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DEUTSCHLAND: KRISE DES SOZIALSTAATS IN DEN 1990ERJAHREN

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Deutschland: Krise des Sozialstaats in den 1990er-Jahren
 
Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland hat in Art. 20 den Sozialstaat - wie die Demokratie, den Rechtsstaat und die Gliederung des Bundes in Länder - als eines der tragenden Verfassungsprinzipien festgelegt, die selbst durch Verfassungsänderung nicht berührt werden dürfen (Art. 79). Die konkrete Ausgestaltung des Sozialstaats ist allerdings Sache des Gesetzgebers. Doch auch die gesellschaftlichen Kräfte sind an der Gestaltung des Sozialstaats beteiligt, nicht zuletzt die Interessengruppen der Arbeitgeber und der Gewerkschaften, die die in Ausübung ihres Koalitionsrechts gemäß Art. 9 GG Abkommen und Vereinbarungen, insbesondere Tarifverträge, abschließen und die in den Selbstverwaltungsorganen der gesetzlichen Sozialversicherung zusammenarbeiten. Seit Anfng der 90er-Jahre haben sich die ökonomischen, finanziellen und politischen Rahmenbedingungen für die Erhaltung und Fortentwicklung des Sozialstaats zunehmend verschlechtert. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Zu nennen sind der enorme öffentliche Finanzbedarf im Zuge der deutschen Vereinigung (Die Kosten der deutschen Einheit) - dabei wurde auch die Sozialversicherung mit hohen, zum Teil versicherungsfremden Leistungen belastet. Die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit, die 1996 Höchstwerte von vier Millionen registrierten Arbeitslosen erreichte, engt, auch wegen der damit verbundenen Steuerausfälle, den finanziellen Spielraum der Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden weiter ein; der gesetzlichen Sozialversicherung fehlen die entsprechenden Beitragseinnahmen. Insgesamt hat sich trotz der angespannten sozialen Lage der Anteil der Sozialausgaben am Bruttosozialprodukt nicht erhöht, sondern ist seit vielen Jahren stabil geblieben. Wie die Wirtschaft gerät auch der Sozialstaat zunehmend unter den Druck der Globalisierung der Märkte. Ein weiterer - allerdings oft überschätzter - Faktor, der die Rahmenbedingungen für die Erhaltung und Fortentwicklung des Sozialstaats zunehmend verschlechtert, sind die Änderungen in der Altersstruktur der Bevölkerung. Dem wachsenden Anteil alter Menschen, die Rentenansprüche erworben haben und verstärkt die Leistungen der Kranken- und Pflegeversicherung nachfragen, steht eine geringer werdende Zahl aktiv im Berufsleben stehender Menschen gegenüber, die mit ihren Sozialbeiträgen die Ansprüche der Senioren finanzieren. Die Diskussion über einen »Umbau des Sozialstaates« wurde in den 90er-Jahren intensiver und ist mit der Standortdebatte verknüpft worden. Insbesondere vonseiten der Arbeitgeber wird die These vertreten, das gegenwärtige Sozialleistungssystem sei nicht mehr finanzierbar und müsse durch Kürzungen und Privatisierung von Lebensrisiken auf ein erträgliches Niveau zurückgeführt werden. Die Regierungskoalition aus CDU, CSU und FDP teilt diese Einschätzung weitgehend und sucht sie in der Gesetzgebung umzusetzen. Dagegen betrachten die Oppositionsparteien und die Gewerkschaften die Leistungskürzungen als untaugliche Mittel zu Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und zur Sicherung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und sehen Gefahren für den Zusammenhalt und die politische Stabilität. Angesichts knapper Finanzmittel plädieren sie für eine neue Prioritätenfestsetzung bei den Sozialleistungen. Weitergehende Reformvorschläge, die allerdings bisher weniger im Parlament als in den Medien diskutiert wurden, setzen an der Tatsache an, dass die tragenden Elemente der sozialen Sicherung, insbesondere die Rentenversicherung, ausschlließlich an den Faktor Arbeit und die daraus abgeleitete Beitragsfinanzierung gebunden sind. Die Rentenversicherung ist am »Normalarbeitsverhältnis«, das heißt an einem ununterbrochenen Berufsleben bei ganztägiger Beschäftigung, und an der Vollbeschäftigung orientiert. Da für eine absehbare Zukunft Vollbeschäftigung nicht zu erreichen sei und das Normalarbeitsverhältnis aus vielerlei Gründen für immer weniger Menschen bestimmend sein werde, könnten die sozialen Sicherungssysteme nicht länger überwiegend an den Faktor Arbeit gebunden bleiben. Frühere Ansätze der SPD und der Gewerkschaften, durch Erhebung einer Wertschöpfungsabgabe (»Maschinensteuer«) auch weniger arbeits- und lohnintensive Unternehmen an den Kosten der sozialen Sicherung zu beteiligen, wurden kaum weiterverfolgt. Hingegen finden Modelle einer steuerfinanzierten Grundsicherung (Bürgergeld, negative Steuer) bei ansonsten privater Vorsorge des Einzelnen, die von unterschiedlichen parteipolitischen Positionen aus, etwa vom sächsischen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf (CDU) und von Bündnis 90/Die Grünen eingebracht wurden, Beachtung in der Diskussion der 90er-Jahre. Das Modell dieser Grundsicherung, die teilweise die Funktionen der heutigen Altersrente, Arbeitslosenunterstützung und Sozialhilfe übernehmen soll, wird von Kritikern insbesondere wegen der Finanzierungsprobleme während der langen Phase der Umstellung, in der die erworbenen Ansprüche im alten System der leistungsbezogenen Rente noch erfüllt werden müssen, für nicht realisierbar gehalten. Während der Gesetzgeber in der Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung Leistungsbegrenzungen und -einschränkungen vorgenommen hat, wurde bei der 1995 neu eingeführten Pflegeversicherung erstmals das Prinzip, die Finanzierung je zur Hälfte durch Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge zu sichern, durchbrochen und der Arbeitgeberbeitrag durch Fortfall eines gesetzlichen Feiertages kompensiert. Aber auch andere Bereiche der sozialstaatlichen Ordnung, etwa die Sozialhilfe, geraten unter ökonomischen bzw. interessenpolitischen Druck. Auch im Arbeitsrecht erfolgen Änderungen: Nachdem bereits bei der durch das Bundesverfassungsgericht erzwungen Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten bei den Kündigungsfristen die geltenden Regelungen für Angestellte verschlechtert wurden, sollen nun Betriebe mit bis zu 10 Arbeitnehmern nicht mehr dem gesetzlichen Kündigungsschutz unterliegen. Die Lohnfortzahlung bei Krankheit, die für den Bereich der Arbeiter nach vorausgegangenen heftigen Tarifkämpfen 1969 von der großen Koalition gesetzlich geregelt wurde, soll um 20 % gekürzt werden.


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