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ENTNAZIFIZIERUNG

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Entnazifizierung: übersetzung

Ent|na|zi|fi|zie|rung 〈f. 20
1. das Entnazifizieren
2. das Entnazifiziertwerden
3. nach 1945 von den Alliierten in Dtschld. vorgenommene Ausschaltung ehemaliger Nationalsozialisten aus staatl., polit. u. wirtschaftl. Stellungen u. Beseitigung aller nationalsozialist. Einflüsse

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Ent|na|zi|fi|zie|rung, die; -, -en:
das Entnazifizieren; das Entnazifiziertwerden.
Dazu:
Ent|na|zi|fi|zie|rungs|ver|fah|ren, das.

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I
Entnazifizierung
 
Um die Umgestaltung des politischen Lebens in Deutschland zu verwirklichen, trafen die Siegermächte auf der Grundlage des Potsdamer Abkommens Maßnahmen zur Säuberung des öffentlichen Lebens von Anhängern des Nationalsozialismus. Diese Entnazifizierung nahm in den einzelnen Besatzungszonen einen sehr unterschiedlichen Verlauf.
 
In der sowjetischen Zone stand sie im Zusammenhang mit den dort eingeleiteten Maßnahmen zur Umgestaltung der Wirtschafts- und Gesellschaftsstruktur (Bodenreform, Enteignungen, Verstaatlichungen) und diente in erster Linie der Ausschaltung von »Klassengegnern«.Die sowjetische Militäradministration führte die Säuberungen relativ schnell und rigoros durch, vor allem in der Justiz, in der Verwaltung und bei den Lehrern, reihte aber ebenso rasch ehemalige nominelle NSDAP-Mitglieder in die neuentstandene SED ein.
 
Die meisten Verfahren fanden in der US-Zone statt, dort wurde die Entnazifizierung am strengsten durchgeführt. Hier wie in den anderen Zonen mussten die Betroffenen einen Fragebogen mit 131 Fragen beantworten. Die US-Militärregierung hatte mit Deutschen besetzte Spruchkammern und Berufungskammern eingerichtet, die die Entnazifizierungsverfahren gerichtsförmig abwickelten und die Betroffenen jeweils in eine der fünf Kategorien einstuften: Hauptschuldige, Belastete, Minderbelastete, Mitläufer, Entlastete. Den in die drei ersten Kategorien Eingestuften drohten Strafen von der Einweisung in ein Arbeitslager (bis zu zehn Jahren) über Berufsverbot, Amtsverlust oder Pensionsverlust bis zur Aberkennung des aktiven und passiven Wahlrechts; für Mitläufer waren Geldbußen vorgesehen.
 
Die oft willkürlich erscheinenden Entscheidungen der Spruchkammern riefen Unmut in der deutschen Bevölkerung hervor, auch bei erklärten Nazigegnern. Die große Zahl der Verfahren - in Bayern etwa waren rund zwei Drittel der Bevölkerung von der Entnazifizierung berührt - führte dazu, dass zunächst die leichteren Fälle entschieden wurden, während die Verfahren gegen schwerer Belastete zurückgestellt wurden. Als dann die amerikanische Regierung im beginnenden Kalten Krieg das Interesse an einer Weiterführung der Säuberungsmaßnahmen verlor, wurde die Entnazifizierung bis zum 31. März 1948 abrupt eingestellt, ohne dass die Verfahren gegen schwerer Belastete abgeschlossen wurden. Dies führte erneut zu Kritik (»Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen«) und zu einer politischen Belastung beim Aufbau der Bundesrepublik Deutschland.
 
Die französischen Besatzungsbehörden nahmen die Entnazifizierung auf dem reinen Verwaltungswege und vor allem unter dem Gesichtspunkt politischer Zweckmäßigkeit vor. Die britische Militärregierung gab der Effektivität der aufzubauenden deutschen Verwaltung eindeutigen Vorrang vor der politischen Säuberung und beschäftigte zahlreiche ehemalige Beamte des Dritten Reichs. Sie behielt sich bis Mitte 1947 alle Entscheidungen über Entnazifizierungsmaßnahmen selbst vor.
 
