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ASTRONOMIE: HIERARCHISCHE ORDNUNG DES KOSMOS

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Astronomie: Hierarchische Ordnung des Kosmos
 
Entgegen der unmittelbaren Anschauung des Nachthimmels, die — abgesehen vom Phänomen Milchstraße — den Eindruck von gleichmäßig in der Unendlichkeit verstreuten Sternen erweckt, ist die Materie in unserem Universum in mehreren Stufen einer hierarchischen Ordnung unterworfen. Dabei hat sich gerade in den letzten Jahrzehnten kosmologischer Forschung gezeigt, dass uns die Ausbildung einer solchen Hierarchie einerseits einen empfindlichen Sensor für die Entwicklungsgeschichte des frühen Kosmos bietet und anderseits in der Ausgestaltung bestimmter Substrukturen wesentliche Voraussetzungen für eine chemische und biologische Evolution unserer Welt bereitstellt. Es scheint sogar gerechtfertigt zu sein, in den zugrunde liegenden Formgesetzen dieser Hierarchie einen Ausdruck der gleichen Balance zwischen zufälliger Störung und gerichteten Ordnungsprinzipien zu sehen, die uns auch hinsichtlich der Evolution des Lebens noch große Rätsel aufgibt.
 
So werden wir im Folgenden die wesentlichen physikalischen Vorstellungen von der kosmischen Hierarchie entlang der schrittweisen Erkundung der dritten, der radialen Dimension des Universums entfalten und dabei von den uns unmittelbar benachbarten Himmelskörpern bis zum Horizont des unserem Geist zugänglichen Weltalls vordringen.
 
Unser Planetensystem
 
Die unterste Stufe der kosmischen Hierarchie bildet — von der Erde aus betrachtet — das Sonnensystem. Obgleich vordergründig von einfacher Struktur, dominiert durch die neun Planeten (griechisch plánetes »Umherschweifende«), die die Sonne als beherrschendes Zentralgestirn weitgehend geordnet umkreisen, beherbergt es eine Vielzahl unterschiedlichster kleinerer Himmelskörper, wie Monde, Asteroiden, Kometen und Meteoroide. Im Sinn des Entwicklungsgedankens ist es bemerkenswert, dass die neun großen Planeten die Sonne sämtlich in gleicher Richtung — rechtläufig, die entgegengesetzte Richtung heißt rückläufig — und annähernd in einer Ebene umkreisen und selbst wieder als Subsysteme von Monden umkreist werden, was eine gemeinsame Entstehung aus einem rotierenden »Urnebel« nahe legt. Ein anderer wichtiger Aspekt ist die Tatsache, dass neben diesen sehr regulär ausgebildeten Planeten und Monden noch eine große Zahl kleiner, irregulärer Körper existiert. Sie halten sich als mutmaßliche Trümmer eines früheren zehnten Planeten hauptsächlich im Asteroidengürtel zwischen Mars- und Jupiterbahn oder als Kometen (mit ihren Meteorströmen im Schlepptau) in der Oort'schen Wolke weit außerhalb der Planetenbahnen auf. Diese »Schutthalden« der ehemaligen planetaren Baustelle spielen möglicherweise eine Schlüsselrolle in der Versorgung der Urerde mit — im Sinn einer präbiotischen Chemie — vorprozessierter Materie.
 
Die Distanzen des interplanetaren Raums sind etwa von der Größenordnung der Astronomischen Einheit und werden ähnlich wie diese nach direkten Abstandsmessungen mittels Echolot (innerhalb des Asteroidengürtels) oder nach Positionsmessungen trigonometrisch bestimmt.
 
Der lokale Sternenhimmel
 
Obgleich bisher jenseits des Sonnensystems kein weiteres Planetensystem zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte, bildet die Auffassung, dass Planetensysteme in der Umgebung von Einzelsternen generell die unterste Stufe der kosmischen Hierarchie darstellen, die Überzeugung nahezu aller heutigen Astronomen. Zwischen den Sternen — als Einzelsterne mit planetarem Umfeld oder als Mehrfachsternsysteme — spannt sich ein interstellarer Raum von enormen Dimensionen. Er bildet die erste große Entfernungslücke in der kosmischen Hierarchie, eine Lücke von fast vier Zehnerpotenzen, da sich zwischen Pluto als äußerstem bekannten Planeten unseres Sonnensystems in etwa 40 AE Entfernung und dem nächsten Fixstern Proxima Centauri bei etwa 270 000 AE kein Objekt befindet, dessen Abstand zur Sonne einer unmittelbaren Messung zugänglich wäre. Zwar reichen die Kometenbahnen mit der Oort'schen Wolke bis etwa 50 000 AE in den interstellaren Raum hinein, sie sind dort aber nur indirekt durch Messungen in Sonnennähe und theoretische Überlegungen zugänglich.
 
