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CHEMIENOBELPREIS 1969: DEREK HAROLD RICHARD BARTON — ODD HASSEL

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Chemienobelpreis 1969: Derek Harold Richard Barton — Odd Hassel
 
Der Brite Barton und der Norweger Hassel erhielten den Nobelpreis für die Entwicklung des Konformationsbegriffs und dessen Anwendung in der Chemie.
 
 Biografien
 
Sir (seit 1972) Derek Harold Richard Barton, * Gravesend (England) 8. 9. 1918, ✝ College Station (Texas) 16. 3. 1998; ab 1950 Professor der organischen Chemie am Imperial College in London, 1955-57 an der Universität von Glasgow und anschließend wieder am Imperial College, ab 1978 Direktor am Chemischen Institut für Naturstoffe in Gif-sur-Yvette bei Paris, Synthetisierte das Hormon Aldosteron.
 
Odd Hassel, * Kristiania (heute Oslo) 17.5. 1897, ✝ Oslo 11. 5. 1981; 1924 Promotion an der Universität Berlin, ab 1926 als Stipendiat und Dozent an der Universität Oslo, dort 1934-64 Professor der Physikochemie.
 
 Würdigung der preisgekrönten Leistung
 
Die Konformationsanalyse untersucht die bevorzugte räumliche Anordnung der Moleküle. Hierzu werden physikalische und theoretische Methoden herangezogen. Die ausgezeichneten Forscher haben mit dieser Methode die Deutung chemischer Strukturen revolutioniert.
 
 Bindung von Kohlenstoffatomen
 
Organische Moleküle bestehen aus einem Gerüst aus Kohlenstoffatomen. Die dreidimensionalen Gebilde lassen sich zunächst durch die Art der in einem Molekül vorhandenen Bindungen und deren Reihenfolge konstitutionell beschreiben. Denn zwei benachbarte Kohlenstoffatome (C) können eine einfache, doppelte oder dreifache Elektronenbindung eingehen. Eine solche Struktur- oder Strichformel kann aber nicht alle dreidimensionalen Anordnungen berücksichtigen, die die Rotation einzelner Molekülteile um eine C-C-Einfachbindung, die man sich als eine Art Kugelgelenk vorstellen kann, ermöglicht.
 
Die räumlichen Anordnungen sind bei einfachen Verbindungen, wie dem aus nur zwei Kohlenstoffatomen bestehenden Dichlorethan — H-Cl-C-C-Cl-H — durch die freie Drehbarkeit nahezu beliebig. Es ist deshalb bisher nicht gelungen zwei verschiedene Isomere dieses Moleküls zu isolieren. In der Regel nehmen Moleküle mit einer einfachen C-C-Bindung bestimmte bevorzugte Stellungen ein. Diese werden als Konformationen des betreffenden isomeren Moleküls bezeichnet. Bestimmte Abstände und Winkel sind nicht veränderbar, die Kohlenstoffkette kann sich bewegen und drehen. In ringförmigen Molekülen ist die Beweglichkeit stärker eingeschränkt. Kleine Ringe aus vier oder fünf C-Atomen sind kaum beweglich. Ab sechs Atomen in einem Ring nimmt die Beweglichkeit stetig zu.
 
Die Lösung des Konformationsproblems war vor allem bei zyklischen Naturstoffen sehr wichtig. Denn die Konformation ist mit entscheidend für die Bindungsfähigkeit der Moleküle. Derek Barton interessierte sich für die Konformation der Steroide, die von Otto Wallach (Nobelpreis 1910) sehr gut untersucht worden sind. 1950 veröffentlichte er eine Studie mit dem Titel »Die Konformation des Steroidkerns«. Darin zeigte er, dass sich organische Moleküle im Allgemeinen und Steroidmoleküle im Besonderen durch bevorzugte Konformationen auszeichnen. Er bezog sich in seiner Analyse vor allem auf die bemerkenswerten, aber weitgehend unbeachteten Arbeiten Odd Hassels, die ein helles Licht auf die komplizierten Aspekte der Stereochemie warfen.
 
 Dreidimensional statt zweidimensional
 
Bartons nur vier Seiten lange Arbeit veränderte den Blick der Chemiker auf Form und Reaktivität der Moleküle radikal. Er hat der bis dahin zweidimensionalen Sicht auf die Moleküle eine dritte Dimension hinzugefügt. Die Chemie sah auf einmal stereoisomer und damit räumlich. Bartons Arbeit war die erste Veröffentlichung, die seit den Theorien des Niederländers Jacobus van't Hoff (Nobelpreis 1901) und des Franzosen Joseph Le Bel einen Fortschritt in der Stereochemie brachte. Die beiden Chemiker gelten als Begründer dieses Fachgebiets.
 
