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CHEMIENOBELPREIS 1901: JACOBUS VAN'T HOFF

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Chemienobelpreis 1901: Jacobus van't Hoff
 
Der niederländische Wissenschaftler erhielt den Nobelpreis »für die Entdeckung der Gesetze der chemischen Dynamik und des osmotischen Drucks in Lösungen«.
 
 Biografie
 
Jacobus Henricus van't Hoff, * Rotterdam 30. 8. 1852, ✝ Berlin 1. 3. 1911; 1876 Dozent für Physik an der Veterinärschule in Utrecht, 1878 Professor an der Universität Amsterdam, ab 1895 an der Universität Berlin. Deckte unter anderem grundlegende Mechanismen von chemischen Reaktionen auf.
 
 Würdigung der preisgekrönten Leistung
 
Chemische Reaktionen enden häufig, lange bevor die eingesetzten Substanzen verbraucht sind. Das widerspricht der Lebenserfahrung, bleibt ein Benzinmotor doch auch nicht stehen, wenn der Tank noch halb voll ist und alle weiteren Komponenten des Systems ein Weiterlaufen erlauben.
 
 Der Ablauf bei chemischen Reaktionen
 
Tatsächlich lässt sich ein Ottomotor aber nur eingeschränkt mit einer chemischen Reaktion vergleichen, weil die bei der Verbrennung entstehenden Produkte sofort als Abgas aus dem Zylinder durch den Auspuff verschwinden. In vielen chemischen Reaktionen dagegen entweichen die Produkte nicht in die Umgebung. Die entscheidende Erkenntnis von van't Hoff ist verblüffend: Diese Endprodukte reagieren miteinander und bilden die Ausgangsstoffe zurück. Bei einer chemischen Reaktion läuft also nicht nur eine Reaktion nach dem Schema A und BC reagieren miteinander und bilden AB und C. Gleichzeitig reagieren auch AB und C miteinander und bilden A und BC. Bei einer chemischen Reaktion findet immer auch eine Rückreaktion statt.
 
Nun laufen Hin- und Rückreaktion nicht mit gleicher Geschwindigkeit ab. Oft unterscheidet sich das Tempo erheblich. Genau dieser Unterschied ist für das Ergebnis einer chemischen Reaktion entscheidend. Ist die Geschwindigkeit der Hinreaktion zum Beispiel doppelt so hoch wie die der Rückreaktion, bilden sich die Produkte doppelt so schnell wie die Rückbildung zu den Ausgangsstoffen stattfindet. Nach einiger Zeit wird sich ein Gleichgewicht mit doppelt so vielen Produkten wie Ausgangsstoffen einstellen. Hin- und Rückreaktion laufen natürlich immer noch weiter. Ein Beobachter aber sieht keine Veränderung mehr in der Stoffmenge und nimmt daher an, die Reaktion sei in dem Moment beendet. Aber tatsächlich ist noch ein Drittel der Ausgangsstoffe vorhanden.
 
Entfernt man dagegen ein Produkt, kann keine Rückreaktion stattfinden und die Hinreaktion läuft so lange weiter, bis alle Ausgangsstoffe verbraucht sind. Allerdigs gibt es auch Reaktionen, die anscheinend vollständig ablaufen, ohne dass ein Produkt entweicht. In diesen Fällen ist die Hinreaktion so schnell, dass sich ein Gleichgewicht einstellt, wenn nur sehr wenig Ausgangsstoffe und sehr viele Produkte vorhanden sind. Da die Menge der Ausgangsstoffe so gering ist, dass sie mit herkömmlichen Methoden nicht gemessen werden kann, wird eine vollständige Reaktion vorgetäuscht.
 
