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FELSBILDER IN DER SAHARA

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Felsbilder in der Sahara
 
Felsbilder gehören zu den wichtigsten Zeugnissen kulturgeschichtlicher Entwicklung in der Sahara und ihren Randgebieten. Sie spiegeln die Evolution neolithischer Kulturen im Holozän, also in den letzten 10 000 Jahren wider, aber auch die Veränderung des Klimas und der Umwelt, die sich in diesem Zeitraum vollzog. Diese Epoche ist gekennzeichnet durch einen Wechsel von feuchten und trockenen Perioden. Am stärksten ausgeprägt war die Feuchtzeit zu Beginn des Holozäns. Sie ließ Umweltbedingungen entstehen, die die Existenz einer artenreichen sudanischen Fauna mit Großwildtieren wie Elefant, Nashorn, Flusspferd und Giraffe erlaubten. Während die Feuchtzeit des mittleren Holozäns bereits weniger günstige, aber immer noch ausreichende Lebensbedingungen schuf, wird die letzte Feuchtzeit nur noch in Gunstzonen wie den Gebirgen wirksam und mündete in eine vollaride, trockene Phase, wie sie seit zwei Jahrtausenden für die Sahara typisch ist.
 
Felsbilder findet man fast ausnahmslos in den Gebirgen und Bergländern der Sahara, vor allem in ehemaligen Flusstälern und in den nach den Ebenen hin offenen Randzonen, den bevorzugten Siedlungsräumen der prähistorischen Bevölkerung. Man unterscheidet Felsgravuren und Felsmalereien.Beide Darstellungstechniken scheinen mit bestimmten kulturellen Traditionen verbunden zu sein und schließen sich tendenziell gegenseitig aus. Die Technik der Gravierung weist zwei Varianten auf: Ritztechnik und Schlagtechnik. Bei der Ritztechnik, der Gravierung im eigentlichen Sinne, wird die Darstellung mit einem harten Gerät in den Fels eingeritzt und/oder eingeschliffen, wobei mehr oder weniger tiefe Linien mit glatter Kontur entstehen. Mit der Schlagtechnik werden Linien und Flächen in den Fels gehämmert, wobei je nach Sorgfalt der Ausführung sehr feine, aber auch sehr grobschlächtige Bilder entstehen. Als Mischform treten Gravuren auf, deren Linien zunächst eingeschlagen und dann poliert wurden. Die Kontur ist das signifikante Element bei diesen Darstellungstechniken. Die Innenfläche wird gelegentlich poliert oder ausgeschlagen oder linear gestaltet.
 
Die Technik der Malerei ist möglicherweise etwas jünger als die der Gravierung. Allerdings sind Malereien sehr viel stärker vom Zerfall durch Witterungseinflüsse bedroht und blieben nur in gut geschützten Felsüberhängen erhalten. Als Farbpigmente benutzen die prähistorischen Maler Erdfarben (Ocker) in allen möglichen Schattierungen von Violettbraun bis Hellgelb sowie Holzkohle und Carbonate (Weiß). Als Bindemittel dienten wahrscheinlich eiweißhaltige Substanzen (Blut, Milch). Die Farben wurden mit pinselartigen Instrumenten aufgetragen. Der Gebrauch der Farben ist sehr vielfältig: sie werden flächig oder linear, allein oder zusammen mit anderen (polychrom) aufgetragen. Entsprechend vielfältig ist das Ergebnis.
 
Nach typischen Motiven und Darstellungsmerkmalen teilt man die Felsbilder Nordafrikas und der Sahara, verbunden mit ihrer zeitlichen Abfolge, in fünf Gruppen ein: Wildtier-, Rundkopf-, Rinder-, Pferde- und Kamelperiode. Die Darstellungen der Wildtier- oder Jägerperiode markieren den Beginn der Felsbildtradition und reichen mit ihren Anfängen möglicherweise in das Ende des Pleistozäns hinein. Es handelt sich ausnahmslos um Gravuren, die vorwiegend die Großwildfauna der damaligen Zeit in »naturalistischer« Manier darstellen: Elefanten, Nashörner, Flusspferde, Giraffen, Antilopen und Wildrinder. Nicht selten werden die Tiere in natürlicher Größe oder gar überlebensgroß wiedergegeben. Daneben trifft man jedoch auch regelrechte Miniaturen von 20 cm Länge und kleiner an. Neben sehr detailgenauen Abbildern treten sehr summarische Darstellungen auf, die häufig von besonderer Ausdruckskraft sind. Die Schöpfer dieser Bilder waren sehr wahrscheinlich Jäger. Jagdszenen sind jedoch ausgesprochen selten, und wenn sie dargestellt werden, tragen die Menschen stets Tiermasken. Masken tragen die Menschen auch im Kontext mit dem zweiten großen Thema dieser Epoche: der menschlichen Reproduktion. In einer Reihe von Koitusszenen und zahlreichen Einzeldarstellungen werden weibliche und vor allem männliche Figuren mit überdimensioniertem Geschlechtsteil dargestellt.
 
