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APOKALYPSE: DANIEL UND HENOCH

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Apokalypse: Daniel und Henoch
 
Vom 2. Jahrhundert v. Chr. bis weit ins Mittelalter hinein entstanden eine Reihe jüdischer und christlicher Schriften, die wir heute nach dem ersten Wort der neutestamentlichen Offenbarung des Johannes »Apokalypsen« nennen. Zu den frühesten Apokalypsen gehören das Buch Daniel, das als einziges seiner Art Aufnahme in die hebräische Bibel gefunden hat, und Teile der Henochapokalypse, die uns in äthiopischer Übersetzung vorliegen und in der koptischen Kirche zu den heiligen Schriften zählen. Das Buch Daniel stammt in seiner Endgestalt aus der ersten Hälfte des 2. Jahrhunderts v. Chr., hat aber besonders mit den nichtapokalyptischen Legenden über Daniel und seine Freunde (Daniel 3-6) auch älteres Material aufgenommen. Das äthiopische Henochbuch, das aus fünf selbstständigen Schriften zusammengestellt wurde, stammt dagegen in seiner Endgestalt erst aus dem 1. Jahrhundert n. Chr., doch gehen Teile, das »Buch der Wächter« und das »Astronomische Buch«, in ihrem nichtapokalyptischen Grundbestand bis in das 3., vielleicht sogar in das 4. Jahrhundert v. Chr. zurück.
 
Die Unterschiede zwischen den einzelnen Apokalypsen, auch zwischen dem Daniel- und dem Henochbuch, sind beträchtlich, sodass heute in der Forschung umstritten ist, was eine »Apokalypse« denn genau ist.Der griechische Begriff »apokálypsis« besagt nur, dass es sich um eine Offenbarung handelt. Er entspricht damit der weitesten und allgemeinsten Definition der »Apokalypse« als einer Offenbarungsschrift: In einer Rahmenerzählung empfängt ein Mensch durch Traum, Vision oder Audition eine prophetische, auf die Zukunft gerichtete Offenbarung, bei deren Deutung häufig eine deutekundige Gestalt, zum Beispiel ein Engel, behilflich ist. Da das Buch Daniel als Ausgangspunkt jüdischer wie christlicher Apokalyptik gilt, orientiert sich eine Klärung des Begriffs heute mehr und mehr an diesem Buch. Hier wird das »Apokalyptische« das erste Mal literarisch fassbar als eine völlig veränderte Vorstellung über die Rolle der Geschichte im Heilsplan Gottes. Die bisherigen Überlieferungen und Traditionen Israels waren davon überzeugt, dass Gottes rettendes und heilendes Handeln in der Geschichte erfahrbar ist, dass die Geschichte also prinzipiell Ort göttlichen und menschlichen Heils ist. Diese Vorstellung konnten die »Apokalyptiker« nicht mehr teilen, weil sie die Gegenwart grundsätzlich als inhuman und widergöttlich erfuhren. Für sie gab es deshalb innerhalb der Geschichte »keinen Fortschritt auf Erlösung hin« (Karlheinz Müller); im Gegenteil, Geschichte wurde von ihnen verstanden als eine unaufhaltsame Degeneration zum Bösen hin. Die in diesem Sinne durchgeführte Periodisierung von Geschichte ist daher ein beliebtes Stilmittel apokalyptischer Literatur. Heil, Rettung und Erlösung erwarteten die Apokalyptiker allein vom Ende her, das nur Gott herbeiführen kann. Dies geschieht an einem Punkt, an dem die Herrschaft der widergöttlichen Mächte in der Geschichte ihren Höhepunkt erreicht hat. Nach der Vernichtung dieser Mächte des Bösen wird ein neuer Äon beginnen, in dem Gott uneingeschränkt und ewig herrschen wird.
 
