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AFRIKANISCHE MUSIK SCHRIFTLOSER KULTUREN

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afrikanische Musik schriftloser Kulturen
 
Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts diente den Vertretern der »Kulturkreislehre« das Fehlen oder Vorhandensein von Schrift als ein aussagekräftiges Merkmal, um die kulturelle Entwicklung einer Gruppe oder Ethnie zu bestimmen. Solche Vorstellungen spiegelten die eurozentristischen Anschauungen der Zeit wider und dienten unter anderem als Begründung für Kolonialismus und Unterdrückung. Als ein Ergebnis kulturanthropologischer Forschung setzte sich später die Erkenntnis durch, dass kein Kriterium zu finden ist, das kulturunabhängig genug wäre, um eine »objektive« Bewertung von Kulturen zu begründen. Daher verdient das Phänomen »Schriftlosigkeit« Beachtung, nicht als ein Mangel, sondern als ein besonderes Vermögen, das kulturelle Wissen einer Gruppe über viele Generationen hinweg durch mündliche Tradierung lebendig zu erhalten.
 
Die Schrift, seit der Antike in Europa ein bestimmendes Element, hat zugleich Formen des Wissenserhaltes und des Lernens verdrängt, die andernorts als optimale Vermittlungsformen verwendet werden, etwa plastische, grafische oder akustische Symbolsysteme (Masken, Zeichnungen, Sprachlaute), die das Wissen des Einzelnen an die Gruppe weitergeben und konservieren.Für diesen Tradierungsvorgang spielt die Musik in den meisten Gesellschaften Afrikas eine bedeutsame Rolle, da sie neben der Sprache auch Rhythmus und Melodie, Bewegungen, Kostüme und Masken der Tänzer sowie das Verhalten der Musiker und Zuhörer mit einschließt. Durch das Medium »Musik« kann fast alles vermittelt werden, von den Genealogien der Könige und Herrscher bis hin zu komplexen religiösen Vorstellungen über das Verhältnis zwischen Gott, den Ahnen und den Lebenden. Dabei ist ebenso wie das Wissen einer Ethnie, ihr Verhalten, ihre Normen und Werte auch die Musik einem ständigen Wandel unterzogen. Die heutige Musik Afrikas ist ebenso alt wie sie jung ist: Einerseits auf Traditionen beruhend, muss sie andererseits gleichermaßen den Anforderungen der jeweils aktuellen Situation entsprechen. Die Musiker sind so tatsächliche Vermittler zwischen dem Gestern und Heute, zwischen der Welt der Lebenden und Toten oder der Welt der sichtbaren und unsichtbaren Wesen.
 
Die ältesten Quellen zur Musikgeschichte Afrikas fußen auf archäologischen Grabungen und den Wandmalereien in den Pharaonengräbern. Allerdings kann nur wenig über die Musik im Sub-Sahara-Raum Afrikas vor der Zeitenwende gesagt werden. Da die meisten Musikinstrumente wie Trommeln, Xylophone oder Holzflöten aus natürlichen, vergänglichen Materialien gebaut wurden, sind abgesehen zum Beispiel von Knochenflöten archäologische Funde kaum nachgewiesen. Andererseits spielen eine Reihe von Musikinstrumenten, die auf ägyptischen Wandmalereien zu sehen sind, in der heutigen afrikanischen Musiklandschaft eine wichtige Rolle, sodass mit ziemlicher Sicherheit der Ursprung zahlreicher heute in Afrika gespielter Instrumente außerhalb des Kontinents vermutet werden darf.
 
So stammen die ältesten Zeugnisse über die Musik selbst von den heute lebenden Musikern. In ihren Erzählungen, Genealogien und Liedtexten ist ein Wissen enthalten, das durch den Prozess der mündlichen Überlieferung seit vielen Generationen weitergegeben wird. In seiner Funktion als Gedächtnis einer Gemeinschaft nimmt der Musiker oft eine gesellschaftliche Stellung ein, die der des Historikers, Heilers oder Priesters gleichkommt. Der Vorgang erfordert jedoch eine genauere Betrachtung, da das durch die Lehrer-Schüler-Beziehung weitergegebene Wissen bei Bedarf in einem aktiven Vorgang an die sich verändernden Zeiten angepasst wird, zum Beispiel bei einem Wechsel der Dynastien, wenn die Musiker die Legitimation des neuen Herrscherhauses aus der Geschichte abzuleiten haben. Musikalisch historisches Wissen ist dementsprechend keinem Selbstzweck verpflichtet, sondern immer in einen Kontext eingebunden, der die konkreten Inhalte mitbestimmt. Interpretationsbedürftig sind ebenso die Schriftquellen, die als Reisebeschreibungen oder Berichte europäischer Forscher, Händler, Militärs und Kolonialbeamter erhalten sind. Vordergründig sind dies nur wenig geeignete Informationen zur afrikanischen Musikgeschichte, da sie selten Musik anders als mit »unerträglichem Lärm« umschreiben. Dennoch können ihnen häufig interessante Details entnommen werden, zum Beispiel das Vorhandensein sowie die Art und Spielweise eines Instruments, der Spielanlass oder der Status der Musiker.
 
