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DEUTSCHE MUSIK

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deutsche Musik,
 
allgemein die Musik und Musikpflege im deutschsprachigen Raum. Bis zum 7. Jahrhundert lassen sich hierzu kaum Angaben machen. Antike Autoren berichten nur wenig und vage über die Musik der Germanen, z. B. über harfenbegleiteten epischen Heldengesang, und auch die im germanisch-nordischen Raum paarig gefundenen Luren erlauben keine gesicherten Schlüsse über Tonvorstellungen und Musizierpraxis.
 
 Mittelalter
 
Seit dem 8. Jahrhundert fand mit der Christianisierung über die geistigen Zentren der Kloster- und Domschulen (u. a. Fulda, Aachen, Sankt Gallen, Einsiedeln, Reichenau, Eichstätt) das Melodiengut des gregorianischen Gesangs Verbreitung und Aufnahme und mit ihm das Tonsystem der christlichen Mittelmeerkultur. Hier liegen erste nachweisbare Eigenschöpfungen vor, besonders im Bereich des Hymnus sowie der nach westlichem Vorbild geschaffenen Tropen (Tutilo) und Sequenzen (Notker Balbulus).Eine Sonderstellung nimmt Hildegard von Bingen ein; sie komponierte zahlreiche Gesänge (Antiphonen, Responsorien, Sequenzen u. a.), die ohne direktes Vorbild erscheinen. Früher als dilettantisch eingestuft, gelten sie heute als zukunftsweisend. Vom 12. bis 14. Jahrhundert erreichte die weltliche Musik mit dem höfischen Minnesang, der sich in Anlehnung an die Kunst der französischen Trouvères und Troubadours entwickelte, einen Höhepunkt. Seine bedeutendsten Vertreter, Dichter und Musiker zugleich, sind Walther von der Vogelweide, Neidhart von Reuental, Heinrich von Meissen, genannt Frauenlob, und später Oswald von Wolkenstein. Eine bürgerliche Nachahmung des Minnesangs war der Meistersang, dessen Entwicklung allerdings auf den süddeutschen Raum beschränkt blieb; der bekannteste Vertreter ist Hans Sachs.
 
 Renaissance
 
Eine deutsche weltliche, mehrstimmige Kunst trat seit der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts auf. Hauptquellen sind die aus der Mitte des 15. Jahrhunderts stammenden Handschriften des Lochamer, Schedelschen und Glogauer Liederbuchs. Die Instrumentalmusik war durch Jahrhunderte ein Privileg der fahrenden Spielleute. Einen Markstein der Musikgeschichte bildet die Entstehung einer eigenständigen Orgelmusik mit C. Paumann als Mittelpunkt. Die wichtigsten Meister nach Paumann waren Arnolt Schlick (* 1455, ✝ 1525), P. Hofhaimer und später E. N. Ammerbach. Hauptquellen für das 15. Jahrhundert sind Paumanns »Fundamentum Organisandi« (1452) und das »Buxheimer Orgelbuch« (um 1470). Im Vokalsatz pflegten die deutschen Komponisten das deutsche Volkslied, das sie als Cantus firmus im Tenor bearbeiteten (Tenorlied); so H. Finck, der gebürtige Flame H. Isaac (»Innsbruck, ich muß dich lassen«) und L. Senfl, die alle am kaiserlichen Hof tätig waren.
 
Die Reformation stellte ein wichtiges Ereignis dar, das die Entwicklung einer spezifisch deutschen Musikkultur entscheidend begünstigte. Während M. Luther und J. Walther den deutschen Choral schufen, der zum Mittelpunkt der protestantischen Kirchenmusik wurde, und gleichzeitig in Norddeutschland in der Tradition des Standes der protestantischen Kantoren eine Grundlage für den kommenden Aufschwung der deutschen Musik entstand, dominierten im katholischen Süddeutschland noch die Niederländer und Italiener, v. a. O. di Lasso in München. Die einheimischen Komponisten lösten sich nur zögernd vom niederländischen Vorbild: in Süddeutschland J. Gallus (eigentlich J. Handl), L. Lechner, H. L. Hassler, in Norddeutschland J. Eccard, C. Demantius und M. Praetorius.
 
