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AGGIORNAMENTO: DAS ZWEITE VATIKANISCHE KONZIL

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Aggiornamento: Das zweite Vatikanische Konzil
 
Das erste Vatikanische Konzil (1869/70) hatte der römisch-katholischen Kirche mit der Definition päpstlicher Autorität und lehramtlicher Unfehlbarkeit dauerhafte Stabilität beschert. Es demonstrierte in den Wirren der Zeit katholische Selbstbehauptung und Geschlossenheit. Gegen die moderne Welt war ein Bollwerk errichtet. Das zweite Vatikanische Konzil (1962-65) verordnete der Kirche das »Heutig-werden« (»Aggiornamento«). Die »Schleifung der Bastionen« war angesagt. Das Verhältnis zur Welt sollte neu bestimmt werden.
 
In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gab es reichlich Impulse zu einer geistlichen Erneuerung. Theologie und kirchliches Leben waren in - wenn auch verhaltene - Bewegung geraten. Das Bewusstsein für Umdenken und Reformen schien vorhanden. Doch die Zentrale in Rom steuerte unbeirrt den Kurs innerer und äußerer Befestigung. Als Papst Johannes XXIII.1959 ein Konzil ankündigte, sorgte er für allgemeine Überraschung und löste in der Kirche eine Aufbruchstimmung aus. Nach dreijähriger Vorbereitung eröffnete er am 11. Oktober 1962 das Konzil. Es versammelte 2540 Konzilsväter aus allen Teilen der Weltkirche. Hinzu kamen über 200 Theologen als Berater und fast 100 Beobachter aus nichtkatholischen christlichen Kirchen. In vier mehrwöchigen Sitzungsperioden diskutierten die Konzilsväter die von Sachkommissionen vorbereiteten Texte; viele davon waren heftig umstritten und mussten überarbeitet werden. Eine Minderheit befürchtete Einbußen in traditionellen Lehraussagen und bisher gültigen kirchlichen Bestimmungen. Doch in sechzehn nach Funktion wie Thema verschiedenen Beschlüssen des Konzils fanden die mehrheitlich vertretenen Reformanliegen ihren Niederschlag; sie zielten auf zeitgemäße Erneuerung der Kirche, Einheit der Christen und Dialog mit der heutigen Welt. Die mehrjährige intensive und höchst produktive Konzilsarbeit bildete einen kirchengeschichtlichen Höhepunkt. Paul VI. schloss am 8. Dezember 1965 die Konzilsversammlung.
 
Die vom Konzil angestrebte Öffnung zu den »Anderen« und zur Welt dokumentieren vor allem die Dogmatische Konstitution »Über die Kirche« und die Pastoralkonstitution »Über die Kirche in der Welt von heute«. Demnach will die Kirche »Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit sein«. Sie beharrte zwar bei ihrer Überzeugung, als Institution in der Welt sei sie die konkrete Existenzform der einzigen Kirche Christi, aber ihr exklusiver Anspruch wurde abgeschwächt: Es sei nicht auszuschließen, dass es auch außerhalb ihrer Grenzen vielfältige Elemente der Wahrheit und göttliche Gaben gebe. Diese Einsicht ermöglichte den Dialog mit anderen christlichen Gemeinschaften und Religionen. Die erwünschte ökumenische Zusammenarbeit diente dem Ziel, die verlorene Einheit der Christen wiederherzustellen.
 
