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DANTE ALIGHIERI: GÖTTLICHE KOMÖDIE DER GEISTIGE KOSMOS DES MITTELALTERS

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Dante Alighieri: Göttliche Komödie - Der geistige Kosmos des Mittelalters
 
»Als unseres Lebens Mitte ich erklommen,
 
Befand ich mich in einem dunklen Wald,
 
Da ich vom rechten Wege abgekommen.
 
Wie schwer ist's, zu beschreiben die Gestalt
 
Der dichten, wilden, dornigen Waldeshallen,
 
Die, denk ich dran, erneu'n der Furcht Gewalt!«
 
Mit diesen Worten beginnt Dantes »Göttliche Komödie«; sie umreißen die Ausgangssituation der äußeren Handlung. Der Berichtende, Autor und lyrisches Ich zugleich, ist nach damaligen Vorstellungen von der Lebensmitte 35 Jahre alt und durch seine Lebensweise tief in Sünde verstrickt. Biographisch bedeutet dies für den 1265 geborenen Verfasser, dass er sich im Jahre 1300 befindet. Hinweise im Text selbst ergeben, dass sich die geschilderten Ereignisse genau vom 7. bis zum 14. April 1300 abspielen. Zwischen 1295 und 1301 übte Dante in Florenz verschiedene öffentliche Tätigkeiten aus und trat zunehmend als entschiedener Gegner des universalen Machtanspruchs des Papstes auf. Bei seinem ausgeprägten Sendungsbewusstsein war er dabei vielleicht doch den Versuchungen der Macht erlegen, wurde stolz und habsüchtig. Dazu belastete ihn möglicherweise seine Neigung zur Lüsternheit, die Boccaccio als einziges Laster dieses so außerordentlichen Menschen erwähnt. Denn die drei Tiere, denen der Wanderer in der »Göttlichen Komödie« zu Beginn begegnet - Panther, Löwe und Wölfin - könnten Zeichen dieser Fehler sein. In seiner Not, aus der er sich nicht selbst befreien kann, trifft er den römischen Nationaldichter Vergil, der in seiner »Aeneis« nicht nur das imperiale Rom besungen, sondern seinen Helden Aeneas auch in das Reich der Toten gesandt hatte. Vergil ist Dantes Lehrmeister, sein Modellautor schlechthin. In der »Göttlichen Komödie« wird er zu seinem Führer durch zwei der drei Jenseitsreiche, bis eine würdigere Seele sich seiner annimmt. Diese würdigere Seele ist niemand anders als die geliebte Beatrice.
 
Auf den Einleitungsgesang folgen die jeweils 33 Gesänge der drei Teile (italienisch »cantiche«) der »Göttlichen Komödie«: Hölle (»Inferno«), Läuterungsberg (»Purgatorio«) und Paradies (»Paradiso«), die in dreizeiligen Strophen, Terzinen, abgefasst sind. Schon diese Hinweise auf die Gesamtgliederung des Werkes machen deutlich, in welchem Ausmaß zahlensymbolische Verfahrensweisen seine Komposition bestimmen. Noch deutlicher wird diese ganz wesentlich durch Augustinus und Bonaventura theoretisch bestimmte Kompositionstechnik, wenn man sich die innere Gliederung der drei Gesänge ansieht. Wie ein riesiger Trichter ragt die in neun Ringe eingeteilte Hölle tief in die Nordhalbkugel der Erde. Sie entstand durch den Fall Luzifers, der, von Gott am entferntesten, kopfüber im Eis der Trichterspitze steckt. Der Läuterungsberg, mit dem Vorpurgatorium und dem irdischen Paradies an seiner Spitze, ebenfalls neunfach unterteilt, liegt genau entgegengesetzt auf der Südhalbkugel. Das Paradies spiegelt am deutlichsten die kosmologischen Vorstellungen des Ptolemäus wider, eines Mathematikers, Astronomen und Geographen aus dem zweiten nachchristlichen Jahrhundert, denen Dante folgt. Die Erde ist darin die Mitte der Welt; sie ist von neun Himmeln umgeben, über denen der Lichthimmel, das Empyreum, liegt, von dem als Sitz Gottes alle Himmelsbewegungen ausgehen.
 