 Barock
 
Neben die Chorpolyphonie trat zu Beginn des 17. Jahrhunderts die Übernahme jener Kompositionsart, die in Italien um 1590 als solistischer Gesang mit Generalbass (Monodie) aufgekommen war. Die neue Satztechnik bildete die Grundlage für die Gattungen Oper (Rezitativ, Arie) und Lied. Doch auch in die Instrumentalmusik drang die Generalbasspraxis bald ein. H. Schütz hatte in Italien die neue Art der Musik studiert; er verpflanzte sie nach Deutschland und gab ihr in seinen Vokalkompositionen ein Höchstmaß an sprachbezogener Ausdruckskraft. Schütz komponierte auch die allerdings vorloren gegangene erste deutschsprachige Oper »Dafne« nach einem Libretto von M. Opitz. In dem neuen Stil schufen A. Krieger, H. Albert u. a. ihre geistlichen und weltlichen Lieder. Auch die deutsche Orgelmusik kam zu reicher Entfaltung, getragen von S. Scheidt, einem Schüler des Niederländers J. P. Sweelinck, J. J. Froberger, einem Schüler des Italieners G. Frescobaldi, in der folgenden Generation von D. Buxtehude, J. Pachelbel und G. Böhm, die bereits nicht mehr in der Fremde lernten. Bei ihnen finden sich Gattungen wie Toccata und Passacaglia sowie Bearbeitungen protestantischer Kirchenlieder, die Vorstufen der Choralvorspiele Bachs. Die deutsche Oper hatte in Hamburg unter R. Keiser, dann unter G. P. Telemann eine erste Glanzzeit.
 
Im Mittelpunkt der Instrumentalmusik stand die Suite mit ihrer Satzfolge Allemande-Courante-Sarabande-Gigue; sie wurde bereichert durch Anfügung weiterer, besonders französischer stilisierter Tanzsätze. Häufig wurde der Suite eine Sonate, ein Präludium oder eine Ouvertüre vorangestellt. - Große Beliebtheit genoss auch die Lautenmusik mit ihren zahlreichen Tanzformen; ihr bekanntester Vertreter ist Hans Neusidler (* 1510, ✝ 1563). - Erwähnenswert aus der Vielzahl der in diesem Zeitraum entstandenen theoretischen Werke sind die Generalbassschule von J. D. Heinichen (1711), das kontrapunktische Lehrwerk »Gradus ad Parnassum« von J. J. Fux (1725), das erste deutsche Musiklexikon von J. G. Walther (1732) und, als umfassendes Bild der damaligen Musikpraxis, »Der vollkommene Kapellmeister« von J. Mattheson (1739).
 
Aus dieser Tradition erwuchs das Werk J. S. Bachs. Fast alle damaligen Formen und Gattungen der Klavier- und Orgel-, Orchester- und Kammermusik sowie die Kantaten- und Chorkompositionen umfassend, bildet es zusammen mit dem Werk G. F. Händels den Höhepunkt der Barockmusik. Bachs Begegnung mit der Orchestermusik A. Corellis und A. Vivaldis wirkte in den Werken seiner Köthener Kapellmeisterjahre (1717-23) nach, so in den sechs »Brandenburger Konzerten«. Die Instrumentalkunst Bachs beeinflusste auch sein Vokalschaffen, das seit der Übernahme des Leipziger Thomaskantorats (1723) in den Vordergrund trat: Obwohl vom Wortgehalt getragen, weisen seine Vokalkompositionen oft eine instrumentale Struktur auf. Bachs Spätwerk ist spekulativ ausgerichtet und stellt eine Summe barocken Komponierens dar.
 
Eine andere Seite der deutschen Musik repräsentiert das Werk Händels, der von 1710 bis zu seinem Tod (1759) in London tätig war. Sein Schaffen galt besonders der italienischen Oper; seine reifsten Werke sind jedoch die nach 1737 entstandenen Oratorien (»Messias«, 1742).
 