Mit der Erfindung von Tonaufzeichnungsgeräten am Ende des 19. Jahrhunderts und der Etablierung der Musikethnologie als wissenschaftlicher Disziplin erhöhte sich das Wissen über die Musik Afrikas. Aus der Vielzahl der Einzelbefunde lässt sich der Schluss ziehen, dass afrikanische Musiker nicht nur einseitig der Tradition verbunden sind, sondern gleichermaßen ihren Personalstil entwickeln, Neues aufgreifen, ihre Instrumente in ihrem Sinne optimieren und auf äußere Veränderungen schnell reagieren. Dies gilt sowohl für den Musiker, der im dörflichen Rahmen musiziert, wie auch für den Popularmusiker, der für ein städtisches Publikum spielt, sich aber längst am internationalen Musikmarkt orientiert und heute wie seine europäischen Kollegen die Möglichkeiten der elektronischen Medien nutzt.
 
Nur wenige Musikformen in Afrika finden ausschließlich zur Erbauung des Musikers oder seiner Zuhörer statt. Viel häufiger steht die Musik in einem situativen Kontext, der politischer, sozialer oder religiöser Art sein kann. Allerdings sind dies keine streng voneinander getrennten Bereiche, sondern es sind unterschiedliche Rezeptionsebenen, die sich gegenseitig überlagern können und unterschiedliche Bewertungen bedingen. Bedeutet für den Alten der Ritus zu Beginn der Pflanzzeit noch eine religiöse Handlung, liegt für den Jungen längst der Schwerpunkt auf dem sozialen Ereignis, das die Verwandten aus der Stadt in das Dorf kommen lässt.
 
Unter dem religiösen Aspekt sind vor allem Feste bedeutsam, die sich am Jahreskreislauf oder an den Lebensaltern orientieren. In den meisten Kulturen Afrikas nehmen Initiationsfeste eine besondere Stellung ein. Ihnen geht meist eine längere Erziehungs- oder Schulungsphase voraus, in der die Initianten auf ihre neue Rolle als Erwachsene vorbereitet werden. Hierbei nimmt das Erlernen von Gesängen, Instrumenten und Tänzen einen breiten Raum ein. Daneben wird den Beerdigungszeremonien ähnlich große Aufmerksamkeit geschenkt. Der Übergang von der Welt der Lebenden zu der der Toten ist risikoreich für den Verstorbenen ebenso wie für die Hinterbliebenen. Um diesen Weg zu den Ahnen erfolgreich zu ebnen, müssen die Familien den zum Teil über viele Jahre andauernden Festzyklus genau beachten. Ein Verstorbener, der keine Aufnahme im Kreis der Ahnen gefunden hat, kann zur Gefahr für das Wohl der ganzen Gruppe werden. Neben der offensichtlich religiösen Komponente, die das korrekte Spiel der vorgeschriebenen Kompositionen erfordert, erfüllt die Musik dabei auch eine zentrale soziale Funktion, zum Beispiel als Ventil für Trauer oder als Stärkung des Gemeinschaftsgefühls.
 
In welchem Maße die musikalische Praxis vom gesellschaftlichen Umfeld abhängig ist, zeigen deutlich die vielen Beispiele von Repräsentationsmusiken an den afrikanischen Königshöfen. Ähnlich den Insignien europäischer Kaiser und Könige symbolisiert der Klang der Musikinstrumente die Macht und Legitimation des afrikanischen Herrschers. Von der einzelnen Trommel, die nur bei der Amtseinsetzung geschlagen und anschließend vor den Augen der Öffentlichkeit verborgen wird, bis zu großen Hoforchestern mit mehreren unterschiedlichen Ensembles, die zu genau festgelegten Gelegenheiten spielen, reicht je nach lokaler Tradition die Spannbreite. Das Musikrepertoire umfasst den Preisgesang des Hofdichters, der sich auf seiner Harfe begleitet und die Geschichte des Reiches erzählt, ebenso wie die nach außen gerichteten und oft für militärische Zwecke eingesetzten Orchester mit Trommeln, Pauken, Oboen und Trompeten.
 