Nachdem in den westlichen Zonen seit 1948 die Entnazifizierung als Spruchtätigkeit im Wesentlichen abgeschlossen war, sind seit 1949 in allen Ländern der Bundesrepublik Deutschland Entnazifizierungs-Schlussgesetze erlassen worden.
II
Entnazifizierung,
 
Bezeichnung für die Maßnahmen der alliierten Besatzungsmächte (USA, UdSSR, Großbritannien, Frankreich) nach dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches (Mai 1945), die darauf abzielten, den Einfluss des Nationalsozialismus auf das öffentliche Leben, die Wirtschaft und das Erziehungswesen in Deutschland auszuschalten und frühere aktive Nationalsozialisten zu bestrafen.
 
Schon in den Kriegskonferenzen ab 1943 (Casablanca, Teheran) einigten sich die Alliierten grob auf vier Kernziele ihrer Deutschlandspolitik nach Kriegsende (Demilitarisierung, Denazifizierung, Dekartellierung und Demokratisierung), womit auch das Konzept einer weit gefassten Entnazifizierung umschrieben war. Entsprechend den Beschlüssen der Jalta-Konferenz (4.-11. 2. 1945) und den politischen Grundsätzen des Potsdamer Abkommens (2. 8. 1945 bildeten die Entnazifizierung sowie die Zerschlagung der NSDAP einschließlich aller ihrer Gliederungen und die Ahndung der nationalsozialistischen Kriegsverbrechen (Nürnberger Prozesse) eine Einheit. Während die Westmächte die Entnazifizierung (mit kleineren Eingriffen zur Entflechtung sowie einer pragmatischen Bodenreform) bald als eine im Wesentlichen politische Säuberung auffassten, benutzte die UdSSR die konsequente politische Säuberung in der SBZ als Mittel gezielter Personalpolitik und verband sie mit einer tief greifenden gesellschaftlichen Umstrukturierung (»strukturelle Entnazifizierung«).
 
Erste Vorgaben zur Entnazifizierung gab noch vor Installierung des Alliierten Kontrollrats (30. 7. 1945) das Oberkommando der Alliierten (Supreme Headquarter of the Allied Expeditionary Forces; Abkürzung SHAEF). Die amerikanische Militärregierung, die nach der 1944 entwickelten Direktive JCS 1067 (in der Fassung vom 26. 4. 1945 bis 1947 gültig) arbeitete, entwickelte detaillierte Verfahrensweisen zur Entnazifizierung (u. a. Gesetze Nummer 8 vom 26. 9. 1945), die in den Ländern ihrer Besatzungszone im »Gesetz über die Befreiung vom Nationalsozialismus und Militarismus« vom 5. 3. 1946 ihren Niederschlag fanden. Über den Alliierten Kontrollrat (Kontrollratsgesetz Nummer 10 vom 20. 12. 1945) kamen, nach der Direktive Nummer 24 vom 12. 1. 1946, die Bestimmungen dieses »Befreiungs-Gesetzes« in den Ländern der anderen Besatzungszonen (im Rahmen ähnlicher Gesetze) auch zur Anwendung. Die in der amerikanischen Besatzungszone 1945 entwickelte Einstufung Beschuldigter in fünf Kategorien wurde mit der Kontrollrats-Direktive Nummer 38 vom 12. 10. 1946 auch in den übrigen Zonen verbindlich: Hauptschuldige, Belastete (Aktivist), Minderbelastete, Mitläufer und Entlastete.
 