 Vorklassik
 
Zwischen der Art von Musik, für die Bach repräsentativ war, und der Musik der Wiener Klassik liegt eine Zeit des Umbruchs und Übergangs. Angesichts einer neuen, bürgerlichen Öffentlichkeit trat das musikalische Schaffen aus den funktionalen Bindungen heraus: Fasslichkeit durch Orientierung an Lied und Tanz, Sinnlichkeit durch melodische Schönheit, fantasievolle Expressivität und kompositorische Originalität wurden zu »vorklassischen« Kennzeichen der Musik, die auch durch Einschmelzung italienischer und französischer Stilmomente ein spezifisch deutsches Gepräge erhielt.
 
Wie J. A. Hasse u. a. ging auch C. W. Gluck von der italienischen Operntradition aus, gelangte jedoch später zu einer französisch-klassizist. Haltung. Gluck forderte eine dem Sinngehalt adäquate, »wahre« dichterisch-musikalische Aussage, verbunden mit Reinigung von virtuosem Beiwerk. Während Glucks Opernreform noch bis zu R. Wagner weiterwirkte, blieben Versuche wie die von Anton Schweitzer (»Alceste«, Text von C. M. Wieland, 1773) und I. Holzbauer, eine deutsche Oper zu schaffen, zunächst ohne Fortsetzung. Dafür eroberte sich das Singspiel breite Volksschichten (»Der Dorfbarbier« von J. A. Hiller, Text von J.-J. Rousseau, 1771). Ein spezifisch deutscher Beitrag im Hinblick auf eine neue Bühnengattung war das Melodrama (»Ariadne auf Naxos« und »Medea« von G. Benda), das in seiner Kombination von ausdrucksstarker Instrumentalmusik und gesprochener Sprache auch die ästhetische Diskussion beschäftigte.
 
Ansätze zu einem neuen Musikempfinden zeigten sich auch in dem Komponistenkreis am Hof Friedrichs des Grossen, so bei J. J. Quantz, C. H. Graun, F. Benda und v. a. C. P. E. Bach, die von der Strenge des Barockstils zu galanter und expressiver Empfindsamkeit führten. Entscheidender noch waren die seit der Mitte der 1740er-Jahre von der Mannheimer Schule ausgehenden Anregungen: Die von J. Stamitz, F. X. Richter und I. Holzbauer komponierten Sinfonien mit ihren zündenden Orchestereffekten, etwa dem des dynamischen Anschwellens, erregten selbst in Zentren wie Paris und London Aufsehen. In die Richtung der kommenden Klassik weist ferner J. C. Bach mit dem in seiner Musik hervorgekehrten kantablen Element, dem »singenden Allegro«, das auf den jungen Mozart einwirkte. Übergangscharakter trägt auch die Musik einer Anzahl Wiener »Kleinmeister« (Mathias Georg Monn [* 1717, ✝ 1750], G. C. Wagenseil u. a.). Sie, die Söhne Bachs und die Komponisten der Mannheimer Schule waren die wichtigsten Wegbereiter der in der Folgezeit dominierenden instrumentalmusikalischen Form, der großen Sinfonie mit ihrer klassischen Viersätzigkeit, deren wesentlicher Bestandteil der auf der Sonatensatzform beruhende Eröffnungssatz wurde.
 
 Wiener Klassik
 
Die Wiener Klassik, die Musik J. Haydns, W. A. Mozarts und L. van Beethovens, ist gekennzeichnet durch die Entwicklung und Vollendung der neuen Gattungen der Instrumentalmusik, der Sinfonie, des Streichquartetts und der Klaviersonate. Haydn legte mit seinen 107 Sinfonien und seinen 68 Streichquartetten den Grund für den durchgearbeiteten klassischen Instrumentalstil, besonders des Sonatenhauptsatzes, der auf der Verarbeitung (Durchführung) der in der Exposition vorgestellten beiden (gegensätzlichen) Themen beruht. Mozart knüpfte hier an, er verlebendigte und beseelte den Stil und erweiterte die Gattungen der Instrumentalmusik (Klavier-, Violinkonzerte u. a.). Darüber hinaus bedeutet sein Werk einen Höhepunkt in der Geschichte der Oper, sowohl der italienischen (»Le nozze di Figaro«, »Don Giovanni«, »Così fan tutte«) als auch der deutschen (»Die Entführung aus dem Serail«, »Die Zauberflöte«). Beethoven erreichte mit seinen Sinfonien, Konzerten und Ouvertüren, Streichquartetten, Klavier- und Violinsonaten eine neue, wegweisende Intensität des kompositorischen Denkens und des musikalischen Ausdrucks, die für das 19. Jahrhundert das beständige Vorbild blieb. In der Kirchenmusik der Wiener Klassik ist der Typus der Orchestermesse vorherrschend, in dem die Errungenschaften auf dem Gebiet der Sinfonik mit dem Formenrepertoire aus der Oper kombiniert werden. Beethovens »Missa solemnis« sprengt den liturgischen Rahmen und weist in Anspruch und Gehalt bereits auf kunstreligiöse Tendenzen voraus, die sich erst in der Romantik voll entfalteten.
 
