ist eine Parabel. Die Titelfigur steht für Adolf Hitler, die politischen Ereignisse in Deutschland und Österreich sind in ein amerikanisches Gangstermilieu übertragen. Durch plakativ-satirische Überzeichnung entlarvt Brecht den nationalsozialistischen Machtapparat und gibt ihn der Lächerlichkeit preis. Eine andere Art der Parabel ist das wohl poetischste Stück Brechts, »Der kaukasische Kreidekreis« (entstanden 1944, 1948 amerikanische, 1954 deutsche Uraufführung), das die Methode der Verfremdung gleichfalls musterhaft anwendet. Die einem mittelalterlichen chinesischen Singspiel entnommene Fabel wird als Spiel im Spiel durch einen kommentierenden Erzähler didaktisch aufbereitet. Die Rechtsprechung des vom Dorfschreiber zum Richter aufgestiegenen Azdak erscheint als (utopische) Möglichkeit zur Einrichtung einer gerechten Welt.
 
Praktische Theaterarbeit
 
Nach der Rückkehr aus dem Exil wandte sich Brecht zunächst vor allem der Inszenierung seiner Stücke am Berliner Ensemble zu. Das schon 1949 gegründete Theater (das seit 1954 sein eigenes Haus hatte, das »Theater am Schiffbauerdamm«) spielte in seinen ersten Jahren vor allem die Werke Brechts in so genannten Modellinszenierungen, an denen der Autor intensiv mitwirkte, oft als Regisseur zusammen mit Erich Engel. Die einprägsamen Bühnenmusiken schrieben Hanns Eisler und Paul Dessau. Diese Inszenierungen orientierten sich streng an den Regeln des »epischen Theaters«, waren bis ins letzte Detail streng durchdacht und machten, auch durch außergewöhnliche Schauspieler, Theatergeschichte. Berühmt wurde vor allem »Mutter Courage und ihre Kinder« mit Helene Weigel und Ernst Busch. Da auch nach Brechts Tod an diesen Inszenierungen festgehalten wurde und auch andere Theater sie nachspielten, wurde eine produktive Auseinandersetzung mit dem Werk Brechts in der DDR lange Zeit verhindert.
 
Neue große Stücke schrieb Brecht in seinen letzten Lebensjahren nicht mehr. Er bearbeitete aber bedeutende Dramen der Weltliteratur und passte sie seinem Theaterkonzept an (so Sophokles, Shakespeare, J. M. R. Lenz).
 
Die Lyrik
 
Die Lyrik Brechts steht - zu Unrecht - im Schatten der Dramatik. Mehr als 2 500 Gedichte, die künstlerisch gleichwertig neben den Dramen stehen, belegen seine ungewöhnliche lyrische Kreativität. Sie reicht formal vom eingängigen Song über die Ballade zum Reimspruch, thematisch vom proletarischen Kampflied über den philosophischen Monolog zum zarten Liebesgedicht. Erste große Sammlung war »Bertolt Brechts Hauspostille« (1927); in Titel und Gliederung an Luther orientiert, parodiert Brecht dessen Inhalt mit zeitkritischen, antibürgerlichen Balladen, an denen das Vorbild Villon besonders deutlich erkennbar ist. Die Lyrik des Exils hat meist agitatorischen Charakter, von den eindringlichen freirhythmischen Gedichten und Liedern wurde besonders das »Solidaritätslied« in der Vertonung von Hanns Eisler bekannt (in »Lieder Gedichte Chöre«, 1934). Die »Svendborger Gedichte« (1939) argumentieren in schlichter Sprache gegen das nationalsozialistische Regime, immer wieder artikuliert Brecht seine Erwartung einer besseren Welt, die er sich durch die sozialistisch-kommunistische Ordnung erhofft.
 
Die späten Gedichte variieren das Thema Antifaschismus und Mahnung zum Frieden (»An meine Landsleute«, »Neue Kinderlieder«, beide 1950). Bedeutendste späte Sammlung sind die »Buckower Elegien« (1953), die in äußerster sprachlicher Konzentration Bilder und Stimmungen vermitteln, die das Unbehagen des Dichters am stalinistischen Regime der DDR ahnen lassen.
 
