Значение слова "BACON: WISSEN IST MACHT" найдено в 1 источнике

BACON: WISSEN IST MACHT

найдено в "Universal-Lexicon"

Bacon: Wissen ist Macht
 
Francis Bacon gilt als Vater der modernen naturwissenschaftlich-technischen Forschung. Im Hauptberuf war er allerdings Politiker, und aus politischem Denken heraus suchte er nach Chancen, den Wohlstand durch organisierte Forschung zu heben. In solchen Fällen sind metaphysische Spekulationen eher hinderlich. Er war Jurist, wurde Abgeordneter im englischen Unterhaus, Großsiegelbewahrer und schließlich Lordkanzler unter König James I.. Bacons politische Karriere endete wegen eines Korruptionsskandals 1621. Seinem einflussreichsten Werk gab er den Titel »Neues Organum«, womit er es ausdrücklich in Gegensatz zu den logischen und wissenschaftstheoretischen Schriften des Aristoteles setzte, die - neben »Logik« oder »Dialektik« - als »Organon« bezeichnet wurden, weil sie gleichsam das »Organ« der Wissenschaften waren. Der Fehler der aristotelischen Wissenschaft bestand für Bacon darin, dass aus den die Natur beschreibenden Begriffen voreilig Definitionen und Theorien abgeleitet werden, die dann wieder auf die wahrnehmbaren Dinge angewandt werden, ohne dass ihre Sachhaltigkeit noch kontrolliert werden kann. Auf diese Weise entsteht eine »Welt aus Kategorien«.Stattdessen soll sich die wahre Philosophie nicht allein oder vorwiegend auf die Kraft des Intellekts verlassen, sondern den Stoff der Naturgeschichte und der Experimente im Intellekt umwandeln und ihm unterwerfen.
 
Zugriff auf die Natur ist Bacons erklärtes Ziel. Nur kann der nicht gelingen, wenn nicht die wahren Prinzipien der Natur bekannt sind. Zuerst muss man sich also klar machen, dass man nicht - wie die Aristoteliker - deduktiv verfahren kann, indem man allgemeine Prinzipien wie »Substanz« auf die Seinsart der Dinge anwendet, sondern man muss empirisch von den Sinneswahrnehmungen schrittweise zu immer allgemeineren Sätzen aufsteigen. Hier liegt die Bedeutung des bei Bacon zentralen Begriffes der Induktion: Durch »Antizipation« verschafft sich der Mensch nur vorläufige Begriffe beziehungsweise Hypothesen, die genaue Untersuchung aber führt zur »Interpretation« der Natur.
 
Durch diese Auslegung (Hermeneutik) der Natur gelangt für ihn der Verstand zu denselben Prinzipien, aus denen die Dinge real bestehen. Dann allerdings kann man sie auch verändern, indem man ihre körperlichen Bedingungen - und zu nichts anderem haben wir Zugang, jedenfalls nicht zu (vermeintlichen) Seelen oder Geistern - verschiebt. Will jemand zum Beispiel Gold machen, hohes Ziel aller Alchimisten (nicht bloß des Geldes wegen, sondern wegen dessen symbolischen Wertes und Ranges in der Natur), dann darf man nicht spekulieren, sondern man muss nur genau wissen, was die sinnlich-materiellen Eigenschaftes des Edelmetalls sind: Farbe, Gewicht, Konsistenz und so weiter. Wenn es nun gelingt, exakt diese Eigenschaften einem anderen Material beizubringen, dann (und nur dann) kann man Gold machen. Alchimie wird Empirie, und Philosophie wird Technik.
 
Dementsprechend muss philosophische Forschung Vorbereitung technischer Handlungsanleitung sein, und wahre Naturerkenntnis ist »kontemplativ und aktiv« zugleich. Hier liegt der Sinn der berühmten Parole seiner Philosophie: »Wissen ist Macht«. Bacon hat es allerdings vorsichtiger formuliert: »Wissenschaft und menschliche Potenz kommen insofern zusammen, als Unkenntnis der Ursache die Wirkung zunichte macht.« Die erkannte Ursache einer Wirkung ist Voraussetzung dafür, Wirkzusammenhänge auch vorsätzlich hervorzubringen, denn »was in der wissenschaftlichen Betrachtung die Ursache ist, gilt bei der Herstellung als Regel«, und: »Die Natur wird nur durch Gehorsam gebändigt.«
 