Im Einzelnen wurde in den westlichen Besatzungszonen die Durchführung der Entnazifizierung unterschiedlich gehandhabt, am strengsten in der amerikanischen Besatzungszone (bis 15. 3. 1946 wurden 1,4 Mio. Fragebogen für Deutsche über 18 Jahre mit 131 Fragen ausgegeben; insgesamt waren es etwa 13 Mio. Betroffene; mit mehr als 4 Mio. Anklagen und etwa 0,95 Mio. Verfahren). Allgemein wurde die Entnazifizierung bis 1947 durch so genannte Entnazifizierungsausschüsse unter Verantwortung der Besatzungsmacht und seit 1947/48, mit der Verabschiedung von Entnazifizierungsgesetzen, unter teilweiser Verantwortung der Länder mit unterschiedlich großer Beteiligung deutscher Spruchkammern betrieben. Die Betroffenen wurden meist nach Zustellung einer Klageschrift, zu der sie Stellung nehmen konnten, von den deutschen Spruchkammern (in der US-Zone 1946 allein 545 mit 22 000 Bediensteten) in 1. Instanz verurteilt. Gegen diese Entscheidung konnte Berufung bei der Berufungskammer eingelegt werden. Sühnemaßnahmen waren u. a.: Internierung oder Gefängnis bis zu zehn Jahren, Vermögensentziehung, Amtsverlust, Berufsverbot, Geldbußen, Aberkennung des Wahlrechts.
 
Nach dem abrupten Abbruch der amerikanischen Entnazifizierungspolitik zum 31. 3. 1948 hörte die Überwachung der Entnazifizierungsges. auf. Nach Gründung der Bundesrepublik (1949) ging die Entnazifizierung im Bereich der früheren westlichen Besatzungszonen ganz in deutscher Verantwortung über. Am 15. 12. 1950 verabschiedete der Deutsche Bundestag Empfehlungen an die Bundesländer für eine einheitliche Beendigung des Entnazifizierungsverfahrens. In den einzelnen Ländern wurden ab 1951 Entnazifizierungsschlussgesetze erlassen, zuletzt (am 15. 12. 1954) in Bayern. Im gesamten Bundesbereich waren 6,08 Mio. Menschen von der Entnazifizierung betroffen; 3,66 Mio. Fälle waren bearbeitet und die Mehrzahl der Betroffenen als Minderbelastete beziehungsweise Mitläufer eingestuft worden.
 
Unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten wurde die Entnazifizierung, u. a. die unterschiedliche Handhabung der Verfahren, kritisiert (z. B. M. Niemöller). Mit Art. 131 GG gab es ab 1949 eine Möglichkeit zur Wiedereinstellung entlassener Beamter, ausgenommen jener, die infolge rechtskräftigen Spruchkammerbescheids ihr Amt verloren hatten. Nach Meinung vieler Kritiker förderten kollektive Haftung, rückwirkende Strafgesetzgebung oder Schuldvermutung in der Bevölkerung die Bereitschaft, Gefälligkeitsentlastungen (»Persilscheine«) auszustellen und bei den Betroffenen ein selbstkritisches Überdenken ihrer politischen Positionen von vornherein auszuschalten. In ihrem Ergebnis war die Entnazifizierung, im engen Verbund mit der Reeducation, aber eine Voraussetzung für die Westintegration.
 