Der Prosaschriftsteller und Theoretiker
 
Der Prosaautor Brecht steht ebenfalls hinter dem Dramatiker zurück, auch das zu Unrecht, obwohl das Prosawerk relativ schmal ist. Gewicht haben vor allem die kleinen Formen, die er meisterhaft handhabte: Durch fast aphoristische Verkürzung zielen die »Geschichten von Herrn Keuner« (entstanden und Einzelveröffentlichungen 1930-56, als Buch herausgegeben 1958) auf intellektuellen Erkenntnisgewinn beim Leser, während er in den »Kalendergeschichten« (1949, unzählige Nachauflagen) in unterhaltsamer Didaktik an die volkstümlichen Geschichten J. P. Hebels anknüpft. Auch in den größeren Prosawerken (»Dreigroschenroman«, 1934; »Die Geschäfte des Herrn Julius Cäsar«, 1949) will Brecht durch nüchterne Sprache und distanzierte Darstellung gesellschaftliche Zusammenhänge sichtbar machen.
 
Bedeutend sind Brechts Beiträge zur Ästhetik des Theaters und zur Dramaturgie. Die Theorie des »epischen Theaters« fasste er vor allem im »Kleinen Organon für das Theater« (1949) zusammen. Nach seinen Vorstellungen soll Kunst keine Illusionen erwecken, sondern Erkenntnisse vermitteln, ohne die Unterhaltung auszuschließen. Die Erfahrung der praktischen Theaterarbeit führte zur Modifizierung dieser Theorie (aus dem »epischen« wurde das »dialektische Theater«), immer aber wollte Brecht den Zuschauer aktivieren und seine Urteilskraft herausfordern.
 
 Brecht im Kalten Krieg
 
Der inzwischen internationale Ruhm des Dichters verschaffte ihm zu Lebzeiten innerhalb der stalinistischen Kulturpolitik der DDR einen gewissen Freiraum, dem jedoch immer wieder Grenzen gesetzt wurden. Deutlich wurde dies an der »Lukullus«-Bearbeitung. Das Hörspiel aus dem Jahre 1940 mit dem Titel »Das Verhör des Lukullus« nahm Paul Dessau Ende der 1940er-Jahre als Vorlage für eine Oper. In der Art des Lehrstücks wird ein Totengericht über den römischen Feldherrn gehalten, Zeugen schildern seine Untaten, Fürsprecher gibt es kaum, das Urteil (an dem es keinen Zweifel geben kann) bleibt dem Zuhörer überlassen. Die Oper wurde im März 1951 zwar aufgeführt, doch fanden weder die oratorienähnliche, feierliche Form noch der offene Schluss die Zustimmung der SED-Führung; das Werk wurde mit dem Vorwurf des »Formalismus« belegt, was einem Aufführungsverbot gleichkam. Die geänderte Fassung, in der Lukullus auf der Bühne verdammt wird, erhielt den Titel »Die Verurteilung des Lukullus«. Gegen den Terror des Stalinismus erhob Brecht nie öffentlich seine Stimme. Später versuchte Günter Grass, die widersprüchliche Haltung Brechts zum 17. Juni 1953 in dem Drama »Die Plebejer proben den Aufstand« zu durchleuchten.
 
Auf der anderen Seite des Eisernen Vorhangs dagegen stieß das Werk des als »kommunistisch« eingestuften Dichters auf erhebliche Vorurteile, am Wiener Burgtheater wurden die Dramen zunächst überhaupt nicht gespielt. Die unbestrittene Bühnenwirksamkeit der Stücke setzte sich jedoch gegen alle ideologischen Barrieren durch (»Die Dreigroschenoper« war allein in New York sechs Jahre lang ohne Unterbrechung auf dem Spielplan). Neu entdeckt wurden vor allem die theoretischen Schriften durch die 68er-Bewegung.
 
Auch wenn sich aus heutiger Sicht Brechts Vorstellung, durch Literatur und Theater Veränderungen in der Gesellschaft bewirken zu können, als Illusion erwiesen hat, auch wenn das kommunistische Gesellschaftsmodell endgültig gescheitert ist, vermittelt das Werk unvermindert Denkanstöße und Einsichten. Seine präzise Diktion und sprachliche Konzentration wirken immer noch beispielhaft. Damit gehört der sich als Revolutionär verstehende Brecht im besten Sinne zum Kanon der deutschen Literatur.


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