Abseits von der Wiener aristrokratische Musikwelt stand F. Schubert. Sein Werk gründet sich zwar auf der klassischen Formenwelt, öffnet aber den Blick in die frühe Romantik, v. a. im klavierbegleiteten Sololied, zu dessen erstem Meister er seit seinem ersten Goethe-Lied »Gretchen am Spinnrade« (1814) wurde, ebenso aber auch in seiner Instrumentalmusik (Sinfonien, Streichquartette, -quintette und Klaviersonaten).
 
 Romantik
 
Auf literarischem Gebiet war E. T. A. Hoffmann ab etwa 1810 ein Kronzeuge romantischer Musikauffassung. Als Komponisten sind v. a. C. M. von Weber, F. Mendelssohn Bartholdy und R. Schumann zu nennen. Sie übernahmen das klassische Formengehäuse (Sinfonie, Sonate usw.), füllten es aber mit neuen Ausdrucksgehalten. Weber leitete mit dem »Freischütz« (1821) die Zeit der romantischen Oper ein, die L. Spohr und H. Marschner fortsetzten; schon bald entwickelte sich aus ihr auch die biedermeierliche Spieloper (A. Lortzing, O. Nicolai, F. von Flotow). In der Instrumentalmusik und Liedkunst führten Mendelssohn Bartholdy und Schumann zur Hochromantik. In der Klaviermusik kam das einsätzige lyrische Klavierstück (Charakterstück) auf, das besonders bei Schumann, neben seinen großen zyklischen Werken, romantischer Stimmungsgehalt zum Ausdruck bringt. Der Männerchorgesang wurde mit der Gründung der Berliner Liedertafel durch K. F. Zelter (1809) und des Zürcher Männergesangvereins durch H. G. Nägeli (1810) zu einem Mittelpunkt breiter bürgerlicher Musikpflege. Die zahlreichen, im Zuge des Historismus entstandenen Cäcilienvereine, Träger der katholischen kirchenmusikalischen Reformbewegung des Caecilianismus, widmeten sich vornehmlich der Wiederbelebung älterer Musik. Einen Markstein dieser historistischen Tendenz stellte die legendäre Wiederaufführung der Bach'schen »Matthäuspassion« 1829 in Berlin dar, die der junge Mendelssohn Bartholdy leitete. Die neu komponierten Oratorien mit biblischen und weltlichen Sujets entsprachen dem Bedürfnis nach bürgerlicher Repräsentation. Nicht nur im deutschen Bereich entwickelte sich die Vorstellung von einer spezifisch nationalen Musik.
 
Als bemerkenswerter Schritt ist für die 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts auch die erstmals deutlich werdende Scheidung in ernste und heitere Musik zu verzeichnen. Während den Klassikern die Tanzkomposition noch durchaus vertraut war, nahm sie als tiefer stehende Gattung ihren eigenen Weg, in den Anfängen hervorragend vertreten durch J. Lanner sowie J. Strauss Vater und Sohn. Ihnen verdankt der Walzer seine ein Jahrhundert währende Stellung als alles beherrschender Gesellschaftstanz. Neben der Tanzmusik zählen Salonmusik, Schlager, Chanson und Operette zu den typischen Ausprägungen der Unterhaltungsmusik.
 
