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ENTDECKUNGEN: AUFBRUCH IN EINE UNBEKANNTE WELT

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Entdeckungen: Aufbruch in eine unbekannte Welt
 
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Während der Renaissance kam es in Europa auf allen Gebieten der Kultur zu einem höchst fruchtbaren Austausch zwischen dem überkommenen Wissen der antiken Denker und neuen, sowohl auf empirischem Wege als auch durch eine konsequente Weiterführung antiker Ideen gewonnenen Erkenntnissen und Vorstellungen. Daraus resultierte auch das kartographische Erdbild dieser Zeit. Karten verbreiteten sich vorwiegend in Werken mit groß angelegten Weltsynthesen, die entweder noch aus der Antike stammten und als »Klassiker« galten (etwa jene von Ptolemäus, Strabo und Pomponius Mela) oder das geographisch-historische Wissen der Antike zusammenfassten, wie die Schedelsche »Weltchronik« (1493), die wie selbstverständlich noch die »ptolemäische Weltkarte« enthält. Diese erstreckt sich im Süden bis zum südlichen Wendekreis und verbindet »Afrika« und »China« mit einer durchgehenden Landbrücke, sodass der Indische Ozean als ein Binnenmeer erscheint. In späteren Druckausgaben der Kosmographie des Ptolemäus wird diese Landbrücke nach und nach in einzelne Inseln aufgelöst wie in der Weltkarte Martin Waldseemüllers von 1507.Der aus Symmetriegründen postulierte und gesuchte »Südkontinent« (»Terra australis«) schrumpfte dadurch zwar mehr und mehr zusammen, fand aber seit Beginn des 17. Jahrhunderts durch die Fahrten holländischer Seeleute über die Inseln des Malaiischen Archipels hinaus nach Tasmanien und an die Nordküste, vor allem aber durch die von James Cook ab 1770 eingeleitete Umfahrung des Südkontinents, die »Australien« von der »Antarktis« löste, doch noch eine Bestätigung.
 
Die Umschiffbarkeit Afrikas war dagegen bereits im 15. Jahrhundert möglich geworden, nachdem es dem portugiesischen Prinz Heinrich nach der Eroberung Ceutas in Marokko 1416 gelung en war, den Machtbereich des Islams auch von Süden her zu umfassen. In seinem Auftrag waren zahlreiche Expeditionen zu den atlantischen Inseln und vor allem sukzessive entlang der Westküste Afrikas nach Süden vorgedrungen: 1445 wurde beim Kap Verde der westlichste Punkt erreicht, 1456 die Goldküste. Um die neuen Erkenntnisse für den Schiffbau, die Kartographie und die Navigation mittels Mondpositionierung und Kompassnutzung auswerten und an alle Kapitäne weitergeben zu können, hatte Heinrich in Sagres eine Navigationsschule eingerichtet und so die Voraussetzungen für spätere, auch überseeische Entdeckungsfahrten geschaffen. Ihm, der nie zur See gefahren war, brachte dies den Beinamen »der Seefahrer« ein. Das anfängliche Ziel der Rückeroberung der iberischen Halbinsel war allerdings bald der Suche nach neuen Handelsplätzen zur Ausschaltung des Zwischenhandels durch Muslime gewichen. König Alfons V. konnte daher 1469 den Handel mit Guinea an den Lissaboner Kaufmann Fernão Gomes mit der Auflage verpachten, jährlich weitere 100 Leguas (etwa 500 km) Küstengebiet zu erkunden. In dessen Auftrag drangen portugiesische Kapitäne bis zur Elfenbein-, zur Pfeffer- und zur Goldküste (1470) sowie in den Golf von Guinea (1470-73) vor, wo die scharfe Biegung der Küste nach Süden vorerst die Hoffnung zunichte machte, auf diesem Wege auch die Handelsplätze in Indien erreichen zu können.
 
Unter Johann II. ergriff dann die portugiesische Krone wieder die Initiative. In ihrem Auftrag stieß Diogo Cão 1482 und 1486 auf zwei Fahrten bis zur Kongomündung und zum Kap Cross (Namibia) vor, und Bartolomeu Diaz umrundete im Januar 1488 erstmals das Südkap, wo eine Meuterei allerdings die geplante Weiterfahrt nach Indien verhinderte, das erst Vasco da Gama 1498 nach einer zehnmonatigen Reise von Lissabon aus erreichte. Damit war der Ostweg nach Indien bestätigt und den Kaufleuten Portugals und Kastiliens eine direkte Seeverbindung nach Arabien, Indien (Ostindien genannt) und China geöffnet worden. Seide, Gewürze, Drogen und andere Spezereien konnten sie nun ohne den kostspieligen Zwischenhandel über die Levante und Venedig beziehen. Im Laufe des 17. Jahrhunderts ging der Handel dann allerdings durch die Erstarkung staatlich gestützter »ostindischer Handelskompanien« auf England und vor allem die Niederlande über. Die Vernichtung der spanischen Armada vor der Küste Englands im Jahre 1588 leitete den Wechsel der Vormachtstellung auf See an die Engländer ein.
 
Die von Anfang an ökonomisch begründete Suche nach einem kürzeren Weg nach Indien in westlicher Richtung war aus dem Denken der Zeit heraus motiviert und auch von mehreren Zeitgenossen angeregt. Aber nur ein Einzelner hatte den Mut und den Ehrgeiz, diesen Weg über die freie See zu wagen und die nötige Hartnäckigkeit, seine Ideen nach vielen Misserfolgen letztlich einem Herrscher zu verkaufen. Es bedurfte auch erst des Falls von Granada, damit sich Königin Isabella von Kastilien bereit erklärte, den aus Genua stammenden. Christoph Kolumbus zu unterstützen. Aber selbst dieser erfahrene Seefahrer hätte die mehrwöchige Fahrt über die offene See mit damaligen Mitteln kaum gewagt, wenn ihm nicht das Erdbild der Antike und Renaissance eine falsche Distanz vorgetäuscht hätte.
 
