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EVOLUTION: DIE VÖGEL

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Evolution: Die Vögel
 
Wie kann eine schuppige Haut plötzlich zum Federkleid werden? Wie kann sich ein plumpes Reptil in die Luft erheben? Wie können wechselwarme Lebewesen auf einmal zu gleichwarmen werden, die ihre Körpertemperatur konstant halten? Die Antwort lautet: Gar nicht, zumindest nicht auf einen Schlag. Der komplette Umbau, der bei der Entwicklung der Vögel aus ihren Reptilien-Vorfahren stattgefunden hat, war mit Sicherheit ein langwieriger, über Jahrmillionen andauernder Prozess.
 
Hin und wieder haben Paläontologen Glück, und die Natur lässt sie mit einem Fossilfund in die Werkstatt der Evolution schauen. Einen solchen Einblick gewährte sie mit dem Urvogel Archaeopteryx lithographica. Dieses Bindeglied gibt zwar nicht alle Geheimnisse der Entwicklungsgeschichte der Vögel preis, aber es zeigt eine entscheidende Strategie der Evolution. Neue »Konstruktionen« setzt sie aus Mosaiksteinchen zusammen. Der Weg zu den Vögeln ist so ein konstruktives Puzzle der Stammesgeschichte.
 
 Archaeopteryx
 
Erkenntnisfortschritte in der Wissenschaft sind zwar untrennbar mit dem Aufstellen und Prüfen von Hypothesen verbunden, doch sehr oft sind es Funde, die unser Wissen spürbar voranbringen.Als ein solcher Fund darf das oberjurassische Urvogelskelett (Archaeopteryx lithographica) von 1861 gelten. Deutlich sind dort die Federabdrücke an den Flügeln und am Schwanz zu erkennen. Dieser Fund belegt, dass die Geschichte der Vögel bis in die Dinosaurierzeit, also 150 Millionen Jahre, zurückreicht, unabhängig davon, ob nun Archaeopteryx tatsächlich der Urahn aller späteren Vögel ist oder nicht. Er ist zumindest ein Bindeglied oder »Connecting Link«, das die damaligen Reptilien mit den ursprünglichen Vögeln verbindet.
 
Inzwischen fand man sechs weitere Archaeopteryx-Exemplare; auf das bislang letzte stieß man 1992. Zusätzliche Vogelfossilien aus der anschließenden unteren Kreide ergänzen die sieben oberjurassischen Archaeopteryx-Funde, doch leider fehlen bislang ältere Fossilien, anhand derer sich die Entwicklungslinie zu den Schuppen tragenden, zweifüßigen Reptilien-Vorfahren weiter zurückverfolgen ließe.
 
Die Merkmale, die sich erkennen lassen, machen es wahrscheinlich, dass die Vögel entweder von den nächsten Verwandten der Dinosaurier abstammen oder gar als heutige Nachkommen der Dinosaurier selbst gelten müssen. Das verblüffende Nebeneinander von eindeutigen Reptilien- und Vogelmerkmalen bei Archaeopteryx prädestiniert diese Art als Bindeglied zwischen beiden Wirbeltierklassen, und es ist ein weiteres typisches Beispiel für den Mosaikmodus der Evolution: Einzelne Organe oder Strukturen verändern sich zu verschiedenen Zeiträumen und mit unterschiedlicher Geschwindigkeit. Evolutive Neuentwicklungen entstehen nicht schlagartig, Übergangsformen weisen »primitive« (urtümliche) wie »fortschrittliche« (neuere) Merkmale gleichermaßen auf. Die Evolution entwickelt neue Baupläne aus einzelnen morphologischen oder funktionellen Modulen, also gewissermaßen aus einem Baukastensystem.
 