Glücklicherweise erlaubt die sehr zuverlässige Methode der trigonometrischen Parallaxe, angewendet auf die Astronomische Einheit als Basis, den Sprung vom Sonnensystem zu den nächsten Sternen. Wegen deren riesiger Entfernung liegen die ihnen zugeordneten Parallaxen knapp unter einer Bogensekunde. Dieser Umstand, zusammen mit der Bedeutung der trigonometrischen Methode für die Entfernungsbestimmung, führte dazu, gerade die Parallaxe von 1'' zur Definiton der kosmischen Längeneinheit Parsec zu benutzen.
 
Obgleich bereits Aristarch von Samos aus dem heliozentrischen Weltmodell der Vorsokratiker und der damaligen Nichtbeobachtbarkeit der sehr kleinen Parallaxen der Sterne schloss, dass die Fixsternsphäre ungeheuer viel weiter entfernt sein müsse als es damalige Denkgewohnheiten erlaubten, gelang der Sprung in der Entfernungsskala zu den ersten Fixsternen erst 1838 mit der Messung der Parallaxe des Sterns 61 Cygni — ein Doppelstern im Sternbild Cygnus (Schwan) in 3,4 Parsec Entfernung mit einer Parallaxe von 0,293 Bogensekunde — durch den Königsberger Astronomen Friedrich Wilhelm Bessel. Da die Genauigkeit der Parallaxen bei erdgebundener Beobachtung bestenfalls eine hundertstel Bogensekunde beträgt, reicht diese Methode im Mittel nur bis etwa 50 Parsec, umfasst aber immerhin schon etwa 50 000 Sterne (die wegen teilweise sehr geringer Helligkeit allerdings nicht sämtlich beobachtet sind) und schließt die meisten mit bloßem Auge sichtbaren Sterne ein. Die bis dahin als flächenhaft erlebten Konstellationen der Sternbilder mit ihrem in Mythologie und Astrologie verankerten Eigenleben verloren damit ihren räumlichen Zusammenhalt. Während Sterne aus verschiedenen Sternbildern im Raum recht nahe beieinander stehen können, trennen Sterne aus demselben Sternbild nicht selten Hunderte von Parsec. Seit dem Start des Astrometriesatelliten Hipparcos im August 1989 haben sich die Genauigkeit der trigonometrischen Parallaxen und folglich auch ihre Reichweite noch um das Zehnfache erhöht.
 
Das Milchstraßensystem
 
Die Sterne, deren charakteristische Anordnung in Sternbildern den uns geläufigen Sternenhimmel prägt, befinden sich bis auf wenige Ausnahmen in einem vergleichsweise winzigen Ausschnitt der nächsthöheren Ordnungsstruktur der Materie. Rund 100 Milliarden Sterne, durch die Gravitationskraft aneinander gebunden, bilden den »Spiralnebel«, den wir heute als unsere Heimatgalaxie betrachten und der üblicherweise Galaxis oder Milchstraßensystem genannt wird (griechisch galaxías). Diese Bezeichnung trägt der unmittelbaren Anschauung Rechnung und dürfte so alt wie die Astronomie selbst sein: Vom irdischen Beobachter aus, der sich fast genau in der Ebene dieser diskusförmigen Sternansammlung befindet, projiziert sie sich als unregelmäßiges helles Band an die Himmelskuppel, wobei die Zusammensetzung aus einzelnen Sternen dem bloßen Auge verborgen bleibt.
 
Auch die Galaxis ist ein hochkomplexes Gebilde. Sie besteht aus Staub- und Gaswolken, jüngeren Sternen höherer Metallizität sowie älteren Sternen, die sich — ihrerseits in Kugelsternhaufen sehr regelmäßiger Gestalt organisiert — in einer Halo genannten sphärischen Hülle der Galaxis finden. Wegen der unterschiedlichen Metallizität spricht man bei den in der Scheibe vorherrschenden jüngeren Sternen aus bereits vorprozessierter Materie von Population I, während die Halo-Sterne, die sich aus ursprünglicher Materie einer früheren kosmologischen Phase gebildet haben, als Population II bezeichnet werden.
 