Die Geschwindigkeit der Hin- und Rückreaktion hängt von verschiedenen Faktoren ab. So beeinflusst die Konzentration der Ausgangsstoffe das Tempo stark: Je mehr Ausgangsstoffe vorhanden sind, umso schneller läuft die Hinreaktion ab. Und je stärker sich die Produkte verteilen, umso langsamer wird die Rückreaktion. Temperatur und Druck spielen bei bestimmten Reaktionen ebenfalls eine Rolle. Entsteht zum Beispiel bei der Reaktion von A mit BC nicht nur AB und C, sondern auch noch Wärme, ist diese Wärme das dritte entstehende Produkt. Erhöht man die Temperatur der Reaktion, steigert man auch die »Konzentration des dritten Produkts« und beschleunigt damit die Rückreaktion. Kühlt man dagegen das Gefäß, in dem die Reaktion stattfindet, beschleunigt man die Hinreaktion. Ähnlich verhält es sich, wenn sich zwei Substanzen in einer Flüssigkeit zu einem Gas verbinden, das größeren Raum als die Flüssigkeit einnimmt und damit den Druck vergrößert. Erhöht man den Druck, erhöht man ebenfalls die Geschwindigkeit der Rückreaktion. Wenn man demnach die Reaktionsbedingungen geschickt wählt, kann man steuern, welche Mengen an Produkten entstehen.
 
 Der osmotische Druck
 
Jacobus van't Hoff erhielt den Nobelpreis noch für eine zweite Entdeckung. Längst war damals bekannt, nach welchen Gesetzen Gase miteinander reagieren. Die meisten Reaktionen aber lassen Chemiker in Flüssigkeiten ablaufen. Im Prinzip gelten dort die gleichen Gesetzmäßigkeiten wie bei Gasen, erkannte van't Hoff. Bei Flüssigkeiten spielt der osmotische Druck die entscheidende Rolle.
 
Für den Beobachter äußert sich der osmotische Druck in einer verblüffenden Beobachtung: Wasser fließt von einem Gefäß mit einer Zuckerlösung niedriger Konzentration in ein Gefäß mit einer hochkonzentrierten Lösung, wenn die beiden Behälter durch eine »semipermeable« Membran getrennt sind. Eine solche Membran lässt zwar Wassermoleküle passieren, nicht aber die erheblich größeren Zuckermoleküle. Im ersten Gefäß fällt der Wasserspiegel, im zweiten steigt er. Die Differenz zwischen beiden Wasserniveaus spiegelt den osmotischen Druck wider. Und der wiederum beeinflusst eine chemische Reaktion genauso wie der Gasdruck.
 
Auch die die Zellen der Lebewesen sind von semipermeablen Membranen umgeben. In einer Umgebung mit hoher Salzkonzentration schrumpfen Zellen, weil sie Wasser nach außen abgeben. Meerestiere brauchen daher spezielle Stoffwechselanpassungen, damit sie überschüssiges Salz ausscheiden können. Ist dagegen die Salzkonzentration in einer Zelle höher als außerhalb, so nimmt sie Wasser auf und platzt. Damit das nicht passiert, müssen zum Beispiel Infusionslösungen in ihrer Konzentration auf die Verhältnisse in den Zellen abgestimmt werden.
 
Van't Hoffs Erkenntnisse haben einen ganzen Wissenschaftszweig mitbegründet, die so genannte Reaktionskinetik. Sie hilft inzwischen Chemie-Ingenieuren, den Verlauf von Reaktionen relativ exakt vorauszuberechnen. Bei geschickter Wahl der Reaktionsbedingungen können sie dafür sorgen, dass möglichst viel des gewünschten Produkts entsteht und so die Kosten für dessen Herstellung niedrig gehalten werden. Andererseits können sie natürlich auch dafür sorgen, dass möglichst wenig Produkte entstehen, die für die Umwelt schädlich sind. Ein wichtiger Teil der Arbeit van't Hoffs wurde bei der Verleihung des Nobelpreises gar nicht berücksichtigt: Er fand heraus, dass sich Kohlenstoff im Normalfall mit vier anderen Atomen verbinden kann, die in den vier Ecken eines Tetraeders sitzen. Im Mittelpunkt dieser Pyramide mit dreieckiger Grundfläche sitzt das Kohlenstoffatom. Handelt es sich um vier unterschiedliche Atome, gibt es in einem Tetraeder zwei Möglichkeiten, diese um das Kohlenstoffatom anzuordnen. Damit hatte van't Hoff die so genannte Stereoisomerie entdeckt, die eine zentrale Rolle beim Aufbau von Biomolekülen spielt.
 
Dass der Niederländer weiter dachte als viele seiner Zeitgenossen, scheint eine seiner Lieblingsthesen zu bestätigen: Wissenschaftler brauchen ein besonderes Maß an Vorstellungskraft, um erfolgreich zu sein.
 
K. Viering, R. Knauer


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