Mit dem Tod Mendelssohn Bartholdys und Schumanns erreichte die musikalische Hochromantik ihr Ende. Typisch für die 2. Jahrhunderthälfte ist das Aufkommen einzelner Stilrichtungen, teils klassizistischen, teils spätromantischen, teils fortschrittlichen Gepräges. Innerlich stark an der Klassik orientiert und zugleich der romantischen Vorstellungswelt verhaftet war J. Brahms mit seinem alle Gattungen außer der Oper umfassenden Schaffen. R. Wagner wurde zum Schöpfer eines musikalisch-dramatischen Gesamtkunstwerks. Nicht nur die neuartige musikalische Faktur, sondern auch der ideologische Gehalt des Gesamtkunstwerks führte zu sehr unterschiedlichen Interpretationen, deren Wirkungen bis ins 20. Jahrhundert hineinreichten. A. Bruckner hingegen wandte sich neben Messekompositionen vor allem der Sinfonik zu; die von kirchenmusikalischen Idiomen durchdrungene Anlage seiner neun Sinfonien prägten in ihrer Monumentalität einen Spätstil der Gattung Sinfonie. H. Wolf erschloss der Liedkunst neue Stilformen. Starke Wirkung ging von der neudeutschen Richtung F. Liszts aus, der mit seinen sinfonischen Dichtungen einen neuen Gattungstyp schuf. In das neue Jahrhundert hinein reichen G. Mahler mit seinem sinfonischen Werk, das aus einer ethisch-subjektiven Grundhaltung die Tradition seines Lehrers Bruckner weiterführt und verwandelt, sowie M. Reger, der die Kontrapunktik Bachs neu aufleben ließ.
 
In der direkten Nachfolge von Liszt und Wagner ist R. Strauss zu sehen. Eine fruchtbare Zusammenarbeit mit H. von Hofmannsthal fand ihren Niederschlag in der Weiterführung des großen Musikdramas und in der lyrischen Spieloper über Wagner hinaus. Sein Gegenpol war H. Pfitzner, in dessen Hauptwerk, der spätromantischen Oper »Palestrina«, die Erfahrung des polyphonen Klanges des 16. Jahrhunderts eingeschmolzen ist.
 
 Neue Musik
 
Das 20. Jahrhundert brachte schon bald eine Neuorientierung der musikalischen Satzweise und des Klangempfindens. In Wien fand A. Schönberg nach Auflösung der bisherigen harmonischen Normen zur atonalen Kompositionstechnik und um 1920 zur gebundenen Atonalität der Zwölftontechnik, eine Entwicklung, die seine Schüler A. Webern und A. Berg schöpferisch abwandelten. Berg wurde mit seiner Oper »Wozzeck« (1925) zum bedeutendsten Opernkomponisten seiner Zeit. Webern gilt, mehr noch als Schönberg, als Wegbereiter abermals neuartiger Kompositionsweisen nach dem Zweiten Weltkrieg. H. Eisler dagegen entwickelte v. a. in der Vokalmusik neue Formen und Mittel und wurde neben P. Dessau zum wichtigsten Repräsentanten einer Musik mit revolutionärem Inhalt. Eine sozialkritische, humanistische Zielrichtung verfolgte auch K. Weill.
 
Auf völlig anderem Weg gewann P. Hindemith der deutschen Musik Neuland: An die musikalische Jugendbewegung anschließend, formte er einen von romantischen Subjektivismus befreiten, dem Ideal vorklassischer Handwerklichkeit zustrebenden Musikstil, der ebenfalls die überkommenen harmonischen Grundlagen zu überwinden trachtete. Weitere Vertreter der deutschen Musik dieser Generation sind u. a. C. Orff, E. Křenek, W. Egk, B. Blacher und W. Fortner.
 
