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ECKHART UND DIE MYSTIK

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Eckhart und die Mystik
 
Parallel zur abstrakten scholastischen Wissenschaftlichkeit suchten christliche Denker nach einem tieferen Zugang zu den Glaubensinhalten. Sie waren getrieben von einem Wunsch nach unmittelbarem, innerem religiösem Erleben und suchten sich Gott intuitiv zu nähern. Dabei waren viele von diesen Vertretern der Mystik durchaus auch Systematiker und Theologen wie Bernhard von Clairvaux (✝ 1153) und Meister Eckhart (✝ 1328). Gerade bei Eckhart gehen Scholastik und Mystik eine fruchtbare Synthese ein. Neben Aufgaben als Funktionär des Dominikanerordens wie seiner Tätigkeit als Prior von Erfurt und später als Leiter der Ordensprovinz Thüringen lehrte er hauptsächlich an den Universitäten von Paris und Straßburg.
 
Zeit seines Lebens bemühte er sich darum, Theologie, Philosophie und Heilige Schrift in Übereinstimmung zu bringen, wodurch er beide Pole, Philosophie und Christentum, veränderte.Die Auslegung der Bibel mit philosophischen Mitteln nimmt in seinen Schriften einen hervorragenden Platz ein und macht es für ihn möglich, in den biblischen Schriften Grundzüge der Naturphilosophie wiederzuentdecken.
 
Eckhart ist alles andere als ein praktischer Mystiker; er spricht sogar abfällig über mystische Erfahrungen. Der Mensch gelangt zu Gott durch Abgeschiedenheit und Gelassenheit. Er soll sich frei machen von der Fixierung auf das Irdische, der eigenen Selbstgefälligkeit, sich lösen von weltlichen Dingen, um sich für Gott öffnen zu können. Auch den Gedanken an Sünde oder die eigene Seligkeit und sogar den Begriff »Gott« müsse der Mensch fallen lassen, um sich dem wirklichen Wesen Gottes nähern zu können, das über menschliches Denken und Begreifen weit hinausreicht (»negative Theologie«). Dieser Zustand, die Armut des Geistes, bildet die Basis für die Erfahrung der Göttlichkeit im Menschen. Meister Eckhart fasst diesen Vorgang in die Metaphern »Gottesgeburt in der Seele« und »Einbildung« der Seele in Gott. Bild für die Anwesenheit Gottes im Menschen ist das »Seelenfünklein« (»scintilla animae«). In diesen Kontext stellt er auch die Menschwerdung Christi; Menschwerdung ist ein Ziel für alle Menschen, ebenso wie seine Vorstellung der Gottessohnschaft letztlich alle Menschen umfasst.
 
Diese enge Verbindung von Gott und Mensch erschien Eckhart offenbar noch nicht eng genug: Er radikalisiert sie bis zur völligen Identität: »Gott ist der Seele innerlicher als sie sich selbst. .. Der Vater gebiert beziehungsweise zeugt. .. nicht nur den Sohn als Zweite Person, gebiert oder zeugt nicht nur diesen in der Spitze meines Geistes, das Seelenfünklein, sondern er gebiert oder zeugt auch mich als eingeborenen Sohn.« Diesen Gedanken der Identität von Schöpfer und Kreatur, vom Aufgehen des Ichs im Göttlichen verfolgt Eckhart bis zur These, der Mensch sei letztlich Ursache seiner selbst. Zu dieser Einheit von Gott und Mensch sieht Eckhart keine Alternative, da es kein Sein außerhalb des Göttlichen geben kann: Entweder der Mensch hat Anteil an Gott, dem reinen Sein (esse purum), oder er ist ein reines Nichts (purum nihil).
 
Mit seiner Theologie hob Eckhart die Differenz zwischen Gott und Mensch fast vollständig auf, auf der die klassische kirchliche Heilslehre beruhte. Daneben radikalisierte er, wie Kurt Flasch sagt, »die Armutsidee, um einer neuen Autonomie zum Durchbruch zu verhelfen: Der Mensch soll verzichten, nicht nur auf Macht und Geld, nicht nur auf kollektives und privates Eigentum, sondern auf alle äußeren Rücksichten, auf Herkommen und Ansehen, aber auch auf jenseitige Belohnungen.«
 
Und Eckhart fand Anhänger: Seine Predigten - um eine möglichst große Zuhörerschaft zu erreichen, meist in deutscher Sprache gehalten - brachten eine neuartige, hierarchiefreie Sichtweise zum Ausdruck, die der Armuts- und Frauenbewegung der Zeit neue Identifikationsmöglichkeiten bot und entsprechend rezipiert wurde. Gleichzeitig mussten sie innerhalb der Kirche, deren Autorität und Hierarchie sie infrage stellten, Anstoß erregen. 1326 leitete der Erzbischof von Köln ein Häresieverfahren gegen ihn ein. Meister Eckhart warf seinerseits seinen Anklägern Schwachsinn, Blasphemie und Ketzerei vor; er appellierte gegen das Kölner Inquisitionsgericht an den Papst und unterwarf sich im vorhinein dessen Urteil, womit er immerhin erreichte, dass das Verfahren zur Entscheidung vor die päpstliche Kurie in Avignon gelangte. Johannes XXII. verurteilte 1329 einige seiner Sätze, was Eckhart allerdings nicht mehr erlebte. Nach seinem Tod sah der Papst - selbst wegen einer Auseinandersetzung mit dem Kaiser unter Druck - wohl keine Veranlassung mehr, auch noch die Dominikaner gegen sich aufzubringen. Er verzichtete darauf, seine Verurteilungsbulle außerhalb von Köln bekannt zu machen, was der weiteren Rezeption Meister Eckharts in der Frauen- und Dominikanermystik, besonders durch Heinrich Seuse, den Weg ebnete.
 
Dr. Ulrich Rudnick
 
Literatur:
 
Dinzelbacher, Peter: Christliche Mystik im Abendland. Ihre Geschichte von den Anfängen bis zum Ende des Mittelalters. Paderborn u. a. 1994.
 Flasch, Kurt: Einführung in die Philosophie des Mittelalters. Darmstadt 31994.
 Grundmann, Herbert: Religiöse Bewegungen im Mittelalter. Darmstadt 41977.


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