In den muslimischen Gesellschaften Afrikas ist das Verhältnis zur Musik ambivalent. Zum einen gibt es einen religiösen Vorbehalt, der die Musik je nach Auslegung der religiösen Grundlagentexte als »Teufelswerk« verdammt, zum anderen ist ein reiches Musikleben die Voraussetzung für das Gelingen aller großen Feste. Dient die Musik ausschließlich dem Vergnügen und »verwirrt die Sinne«, ist sie zu verwerfen. Wird sie jedoch als Mittel der religiösen Belehrung oder zum Lobpreis eines islamischen Herrschers verwendet, kann sie gebilligt werden. Die Unterschiede zwischen religiösem Anspruch und tatsächlicher Musikpraxis werden dadurch aufgefangen, dass man das »schmutzige Geschäft« des Musikmachens Professionellen überträgt, die dafür zwar reichlich entlohnt werden, aber auch mit einem gesellschaftlichen Stigma belegt sind. In vielen Sprachen werden gleiche Begriffe für »Musiker« und »Bettler« benutzt und kein »ehrbarer Familienvater« würde es seiner Tochter erlauben, den Sohn eines Musikers zu heiraten. Diese endogamen Heiratsbeschränkungen einer Berufskaste teilen die Musiker oft mit den Schmieden und den Schlachtern. Alle drei Berufsgruppen arbeiten in Bereichen, die für den Bestand der Kultur von großer Bedeutung sind, die aber auch einen Übergang zu einer anderen Welt markieren, der für Nicht-Angehörige dieser Gruppen potenziell gefährlich ist.
 
In keiner Sprache Afrikas findet sich ein Wort, dass in seiner direkten Übersetzung dem Begriff »Musik« entspräche. Vielmehr wird musikalisches Handeln mit Begriffen wie zum Beispiel Spiel, Aufführung, Tanz, Lied, kunstvolle Sprache, Instrumentalspiel erfasst. Dabei ist das Musikverständnis wesentlich von den Effekten her geprägt, die die kunstvoll gestaltete Sprache und die in Rhythmus und Melodie umgesetzte Bewegung beim Einzelnen, bei der Gemeinschaft und sogar bei den Ahnen auslösen können.
 
Nichts kennzeichnet afrikanische Musik mehr als das Phänomen der wiederholten rhythmischen und melodischen Formel. Diese auch als »Pattern« bezeichneten musikalischen Bausteine bilden die Grundlage für die teilweise sehr fest gefügten Kompositionen. In Anlehnung an die Gestaltpsychologie können sie als Wahrnehmungseinheiten verstanden werden, die vom Hörer und Musiker gleichermaßen als in sich geschlossen empfunden werden. Sehr häufig haben diese Pattern eine zeitliche Dauer von zwölf oder 16 Zeiteinheiten, wenn man den kleinsten rhythmischen Wert als Maß annimmt.
 
Viele Kompositionen, insbesondere solche, die der Tanzbegleitung dienen, setzen sich zusammen aus einer Solostimme, die zum Beispiel von einem Sänger, Trommler oder Flötisten gespielt wird, und den Rhythmen eines Begleitensembles. In diesen ist das Zusammenspiel so organisiert, das jedes Instrument ein eigenes rhythmisches Pattern spielt. Die zeitliche Dauer dieser rhythmischen Formeln ist aber von unterschiedlicher Länge, sodass im Zusammenspiel eine polyrhythmische Struktur, eine Art »Zeitgeflecht« entsteht, in dem das größte gemeinsame Vielfache, die musikalische Phrase, die kognitive Grundlage für Solomusiker und Tänzer bildet. Das musikalische Geschick des Solisten kommt darin zum Ausdruck, dass er in einem ständigen Austausch mit den begleitenden Musikern Spannungsbögen aufbaut, Akzente setzt, die Tänzer zur Teilnahme motiviert und ihnen die Möglichkeit der Darstellung gewährt.
 
