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BELEBTE UNTERWELT DAS TAL DER KÖNIGE

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belebte Unterwelt - Das Tal der Könige
 
Ein größerer Gegensatz ist kaum vorstellbar als die weithin sichtbaren, monumentalen Pyramiden von Giseh und die unscheinbaren Felsenlöcher von Biban el-Moluk in Theben, hinter denen sich die Königsgräber des Neuen Reiches verbergen. An die Stelle der von Menschenhand errichteten Grabgebirge, die in viereinhalb Jahrtausenden zu einem Teil der Landschaft Ägyptens geworden zu sein scheinen, tritt tausend Jahre später als letzte Ruhestätte der Weltherrscher der 18. und 19. Dynastie ein unterirdisches Gang- und Raumsystem, das nach außen hin nahezu unsichtbar bleibt.
 
Die Tradition dieser Königsgräber im oberägyptischen Theben reicht zurück in die 11. Dynastie, in die Zeit um 2050 v. Chr., als Mentuhotep II., der Begründer des Mittleren Reiches, sich in seiner Heimatstadt Theben ein Grab anlegen ließ; es führt am Fuß der Felswand von Deir el-Bahari tief in den Berg hinein, als dessen Bekrönung das »Horn« von Theben-West in der Form einer pyramidenförmigen Bergspitze vierhundert Meter hoch aufragt.
 
Seine Nachfolger, die Herrscher der 12. und 13. Dynastie, die in Memphis residierten, kehrten zur Grabform der Pyramide zurück, und erst zu Beginn des Neuen Reiches, um 1500 v.Chr., als Theben wieder Hauptstadt Ägyptens war, wurde das unterirdische Felsengrab zur Standardform königlicher Bestattungen.
 
Das Tal der Könige, wie es heute genannt wird, vereint in sich die Gräber aller Pharaonen der 18., 19. und 20. Dynastie - mit einer Ausnahme: Echnaton, der »Ketzerkönig«, ließ sich sein Grab in der von ihm neu gegründeten Hauptstadt Amarna anlegen, blieb aber selbst in dieser Loslösung von Theben den thebanischen Traditionen des Tals der Könige treu: Der Grabtyp, die Lage des Grabes in einem einsamen Felsental und die Grabausstattung mit Steinsarkophag und Uschebtis halten sich ganz an das Vorbild der Königsgräber der 18. Dynastie.
 
Das Tal der Könige liegt als von senkrechten Felswänden umgrenzte Schlucht inmitten der thebanischen Berge, vom Niltal her zugänglich nur durch eine enge Talmündung und über einen Bergpfad, der von der Arbeitersiedlung Deir el-Medina über den Bergrücken am Horn von Kurna von oben her ins Tal der Könige führt, über einen Weg, den Tag für Tag die Handwerker und Künstler nahmen, die in den Königsgräbern beschäftigt waren.
 
Es liegt zunächst nahe, die versteckte Lage des Tals der Könige und die unscheinbaren Grabeingänge, die nach Abschluss der Bestattung mit einer Geröllhalde zugedeckt wurden, mit dem Bemühen um größtmöglichen Schutz vor Grabräubern zu erklären. Grabräuberei lässt sich bereits in vorgeschichtlichen Friedhöfen nachweisen und ist über die ganze Geschichte Ägyptens hinweg ein letztlich unlösbares Problem geblieben. Die komplizierten Sicherungssysteme, die in die Pyramiden des Mittleren Reiches eingebaut wurden, Fallsteine, blinde Gänge und Schächte, deueten an, dass damals die großen Pyramidenanlagen des Alten Reiches in Giseh, Abusir und Sakkara bereits ausgeraubt waren. Die Grabräuberprozesse des späteren Neuen Reiches, in exakten Protokollen auf Papyrus aufgezeichnet, belegen, dass auch die thebanischen Königsgräber vor Grabräubern nicht sicher waren, und von allen Königsgräbern des Neuen Reiches ist ja auch nur ein einziges, das des Tutanchamun, weitgehend unversehrt wieder entdeckt worden. Schon bald nach dem Ende des Neuen Reiches war der Sicherheitszustand im Tal der Könige so schlecht, dass es pietätvollen Priestern nur noch übrig blieb, die mumifizierten Leichname der großen Herrscher des Neuen Reiches aus den bereits geplünderten Gräbern zu bergen und an sicherer Stelle wiederzubestatten.
 