Dieses Verständnis von der Geschichte und ihrem Ende steht im Danielbuch hinter allen Visionen des Daniel (7-12) sowie hinter der Deutung des Nebukadnezartraums (Daniel 2). Besonders einflussreich war die Vision aus Daniel 7. Dort steigen im ersten Teil der eigentlichen Vision nacheinander vier Raubtiere aus dem Meer, ein Löwe, ein Bär, ein Panther und ein undefinierbares Tier mit zehn Hörnern, das in seiner Stärke, Grausamkeit und Anmaßung die drei ersten Tiere um ein Vielfaches übertrifft. »Es fraß und zermalmte alles, und was übrig blieb, zertrat es mit den Füßen.« Dem bösen Tun dieses vierten Tieres wird nun im zweiten Teil der Vision ein Ende bereitet. Denn es erscheint ein Hochbetagter auf einem Thron zum Gericht, der die Herrschaft der Tiere beendet und das vierte Tier tötet. Zuletzt übergibt er die Königsherrschaft über alle Völker und Nationen einem, der »wie ein Menschensohn« aussieht. In der folgenden Deutung der Vision werden die Tiere mit den damaligen politischen Machtsystemen identifiziert. Die gegenwärtige Herrschaft der Diadochen, der Nachfolger Alexanders des Großen, ist dabei der Tiefpunkt in der Abfolge der Reiche. Doch Gott entzieht ihnen am Ende die Königsherrschaft und übergibt sie für ewig den Heiligen des Höchsten. Sie werden in der Gestalt des Menschensohnes personifiziert, weil mit ihnen eine menschliche, wahrhaft gerechte Herrschaft beginnt.
 
In Verbindung mit diesem krisenhaft zugespitzten Welt- und Geschichtsverständnis steht die Tatsache, dass alle apokalyptischen Schriften unter dem Pseudonym einer frommen Offenbarungsempfängergestalt verfasst wurden, die nicht aus der desolaten Gegenwart stammt, sondern in einer fernen Vergangenheit den Ablauf der Geschichte vorausgeschaut hat. So schaute Daniel seine Visionen unter dem neubabylonischen König Nebukadnezar II. im 6. Jahrhundert v. Chr., und Henoch lebte gar vor der Sintflut (1. Mose 5,21-24).
 
Die Gegenwart, in der die Verfasser des Danielbuches und der Zehnwochen- und Tierapokalypse im äthiopischen Henochbuch (91,12-17; 93 und 85-90) lebten, war wesentlich bestimmt durch die Ereignisse unter dem Seleukiden Antiochus IV. Epiphanes. Dieser betrieb mit Unterstützung hellenisierter jüdischer Kreise ab 169 v. Chr. die gewaltsame Umgestaltung Jerusalems in eine hellenistische Polis. Er untersagte alle spezifisch jüdischen Riten, unter anderem die Einhaltung des Sabbatgebots und die Beschneidung, weihte den Tempel dem Zeus Olympios, schaffte das tägliche Opfer ab und setzte einen heidnischen Kultgegenstand auf den Brandopferaltar, der im Danielbuch mehrfach »Gräuel der Verwüstung« genannt wird.
 
Zu apokalyptischen Textbearbeitungen kam es aber schon unter dem Seleukiden Antiochus III., der in der Schlacht bei Paneion 200 v. Chr. auch Palästina seinem Reich einverleibte. Sein militanter Hellenisierungswille führte zeitgleich zu ähnlichen apokalyptischen Phänomenen: in Ägypten zum Töpferorakel und in Persien zu den Weissagungen des Hystaspes. Doch der entscheidende Schritt hin zur »Apokalypse« als literarischer Gattung setzte erst mit der Verfolgung unter Antiochus IV. ein. Sie traf das Judentum ins Herz seiner religiösen Identität. Nach der Erfahrung jahrhundertelanger Fremdherrschaft führte sie bei den Gruppen, die die ersten Apokalypsen verfassten, zum endgültigen Verlust der Hoffnung auf ein innergeschichtliches Eingreifen Gottes zugunsten seines Volkes. Hoffnung ging allein von der Vorstellung aus, dass Gott in allernächster Zukunft diese Weltzeit beenden und durch ein großes Gericht eine neue Weltzeit heraufführen würde, in der die Gerechten in ewiger Glückseligkeit leben werden. In diesem Sinn boten die ersten Apokalypsen Trost in einer Zeit der Bedrängnis und Ermutigung, am Gott Israels und seinen Geboten festzuhalten.
 
Dr. Angelika Strotmann
 
Literatur:
 
Maier, Johann: Geschichte der jüdischen Religion. Von der Zeit Alexanders des Großen bis zur Aufklärung mit einem Ausblick auf das 19./20. Jahrhundert. Neuausgabe Freiburg im Breisgau u. a. 21992.


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