Der Effekt, den diese musikalische Struktur aus festen und freien musikalischen Komponenten auf den Zuhörer ausübt, wird durch ein weiteres Element bestimmt: das Sprechen der Musiker mit ihrem Instrument. Die Grundlage für die Instrumentalsprachen bildet die tonale Struktur fast aller afrikanischer Sprachen. Dabei bestimmen Hoch-, Mittel- und Tieftöne sowie fallende oder steigende Gleittöne die Bedeutung eines Wortes. Die gleiche Silbenfolge kann ganz unterschiedliche Bedeutung haben in Abhängigkeit von den Tonhöhen der einzelnen Silben. Dies verleiht jedem Satz eine sehr explizite melodische Dimension. Eine auf Tonhöhen konzentrierte Hörfähigkeit bietet die Grundlage dafür, dass die Hörer fähig sind, instrumentale Melodieformeln, die die Sprachtöne nachzeichnen, als gesprochene Sätze zu hören. Bei den »gesprochenen Melodien« handelt es sich selten um Alltagsprachliches, sondern meist um Sprichwörter oder Lobesformeln, die durch eine musikalische Umsetzung umso kunstvoller gestaltet sind. Sprechen können alle melodiefähigen Instrumente und solche Trommeln, auf denen der Musiker Tonhöhenunterschiede hervorbringen kann.
 
Eine dritte wichtige Komponente, neben der Pattern-Struktur und der Sprache, bildet die Bewegung, genauer das Zusammenspiel der Motorik von Musiker, Tänzer und Zuhörer. Für die Musiker spielt das Bewegungselement die vielleicht wichtigste Rolle, da ihre Wahrnehmungen primär auf Bewegungen ausgerichtet sind. Das gleiche gilt für die Tanzbewegungen. Auch hierbei handelt es sich für die Tänzer nicht um das Ausfüllen einer rhythmischen Struktur, sondern vielmehr um einen Bewegungsablauf in der Zeit. Die Pattern verfügen über die besondere Qualität, musikalische Zeit als Bewegung in Räumlichkeit umzusetzen. In diesem Punkt liegt möglicherweise der deutlichste Unterschied zur europäischen Musikwahrnehmung, die Musik im Wesentlichen als ein zeitliches Phänomen auffasst. Im afrikanischen Kontext hingegen wird Musik in einer zeitlichen und einer räumlichen Dimension wahrgenommen. Die kompliziert anmutenden Verschachtelungen vieler polyrhythmischer Formeln lösen sich auf, wenn man die Rhythmen nicht ausschließlich als Zeitphänome betrachtet, sondern auch als Bewegungsabläufe im Raum. Mit einem solchen Perspektivenwechsel erklären sich zugleich bestimmte Eigenschaften der afrikanischen Musik, wie zum Beispiel das Nichtvorhandensein von Takten oder das Fehlen von einem festgelegten Beginn einer Phrase. Während Zeitphänome von einem Beginn zu einem festgelegten Ende hin ausgerichtet sind, sind Raumphänome nur begrenzt, in diesem Fall durch eine in sich geschlossene Körperbewegung. Die wenigsten Kompositionen traditioneller afrikanischer Musik verfügen daher über einen festgelegten Anfang oder Schluss. Die Pattern können so lange wiederholt werden, bis der Bewegungsraum des Musikers und Tänzers ausreichend oft durchmessen wurde.
 
Die Musikinstrumente, ihre Veränderungen und Verbreitungen, geben wichtige Hinweise auf historische und kulturelle Prozesse, die sich teilweise weit in der Vergangenheit zurückliegend abgespielt haben und zu einer Vielzahl ähnlicher, aber nicht gleicher Musikinstrumente auf dem afrikanischen Kontinent führten. Aus heutiger Sicht können nur mit großer Vorsicht Vermutungen angestellt werden, welche dieser Instrumente afrikanischen Urprungs sind und welche von außerhalb kommend Verbreitung fanden. Ein solches Kriterium, sei es noch so unsicher, hilft zumindest, die Vielfalt und den Variantenreichtum des Instrumentariums festzuhalten und Hypothesen über die Vergangenheit Afrikas zu formulieren.
 