Ein Beispiel hierfür ist der Wandel der Reptilien-Hautschuppen zu den Vogelfedern. Nach einer Hypothese bildeten sie sich als Schutz vor Überhitzung durch zu starke Sonneneinstrahlung, also als Mechanismus zur besseren Wärmeregulation. Wie viele Millionen Jahre eine solche Entwicklung gedauert haben könnte, ist mangels fossiler Belege völlig unklar; vielleicht brauchte es dafür die 60 Millionen Jahre des Jura, vielleicht sogar noch einige der 45 Millionen Jahre der Triaszeit. Auf jeden Fall dauerte es so lange, bis mit den Ur-Schuppensauriern (Eosuchia), den Ur-Wurzelzähnern (Thecodontia) und anderen Archosauriern die Radiation der diapsiden Reptilien einsetzte. Jeder dieser nicht immer ganz scharfen taxonomischen Begriffe charakterisiert bestimmte Merkmale von Reptilienvorfahren, die sowohl zu Archaeopteryx als auch zu anderen zweifüßigen Archosauriern wie etwa dem Coelurosaurier Compsognathus führen.
 
Die vogelähnlichen Coelurosaurier starben mit dem Ende der Kreidezeit nachkommenlos aus, die hornschnabeligen Vögel jedoch waren zur selben Zeit vor 65 Millionen Jahren zu einer globalen Radiation fähig. Das unterstreicht nicht erst die mit rund 9000 Spezies große Zahl der heute lebenden Vogelarten, die dank der Fähigkeit, die Körpertemperatur bei etwa 42 Grad Celsius konstant zu halten, in alle Klimabereiche vorgestoßen sind. Das zeigt bereits die Existenz großer, räuberisch lebender Laufvogelgattungen wie Diatryma im unteren Tertiär und im Eozän Mitteleuropas und Nordamerikas sowie Phorusrhacos im Oligozän und Miozän von Südamerika.
 
Die Ur-Säugetiere waren während der Zeitenwende zum Tertiär noch kleine Insektenfresser. Wie leicht hätten die »modernen« Riesenlaufvögel das vollenden können, was den räuberischen Dinosauriern der Kreidezeit nicht restlos gelang — die moderne Linie der Säugetiere bis auf das letzte Individuum aufzufressen. Vielleicht war es aber gerade der hohe Feinddruck, der dazu beitrug, dass sich die Säugetiervorfahren in kleinen, geographisch isolierten Populationen schnell entwickeln konnten. Schließlich gelang ihnen wie den Vögeln die globale Radiation gleich nach dem Aussterben der Dinosaurier.
 
 Überraschungen aus China
 
In den letzten Jahren wurden in China überraschende Entdeckungen gemacht, die zwar keinen älteren Urvogel als Archaeopteryx erbrachten, aber völlig neue Erkenntnisse zur Evolution der Vögel, vor allem zum Ursprung von Vogelfedern und -flug. Die längst vermutete Verwandtschaft der Vögel mit den Dinosauriern wurde zur Gewissheit. Es geht hier vor allem um die hervorragend erhaltenen Fossilien aus der unterkreidezeitlichen Yixian-Formation Chinas. Hier sind alle drei Hauptgruppen der mesozoischen Vögel vertreten: Sauriurae (Urvögel), Enantiornithes (Gegenvögel) und Ornithurae (Neuvögel). Dies bedeutet, dass sich der Vogel-Stammbaum schon sehr früh verzweigt hat. Die rasche Entwicklung zeigt sich besonders in der Verstärkung und Verfestigung der Flugapparatur (unter anderm durch ein großes verknöchertes Brustbein) und in der Rückbildung des langen echsenartigen Wirbelschwanzes zu einem fächerartig befiederten Steuerschwanz. Die meisten anderen urtümlichen Merkmale blieben erhalten: dreifingrige Krallen, reptilische Bauchrippen, dreistrahliges Saurierbecken, zum Teil auch noch die Zähne. Die Mittelfußknochen sind noch nicht zu einem Lauf verschmolzen.
 
Der bereits zahnlose Confuciusornis sanctus zeigt trotz seiner im Vergleich zu Archaeopteryx fortschrittlichen Merkmale so viele Übereinstimmungen mit ihm, dass er zur urtümlichsten Vogelgruppe, den Urvögeln, gestellt wird. Er war gewissermaßen ein »auslaufendes Modell«. Denn zur selben Zeit war — wie die Fossilien der Yixian-Formation beweisen — die Entwicklung »moderner« Vögel voll in Gang, und zwar sowohl die der Enantiornithes (die entsprechende Gattung wurde noch nicht benannt) als auch die der Ornithurae (Liaoningornis).
 