Nachdem die nationalsozialistische Kulturpolitik all diese neuen Ansätze mit Tabu und Verfolgung belegt hatte und viele Komponisten gezwungen waren, ins Exil oder in die innere Emigration (etwa K. A. Hartmann) zu gehen, setzten sich nach 1945 Komponisten unterschiedlicher ästhetischer Provenienz mit den zu Beginn des Jahrhunderts entwickelten Tendenzen und Neuerungen auseinander. Während eine Reihe von jüngeren Komponisten, wie H. W. Henze, trotz aller Neuerungen an traditionellen Satztypen festhielt, verzichteten die Komponisten der seit 1950 entwickelten seriellen Musik und der elektronischen Musik auf wesentliche Elemente des überkommenen Tonsatzes wie Thematik und Durchführung, schließlich auch auf geschlossene Form. Dies führte u. a. zu neuartigen Notationsweisen bis zur musikalischen Grafik. Zunehmend wurde bei der Suche nach neuen Tonmaterialien und kompositorischen Verfahrensweisen auch empirisch-experimentell vorgegangen. Dies gilt z. B. für die Aleatorik, die die Ausführung weitgehend dem Interpreten und damit zufälliger, improvisatorischer Gestaltungsweise überlässt. Mitunter wird auch der Umgang mit vorgegebenen Elementen dem Computer (Computermusik) überlassen. Weitere Impulse gehen von Raumklangeffekten und verfremdeten Sprachlauten aus. Zu einem wichtigen Bestandteil der Aufführungsweise neuer Kompositionen wurde die Liveelektronik. Vertreter der Neuen Musik nach dem Zweiten Weltkrieg sind u. a. B. A. Zimmermann, der aus Ungarn stammende G. Ligeti, K. Stockhausen, D. Schnebel und der in Argentinien geborene M. Kagel, außerdem N. A. Huber, H. Lachenmann, A. Reimann, J. A. Riedl, R. Riehm, R. Wittinger und H. Zender.
 
Die avantgardistischen Kreise widmeten sich in den 70er-Jahren besonders der experimentellen Musik, so der Kunst der Multimedia mit den verschiedensten Formen musikalischer Aktionen. Seit Mitte der 70er-Jahre gibt es Bemühungen einer jüngeren Komponistengeneration, die die von ihr als zu wenig aussagefähig empfundenen postseriellen und aleatorischen Kompositionsverfahren durch Hinwendung zu einer neuen Ausdrucksmusik expressiver, teils lyrischer Art zu überwinden sucht, wobei auch tonalitätsbezogene harmonische Strukturen sowie außereuropäische und Jazzelemente einbezogen werden (M. Trojahn, W. Rihm, H.-J. von Bose u. a.). Neben der reinen Instrumentalmusik wurde (besonders durch M. Kagel) die szenische Musik (instrumentales Theater) weiterentwickelt. Neben den genannten Komponisten traten u. a. hervor: P.-H. Dittrich, H. U. Engelmann, J. G. Fritsch, R. Gehlhaar, F. Geissler, P. M. Hamel, W. Heider, H.-J. Hespos, Y. Höller, W. Killmayer, V. D. Kirchner, R. Kunad, S. Matthus, T. Medek, H. Otte und U. Zimmermann, ferner Ernst-Albrecht Stiebler (* 1934), Jan Müller-Wieland (* 1944), M. Spahlinger, M. Stahnke, H. Goebbels, W. von Schweinitz, Michael Hirsch (* 1958) und Johannes Schöllhorn (* 1962).
 
Nach wie vor nimmt Deutschland im europäischen Vergleich bezüglich der Anzahl an akademischen Ausbildungsstätten, subventionierten Orchestern und Opernhäusern sowie Rundfunkanstalten eine Spitzenstellung ein. Dabei spielen Initiativen wie die Konzertreihe »Musica viva« in München, die Donaueschinger Musiktage oder die Darmstädter Ferienkurse für Neue Musik eine herausragende Rolle. Diese musikalische Infrastruktur machte v. a. die Bundesrepublik Deutschland zunehmend zu einem Einwanderungsland für ausländische Komponisten, eine Entwicklung, die sich durch die Öffnung zum Osten hin noch verstärkt hat. Zahlreiche osteuropäische Komponisten leben heute in Deutschland (z. B. Sofija Gubajdulina, Adriana Hölszky, K. Meyer, A. Pärt, bis zu seinem Tod 1998 auch A. Schnittke). Auch Komponisten anderer Herkunft wie I. Yun, Younghi Pagh-Paan oder B. Ferneyhough spielen im deutschen Musikleben eine wichtige Rolle. Ihre oder die Werke weiterer Vertreter der Neuen Musik aus dem europäischen Ausland sind durch Uraufführungen zum festen Bestandteil des Konzertrepertoires geworden, begünstigt nicht zuletzt durch einen ab 1980 bundesweit einsetzenden Boom an Festivals, Konzertzyklen und Initiativen zur Förderung zeitgenössischer Musik. Eine Vielzahl spezieller Instrumentalensembles, die mit besetzungstechnischer Variabilität (bis zu 20 solistisch hoch qualifizierte Instrumentalisten) auf die ständig gesteigerten interpretatorischen Anforderungen neuester Musik reagieren, sind symptomatisch für die derzeitige kompositorische Entwicklung hin zu betont individualistisch ausgearbeiteten kammermusikalischen Werken. Von den heute rd. 80 Ensembles für Neue Musik (einschließlich Vokalgruppen) in Deutschland wurden fast alle nach 1980 gegründet.
 