Obgleich die äußersten galaktischen Objekte mehr als 100 000 Parsec vom Zentrum des Milchstraßensystems entfernt sind, umspannt der Bereich, der die Messung von Distanzen durch die Beobachtung einzelner Sterne erlaubt, nur etwa 20 000 Parsec. Die damit entfalteten vier Zehnerpotenzen der kosmischen Hierarchie zwischen dem lokalen Sternenhimmel und dem äußersten Rand des Milchstraßensystems bilden die physikalische Plattform für die Evolution der Materie.
 
Sternhaufen und Sternstromparallaxen
 
Im Altertum herrschte gemäß der unmittelbaren Anschauung die Auffassung, dass die Positionen der Fixsterne ewig und unveränderlich seien. Tatsächlich aber sind unveränderliche Sternörter wegen der gegenseitigen Massenanziehung der Sterne nicht möglich. Die grundsätzliche Ordnung der Sterne in einem galaktischen System ist nur stabil, weil der Gravitation durch die Rotation der ganzen Galaxis eine entsprechende Fliehkraft entgegenwirkt. Ebenso sind die Abstände zwischen den einzelnen Sternen nur durch ein ähnliches dynamisches Gleichgewicht aufrechtzuerhalten, sodass die Sterne insgesamt einer Kombination von geordneter galaktischer Rotationsbewegung (an der die Sonne teilhat) und individuell ungeordneter Pekuliarbewegung unterliegen. Letztere entdeckte bereits Edmond Halley um 1718, der als Erster die für unsere Zeitmaßstäbe kaum merkliche, geradlinige Eigenbewegung von weit weniger als eine Bogensekunde im Jahr beobachtete. Die als Folge der Eigenbewegung jährlich zurückgelegte Strecke beträgt im Allgemeinen mehrere Astronomische Einheiten.
 
Über die Pekuliarbewegungen hinaus vollziehen viele Sterne jedoch auch gemeinsame Bewegungsmuster. Die als offene Sternhaufen bezeichneten Sternassoziationen sind Gebiete, in denen sich aus einer Gas- und Staubwolke neue Sterne gebildet haben. Da die ursprüngliche Wolke sich als dynamisch eigenständiges Gebilde durch die Galaxis bewegte, folgen die daraus entstandenen Sterne der gleichen Bewegung auf parallelen Bahnen. Damit ergibt sich die Umkehrung des Schneeflockenbeispiels: Die Sterne streben sämtlich zum Apex hin, der dann als Konvergenzpunkt bezeichnet wird. Hier öffnet sich ein Verfahren der Entfernungsbestimmung, das der Sternstromparallaxen. Den Hyaden als dem uns mit 46 Parsec nächsten großen Sternhaufen kam dabei lange Zeit eine besondere Rolle für die Eichung weit reichender Methoden der Entfernungsbestimmung zu. Im Zeitalter der Astrometriesatelliten ist ihre diesbezügliche Bedeutung allerdings erheblich zurückgegangen.
 
Die dynamische Hierarchie
 
Die Diskussion der Stromparallaxen zeigt, dass mit der räumlichen Hierarchie gleichermaßen eine dynamische Hierarchie der gestaffelten Bewegungen verbunden ist, die bei jeder Beobachtung von Geschwindigkeiten kosmischer Objekte in Betracht gezogen werden muss. Jeder irdische Beobachter, der ins Weltall schaut, bewegt sich mit der Eigenrotation der Erde je nach Breitengrad mit bis zu 0,5 km/s. Die Erde selbst kreist mit 30 km/s um die Sonne. Da diese Bewegungen ihre Richtung ständig ändern, ist der Zeitpunkt der Beobachtung ebenfalls zu berücksichtigen. Die Sonne schließlich vollführt eine Pekuliarbewegung von 20 km/s auf das Sternbild Herkules zu, während die gesamte Sterngruppe der Sonnenumgebung mit 220 km/s das galaktische Zentrum umkreist. Unsere Galaxis wiederum gehört der Lokalen Gruppe von Galaxien an und bewegt sich innerhalb dieser auf die Andromeda-Galaxie zu. Schließlich ist sie zusammen mit der Lokalen Gruppe Bestandteil des Virgo-Superhaufens, der sich mit 400 km/s in Richtung auf den Großer Attraktor genannten Superhaufen am Südhimmel zubewegt.
 
Gegenüber dem kosmologischen Bezugssystem, das durch die später noch beschriebene kosmische Hintergrundstrahlung definiert wird, bewegt sich unsere Galaxis mit 600 km/s, während der irdische Beobachter wegen der unterschiedlichen Richtungen der Geschwindigkeiten, die sich bei der Aufsummierung teilweise kompensieren, lediglich 400 km/s gegen die Hintergrundstrahlung zurücklegt.
 