Bereits während des Zweiten Weltkriegs hatte Barton die Methode der molekularen Rotationsdifferenz entwickelt, um chemische Strukturen zu bestimmen. Er war ein Theoretiker der Chemie, der die Fachliteratur intensiv studierte und seine Schlüsse daraus zog. Er arbeitete viel mit Papier und Bleistift und hörte auf den Rat bedeutender Chemiker. So führte er eine intensive Korrespondenz mit Adolf Windaus (Nobelpreis 1928) und dem Amerikaner Robert Burns Woodward (Nobelpreis 1965). Windaus zuliebe hielt er sogar, trotz schlechter Sprachkenntnisse, einen Vortrag in deutscher Sprache vor der Deutschen Chemischen Gesellschaft. Woodward bestärkte ihn darin, Fragen der Naturstoffchemie allein durch Denken zu lösen.
 
Als Barton einen Vortrag des amerikanischen Chemikers Louis Frederick Fieser über Fragen der Hydrolyse von Steroidestern gehört hatte, entstand die Lösung in seinem Kopf. »Ich dachte ein wenig mehr darüber nach und schrieb dann meine Studie über die Konformationsanalyse«, meinte er. Mit diesem Konzept gelang es ihm, die stabilen Konformationen des von Hassel untersuchten Decalins, ein Ring aus zehn Kohlenstoffatomen, zu berechnen. Odd Hassel hat sich sein halbes Forscherleben mit dem Cyclohexan beschäftigt. Nach dem Studium der Mathematik und Physik in Oslo machte er zunächst ein Jahr Ferien in Frankreich und Italien. Im Herbst 1922 ging er nach München zu dem polnischen Physikochemiker Kasimir Fajans. Nach einem halben Jahr wechselte er an das Kaiser-Wilhelm-Insitut in Dahlem und arbeitete in der Röntgenstrahl-Kristallographie. Auf Empfehlung des Chemikers Fritz Haber (Nobelpreis 1918) erhielt er ein Rockefeller-Stipendium und konnte 1924 in Berlin promovieren.
 
 Untersuchung des Cyclohexans
 
Ab 1930 konzentrierte Hassel sich auf die Untersuchung der Molekülstruktur des Cyclohexans, ein Ring aus sechs C-Atomen, der als Grundgerüst in sehr vielen Naturstoffen vorkommt. Aromatische Ringsysteme wie das Benzol sind vollkommen eben, da sonst das geschlossene Pi-Elektronensystem, die Überlagerung der Elektronenwolken der sechs Kohlenstoffatome des Benzols im geschlossenen Ring, nicht möglich wäre. Im Gegensatz zu den Aromaten sind alicyclische Verbindungen wie das Cyclohexan wegen der tetraedrischen Ausrichtung der Bindungen im gesättigten C-Atom uneben. Sie bilden untereinander theoretisch Winkel von 109 Grad 28 Minuten. Cyclohexan liegt in der Regel in der »Sesselform« vor. Das ist die stabilste Konformation, da die Wasserstoffatome oder andere Substituenten, die größtmögliche Entfernung voneinander haben. Sie ist um 29 Kilojoule pro Mol (kJ/mol) energieärmer als die »Wannenform«, stellt aber dennoch nicht das Energieminimum dar. Das liegt in der um 6 kJ/mol energieärmeren »Twistform« vor, deren Konformation wird jedoch von der dazwischenliegenden Konformation, der »Halbsesselform«, blockiert, deren Energieniveau 46 kJ/mol über dem der Sesselform liegt.
 
Vor allem die NMR-Spektroskopie dient der Konformationsanalyse. Diese von dem amerikanischen Physiker Edward Mills Purcell (Nobelpreis für Physik 1952) entwickelte Methode der magnetischen Kernresonanzabsorption ist ein hervorragendes Instrument der Strukturaufklärung. Die NMR-Spektren erlauben nicht nur die Bestimmung der tatsächlich vorhandenen Konformationen, sondern ermöglichen auch die Messung der Umwandlungsgeschwindigkeit und durch die Integration der Absorptionssignale die Bestimmung des Mengenverhältnisses der einzelnen Konformere und damit — über die Gleichgewichtskonstanten ihrer Umwandlung — die Ermittlung der Differenz der freien Energie zwischen ihnen. Barton und Hassel haben Chemie und Physik näher zusammengeführt.
 
U. Schulte


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