Zentrales Ereignis im gesamtdeutschen Musikleben nach 1989 war das künstlerische wie kulturpolitische Zusammenwachsen beider Musikkulturen. Dabei ließ sich auf schon bestehenden Brückenschlägen aufbauen. Im Rahmen von Orchester- und Ensemblegastspielen, aber auch durch persönliche Komponistenkontakte auf internationalen Festspielen, etwa der Musik-Biennale Berlin, gab es bereits intensiveren Gedankenaustausch. Komponisten der jüngeren Generation in der DDR wie P.-H. Dittrich, Friedrich Goldmann (* 1941), J. Herchet, S. Matthus, Friedrich Schenker (* 1942), Siegfried Thiele (* 1934), U. Zimmermann, Hannes Zerbe (* 1941) und G. Katzer waren in der Bundesrepublik Deutschland keine Unbekannten mehr. Internationale Beachtung fanden darüber hinaus die Wiedereröffnung des Leipziger Gewandhauses (1981) sowie der Dresdner Semperoper (1985). Auch gab es in der DDR seit den 1970er-Jahren zunehmend Bestrebungen, die systembedingten kulturpolitischen wie ästhetischen Ressentiments gegenüber der Moderne abzubauen (2. DDR-Musikkongress 1972, Schönberg-Ehrung 1974 durch die Akademie der Künste, Rezeption der Schriften H. Eislers und T. W. Adornos), die sich in den 1980er-Jahren auch institutionalisieren konnten, zuletzt im »Dresdner Zentrum für zeitgenössische Musik« (seit 1986). Neben den genannten Komponisten der DDR traten u. a. hervor: Stefan Carow (* 1934), Bernd Franke (* 1953), Lutz Glandien (* 1954), Helmut Oehring (* 1961), Reinhardt Pfundt (* 1951), Steffen Schleiermacher (* 1960), Jakob Ullmann (* 1958) und Helmut Zapf (* 1956). Während z. B. in den angelsächsischen oder osteuropäischen Ländern schon längere Zeit Komponistinnen das Konzertrepertoire mitbestimmen, schien bis Ende 1970 das Komponieren speziell im deutschsprachigen Raum, von Ausnahmen abgesehen (Ilse Fromm-Michaels (* 1888, ✝ 1986), Ruth Zechlin, Grete von Zieritz), traditionell eine Männerdomäne zu sein. Inzwischen gibt es eine Reihe von Initiativen und Archiven u. a. in Kassel (»Internationaler Arbeitskreis Frau und Musik« seit 1978, seit 2001 in Frankfurt am Main; Frauenmusikverlag »Furore« seit 1986), Heidelberg, Berlin und Bremen (Sophie Drinker Institut für musikwissenschaftliche Frauen- und Geschlechterforschung seit 2002), die die Werke von Komponistinnen der Vergangenheit und Gegenwart umfassend dokumentieren und durch jährliche Festivals deren Aufführung fördern. Jüngere Komponistinnen, die im allgemeinen Konzertrepertoire einen festen Platz haben, sind u. a. Renate Birnstein (* 1946), Christina Kubisch (* 1948), Carola Bauckholt (* 1959), Patricia Jünger (* 1951), Susanne Erding (* 1955), Babette Koblenz (* 1956), Isabel Mundry (* 1963),, Annette Schlünz und Charlotte Seither (* 1965).
 