Interstellare Materie
 
Viele weiter entfernte Sternhaufen erlauben eine zuverlässige Entfernungsbestimmung mittels der beobachteten Farbe des Sternlichts. Wie bereis erläutert, erlaubt die Analyse der Sternspektren, die Oberflächentemperatur und damit die Wellenlänge des Intensitätsmaximums im Spektrum zu bestimmen. Nun ist der interstellare Raum nicht wirklich »leer«, sondern mit einem extrem dünnen Gemisch von Gas und Staub angefüllt, das vorzugsweise energiereiche Photonen (also blaues Licht) streut und absorbiert. Das Licht der Sterne wird daher auf dem Weg zu uns über die räumliche Ausdünnung hinaus zunehmend geschwächt und »gerötet«, sodass die aus der Spektralanalyse geschlossene Farbe des Intensitätsmaximums nicht mehr mit der beobachteten übereinstimmt. Da die Verfärbung in den meisten Raumrichtungen eine einheitliche Abhängigkeit von der Distanz aufweist, kann sie in der Gleichung für den Entfernungsmodul leicht mithilfe eines additiven Glieds berücksichtigt werden. Ist die tatsächliche Farbe eines Objekts bekannt (zum Beispiel aus der statistischen Untersuchung einer größeren Zahl von Sternen gleicher Entfernung wie in Sternhaufen), so kann die genaue Distanz aus der Verfärbung bestimmt werden.
 
Eine weitere Besonderheit innerhalb von Galaxien besteht darin, dass die jungen Sterne mit ihrer energiereichen Ultraviolettstrahlung die Wolke aus Wasserstoffgas ionisieren, aus der sie entstanden sind; diese beginnt ihrerseits bei der Rekombination im charakteristischen roten Licht einer bestimmten Spektrallinie des Wasserstoffs zu leuchten. Auf diese Weise aus dem unsichtbaren Ultraviolettbereich in sichtbares Licht transformiert, ist die Strahlung der jungen Sterne durch derartige H II-Regionen selbst in weit entfernten Galaxien noch auffällig sichtbar. Außerdem stellen sie ein zumindest in den Spiralgalaxien häufiges Phänomen dar. So befindet sich die nächste große und gleichzeitig prominenteste H II-Region unserer Galaxis, der Orion-Nebel, in nur 500 Parsec Entfernung und ist daher bereits dem bloßen Auge sichbar. Glücklicherweise hat sich nun gezeigt, dass die größten »Riesen-H II-Regionen« sämtlich einen annähernd gleichen Durchmesser aufweisen, der möglicherweise eine natürliche Obergrenze der Ausdehnung dieser Gebilde darstellt. Als Maximaldurchmesser wird ein Referenzwert von 245 Parsec angesehen, der eine außerordentlich große Basislänge für die Entfernungsmessung mit einer Reichweite von derzeit 50 Millionen Parsec bereitstellt.
 
Galaxienhaufen
 
Jenseits der Galaxis öffnet sich eine zweite große Lücke in der kosmischen Entfernungsskala: der intergalaktische Raum. Wenn auch der Sprung zum ersten im strengen Sinn extragalaktischen Objekt, dem Andromeda-Nebel, mit nur eineinhalb Zehnerpotenzen wesentlich bescheidener ist als jener zum uns nächsten Stern, so erforderte es doch nahezu hundert Jahre weiterer Forschung, bis es Edwin Hubble 1924 gelang, die extragalaktische Natur der vielen bekannten Spiralnebel zu enträtseln. Seine bahnbrechenden Arbeiten belegten, dass auch unsere Galaxis keine einmalige Struktur im Universum bildet, sondern eine ebenso normale Galaxie unter Milliarden gleichartiger ist, wie auch unsere Sonne ein ganz gewöhnlicher Stern unter Myriaden andern. Damit war das Schicksal einer naturphilosophisch-anthropozentrischen Weltsicht endgültig besiegelt.
 