In der jüngeren Unterkreide und besonders in der Oberkreide treten dann weitere Vogelarten auf, bezahnt oder zahnlos, die an ein Leben in Bäumen oder im Wasser angepasst waren. Archaeopteryx dagegen war ein Bewohner des Binnenlands und nur zufällig (daher die wenigen Funde) in die Sedimente von Küstenlagunen (Solnhofer Plattenkalke) gelangt. Er war trotz seiner Krallen kein eigentlicher Baumkletterer (dagegen sprechen die langen Beine), zudem ein schlechter Flieger; er führte hauptsächlich passive Gleitflüge aus.
 
Dafür sprechen auch die Funde (seit 1996) von Raubdinosauriern mit Haar- oder Federkleid in der Unterkreide Chinas. Der Körper von Sinosauropteryx prima — 65 cm lang, mit langen Hinterbeinen und kurzen Armen — war dicht bedeckt mit faser- oder borstenartigen kurzen Haaren, die vielleicht als Wärmeschutz dienten (Hinweis auf Warmblütigkeit), aber jedenfalls für Flugversuche untauglich waren.
 
Zwei weitere Dinosaurier, Protarchaeopteryx robusta und Caudipteryx zoni, trugen ein Kleid aus vogelartigen Federn, waren aber ebenfalls flugunfähige Lauftiere. Dies zeigt, dass die Federn, die bisher als das wichtigste primäre Unterscheidungsmerkmal gegenüber den Reptilien galten (ohne Federn wäre Archaeopteryx als Dinosaurier eingeordnet worden), nicht erst von den Vögeln »erfunden« wurden. Die Übergangsphase zwischen Reptilien und Vögeln erscheint somit dank der vorzüglich erhaltenen Fossilien Chinas in immer differenzierterer Fom. Die gemeinsame Stammesgruppe muss mindestens vor dem Oberjura gelegen haben.
 
 Wandel der Lebensbedinungen in der Kreidezeit
 
Die seit etwa 25 Millionen Jahren existierenden »modernen« Vögel, darunter vorwiegend Singvögel, besitzen zwar Eigenschaften, über die die Urvögel und die kreidezeitlichen Zahnvögel noch nicht verfügten, aber die Entwicklung des Vogelflugs setzt ganz bestimmte Bedingungen voraus, die auch damals schon erfüllt gewesen sein mussten. So erfordert der ernergiezehrende Vogelflug eine reichliche, nährstoffreiche Ernährung, eine effektive Verdauung und eine intensive Atmung. Ein solch üppiges Nahrungsangebot, seien es Früchte oder Samen, seien es Insekten oder andere Beutetiere, war erst mit der Radiation der Bedecktsamer zur Mitte der Kreidezeit (Alb-Stufe) verfügbar. Durch diese wohl radikalste und zugleich schnellste Veränderung der Pflanzenwelt breiteten sich platanenartige, buchenartige und magnolienartige Bäume schnell auf dem Festland aus und veränderten tief greifend die Lebensräume und das Nahrungsangebot.
 
Zur gleichen Zeit, also vor rund 100 Millionen Jahren, gab es zudem in den Flachmeeren ein großes Angebot an Fischen. Riesige Flachmeere bedeckten in der späten Kreide große Teile der Kontinente, was mit dem Auseinanderdriften der Kontinente Afrika und Südamerika seit 125 Millionen Jahren (Apt-Stufe) und dem Seafloor-Spreading an den mittelozeanischen Rücken zusammenhängt. Der Meeresspiegel lag damals zeitweilig bis zu 300 Meter über dem heutigen Niveau.
 
Hinzu kamen klimatische Wechsel, die man erst kürzlich nachweisen konnte. So zeigt die Existenz von Glendoniten (sternförmige Calcit-Kristallaggregate) in den Sedimenten der flachen Epikontinentalmeere der Kreidezeit an, dass die Temperaturen zeitweilig unter dem Gefrierpunkt gelegen haben müssen. Glendonite können sich nämlich erst bei Temperaturen unter 0 ºCelsius bilden. Demnach gab es während der Kreidezeit sowohl kurze globale Abkühlungsphasen von wenige Tausend Jahren, als auch längere Perioden von bis zu zwei Millionen Jahren.
 
