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DESERTIFIKATION

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Desertifikation: übersetzung

(fortschreitende) Wüstenbildung

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De|ser|ti|fi|ka|ti|on 〈f. 20das Vordringen der Wüste durch übermäßige Nutzung u. Ausbeutung des Bodens [zu lat. desertus „verlassen, leer, öde“]

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De|ser|ti|fi|ka|ti|on, die; -, -en [zu lat. desertus (desertieren) u. facere = bewirken] (Geogr.):
Vordringen der Wüste in semiaride, bisher noch von Menschen genutzte Gebiete.

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Desertifikation
 
[zu lateinisch desertus »unbewohnt«, »leer« und facere (in Zusammensetzungen. ..ficere) »tun«, »machen«] die, -, die Ausbreitung von Wüsten oder wüstenähnlichen Verhältnissen in ariden oder semiariden Gebieten. Die in den letzten Jahrzehnten durch katastrophale Auswirkungen in der Sahelzone südlich der Sahara auch der Weltöffentlichkeit bewusst gewordene Erscheinung bedroht nicht nur die dortigen randtropischen Dornstrauch- und Trockensavannen, sondern auch die Wüstensteppen und Steppen nördlich der Sahara sowie die entsprechenden Gebiete in anderen Teilen der Erde. Insgesamt ist über ein Drittel des Festlandes mit 750-800 Mio. Menschen davon betroffen: sowohl Ackerbauern wie, v.a. in Afrika, auch Nomaden, und zwar überwiegend in besonders armen Entwicklungsländern. Die Desertifikation beruht auf einem komplexen Zusammenwirken verschiedener, ineinander greifender, oft sich selbst verstärkender, natürlicher und anthropogener Faktoren.
 
Die natürlichen Verhältnisse dieser Räume werden nicht nur durch sehr geringe, sondern auch jahreszeitlich begrenzte und v. a. in der Menge sehr variable Niederschläge bestimmt (im Sahel durchschnittliche Abweichungen vom langjährigen Jahresmittel 20-30 %); meist wechseln mehrjährige Feucht- und Trockenperioden einander ab. Die Frage, ob auch (säkulare) Klimaschwankungen oder andere atmosphärische Störungen (eventuell ausgelöst durch Vulkanausbrüche, durch Änderungen von Meeresströmungen wie El Niño oder durch die Vernichtung der tropischen Regenwälder im westafrikanischen Küstenbereich) dabei eine Rolle spielen, ist mangels langjähriger Klimadaten nicht eindeutig zu beantworten; das Klima der Sahara hat sich jedoch offensichtlich seit mindestens 3 500 Jahren nicht wesentlich geändert. Jedenfalls sind erst durch menschliche Eingriffe in den ökologisch labilen Naturhaushalt, v. a. durch eine den natürlichen Bedingungen nicht angepasste Landnutzung, Zerstörungen ausgelöst worden: Als bei der Ausdehnung von Ackerbau und Viehhaltung die ohnehin spärliche, aber den wechselnden Feuchteverhältnissen angepasste Vegetation gelichtet oder beseitigt wurde, entstanden vielfach irreparable Schäden, die erst lokales, dann flächenhaftes Ausmaß erreichten. Die Brennholzbeschaffung trägt ebenfalls wesentlich zur Desertifikation bei, da pro Familie jährlich oft 100-200 Savannenbäume für die Zubereitung einer täglichen Mahlzeit gefällt werden. Durch Abspülung, äolische (Deflation) und fluviale Abtragung kann nun der ohnehin meist nur flachgründige Boden leicht beseitigt oder durch Sandüberwehung (Dünen) unfruchtbar gemacht werden (Bodendegradierung, Bodenerosion, Bildung von Badlands); darauf weist auch die Zunahme der Staubstürme hin (aus dem Sahel werden jährlich bis zu 60 Mio. t Sand und Staub, zum Teil bis ins Karibische Meer, verweht). Dadurch werden oft wasserundurchlässige Gesteinskrusten des Untergrundes freigelegt, d. h., der Bodenwasserhaushalt wird nachhaltig gestört, und Abfluss und Verdunstung der meist als Starkregen fallenden Niederschläge werden verstärkt. Die Be- und Überweidung verändert auch die Artenzusammensetzung der Vegetation: Von den Tieren bevorzugte Gräser, Kräuter und Sträucher können, da vor der Samenreife verzehrt, nicht in ausreichendem Maße nachwachsen; von den Tieren gemiedene Arten sowie anspruchslose Pflanzen mit kurzer Vegetationsperiode können sich dagegen mehr und mehr ausbreiten. Außerdem verursachen die Tiere bei stärkerer Konzentration beträchtlichen Trittschäden und benötigen bei Niederschlagsmangel ein entsprechend umfangreicheres Weideareal (bei einem Wasserdefizit von 20-30 % doppelt so viel wie in »Normaljahren«).
 