Innerkirchliche Reformakzente orientierten sich an dem Bild der Kirche als »Volk Gottes«: Taufe und Firmung gliedern die Gläubigen in das priesterliche Gottesvolk ein. Das gemeinsame Priestertum verbindet sie auf dem Weg zur Ausbreitung des Gottesreiches. Dabei bleibt der grundsätzliche Unterschied zwischen geweihten Amtsträgern und gläubigen Laien gewahrt. Ihr Verhältnis ist, der hierarchischen Struktur der Kirche gemäß, durch Arbeitsteilung bestimmt: Die Kleriker führen das Volk; in ihrem heiligen Dienst »handeln sie in der Person. Christi«. Die Laien wirken an der Sendung der Kirche mit durch aktive Teilnahme am liturgischen Geschehen und durch das Zeugnis eines heiligen Lebens inmitten der Welt. Der im Gottesvolk vorhandene Reichtum an intellektuellen, glaubensmäßigen und gottesdienstlichen Ausprägungen des Evangeliums soll sich entfalten. Mit ihrer Zuwendung zur Welt anerkennt die Kirche die legitime Autorität der irdischen Gegebenheiten. Zwischen Kirche und Welt besteht ein formaler Unterschied, aber kein strikter Gegensatz: Die Welt bedarf der Kirche, und die Kirche findet an der Welt ihr materiales Interesse. Ihr »Weltdienst« äußert sich in konkreten »Hilfeleistungen« für einzelne Menschen wie für die menschliche Gemeinschaft. Bei der Lösung bedrängender Zeitfragen bringt sie die »lichtvollen Prinzipien« Christi ein. Sie wünscht »gegenseitigen Dialog« und Zusammenarbeit, in denen sie ihrerseits »Hilfe von der Welt« erfahren will. Das pastorale Handeln der Kirche bezweckt die christliche Durchdringung der weltlichen Gesellschaft.
 
Mit solchen programmatischen Erkärungen wie mit den theologischen und rechtlichen Grundaussagen in anderen Konzilstexten wurde dem pilgernden Gottesvolk der Weg in die »Welt von morgen« gewiesen. Allerdings ist das Konzil mit dem »Heutig-werden« auf halbem Weg stehen geblieben: In vielen Konzilstexten stehen unterschiedliche Ansichten und Überlegungen nebeneinander; die überlieferte dogmatische Basis ließ sich mit den Reformansätzen oft nicht vermitteln. Deshalb können die Texte verschieden interpretiert werden. Auch nachkonziliare Entscheidungen und Bestimmungen zeigen die unausgetragenen Spannungen. Die Verwirklichung der Konzilsbeschlüsse ist noch nicht abgeschlossen. Beharrende und vorwärts drängende Kräfte konkurrieren. Inzwischen hat die Präsenz der modernen Welt innerhalb der römisch-katholischen Kirche zugenommen. In der Theologie wie in der kirchlichen Lebenswirklichkeit mehren sich die Anzeichen des zeitgenössischen Pluralismus. Dogmatische Vorgaben werden in der Glaubensverkündigung und den Verhaltensweisen des Kirchenvolkes vernachlässigt. Die Regionalisierung der Weltkirche birgt eine große Entwickungsdynamik in sich und verleiht der Vielfalt neue und schärfere Konturen. Die stetigen Demonstrationen des päpstlichen Zentralismus begleiten die wachsende Pluralität. Die Papstreisen Johannes Pauls II. durch die Kontinente und die Sachentscheidungen vatikanischer Behörden zeugen von einer »latenten Restauration«. Ob mit hierarchisch gedachten Konzepten der Wandel des Glaubensklimas an der »Peripherie« zu kanalisieren und zu bewältigen ist, bleibt vorerst eine offene Frage. Für die römisch-katholische wie für jede andere christliche Kirche gilt: »Ecclesia semper reformanda« - »die Kirche muss ständig reformiert werden«.
 
Prof. Dr. Dr. Erwin Fahlbusch
 
Literatur:
 
Kleines Konzilskompendium, herausgegeben von Karl Rahner und Herbert Vorgrimler. Freiburg im Breisgau u. a. 271998.
 Lübbe, Hermann: Religion nach der Aufklärung. Graz u. a. 21990.
 Pesch, Otto Hermann: Das Zweite Vatikanische Konzil (1962—1965). Vorgeschichte — Verlauf — Ergebnisse — Nachgeschichte. Würzburg 41996.


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