Bereits in der frühesten Phase der Felsbildproduktion treten abstrakte Zeichen auf, darunter vor allem die Spirale. Sie findet sich in einfacher oder komplexer Form als selbstständiges Motiv oder in Verbindung mit Mensch und Tier. Die Bilder der Wildtierperiode werden häufig mit religiösen oder magischen Vorstellungen in Zusammenhang gebracht. Solche Interpretationen sind nicht durch entsprechende Kenntnisse dieser alten Kulturen abgesichert, auch nicht durch die Analyse der Felsbilder selbst, sondern müssen einstweilen als reine Spekulation betrachtet werden. Die Felsbildzentren der Jägerperiode liegen in den zentralsaharischen Plateaubergländern, darunter vor allem der Fezzan (Messak Mellet) und das nördliche Tassili n'Ajjer (Oued Djerat, Südostalgerien).
 
Die älteste Phase der Malerei, kaum jünger als die Gravuren der Wildtierperiode, werden nach einem auffälligen stilistischen Merkmal als Periode der Rundköpfe bezeichnet. Sie tritt ausschließlich im Tassili n'Ajjer in Erscheinung. Im Gegensatz zu den Bildern der Wildtierperiode sind die Darstellungen dieser Epoche wenig an realen Vorbildern orientiert, sondern eher plump und schematisiert. Zwar gehen auch diese Bilder wahrscheinlich auf eine Jägerkultur zurück, doch wird die Fauna nur selten dargestellt. Typisch sind hingegen Gruppendarstellungen von zwei und mehr Menschen, deren gemeinsames Handlungsmotiv allerdings selten klar wird. Einige szenische Kompositionen lassen jedoch auf religiöse oder kultische Handlungen schließen. Wahrscheinlich lassen sich auch Darstellungen von Masken, die im übrigen an Masken des historischen Afrika erinnern, mit dem religiös-kultischen Bereich in Verbindung bringen. Die Malereien der Rundkopfperiode lassen eine lange Tradition mit einem sich ändernden Formenkanon erkennen, wobei jedoch die wesentlichen Merkmale erhalten bleiben. Der Mensch wird in der Regel mit einem kreisförmigen Kopf dargestellt, der unmittelbar auf dem Rumpf aufsitzt. In der Mitte des Kopfes erscheint manchmal ein kreisförmiges Element, das an ein Zyklopenauge denken lässt. Die Gliedmaßen sind meist grob und ohne Kontrolle der Perspektive wiedergegeben. Gelegentlich sind Kleidung, Körperschmuck und Waffen erkennbar. Andere dargestellte Gegenstände können nicht identifiziert werden. Die Figuren werden in allen möglichen Dimensionen dargestellt, einige erreichen mehrere Meter Höhe. Die Bilder wirken in der Regel außerordentlich statisch. Erst in einer jüngeren Entwicklungsphase wird der Stil etwas dynamischer, und gelegentlich werden Gesichtsprofile erkennbar, die negride Züge tragen. Neben monochromen, rotbraunen Malereien hat die Rundkopfperiode vor allem polychrome Malereien hervorgebracht. Es handelt sich allerdings um eine besondere Art von Polychromie, bei der die Farben nicht gleichwertig nebeneinander angewendet werden, sondern eine Farbe als Flächenfarbe dient, während in einer anderen die Details und vor allem die Kontur ausgeführt wird. Mehr als zwei Farben werden nur selten verwendet. Besonders typisch für diese Polychromie sind flächige Malereien in Weiß, Gelb und hellem Ockerbraun mit einer rotbraunen bis violettbraunen Kontur.
 