In der SBZ führte die UdSSR (trotz Verwendung zahlreicher Formulierungen amerikanischer Herkunft in ihren Entnazifizierungsbestimmungen) unter sozialrevolutionären Vorzeichen eine umfassende schnelle und radikale Entnazifizierung durch; Adel und Besitzbürgertum sollten als politisch wirksame Faktoren ausgeschaltet werden (Bodenreform, Enteignungen und Verstaatlichungen v. a. in der Schlüsselindustrie und der Großbanken). Politischer Straftaten verdächtige Personen wurden von Sonderkammern der Landgerichte abgeurteilt (Waldheimer Prozesse, 1950). Im Gegensatz z. B. zur amerikanischen Besatzungszone wurde nicht die gesamte Bevölkerung der Entnazifizierung unterworfen. Bis August 1947 wurden über 800 000 frühere NSDAP-Mitglieder überprüft, etwa 0,5 Mio. verloren ihren Arbeitsplatz, v. a. im öffentlichen Dienst. Die Mitläufer der NSDAP sahen sich v. a. dann von Sühnemaßnahmen befreit, wenn sie sich - öffentlich erkennbar - zur Politik der Besatzungsmacht und der von ihr gestützten SED bekannten; der frühzeitigen Reintegration der »kleinen Parteigenossen« sollte insbesondere die im März 1948 gegründete NDPD dienen. Im Zuge der Entnazifizierung entledigte man sich auch zahlreicher politischer anders Denkender (u. a. Einweisung in Internierungs- beziehungsweise Speziallager). Mit Befehl vom 26. 2. 1948 wurde die Entnazifizierung in der SBZ von der SMAD als beendet erklärt. Eine wirkliche geistige Verarbeitung durch die Bevölkerung fand aber im Grunde ebenso wenig statt wie in den Westzonen; die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus blieb bis zum Ende der DDR orientiert an der offiziellen Antifaschismus-Doktrin.
 
Auch in Österreich wurde unter Aufsicht der Besatzungsmächte eine Entnazifizierung durchgeführt. Nach Errichtung der Republik Österreich (April/Mai 1945) verbot die provisorische Regierung am 8. 5. 1945 durch Gesetz die NSDAP und ihre Gliederungen und entzog ihren Mitgliedern das Wahlrecht; von diesen Maßnahmen waren etwa 0,5 Mio. Menschen betroffen. Auf der Grundlage des »Kriegsverbrechergesetz« (26. 6. 1945 und des »Nationalsozialistengesetz« (6. 2. 1947 führte die österreichische Regierung unter Aufsicht des Alliierten Kontrollrates die Entnazifizierung durch. Entsprechend den Entnazifizierungsgesetzen in Deutschland wurden die früheren Mitglieder der NSDAP in Belastete und Minderbelastete eingeteilt, sodann von Volksgerichten strafrechtlich verfolgt oder von der Regierung zu Sühnemaßnahmen herangezogen. Zwischen 1948 (Amnestierung der Minderbelasteten) und 1957 (allgemeine Amnestie) lief die Entnazifizierung aus. 1955 war die Ahndung nationalsozialistischer Kriegsverbrechen den ordentlichen Gerichten übertragen worden.
 
Literatur:
 
Ges. zur Befreiung von Nationalsozialismus u. Militarismus, hg. v. Erich Schullze (31948);
 I. Lange: E. in NRW (1976);
 K. D. Henke: Polit. Säuberung unter frz. Besatzung (1981);
 D. Stiefel: E. in Österreich (Wien 1981);
 L. Niethammer: Die Mitläuferfabrik. Die E. am Beispiel Bayerns (Neuausg. 21982);
 W. Krüger: Entnazifiziert? Zur Praxis der polit. Säuberung in NRW (1982);
 
Verdrängte Schuld, verfehlte Sühne. E. in Österreich 1945-1955, hg. v. S. Meissl u. a. (1986);
 
E. u. Selbstreinigung im Urteil der ev. Kirche, hg. v. C. Vollnhals (1989);
 H. A. Welsh: Revolutionärer Wandel auf Befehl? E.- u. Personalpolitik in Thür. u. Sa. 1945-1948 (1989);
 R. Grohnert: Die E. in Baden 1945-1949 (1991);
 M. Etzel: Die Aufhebung von natsoz. Gesetzen durch den Alliierten Kontrollrat. 1945-1948 (1992);
 R. Möhler: E. in Rheinl.-Pf. u. im Saarland unter frz. Besatzung von 1945 bis 1952 (1992);
 W. Langhorst: Beamtentum u. Art. 131 des GG (1994);
 
Aus den Trümmern 1945. Personeller Wiederaufbau u. E. in der ev. Kirche der Sowjet. Besatzungszone Dtl.s. Einf. u. Dokumente, bearb. v. J. J. Seidel (1996).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
 
Deutschland nach 1945: Die Besatzungspolitik der Siegermächte
 

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