Neben den ab 1933 im Exil lebenden Repräsentanten der von den Nationalsozialisten als »entartet« diffamierten Musik (entartete Musik) haben v. a. in den letzten Jahren auch einige derjenigen Komponisten, die in Konzentrationslager deportiert und ermordet wurden, durch Wiederaufführung ihrer zum Teil vernichtet geglaubten Werke eine längst überfällige Rehabilitierung erfahren, stellvertretend für viele z. B. die in Theresienstadt wirkenden V. Ullmann, Pavel Haas (* 1899, ✝ 1944), Hans Krása (* 1899, ✝ 1944) und Gideon Klein (* 1919, ✝ 1945).
 
Die vom Deutschen Musikrat edierte Reihe »Musik in Deutschland 1900-2000« dokumentiert auf 150 CDs die Entwicklung der zeitgenössischen Musik in beiden deutschen Staaten bis 1990 sowie im vereinten Deutschland. Dabei werden neben den traditionellen Gattungen auch Bereiche wie angewandte und populäre Musik einbezogen.
 
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie v. a. auch in den folgenden Artikeln:
 
Barock · Kantate · Klassik · Konzert · Lied · Meistersang · Melodrama · Minnesang · Musiktheater · Neue Musik · Oper · Operette · Oratorium · Orgelmusik · Renaissance · Romantik · Sinfonie · Singspiel · Sonate
 
Literatur:
 
A. Schering: Dt. Musikgesch. im Umriß (1917);
 R. Malsch: Gesch. der d. M. (31949);
 E. Preussner: Die bürgerl. Musik-Lit. Ein Beitr. zur dt. Musikgesch. des 18. Jh. (21950);
 L. Schiedermair: D. M. im europ. Raum (1954);
 
Die Musik der sechziger Jahre. 12 Versuche, hg. v. R. Stephan (1972);
 H. Mersmann: Musikgesch. in der abendländ. Kultur (31973);
 C. Dahlhaus: Schönberg und andere. Ges. Aufs. zur N. M. (1978);
 
Musikgesch. der Dt. Demokrat. Rep. 1945-1976, hg. v. H. A. Brockhaus u. K. Niemann (Berlin-Ost 1979);
 Frank Schneider: Momentaufnahme. Notate zu Musik u. Musikern der DDR (Leipzig 1979);
 
A. Ballstaedt u. T. Widmaier: Salonmusik. Zur Gesch. u. Funktion einer bürgerl. Musikpraxis (1989);
 E. Reimer: Die Hofmusik in Dtl. 1500-1800. Wandlungen einer Institution (1991);
 M. Geck: Von Beethoven bis Mahler. Die Musik des dt. Idealismus (1993);
 E. John: Musikbolschwismus. Die Politisierung der Musik in Dtl.(1994);
 H. Danuser: Die Musik des 20. Jh. (Neuausg. 1997);
 
Das Deutsche in der Musik. Kolloquium im Rahmen der 5. Dresdner Tage der zeitgenöss. Musik vom 1.-10. Okt. 1991, hg. v. M. Demuth (1997);
 E. Weissweiler: Komponistinnen vom MA. bis zur Gegenwart (überarb. Neuausg., 1999);
 
Richard Wagner im Dritten Reich, hg. v. S. Friedländer u. J. Rüsen (2000);
 P. M. Potter: Die deutscheste der Künste. Musikwiss. u. Gesellschaft von der Weimarer Rep. bis zum Ende des Dritten Reichs (a. d. Amerikan., 2000);
 F. K. Prieberg: Musik im NS-Staat (Sonderausg. 2000);
 P. Schleuning: Der Bürger erhebt sich. Gesch. der dt. Musik im 18. Jh. (überarb. Neuausg. 2000);
 
Deutsche Meister - böse Geister? Nationale Selbstfindung in der Musik, hg. v. H. Danuser u. H. Münkler (2001).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Kirchenmusik zur Zeit Luthers
 
Musik der Renaissance in Deutschland
 
Oper: Die deutsche romantische Nationaloper
 


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