Der entscheidende Sprung zur Andromeda-Galaxie einschließlich der Entfernungsbestimmung vieler anderer näherer Galaxien bis hin zu den nächsten größeren Haufen erfolgt hauptsächlich durch die Beobachtung von δ Cephei-Sternen, die Lichtkurven von Novae und Supernovae und die Ausmessung von Riesen-H II-Regionen. Nun war bereits seit längerem bekannt, dass die Spiralnebel nicht gleichmäßig über den Himmel verteilt, sondern in ganz bestimmten Regionen gehäuft anzutreffen sind. Mit der Aufschlüsselung der dritten Dimension ihrer Positionen zeigte sich nun, dass auch die Galaxien als Materieansammlungen mit gegenseitiger Massenanziehung dazu neigen, sich in Assoziationen mit einem eigenen dynamischen Gleichgewicht zwischen Fliehkraft und Gravitationskraft zu organisieren. Unsere Milchstraße selbst ist Mitglied einer solchen Assoziation, die die lokale Gruppe genannt wird und etwa 20 Galaxien enthält. Wesentlich größere Galaxienhaufen finden sich im Sternbild Jungfrau (Virgo-Haufen in 20 Millionen Parsec Entfernung) und im Sternbild Haar der Berenice (Coma-Haufen) mit Tausenden von Galaxien. Innerhalb eines großen Haufens können oft Untergruppen unterschieden werden, so wie auch die lokale Gruppe wahrscheinlich zum Virgo-Haufen gehört.
 
Die Struktur der Welt im Großen
 
Spätestens mit der Untersuchung der Verteilung der Galaxien im Raum und damit auch der Frage nach der Geschichte der hierarchischen Organisation von Galaxien, Galaxiengruppen und Galaxienhaufen betreten wir die Domäne der Kosmologie, der Wissenschaft über den Kosmos als Ganzes. Die Existenzberechtigung der Kosmologie als physikalische Wissenschaft beruht auf der Abwendung vom geozentrischen Gedanken. Das Universum ist für uns nur erforschbar, wenn wir uns darauf verlassen können, dass es von jedem Ort aus im Prinzip gleich aussieht (und überall dieselben Naturgesetze herrschen). Andernfalls wäre jede Verallgemeinerung unserer Beobachtungen auf das Ganze absurd. Diese Annahme wird als kosmologisches Prinzip bezeichnet. Die Homogenität im Großen in der Verteilung der Galaxien wiederzufinden, ist daher seit den ersten Entwürfen von Weltmodellen im Rahmen der Allgemeinen Relativitätstheorie eine stillschweigende Erwartung der Astrophysiker. Sie einzulösen erforderte allerdings den Vorstoß bis an die äußersten Grenzen des beobachtbaren Universums.
 
Neben der Verwendung von Supernovae als extrem leuchtkräftige Standardkerzen liegt eine weitere Methode für Entfernungsbestimmungen jenseits des Coma-Haufens in der Verwendung galaktischer Durchmesser als Basislänge. Die jeweils größten Galaxien eines Galaxienhaufens zeigen oft einen vergleichsweise einheitlichen Durchmesser von 50 000 bis 100 000 Parsec, was zu einer Reichweite von einigen Milliarden Parsec führt. Wegen der Existenz der wesentlich größeren, später noch beschriebenen cD-Galaxien in einigen Haufen können in Einzelfällen jedoch erhebliche Fehler auftreten. Die wichtigste Methode, die Tiefen des Kosmos auszuloten, steht uns im Zusammenhang mit der Frage nach der dynamischen Stabilität des Kosmos als Ganzes zur Verfügung.
 
Hubble-Expansion
 
Nur fünf Jahre nach seiner Aufklärung der extragalaktischen Natur der Spiralnebel gelang Hubble ein weiterer Schritt von größter Tragweite, als er entdeckte, dass sich sämtliche Galaxien von uns wegzubewegen scheinen, und zwar umso schneller, je weiter sie von uns entfernt sind. Die Abhängigkeit zwischen der Geschwindigkeit vExp der kosmischen Expansion und der Distanz d einer Galaxie ist dabei durch die Gleichung vExp = H0 d gegeben. H0 ist darin die universelle Hubble-Konstante, eine der bedeutsamsten Größen für die Kosmologie. Die Expansionsgeschwindigkeit ergibt sich aus der Rotverschiebung der Spektrallinien nach dem Doppler-Effekt (sofern man wenigstens einige Spektrallinien der Galaxie identifizieren kann), sodass sich eine sehr leistungsfähige Methode der Entfernungsbestimmung eröffnet.
 
Das Problem bleibt auch hier die zuverlässige Eichung der Methode, die vorzugsweise durch δ Cephei-Sterne und H II-Regionen erfolgt. Leider zeigt sich die kosmische Expansion erst jenseits des lokalen Virgo-Haufens, da die systematische Expansionsbewegung durch die großen zufälligen Eigenbewegungen der Galaxien innerhalb der Haufen verschleiert wird. Dort ist aber schon die Grenze der Eichverfahren erreicht. So wundert es nicht, dass auch nach 60 Jahren Forschung die Hubble-Konstante noch immer bis auf einen Faktor zwei unsicher ist — eine für die Kosmologie kritische Bandbreite. Die heutigen Werte liegen zwischen 50 und 100 km/(s·Mpc), was bedeutet, dass sich eine Galaxie in 10 Millionen Parsec Entfernung mit 500 bis 1000 km/s von uns fortbewegt. Bemerkenswert ist, dass einzig die Methode der Hubble-Expansion mit zunehmender Entfernung zu relativ exakten Resultaten der Entfernungsbestimmung führt und damit nur vom Horizont des Universums begrenzt wird.
 