So offensichtlich einerseits die durch Desertifikation hervorgerufenen negativen Auswirkungen in den betroffenen Gebieten sind, wurde andererseits durch einige Wissenschaftler festgestellt, dass es im Grenzbereich der Wüste zwar zu verschiedenen Formen des Wechsels in der Vegetationsbedeckung kommt, dass aber die Wüsten an sich in ihren Grenzen stabil bleiben.
 
Eigentlich ausgelöst wurde die Desertifikation im 20. Jahrhundert erst durch die »Bevölkerungsexplosion« als Folge der verbesserten Gesundheitsfürsorge. Der Bevölkerungsvermehrung (durchschnittlich um jährlich 2-2,5 %) wurde mit Intensivierung und mit auf die nähere Umgebung beschränkter räumlicher Ausdehnung des Anbaus begegnet, denn ein Ausweichen in weiter entfernte, ökologisch günstigere, nicht oder kaum besiedelte Gebiete war nicht mehr möglich. Durch Verminderung der Brachezeiten im hier üblichen düngerlosen Wanderfeldbau wird darüber hinaus die Regeneration von Pflanzenwelt und Bodenwasserhaushalt immer mehr behindert oder gar verhindert. Schäden im Boden verursacht oft auch der Einsatz des Pfluges statt des traditionellen Pflanzstocks oder der Hacke. Hinzu kamen v. a. in Afrika politische u. a. Maßnahmen, früher der Kolonialverwaltungen, heute der eigenen Regierungen, die das traditionelle, auf die natürlichen Risiken eingestellte Verhalten des Menschen grundlegend veränderten. Die Behörden förderten oder erzwangen (durch Eintreibung von Steuern) den marktorientierten Anbau, und zwar von Exportgütern wie Baumwolle und Erdnüssen, um die Einfuhr notwendiger, jedoch immer teurerer Industriegüter und Energierohstoffe, aber auch von Nahrungsmitteln (wie Weizen und Reis) für die städtische Bevölkerung bezahlen zu können. Die Verkaufspreise für die im Land selbst erzeugten Grundnahrungsmittel setzten sie dagegen im Allgemeinen sehr niedrig fest. Als die Bauern nun zu ihrer Selbstversorgung die Uferzonen der großen Flüsse und Seen durch Bewässerungsfeldbau in Anspruch nahmen, verdrängten sie die Nomaden, die traditionellerweise hier in der Trockenzeit geweidet hatten. Deren Lebensraum wurde auch sonst stark eingeschränkt, da sie jetzt die (ehemaligen) Brachefelder der Bauern (diese halten ebenfalls Vieh) nicht mehr oder seltener benutzen konnten und vielfach an ihren gewohnten, oft grenzüberschreitenden Wanderungen gehindert wurden. Wurden sie gar sesshaft gemacht, waren sie zum Anbau genötigt, und das meist in ökologisch ungeeigneten Gebieten. Durch Feuchteperioden wie die im Sahel von 1950-67 verführt, verschob man die agronomische Trockengrenze des Regenfeldbaus (in den Randtropen mit Sommerregen bei 500 mm Niederschlag/Jahr, in den Subtropen mit Winterregen bei 300 mm) gegen die Wüsten hin, im Sahel bis zu 200 km, in Nordwestafrika bis zu 100 km. Dass die Desertifikation anthropogen, und zwar hauptsächlich als Folge des Anbaus, bedingt ist, zeigt die auf der UNO-Konferenz in Nairobi 1977 veröffentlichte Karte der Gefährdung durch Desertifikation: Am stärksten von ihr betroffen sind nicht die unmittelbar an die ausgebildeten Wüsten angrenzenden, sondern die etwas feuchteren, aber durch Anbau und höhere Bevölkerungsdichte stärker belasteten Gebiete. Auch durch unsachgemäße Bewässerungstechnik werden weiträumige Schäden verursacht: Versumpfung und v. a. Bodenversalzung. Dadurch gehen mittlerweile weltweit ebenso viel Anbauflächen verloren, wie durch neue Bewässerungsanlagen gewonnen werden. Die von staatlichen Institutionen, oft mit ausländischer Entwicklungshilfe erbohrten Tiefbrunnen, aus denen mit Motorpumpen Wasser aus bis zu 300 m Tiefe gefördert wird, bewirken eine Absenkung des Grundwasserspiegels, wodurch wiederum die vorhandene Vegetation gefährdet wird. Zudem werden oft fossile, also sich nicht erneuernde Grundwässer aus feuchteren Perioden der geologischen Vergangenheit erfasst; diese Reserven sind also mengenmäßig begrenzt, ihre Nutzung kann keine dauerhafte Existenzgrundlage bieten. Die aktuelle Gefährdung des Sahel wurde erstmals durch die Dürreperiode von 1968-73 deutlich. Als die Ernteerträge immer mehr abnahmen und große Viehbestände verloren gingen, kam es schließlich zu einer Hungerkatastrophe, die schätzungsweise 100 000-250 000 Tote forderte. Nomaden und Bauern flüchteten in die Städte oder in feuchtere Gebiete nach Süden. So sank z. B. der Anteil der nomadischen Bevölkerung in Mauretanien von früher 70 % auf heute 25 %.
 