Die neuen Lebensbedingungen der Kreidezeit kamen den altertümlichen Zahnvögeln zugute, die sich darauf spezialisiert hatten, das reichliche Fischangebot in den Flachmeeren zu nutzen. Diese Spezialisierung könnte anderseits ihr Verschwinden am Ende der Kreidezeit erklären. Der Beginn der Tertiärzeit ist durch Regression der Meere gekennzeichnet: Die Meere gingen zurück, und das Festland gewann an Fläche, schließlich falteten sich durch den Zusammenprall tektonischer Platten die Alpen, der Himalaya und andere Gebirge auf.
 
Dabei gibt es gute Gründe anzunehmen, dass der Wechsel von der vom Aussterben bedrohten kreidezeitlichen Vogelwelt zur Fauna der neuen Vögel (Neornithes) über die »Übergangsstrandvögel« vor etwa 70 Millionen Jahren verlief. So lassen sich von den rezenten Vogel-Ordnungen die Seetaucherähnlichen (Gaviiformes) bis in die Mitte der Kreidezeit (Alb-Stufe) und die Lappentaucher (Podicipediformes) bis in die späte Kreidezeit (Coniac-Stufe) zurückverfolgen. Die Mehrzahl der heute vorherrschenden Vogelordnungen, also die Sperlingsartigen (Passeriformes), die Spechtartigen (Piciformes), die Papageien (Psittaciformes), die Eulen (Strigiformes) und die Möwenartigen (Laridae) existieren seit der Eozän-Stufe des Alt-Tertiärs. Der Aufschwung der modernen Vogelwelt ist somit seit etwa 50 bis 45 Millionen Jahren belegt. Zu einer zweiten Radiationswelle der Singvögel kommt es ab dem oberen Oligozän und dem Miozän vor 25 Millionen Jahren, als die typischen Pflanzenformationen der Steppen, Savannen und Wiesen entstanden.
 
 Innovationen der modernen Vögel
 
Zu den wichtigsten Neuerungen der modernen Vögel gehören die Vogellunge, das leistungsfähigste Atmungsorgan der Tierwelt, sowie die Leistungssteigerung des Herz-Kreislauf-Systems. Das Vogelherz ist wie das der Säugetiere vierkammerig. Lungen- und Körperkreislauf sind vollständig getrennt — venöses und arterielles Blut mischen sich also nicht mehr wie bei den meisten Reptilien. Das Vogelauge gewinnt an Sehschärfe. Es akkomodiert nicht nur wie das der Säugetiere, indem es die Linsengestalt ändert, sondern auch durch die Hornhaut, die unterschiedlich stark gekrümmt sein kann. In der Netzhaut liegen pro Flächeneinheit etwa achtmal mehr Sehzellen als im menschlichen Auge. Viele Vogelarten haben nicht nur eine Stelle schärfsten Sehens im Auge, sondern zwei oder drei.
 
Als weitere Anpassung an den Vogelflug muss man die Entwicklung zu konsequenter Leichtbauweise sehen. Neben pneumatisierten Knochen haben heutige Vögel noch Luftsäcke zwischen den Organen des Körpers, die mit der Lunge verbunden sind. Ein Beginn dieser Knochenentwicklung ist bereits bei Archaeopteryx vor 150 Millionen Jahren erkennbar.
 
Die Umwandlung des Lauffußes zum Klammerfuß deutet bei einigen Gattungen darauf hin, dass diese kletternd die Bäume als Lebensraum erobert haben. Seit 100 Millionen Jahren (Alb-Stufe) stehen schließlich auch Laubbäume als Nistplätze und Lebensraum zur Verfügung. Die betreffenden kreidezeitlichen Gattungen der Landvögel wie etwa die Sinornis, Iberomesornis und Gobipteryx zählt man zu den »Gegenvögeln« (Enantiornithes), da ihre Bauchrippen (Gastralia), Zähne und Krallen an den Fingern noch eindeutige Reptilienmerkmale darstellen.
 