Superhaufen und Voids
 
Zur allgemeinen Überraschung förderte die Analyse der Entfernungsdaten von Tausenden von Galaxien auf der Hierarchiestufe der Galaxienhaufen nicht die erwartete Homogenität zutage. Statt einer mehr oder weniger statistischen Verteilung von halbwegs sphärischen Materieansammlungen im »leeren« Raum enthüllte sich ein Bild, das eher dem Negativ der erwarteten Struktur gleicht. Die Galaxienhaufen reihen sich, in verschiedene Gruppen gegliedert, pfannkuchen- oder zigarrenförmig aneinander, wobei sie riesige, Voids genannte Hohlräume von eher sphärischer Gestalt aussparen. Die gefundenen Ansammlungen von Galaxienhaufen, die Superhaufen, bilden dabei Assoziationen von geradezu kosmischem Ausmaß, wie etwa die in den 1990er-Jahren entdeckte »Große Wand«. Diese durchbrochen-bienenwabenartige oder schaumähnliche Materieverteilung im uns zugänglichen Universum zu erklären, ist eine der großen Herausforderungen der heutigen Kosmologie.
 
 Bauprinzip astronomischer Objekte
 
Die sowohl im Bau der astronomischen Objekte als auch in ihrem räumlichen Zusammenhang erkennbare hierarchische Organisation der Materie im Universum legt die Frage nahe, nach welchen Ursachen und Gesetzen die beobachtete Ordnung physikalisch verstanden werden kann. Wenngleich auf der Basis der heute verfügbaren Theorien keine allgemein gültige Antwort hierauf gegeben werden kann, handelt es sich nach menschlichen Maßstäben bei der überwältigenden Zahl der Himmelskörper doch um extrem langlebige Organisationsformen der Materie. Nach den Gesetzen der Physik können solche stabilen Zustände nur dadurch realisiert werden, dass die wirkenden Kräfte eine Materieanordnung hervorbringen und aufrechterhalten, die über lange Zeit — die man als die charakteristische Lebensdauer bezeichnet — durch ein Kräftegleichgewicht austariert ist.
 
Charakteristische Maße
 
Einen wesentlichen Schritt zum physikalischen Verständnis des Aufbaus und der Dynamik der unterschiedlichen hierarchischen Objekte bedeutet die Kenntnis der charakteristischen Längen- und Zeitskalen, die die typischen Dimensionen und Lebensdauern bestimmen. Dabei folgt man sinngemäß der Vorschrift von Immanuel Kant: »Wenn man wissen will, ob ein Ding alt, ob es sehr alt oder noch jung zu nennen sei, so muss man es nicht nach der Anzahl der Jahre schätzen, die es gedauert hat, sondern nach dem Verhältnis, das diese zu derjenigen Zeit haben, die es dauern soll.«
 
Die für ein Objekt charakteristischen Parameter werden demnach indirekt erschlossen, indem man sie ins Verhältnis zu beobachtbaren Eigenschaften des betrachteten Systems setzt und deren Zusammenhang mit dem Parameter untersucht. Betrachten wir als Beispiel einen Stern. Wir interessieren uns für die charakteristische Zeit tH, über die seine Energieproduktion durch Wasserstoffbrennen aufrechterhalten werden kann. Diese hängt einerseits vom Energievorrat des Sterns für das Wasserstoffbrennen ab, anderseits von dessen Veränderung, das heißt der je Zeiteinheit abgestrahlten Energiemenge, gegeben durch die Leuchtkraft des Sterns. Die gesuchte charakteristische Zeit für die Energieproduktion durch Wasserstoffbrennen, also die zeitliche »Reichweite« des Energievorrats, lässt sich aus diesen Größen — als Quotient von Energievorrat und Leuchtkraft — berechnen. Für die Sonne ergibt sich daraus der Wert tH = 1010 Jahre: Erst nach etwa 10 Milliarden Jahren werden signifikante Änderungen in der nuklearen Energieproduktion der Sonne und damit in ihrem Zustand und Aufbau auftreten. Analog lassen sich charakteristische Skalenlängen für räumliche Veränderungen berechnen, die Aussagen über die typische geometrische Ausdehnung eines Sterns erlauben.
 