Während in der Sahelzone, von Mauretanien und Senegal bis zur Republik Sudan, Äthiopien und Somalia, die genannten Desertifikationsprobleme ähnlich gelagert sind, dominiert in Ägypten (Niltal, Neues Tal), in Irak (in Mesopotamien auf über der Hälfte der Fläche) und in Pakistan (im größten Bewässerungsgebiet der Erde, am Indus) die Bodenversalzung, die z. B. aber auch in Mittel- (mittelasiatische Republiken der GUS) und Zentralasien (Tarimbecken, China) auftritt. Im Innern Australiens, das weitgehend Halbwüste ist (der Wüstencharakter wird vielfach bestritten), ist die Überweidung der auslösende Faktor und führte - ebenso wie in den USA - im 20. Jahrhundert zu einem drastischen Rückgang der Bestockungsdichte. Dass auch ein hoch technisiertes Land wie die USA von der Desertifikation und ähnlichen Schäden betroffen werden kann, zeigte v. a. die katastrophale Bodenerosion (durch Deflation) im Mittleren Westen in den 1930er-Jahren.
 
Desertifikationserscheinungen sind auch aus weiter zurückliegenden Zeiten bekannt. Die Wüste Thar in Nordwestindien ist großenteils anthropogen bedingt: Die größte Ausdehnung hatte sie um 700 n. Chr. wegen der Übernutzung während der Harappakultur. Nach der infolge Abwanderung der Bevölkerung eingetretenen Regeneration wurde sie seit 200 Jahren wieder besiedelt, wodurch erneute Desertifikation einsetzte. Die Ansiedlung von Nomaden in den südlichen Steppen Tunesiens seit etwa 100 Jahren löste - v. a. in jüngster Zeit nach Ausbreitung des Pflugbaus - Desertifikationsschäden aus, die in schwächerer Form schon unter römische Herrschaft (Tunesien war damals eine »Kornkammer« Roms) eingetreten, aber wieder verschwunden waren, nachdem arabische Beduinen (Beni Hilal) das Land in Besitz genommen hatten. Auch die mit Waldrodung und Getreidemonokultur verbundene Kolonisierung Siziliens durch die Römer hatte ähnliche Auswirkungen; anders dagegen hatten sich die griechischen Siedler verhalten: Sie besetzten nur die Küstenebenen und nutzten sie durch Baumkulturen und Gemüsebau. Auch die Vernichtung der ehemaligen Birkenwälder auf Island durch die Schafhaltung verursachte wüstenähnliche Verhältnisse im trockenen Landesinnern.
 