Diese Landvögel starben ebenso wie die Wasserzahnvögel der Gattungen Hesperornis und Ichthyornis am Ende der Kreidezeit aus. Ob man den Ursprung der Entwicklungslinie der Vögel (die Tierklasse Aves) wirklich bis in die Zeit des Übergangs vom Oberjura zur Unterkreide zurückdenken darf oder ob ihr Urahn erst mit den großen Veränderungen der obersten Stufe der Unterkreide, der Alb-Stufe, das Licht der Welt erblickte, lässt sich nur durch fossile Nachweise beantworten, die es bislang leider nicht gibt.
 
 Ursprünge in der Kreide
 
Die erste und älteste Gruppe der modernen Vögel, die zur Überordnung Neognathae oder Carinatae gehören, stammen aus der Alb-Stufe der Unterkreide. Alle rezenten Gattungen kann man aus vier oder fünf Entwicklungslinien von den Neognathae ableiten. Ein kurzer Überblick über die Ursprünge der rezenten Vogelgruppen kann das verdeutlichen.
 
Von den Seetaucherähnlichen kennt man heute nur vier Arten der Gattung Gavia, die in Europa, Nordamerika und Asien verbreitet sind. Die Gattung selbst ist seit dem mittleren Miozän (seit 15 Millionen Jahren) belegt.
 
Die Flamingoartigen (Phoenicopteriformes) sind heute nur noch mit wenigen Arten in Afrika, Asien, Südspanien und Südamerika vertreten. Charakteristisch und vermutlich ein ursprüngliches Merkmal ist, dass sie flache Nester am Rand von Salz- oder Brackwassergebieten aus getrocknetem Schlamm bauen. Bereits aus der Unterkreide kennt man 12 fossile Gattungen.
 
Aus der Oberkreide ist die zweite Gruppe heutiger See- und Wasservögel bekannt, die Lappentaucher oder Steißfüße. Fossile Funde stammen aus der Coniac-Stufe vor 87 Millionen Jahren in Nordamerika, Chile und Asien. Die rezente Gattung Podiceps (unter anderm die Haubentaucher und die Zwergtaucher) existiert seit dem frühen Miozän, also seit rund 20 Millionen Jahren. Die Körperform rezenter Lappentaucher ähnelt derjenigen der ausgestorbenen Hesperornis: schlanker Rumpf, schmales, enges Becken und sehr weit hinten ansetzende Beine (»Steißfüße«). Heute existieren 20 Arten in wenigen Gattungen, die in Süßwasserseen aller Erdteile vorkommen.
 
Von den Ruderfüßern (Pelecaniformes), zu denen etwa die Pelikane, Tölpel und Kormorane gehören, kennt man eine in der letzten Stufe der Kreide (Maastricht-Stufe) beginnende Entwicklungslinie, die im Eozän allerdings ausgestorben ist. Jedoch schließen sich daran seit dem Eozän die Entwicklungslinien der Kormorane, Schlangenhalsvögel und Tropikvögel an. Im frühen Oligozän treten die Tölpel und zu Beginn des Miozäns die Pelikane auf. Alle Vertreter dieser Gruppe sind ausgezeichnet fliegende Wasservögel.
 
Die Reiherartigen (Ardeiformes) lassen sich ebenfalls dank einer ibisartigen fossilen Gattung, die man in Wyoming (USA) fand, bis zur Maastricht-Stufe der Oberkreide zurückverfolgen. Weitere Funde stammen aus dem frühen Eozän Argentiniens; die Gattung Ibis ist seit dem späten Miozän (Frankreich) belegt. Fossile Fischreiher kennt man aus dem frühen Eozän. Die Störche sind seit dem späten Eozän mit zahlreichen Funden vertreten.
 
Viele Fossilfunde gibt es von den Rallenartigen (Ralliformes), und zwar ebenfalls seit der Maastricht-Stufe. Zu den Regenpfeifervögeln (Charadriiformes) gehören die Austernfischer, Möwen, Alken, Schnepfen und Regenpfeifer. Fossile Gattungen aus der Maastricht-Stufe (Wyoming USA) leiten zu Entwicklungen über, die im Eozän und für einige Gattungen (Austernfischer, Regenpfeifer) erst im Miozän zu den uns bekannten rezenten Gattungen führen. Die Entwicklungslinie der Möwen beginnt bereits im späten Paleozän, vermutlich im Anschluss an die Ichthyornithiformes. Diese kleine, in der Oberkreide lebende Gruppe von Meeresvögeln ist rasch wieder ausgestorben. Sie glichen den Seeschwalben.
 