Angesichts der großen Anzahl von Arbeitern, die am Bau der bis zu 200 Meter in den Fels hineinführenden Königsgräber und an ihrer aufwendigen Ausstattung beteiligt waren, war eine strikte Geheimhaltung von deren Lage und Plan nicht möglich. Alle Mutmaßungen über einen gewaltsamen Tod dieser Arbeiter entbehren jeglicher Grundlage und sind ins Reich der Spekulation zu verbannen. Die strikte Überwachung des Zugangs zum Tal der Könige ist durch die Listen des Wachpersonals belegt; sie diente aber der Kontrolle der Anwesenheit der Arbeiter und war als Maßnahme gegen Material- und Werkzeugdiebstahl gedacht.
 
So muss die Entscheidung für diese neuartige Form und Lage des Königsgrabes andere Gründe haben. Die Gräber selbst geben in den Texten und Bildzyklen auf ihren Wänden und Decken die Antwort. In den Pyramiden des Alten Reiches hatten die Pyramidentexte auf den Wänden der unterirdischen Grabräume vom Himmelsaufstieg des verstorbenen Königs gesprochen und die Pyramide als die Himmelsleiter erklärt, auf der er zu den Götter aufsteigen sollte, um selbst Gott zu werden. Die Bilder und Texte auf den Wänden der Königsgräber im Tal der Könige geleiten den toten König nicht mehr in ein am Himmel angesiedeltes Jenseits, sondern führen ihn tief hinunter unter die Erde.
 
Amduat, »das, was in der Unterwelt ist«, ist die Bild- und Textfolge überschrieben, die in der 18. Dynastie die Dekoration der Königsgräber bildet. Sie schildert den Weg des Sonnengottes vom abendlichen Untergang bis zum Aufgang am nächsten Morgen. Die Nacht ist in zwölf Stunden geteilt, deren jede als eine unterweltliche Region aufgefasst wird, mit Toren verschlossen, von Schlangen bewacht, in tiefer Finsternis liegend. Der Sonnengott, als widderköpfiger Mann in Begleitung anderer Gottheiten in der Sonnenbarke stehend, durchfährt diese Räume, erhellt sie einen nach dem anderen und erreicht schließlich in der 12. Nachtstunde den Ort des morgendlichen Sonnenaufgangs. Der König selbst tritt nirgendwo in diesen von erläuternden Texten begleiteten vignettenhaften Bildern in Erscheinung. Lediglich auf den nicht zum eigentlichen Bildprogramm gehörigen Pfeilern des Sargraumes ist er in Gemeinschaft der Götter zu sehen. Die Fahrt des Sonnengottes durch die unterweltliche Nacht zeichnet den Weg vor, den der König nach seinem Tod in ewigem Kreislauf nachzuvollziehen hofft, um mit dem Sonnengott täglich aufzuerstehen.
 
Am Ende der 18. Dynastie wandelt sich dieses Jenseitsbild, ohne seine grundsätzliche Aussage zu verändern, und an die Stelle des Amduat treten das »Höhlenbuch« und das »Pfortenbuch«. In ihnen nimmt die Schilderung der Qualen, die die Verdammten im Jenseits zu erdulden haben, breiten Raum ein. Marterpfähle, Feueröfen und Hinrichtungsstätten bilden ein schauerliches Szenario, das mit grässlichen Dämonen bevölkert ist.
 