Die Desertifikation stellt für die Entwicklungsländer der ariden und semiariden Gebiete nicht nur eine Gefahr bei der Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln u. a. Gütern dar, sondern auch bei der Erhaltung der politischen Stabilität. Da die Bevölkerung weiterhin wächst, verschärft sich ständig die Armut. Ausländische Hilfsprogramme können nur einen akuten Notstand beseitigen helfen, aber keine Dauerlösungen bringen. Gegenmaßnahmen gegen die Desertifikation setzen v. a. eine gründliche Erforschung der jeweiligen ökologischen Verhältnisse und eine umfassende Aufklärung der Bevölkerung voraus. Zu den vorgeschlagenen Maßnahmen gehören u. a. die Beschränkung des Regenfeldbaus auf die Bereiche diesseits der agronomischen Trockengrenze, die Kontrolle der Viehbestände, der Wasserstellen und des Holzeinschlags, eine alternative Energieversorgung (z. B. Sonnenenergie, Biogas), eine verbesserte Vermarktung der Agrarprodukte, die Aussaat trockenresistenter, aber hochwertiger Futterpflanzen, eine angepasste Agrartechnologie sowie die Entwicklung des nichtagrarischen Sektors. Durch ihre Einbindung in die Weltwirtschaft, u. a. durch Auflagen der Weltbank und des Weltwährungsfonds oder durch das Bestreben der Industrieländer, nicht nur Industrie-, sondern auch überschüssige Agrarprodukte zu exportieren, sind diese Entwicklungsländer aber einem Anpassungsdruck ausgesetzt, der der Bewältigung ihrer speziellen Probleme oft zuwiderläuft. So ist das Problem der Desertifikation in allgemeine entwicklungspolitische Probleme eingebunden.
 
Schließlich gibt es Grund zur Annahme, dass die durch Desertifikation veränderte Oberfläche der Erde die Witterung beeinflusst, d. h. die Dürrewahrscheinlichkeit fördert: Durch die Bodenzerstörung kommt es zu stärkerem Abfluss, erhöhter Verdunstung, Verringerung der konvektiven Prozesse in der Atmosphäre (Stabilisierung der vertikalen Luftmassenschichtung) und damit der Niederschläge; dies bewirkt auch die infolge der Vegetationsvernichtung erhöhte Albedo. Spärlichere Vegetation bedeutet zugleich eine Verminderung der Zahl organischer Partikel in der Atmosphäre, die als Kondensationskerne (Voraussetzung für die Bildung von Niederschlägen) wichtiger sind als die nichtorganischen Teilchen.
 
Literatur:
 
Dürren in Afrika, hg. v. H. Schiffers (1974);
 H. Schiffers: u. a.: Nach der Dürre (1976);
 H. K. Barth: Der Geokomplex Sahel (1977);
 F. Ibrahim: D. in Nord-Darfur (1980);
 D. Klaus u. H. Schiffers: D. u. Welt-Wüsten-Drohung (1980);
 
Ökolog. Aspekte der D.. .. (Basel 1980; Geomethodica, Bd. 5);
 D. Klaus: Klimatolog. u. klima-ökolog. Aspekte der Dürre im Sahel (1981);
 D. Klaus: D. im Sahel, in: Geograph. Rundschau, Jg. 38 (1986); H. Mensching in: Natur u. Gesch., hg. v. H. Markl (1983);
 H. Markl: Die Sahelzone in: Die Erde, Jg. 111 (1985), H. 2/3; Drought and hunger in Africa, hg. v. M. H. Glantz (Cambridge 1987);
 H. G. Mensching: D. Ein weltweites Problem der ökolog. Verwüstung in den Trockengebieten der Erde (1990);
 M. Mainguet: Desertification. Natural background and human mismanagement (Berlin 21994).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Desertifikation: Ursachen, Verbreitung, Folgen
 
Desertifikation: Gegenmaßnahmen
 
Desertifikation: Regionale Beispiele
 

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