 Ursprünge im Eozän und im Miozän
 
Auf die erste, kreidezeitliche Entwicklungsepoche folgen zwei weitere Radiationsphasen, und zwar zuerst im Eozän und dann im Miozän. Mit dem Eozän erscheinen etwa die Strauße (Struthioniformes), Nandus (Rheiformes) und Madagaskarstrauße (Aepyornithiformes). Die Flügel dieser großwüchsigen Laufvögel wurden vor 50 bis 45 Millionen Jahren funktionslos. Sie verkümmerten, oft sind sie nur noch rudimentär vorhanden. Ihre pneumatisierten Knochen, der Bau ihrer Flügel, die Anordnung der Federn und die Größe des Gehirns sprechen dafür, dass sie flugfähige Vorfahren hatten. Kasuare, Moas und Kiwis sind erst seit dem Jungtertiär oder noch später fossil überliefert. Das gemeinsame Merkmal all dieser Palaeognathae ist das altertümlich gebaute Munddach.
 
Ebenfalls aus dem späten Paleozän und dem Eozän stammen die bereits vor 45 Millionen Jahren wieder ausgestorbenen Gastornithiformes. Ein Vertreter ist die Gattung Diatryma aus dem späten Paleozän (Nordamerika) und dem Eozän in Frankreich und Deutschland (Messel und Geiseltal). Diese Vögel wurden zwar 2,15 m hoch, waren aber nur 0,45 m lang. Die Gastornithiformes waren ebenfalls flugunfähig und schnelle Läufer. Ihr großer Schnabel, insbesondere der kräftig gebaute Unterkiefer gleicht dem der Papageien, der Gaumen ist modern (neognath). Weitere paleozäne Gattungen sind Gastornis, Dasornis, Remiornis, die man in Frankreich, Belgien und England fand.
 
Seit dem Eozän gibt es dann Pinguine, Sturmvögel, die Entenartigen, die Hühnerartigen, die Kranichartigen, die Trappenartigen, die Flughühner, die Papageien, die Kuckucksvögel, die Eulen, die Nachtschwalben, die Segler und die Spechte. Auch die erste Gruppe der Sperlingsartigen tritt auf, ihre Differenzierung setzt jedoch erst im Oligozän und Miozän mit dem Entstehen der Steppen, Savannen und Wiesen ein. Sie bilden heute die formenreichste und am höchsten differenzierte Gruppe der Vögel. Zu ihnen gehört mehr als die Hälfte der rund 9000 heute lebenden Arten. Auch die Mausvögel, Kolibris und Tauben entwickeln sich erst in dieser letzten, seit etwa 15 Millionen Jahren andauernden Entwicklungsphase der Vogelwelt.
 
Prof. Dr. Rudolf Daber
 
Grundlegende Informationen finden Sie unter:
 
Dinosaurier: Zu Lande und in der Luft
 
Literatur:
 
Carroll, Robert L.: Paläontologie und Evolution der Wirbeltiere, bearbeitet von Wolfgang Maier u. a. Aus dem Englischen. Neuausgabe Stuttgart u. a. 1996.
 
Die Evolution der Organismen, herausgegeben von Gerhard Heberer. Band 1. Stuttgart 31967.
 Feduccia, Alan: Es begann am Jura-Meer. Die faszinierende Stammesgeschichte der Vögel. Aus dem Amerikanischen. Hildesheim 1984.
 
Lexikon der Vorzeit, herausgegeben von Rodney Steel und Anthony P. Harvey. Deutsche Ausgabe herausgegeben von Dieter Vogellehner. Aus dem Englischen. Freiburg im Breisgau u. a. 1981.
 Wellnhofer, Peter: Die große Enzyklopädie der Flugsaurier. Aus dem Englischen. München 1993.


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