Die Architektur der Gräber im Tal der Könige ist das dreidimensionale Abbild dieser Unterwelt. Die mythischen Stätten, zu denen der Sonnengott auf seiner Nachtfahrt hinuntersteigt, sind identisch mit den Räumen des unterirdischen Grabes. Besonders eindrucksvoll ist diese architektonische Umsetzung kosmischer Orte in den Sargräumen, deren Decken astronomische Darstellungen tragen. Der verstorbene König ruht in seinen Särgen unter dem gestirnten Nachthimmel, an dem die Sonne vom Abend zum Morgen fährt, einem neuen Tag entgegen. Auch die Lage der Gräber fügt sich in diese Symbolik: Die Sonne geht allabendlich hinter den Felswänden des Westgebirges unter, sie fährt gewissermaßen in den Stollen ein, der hinabführt in die Unterwelt.
 
Bei den Königsgräbern des Alten und Mittleren Reiches bildet das eigentliche Grab, die Pyramide, mit den Kultanlagen einen geschlossenen Komplex. Der Totenkult fand unmittelbar am Grab im Totentempel statt, und nahebei lag auch die Pyramidenstadt mit den Priesterwohnungen, Magazinen, Werkstätten und Büros. Dieses Einssein von Grab und Kultstätte ist im Neuen Reich aufgehoben. Weit vom Grab im Tal der Könige entfernt liegt der Totentempel an der Grenzlinie zwischen Ackerland und Wüste, nahe an der Welt der Lebenden und doch schon im Bereich der Nekropole (Totenstadt). Vom nördlichsten Ende des thebanischen Westufers ziehen sich die Totentempel über mehrere Kilometer nach Süden. Ihre Anordnung entspricht der zeitlichen Abfolge der Herrscher der 18. Dynastie von Amenophis I. (im Norden) bis zu Tutanchamun, Eje und Haremhab (im Süden), um dann mit Beginn der 19. Dynastie noch einmal im Norden anzusetzen (Sethos I.) und parallel zur bereits bestehenden Tempelreihe in chronologischer Reihenfolge bis nach Medinet Habu im Süden (Ramses III.) zu laufen.
 
»Schlösser für Millionen von Jahren« nannten die alten Ägypter diese Tempel. Die heute übliche Bezeichnung »Totentempel« wird ihrer Funktion nicht gerecht. Zwar beherbergen sie Räumlichkeiten, die nach Ausweis ihrer Wandreliefs und Inschriften dem Totenkult des Königs dienten. Diese Tempelräume liegen jedoch in Seitenachsen, während die Mittelachse des Tempels stets dem König der Götter, dem Reichsgott Amun-Re, vorbehalten bleibt.
 
Der Herr der Tempel, in denen der verstorbenen Könige gedacht wird, ist der Sonnengott. Seiner Statue ist das Allerheiligste vorbehalten, und in regelmäßiger Prozession kommt Amun-Re von Karnak, seinem Haupttempel, über den Nil ins Reich der Toten. Der Sieg des Lichtes über die Finsternis ist das religiöse Grundthema dieser Sakralarchitektur. Jeder Herrscher des Neuen Reiches ließ seinen eigenen Totentempel erbauen; die gewaltigen Dimensionen dieser Anlagen sind an den wenigen noch erhaltenen Beispielen erlebbar. Das Ramesseum mit den Bruchstücken der über 15 Meter hohen Kolossalstatuen Ramses' II., der Tempel Ramses' III., von Medinet Habu und die Memnonskolosse, einzige vor Ort gebliebene Reste des Totentempels von Amenophis III., zeigen weithin sichtbar das Bemühen um das Einswerden des Königs mit dem Sonnengott. In der Verborgenheit des unzugänglichen Grabes tief im Fels des Tals der Könige soll sich dieses Mysterium täglich ereignen.
 
Prof. Dr. Dietrich Wildung


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