Eine erste Gruppe von Instrumenten lässt sich aufgrund des Fehlens ähnlicher Instrumente außerhalb Afrikas zusammenstellen. Diese umschließen die Bogenlaute, die »Sanza« oder »Mbira« genannten Zungenidiophone und einige Zither-Instrumente. Bogenlauten sind Saiteninstrumente, bei denen jede Saite an einem eigenen Hals in Form eines Stabes, der aus dem Resonanzkörper herausragt, befestigt ist. Dieser Instrumententyp ist entlang der Westküste Afrikas in kleinen, in sich geschlossenen Regionen verbreitet. Der Variantenreichtum in Bezug auf verwendete Materialien und Konstruktionen sowie die große regionale Ausdehnung lässt auf ein hohes Alter dieses Instruments in Afrika schließen. Dagegen sind die gezupften Idiophone Sanza und Mbira in ihrer heutigen Form mit Metallzungen sicherlich jüngeren Ursprungs. Das Instrument, von den deutschen Kolonialbeamten Ostafrikas als »Daumenklavier« bezeichnet, verfügt in Zimbabwe über mehr als 20 Zungen, was den Musikern große musikalische Möglichkeiten erschließt. Auch bestimmte Zither-Instrumente wie zum Beispiel die Erd- oder Floßzither können dieser Gruppe zugeordnet werden. Im ersten Fall erfolgt die Klangerzeugung durch eine gespannte Saite, die zum einen an einem Stab, der im Erdreich steckt, zum anderen in der Mitte eines großen Blattes befestigt ist, das über eine kleine Erdgrube gespannt wird. Die Veränderung der Saitenspannung durch die Bewegung des Stabes ermöglicht eine überraschende tonliche Variationsbreite, die die Musiker zur Gesangsbegleitung nutzen. Bei den Floßzithern werden Hirsestängel aneinander gebunden, deren äußere Fasern abgelöst und durch kleine untergeschobene Keile in Spannung versetzt werden, die dann gezupft werden können.
 
Bei der zweiten Gruppe von Instrumenten liegt es nahe, ihren Ursprung außerhalb Afrikas anzunehmen. Dazu zählen Xylophone, Harfen, Lauten, Oboen, Langtrompeten, Pauken und viele »moderne« Instrumente, die seit der Kolonialzeit von afrikanischen Musikern zu ihren Zwecken verwendet werden. Die weite Streuung der anzunehmenden Ursprungsregionen belegt, wie sehr Afrika immer Teil eines weltweiten Kulturaustausches war. Obwohl die Xylophone kulturell - vielfach in einem religiösen Kontext - tief in Afrika verwurzelt sind, sprechen zahlreiche Belege dafür, dass dieser Instrumententyp aus Indonesien über den Seeweg an die afrikanische Ostküste gelangte. Von dort aus hat er sich über den Kontinent in den unterschiedlichsten Konstruktionsweisen verbreitet. Harfen- und Lauteninstrumente sind bereits in Mesopotamien bekannt gewesen und von dort über Ägypten nach Afrika gelangt. Aus dem nordafrikanisch-arabischen und dem türkisch-osmanischen Bereich stammen viele Instrumente, die in den islamischen Königshöfen zur Repräsentation ebenso wie zu profanen Zwecken, zum Beispiel der Tanzunterhaltung Verwendung fanden. Oboen, kleine Kesselpauken und Langtrompeten sind typische Belege für den intensiven Trans-Sahara-Austausch von Gütern, der gleichermaßen zum Beispiel aber auch religiöse Ideen betraf. Die musikalischen Übernahmeprozesse verlaufen in der Regel als aktive Vorgänge ab, bei denen die Musiker die Instrumente stets an ihre Bedürfnisse anpassen. Veränderungen beruhen häufig auf der Verwendung anderer Baumaterialien, die zu anderen Klangfarben führen, um zum Beispiel einem lokalen Klangideal zu entsprechen. So kennzeichnet den Ton vieler Instrumente ein höherer Geräuschanteil, der entweder durch das Anbringen von Rasselelementen oder durch zusätzlich schwingende Membrane entsteht..
 
Die dritte Gruppe fasst solche Instrumente zusammen, die in ihrer weltweiten Verbreitung keiner Ursprungsregion mehr zuzuordnen sind wie etwa Flöten, Trommeln, Mundbögen, Hörner oder Rasseln. Auch für diese Instrumente gilt, was zuvor gesagt wurde: Die Instrumententypen treten vor Ort in den unterschiedlichsten Varianten auf, sie werden zu ganz verschiedenen kulturellen Zwecken eingesetzt, und sie sind nicht überall in Afrika gleichermaßen verteilt. Neben diesen »klassischen« Musikinstrumenten können viele Geräte des täglichen Lebens als Musikinstrumente eingesetzt werden. Hierzu gehören Dreschflegel, die die Arbeitenden in rhythmisch komplexen Pattern schlagen, Mahlsteine, mit denen die Frauen ihren Gesang begleiten, und Stößel, deren rhythmisches Stampfen den Tanz begleitet.
 
Dr. Raimund Vogels
 
Literatur:
 
Broszinsky-Schwabe, Edith: Kultur in Schwarzafrika. Geschichte — Tradition — Umbruch — Identität. Köln 1988.


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