Eigenzeit und Alter
 
Die charakteristischen Zeiten und Dimensionen bestimmen also die inneren Skalen, nach denen sich jedes System vermöge seiner Dynamik und Konstruktionsgesetze zeitlich und räumlich strukturiert. Sie sind deshalb die eigentlichen physikalischen Maßstäbe für die Organisation und Entwicklung der unterschiedlichen astronomischen Objekte.
 
Auf dieser Basis können wir die Frage beantworten, ob ein gegebenes astronomisches Objekt »alt« oder »jung« ist. Dazu definieren wir für eine Objektklasse zunächst eine typische Lebensdauer, die bei Sternen beispielsweise durch das oben berechnete tH des Wasserstoffbrennens gegeben ist. Bei Planeten — die für sich genommen sehr viel höhere Lebensdauern hätten — wird die Existenz durch die Entwicklung des Zentralsterns begrenzt. Systeme, die aus einer größeren Zahl von gravitativ aneinander gebundenen Sternen bestehen, etwa Sternhaufen oder Galaxien, unterliegen einer Verdampfungszeitskala: Da durch enge Begegnungen mehrerer Sterne immer wieder Mitglieder verloren gehen, löst sich das System nach einer charakteristischen Zeit auf. Bei Kugelhaufen und Galaxien ist diese Zeitdauer erheblich länger als das bisherige Alter des Universums. Für Kugelhaufen allerdings wird derzeit die Möglichkeit diskutiert, dass sie durch Begegnungen mit Schwarzen Löchern aufgelöst werden könnten; ihre typische Lebensdauer betrüge dann nur vier Milliarden Jahre. Gaswolken unterliegen entweder einer Kollaps- oder einer Expansionsbewegung, die ihre Lebensdauer begrenzt. Galaxienhaufen schließlich verlieren Energie bei der engen Begegnung zweier Galaxien, wodurch sich die Galaxien auflösen können und der Haufen schrumpft.
 
Eine so bestimmte typische Lebensdauer kann nun zu einer Art »Eigenzeit« ins Verhältnis gesetzt werden, die wir so definieren, dass sie qualitativ unserer subjektiven Empfindung von »Dauer« entspricht. Dazu greifen wir für alle wichtigen »kosmischen Objekte«, vom Menschen bis zum Universum selbst, zum einen auf die typische Ausdehnung zurück, zum andern auf die Geschwindigkeit, die die schnellste großräumige Veränderung kennzeichnet. Für den Menschen ergibt sich eine typische Geschwindigkeit von 1 m/s für seine Körperbewegungen. Die schnellste Bewegung von Planeten und Sternen ist ihre Eigenrotation, während unser Sonnensystem von seinen Umlaufgeschwindigkeiten charakterisiert wird. Bei Gaswolken ist die Bezugsgeschwindigkeit die Schallgeschwindigkeit, die die Informationsübermittlung von einem zum andern Ende begrenzt, und bei Sternsystemen oder Galaxienhaufen die typische Relativgeschwindigkeit zwischen zwei zufällig ausgewählten Sternen. Für das Universum selbst ist die Änderung des Weltradius maßgeblich, was zur Lichtgeschwindigkeit als Bezugsgröße führt.
 
Aus dem Quotienten von typischer Ausdehnung und charakteristischer Geschwindigkeit erhält man schließlich die »Eigenzeit«. Auf diese beziehen wir nun wiederum die vorher bestimmte Lebensdauer. Das Ergebnis ist ein direktes Maß dafür, ob ein Objekt typischerweise »alt« oder eher »jung« ist. So stellt sich heraus, dass Lebewesen in diesem Sinn ausgesprochen langlebige Existenzen sind, sonst nur mit Planeten, Sternen und Galaxien vergleichbar, während Sternhaufen und Gaswolken sehr junge Objekte darstellen. Im Fall von Molekülwolken zeigt sich sogar das scheinbar paradoxe Ergebnis, dass die Eigenzeit das Alter übersteigt: Die Wolke stirbt gewissermaßen unter der Geburt, sie erreicht niemals einen Zustand des dynamischen Gleichgewichts.
 