Abgesehen von der östlichen Ausdehnung bis »China«, war das »ptolemäische« Bild der nördlichen Ökumene, wonach sich zwischen dem äußersten Westen, Portugal, und äußersten Osten, Indien beziehungsweise China, lediglich eine nicht allzu ausgedehnte Meeresfläche befände, bereits von Aristoteles vertreten worden, woraufhin schon Seneca bezüglich der Überfahrt geschlossen hatte: »Sie wird eine Fahrt von sehr wenigen Tagen erfordern, wenn das Schiff günstigen Wind hat.« Diese Überzeugung lag auch den Weltkarten der Renaissance zugrunde, insbesondere der des italienischen Kosmographen Paolo Toscanelli, der dem Beichtvater des portugiesischen Königs schon 1474 eine Westfahrt zu den Gewürzinseln vorgeschlagen hatte, sowie der mit Karten versehenen Druckausgabe des 1410 entstandenen Werkes »De imagine mundi« des französischen Kardinals Peter von Ailly(um 1483). Auch Kolumbus ging vom Studium dieser Werke aus. Darüber hinaus kam er aufgrund von Berechnungsfehlern für den Seeweg lediglich auf 68 Längengrade, für die er zudem 40 statt 60 Seemeilen ansetzte, sodass die von ihm errechnete Entfernung von den Kanaren nach Indien statt 10 600 nur 2400 Seemeilen betrug.
 
Anfang September 1492 brach Kolumbus mit drei Schiffen und 90 Mann Besatzung von den Kanaren auf; nach einer fünfwöchigen Überfahrt stieß er am 12. Oktober auf eine erste Insel, die er San Salvador nannte, dann auf weitere mittelamerikanische Inseln, darunter Kuba und Haiti, bevor er Anfang 1493 die Rückfahrt antrat. Schon auf der Rückreise hatte er einen offenen Brief »De insulis inventis« verfasst und darin Reichtum und Klima der neuen Inseln überschwänglich gelobt. Dieser wurde noch im gleichen Jahr gedruckt und in den folgenden 17 Jahren mehrfach neu aufgelegt, sodass die Kunde von seinen Entdeckungen weit verbreitet wurde.
 
Da Kolumbus Zeit seines Lebens davon überzeugt blieb, dass er 1492/93 und auf drei folgenden Reisen Teile Indiens erreicht habe, bedurfte die überkommene Weltkarte allerdings noch keiner Korrektur. Erst die römische Ptolemäus-Ausgabe von 1507 erhielt als Zugabe eine »Allgemeine Karte der bekannten Welt, hergestellt aus den jüngsten Entdeckungen« von Johannes Ruysch, auf der die Umfahrung Afrikas wie auch die »Neuen Welt«, wie sie Amerigo Vespucci als die »Terra nova« auf mehreren Reisen zwischen 1497 und 1503 erkannt und bekannt gemacht hatte, bereits verzeichnet war. Martin Waldseemüller hatte daraufhin die Neue Welt, die lediglich die brasilianische Nord- und argentinische Südküste umfasste, in seiner »Cosmographiae introductio« von 1507 beziehungsweise auf der beigegebenen Weltkarte nach Amerigo »America« genannt. Im späteren 16. Jahrhundert übertrug Gerhard Mercator den Namen auf den gesamten Kontinent.
 
Die Erkenntnisse der »Erkundungsreisen« im Auftrag der portugiesischen und spanischen Krone sowie der norditalienischen Handelsmetropolen sind also keineswegs sofort in das allgemeine Weltbild eingegangen. Zum einen galt es in diesem Zusammenhang, Monopolinteressen zu hüten, um die Früchte selbst ernten zu können - die in die Portolankarten (Seekarten) eingegangenen Kenntnisse der Seefahrer waren ebenso wenig Allgemeingut geworden wie die in den Handelszentren daraufhin entstandenen einzelnen Weltkarten. Zum anderen wurde Bildungs- und Unterrichtsstoff im Renaissance-Humanismus weitgehend den antiken Schriften entnommen oder bestand aus diesen, sodass die antiken Vorstellungen besonders auch in Karten weiterlebten, meist neben solchen, die ihren Inhalt mehr oder weniger modernisierten. Zudem war man bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts seitens der »Mathematik« noch auf der Suche nach einer Methode, die eine winkel- und distanzgetreue Projektion des Erdglobus in die Ebene gewährleistete (den am besten gelungenen Versuch stellt die Mercatorprojektion dar), sodass auch von der Projektionsform her die Erdkarten stark differierten.
 
Prof. Dr. Fritz Krafft
 
Literatur:
 
Burkhardt, Johannes: Frühe Neuzeit. 16.—18. Jahrhundert. Königstein im Taunus 1985.
 Koyré, Alexandre: Von der geschlossenen Welt zum unendlichen Universum. Aus dem Englischen. Neuausgabe Frankfurt am Main 1980.
 Schmidt-Biggemann, Wilhelm: Topica universalis. Eine Modellgeschichte humanistischer und barocker Wissenschaften. Hamburg 1983.
 Teichmann, Jürgen: Wandel des Weltbildes. Astronomie, Physik und Meßtechnik in der Kulturgeschichte. Stuttgart u. a. 31996.


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