Im zweiten Gesang der Hölle beginnt Dantes Jenseitsreise. Mit seinem Begleiter trifft er auf die in den Ringen angeordneten Sünder, die in zunehmender Tiefe in immer größerer Dunkelheit ihre Strafen erdulden müssen. Das Licht Gottes versiegt vor ihrer Schuld. In leidenschaftlicher Betroffenheit nimmt Dante Anteil an ihren Leiden, rechnet aber ebenso gnadenlos mit seinen politischen und weltanschaulichen Gegnern ab. Lichtvoller, hoffnungsvoller ist der Weg durch den Läuterungsberg angelegt. Wie in der Hölle gilt auch hier, dass Schuld und Sühne einander zu entsprechen haben. Diejenigen, die die Erlösung fast erreicht haben, stehen daher schon am Eingang des Paradieses, die anderen büßen für lässliche Sünden. Ihren Bußübungen schließt Dante sich manchmal an. Im dreißigsten Gesang des Läuterungsberges verschwindet sein Führer Vergil, zugleich aber erscheint Beatrice und klagt den Dichter wegen seiner einstigen Verfehlungen an. Wiederum bereut er, und nun kann die engelsgleiche Frau ihn bis ins Empyreum führen. Die unmittelbare Anschauung Gottes, die Maria Dante nach einem an sie gerichteten Gebet Bernhards von Clairvaux gewährt, verleiht ihm visionär die Gabe, die Urformen des Lichtes, der Liebe und des Guten in der All-Einheit der Dreifaltigkeit zu erkennen. Bestimmt, wieder auf die Erde zurückzukehren, wird er allen Lebenden von dieser Einswerdung mit Gott berichten.
 
In diesen ungeheuren, alle mittelalterlichen Jenseitsvorstellungen sprengenden Entwurf hat Dante nicht nur seine Betroffenheit über die Schwäche von Kaiser und Papst, über politische Streitigkeiten und den allgemeinen Sittenverfall seiner Zeit eingebracht, sondern auch seine enzyklopädische Wissensfülle, die sich aus antiken und mittelalterlichen, lateinischen, provenzalischen und französischen Werken speiste. So verfügte er über umfangreiche mathematische und astronomische, kosmologische und geographische Kenntnisse, war mit schwierigen theologischen und philosophischen Fragestellungen vertraut und bestens über dichtungs- und allgemein kunsttheoretische Probleme informiert. Als Wissenssumme ihrer Zeit und als leidenschaftliches Zeugnis einer Suche nach individueller Vollendung, als Dichtung aber auch, in der sich in einzigartiger Weise die Strenge rationaler Strukturierung mit der sinnlichen Schönheit real erfahrener oder mystisch evozierter Wirklichkeiten verbindet, hat die »Göttliche Komödie«, eines der großen Werke der Weltliteratur, ihre ebenso inspirierende wie provozierende Wirkung auf bildende Künstler, Komponisten und Autoren bis in unsere Tage nicht verloren.
 
Aber schon Dantes Zeitgenossen hatten sich leidenschaftlich für sie interessiert. Sie lernten bereits erste Gesänge des Weltgedichts auswendig. Gleichzeitig aber machte der schwierige, vielfach in übertragenen Bedeutungen sprechende Text früh Kommentierungen erforderlich. Unter den ersten Kommentatoren erscheinen Dantes Söhne, Iacopo um 1322, Pietro um 1340. Die Republik Florenz richtete 1373 einen dantistischen Lehrstuhl ein, den als erster Giovanni Boccaccio innehatte. Erste gedruckte Ausgaben der »Commedia« erschienen 1472 in Foligno und Mantua. Außer der Bibel dürfte kein literarisches Werk in so vielen Druckfassungen und Übersetzungen über die ganze Welt verbreitet sein wie Dantes »Göttliche Komödie«.
 
Prof. Dr. Wolf-Dieter Lange
 
Literatur:
 
Dante Alighieri. Aufsätze zur Divina Commedia, herausgegeben von Hugo Friedrich. Darmstadt 1968.
 Hardt, Manfred: Geschichte der italienischen Literatur. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Düsseldorf u. a. 1996.
 
Italienische Literaturgeschichte, herausgegeben von Volker Kapp. Stuttgart u. a. 21994.


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