Gleichgewichte
 
Unter allen Grundkräften verfügt einzig die Gravitation über eine hinreichend große Reichweite, um über die Längenmaßstäbe, wie wir sie bei astronomischen Objekten antreffen, wirksam sein zu können. Aus diesem Grund sind alle Himmelskörper — Planeten, Sterne, Galaxien und so weiter — gravitativ dominierte Systeme; sowohl ihr Bau und ihre Struktur als auch ihr dynamisches Verhalten werden wesentlich durch die Gravitation bestimmt. Die Gravitationskraft zwischen zwei Massen ist stets anziehend, das heißt, sie wirkt immer in die Richtung einer Massenzusammenziehung, einer Massenanhäufung und Massenkonzentration, die schließlich den betrachteten Himmelskörper bildet. Damit dieser über längere Zeit in einem stabilen Zustand existieren kann, muss der durch seine eigene Masse hervorgerufenen Gravitationskraft an jeder Stelle eine gleich große »Expansionskraft« entgegenstehen, die die lokake Eigengravitation ausbalanciert.
 
Um einen Einblick in die Natur dieses Kräftegleichgewichts zu gewinnen, kann man den Zusammenhang zwischen typischer Größe der verschiedenen astronomischen Objekte und ihrer Masse grafisch verdeutlichen. Eine solche Abbildung zeigt eine auffällige systematische Anordnung, in der sich eine deutliche Abhängigkeit zwischen der jeweiligen geometrischen Ausdehnung der Himmelskörper (und damit ihrem Aufbau) und ihrer Masse (und damit ihrer Eigengravitation) ausdrückt. Danach können stabile astronomische Objekte nur in bestimmten Massen- und Größenbereichen entstehen, die Gleichgewichtszustände zulassen. Je nach Art des betrachteten Objekts werden dabei unterschiedliche Formen eines Gleichgewichts realisiert. So weisen Sterne zum Beispiel ein Gleichgewicht zwischen der nach innen gerichteten Eigengravitation und der nach außen gerichteten Druckkraft auf, die für normale Sterne wie die Sonne hauptsächlich durch den thermischen Druck der heißen Materie bewirkt wird. Galaxien sind hingegen im Wesentlichen durch das Zusammenspiel der Eigengravitation mit zentrifugalen und turbulenten Kräften bestimmt, die aus der globalen und lokalen Bewegung ihrer unterschiedlichen Materiekomponenten stammen. Von besonderer Bedeutung ist der Grenzbereich, jenseits dessen keine stabilen Objeke existieren können, weil die Eigengravitation durch keine bekannte Gegenkraft kompensiert werden kann. Dies ist die Domäne der Schwarzen Löcher, exotischer geometrischer Objekte, die nur im Rahmen von Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie sinnvoll beschrieben werden können.
 
Prof. Dr. Erwin Sedlmayr, Dipl.-Phys. Karin Sedlmayr und Dr. Achim Goeres
 
Weiterführende Erläuterungen finden Sie auch unter:
 
Sterne: Verteilung und Zustandsgrößen
 
Literatur:
 
Cambridge-Enzyklopädie der Astronomie, herausgegeben von Simon Mitton. Aus dem Englischen. Sonderausgabe München 1989.
 
Der große JRO-Atlas der Astronomie, herausgegeben von Jean Audouze u. a. Aus dem Französischen. München 21990.
 Henkel, Hans Rolf: Astronomie. Thun u. a. 41991.
 Herrmann, Joachim: Astronomie. Eine Einführung in die Welt des Kosmos. Sonderausgabe München 1990.
 Herrmann, Joachim: dtv-Atlas zur Astronomie. Tafeln und Texte. Mit Sternatlas. München 111993.
 Herrmann, Joachim: Großes Lexikon der Astronomie. München 41986.
 Kaler, James B.: Sterne und ihre Spektren. Astronomische Signale aus Licht. Aus dem Amerikanischen. Heidelberg u. a. 1994.
 Lederman, Leon M. und Schramm, David N.: Vom Quark zum Kosmos. Teilchenphysik als Schlüssel zum Universum. Aus dem Amerikanischen. Heidelberg 1990.
 
Lexikon der Astronomie, bearbeitet von Rolf Sauermost. 2 Bände Lizenzausgabe Heidelberg u. a. 1995.
 
Meyers Handbuch Weltall, Beiträge von Joachim Krautter u. a. Mannheim u. a. 71994.
 Smolin, Lee: Warum gibt es die Welt? Die Evolution des Kosmos. Aus dem Amerikanischen. München 1999.
 Unsöld, Albrecht und Baschek, Bodo: Der neue Kosmos. Berlin 51991.
 Voigt, Hans-Heinrich: Abriß der Astronomie. Mannheim u. a. 51991.
 Weigert, Alfred und Wendker, Heinrich J.: Astronomie und Astrophysik. Ein Grundkurs. Weinheim u. a. 31996.
 Zimmermann, Helmut und Weigert, Alfred: ABC-Lexikon Astronomie. Heidelberg u. a. 81995.


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