Die Zentralsahara war wahrscheinlich ein frühes Zentrum der Rinderdomestikation. Im 5. Jahrtausend v. Chr. treten Kulturen auf, deren ökonomische Basis die Viehhaltung ist. Die Rinderhaltung setzte sich als Wirtschaftsform fast in der gesamten Sahara durch, und entsprechend weit verbreitet sind die künstlerischen Zeugnisse dieser Epoche. Der weiten Verbreitung entspricht eine Vielzahl unterschiedlicher, meist regional begrenzter Stile. Alle Darstellungstechniken, sowohl Malereien als auch Gravierungen mit ihren Varianten, kommen zur Anwendung, freilich fast niemals gleichzeitig nebeneinander, sondern lokalen Traditionen folgend. Die eindrucksvollsten Bilder wurden in den zentralsaharischen Bergländern, vor allem im Tassili n'Ajjer und im Fezzan gefunden. Die Gravuren der früheren Rinderperiode stehen in Darstellungsform und -technik der alten Jägerperiode nahe. Typisch sind wirklichkeitsnahe Bilder mit glattem, gezogenem Strich, zum Teil auch mit polierter Innenfläche. Gelegentlich wurde der die Gravur umgebende Fels um einige Zentimeter abgetragen, sodass der Eindruck eines Flachreliefs entsteht. Von besonderem ästhetischem Reiz sind jedoch die Malereien dieser Epoche. Die eher kleinformatigen Bilder, Tiere durchschnittlich 40 cm lang, Menschen 20-30 cm hoch, sind meist in rotbrauner Farbe, vielfach aber auch polychrom ausgeführt. Sie wirken lebendig und bewegt, zum Teil expressiv. Gelegentlich werden noch Wildtiere dargestellt, doch das besondere Interesse der Maler gilt dem Rind als zentralem Element ihrer Kultur. Zu Tausenden stellten sie es unter schützenden Felsüberhängen dar, als Einzeldarstellung oder in Herden, wobei sie neben der veristischen Darstellungsweise die perspektivische Überschneidung beherrschten. Daneben tritt immer wieder der Mensch in Erscheinung, als Begleiter seiner Herden auf der Wanderschaft, wobei das Rind auch als Reittier dient, oder zusammen mit der Herde vor seiner Behausung. Andere Bilder zeigen Szenen aus dem alltäglichen sozialen Leben: Menschen bei der Arbeit, beim Kochen und im Gespräch. Selbst Szenen sexuellen Inhalts fehlen nicht. Viele Darstellungen sind sehr detailreich und lassen Rückschlüsse auf Kleidung, Haartracht, Körperbemalung und Bewaffnung zu. Der profane Charakter der Bilder lässt vermuten, dass diese Kunst primär einem ästhetischen Bedürfnis entsprang.
 
Die zunehmende Austrocknung der Sahara entzog den Hirtenkulturen zunehmend ihre ökologische Basis. Als gegen Ende des 2. vorchristlichen Jahrtausends fremde Völker aus dem Norden in die Sahara eindrangen, waren von den Hirtenkulturen allenfalls noch Reste vorhanden. Die Einwanderer brachten Pferd und Streitwagen mit in die Sahara. Vor allem die Felsmalerei erlebt noch einmal eine Renaissance, verbunden allerdings mit einem radikalen Stilwandel. Typisches Motiv ist der von zwei Pferden gezogene und von einem Menschen gelenkte Streitwagen. Die Größe der meist monochrom roten Darstellungen ist bescheiden (circa 30 cm durchschnittlich), die Form wird auf das Wesentliche reduziert. Anfangs noch elegant in der Formgebung und sicher in der Komposition, treten sehr bald Tendenzen zur Schematisierung und Erstarrung der Form auf. Diese Entwicklung führt unter anderem zur Herausbildung stereotyper Kompositionen, die vielfach auf immer gleiche Weise ausgeführt werden. Ohne Zweifel sind darin nicht mehr Bilder im eigentlichen Sinne zu sehen, sondern eher Ideogramme, bildliche Zeichen von Begriffen wie »Mann« oder »Krieger«. In dieser Epoche treten auch die ersten Tifinaghinschriften auf; die Tifinagh-Schrift wird bis heute von den Tuareg benutzt.
 
Die Pferdeperiode blieb eher eine Episode. Seit 2000 Jahren ist das Dromedar das Haustier der Saharabewohner. Damit geht auch die große Felsbildtradition Nordafrikas und der Sahara zu Ende. Zwar wurden bis auf den heutigen Tag noch zahllose einfache Felsbilder angelegt, doch abgesehen von einigen gelungenen Kompositionen handelt es sich um simple Graffiti entlang der Karawanenwege und bei den Wasserstellen.
 
Dr. Karl Heinz Striedter


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