Der menschliche Verstand muss sich allein schon deshalb der Natur unterwerfen, weil - wie die bisherigen Wissenschaften zeigen - die »Subtilität« der Natur, das heißt ihre komplexe innere Struktur, die unserer Sinne und des Verstandes weit übersteigen. Gelingt das, dann allerdings wird Wissenschaft nicht allein ein Instrument der Technik, sondern auch der politisch-wirtschaftlichen Macht. Bacon gibt sich hier als bewusster Erbe der humanistischen Tradition, die in der Erkenntnis der Welt und des Menschen dessen Angleichung an den Schöpfergott sah.
 
Die empirischen Forschungen beziehungsweise Experimente sind, sofern sie zu Erfahrungen führen, deren Bedingungen planvoll aufgestellt wurden, sind demnach das Hauptanliegen der Philosophie. Da ihr bisheriger Fehler im unsystematischen Sammeln und Abstrahieren bestand, gibt Bacon Regeln der induktiven Forschung. Einerseits müssen die Fehlerquellen beim Namen genannt werden: hierzu gehören »Idola«, also Bilder, die den Geist zu falschen Auffassungen verleiten wie Vermenschlichungen, persönliche Vorlieben, der Sprachgebrauch oder Weltbilder. Andererseits sind allgemeine Regeln vonnöten, wie man zu induktiv gewonnenen empirischen Ergebnissen kommt, denn Sammeln allein genügt nicht. Deshalb schlägt Bacon eine Liste von 27 »Instanzen« vor, Beispielkategorien beziehungsweise Kriterien, nach denen die beobachteten Daten sortiert werden müssen. Ordnungsprinzip ist nicht der Inhalt des Beobachteten, sondern seine Umstände: ob es immer oder nie, selten oder wechselnd, nützlich oder magisch vorkommt. Folgerichtig verwendet Bacon den Begriff der Geschichte ebenfalls in rein topischem und induktivem Sinne, sodass sich Geschichte nicht wesensmäßig, sondern nur nach den Umständen der Gegenstände unterscheidet: Es gibt Naturgeschichte, wo die »Taten« der Natur und bürgerliche Geschichte, wo die Taten der Menschen gesammelt werden. Die Naturgeschichte wiederum teilt sich nach den Arten der Taten der Natur auf: die regelmäßigen, die unregelmäßigen (Monster) und die künstlichen (technischen) Ereignisse. Strukturell unterscheiden sie sich nicht, weil weder die Technik der Natur etwas hinzufügt noch gegen sie arbeitet, sondern alles als Wirkungen von Prozessen aufgefasst wird.
 
Bacons Induktion setzt auf Masse und Fleiß. Er selbst hatte schon große Mengen natürlicher Daten zusammengestellt, und unzählige Schriften mit Naturbeobachtungen und Erklärungshypothesen sollten in der Folgezeit erscheinen. Denn als Politiker setzte er auf die Gemeinschaft der Forscher, die die Datenmengen zusammenzutragen und für die nötigen Experimente zu sorgen hätten. Zugleich war er sich des Kapitalbedarfs empirischer Forschungsarbeit bewusst. So wurde er zum Initiator der modernen wissenschaftlichen Akademien, die unter staatlicher (politischer und finanzieller) Obhut Projekte durchführen. Trotz seines Unbehagens angesichts der bisherigen Philosophie ist Bacons Programm vom Glauben an den Fortschritt getragen. Deshalb gab er einer Schrift, in der er die Klassifikation der Wissenschaften vornam, den Titel »Der Fortschritt der Wissenschaften«.
 
Prof. Dr. Paul Richard Blum
 
Literatur:
 
Gerl, Hanna-Barbara: Einführung in die Philosophie der Renaissance. Darmstadt 21995.
 
Geschichte der Philosophie. Mit Quellentexten, begründet von Karl Vorländer. Neu herausgegeben von Herbert Schnädelbach u. a. Band 2 und 3. Reinbek 1990.
 
Geschichte der Philosophie in Text und Darstellung, herausgegeben von Rüdiger Bubner. Band 3: Renaissance und frühe Neuzeit, herausgegeben von Stephan Otto. Neudruck Stuttgart 1994.


T: 27