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DATIERUNG: EIN KERNPROBLEM DER MODERNEN GEOLOGIE

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Datierung: Ein Kernproblem der modernen Geologie
 
Ohne es zu wissen oder gar es zu wollen, gruben Forscher der Vorstellung vom lediglich »biblischen Alter« der Erde bereits im 17. Jahrhundert buchstäblich das Grab, indem sie den schichtweisen Aufbau der oberen Erdkruste näher untersuchten. Es begann mit der plausiblen Erkenntnis, dass eine oben liegende Schicht jünger sein muss als die darunter befindliche. Die Stratigraphie entwickelte sich, und damit die Möglichkeit, die Abfolge geologischer Ereignisse relativ zueinander zeitlich einzuordnen. Die Erkenntnis von den — an einem Menschenleben gemessen — unendlich langen Prozessen des Werdens und Vergehens von Gesteinen und die, wenn auch falschen Berechnungen über die Abkühlung der Erde führten zu der Vermutung, unser Planet müsse viele Millionen Jahre alt sein. Die Entdeckung der Radioaktivität schuf schließlich die Voraussetzung, um zu erkennen, dass er Milliarden von Jahren alt ist. Sie erlaubte es, das Alter von Gesteinen und der darin eingebetteten Fossilien absolut zu bestimmen.
 
 Gefangen in alten Vorstellungen
 
Die Anfänge der Geologie als einer Wissenschaft im heutigen Sinn reichen nur bis in die Zeit der Renaissance zurück.Zwar beschäftigten sich bereits antike Gelehrte wie Herodot, Aristoteles und Eratosthenes mit Sedimentgesteinen oder Versteinerungen von Muscheln, doch erst seit der Renaissance bemühten sich Forscher wie Leonardo da Vinci, die heutige Beschaffenheit der Erde zu erklären.
 
Eins der wichtigsten Probleme war zunächst, die zeitliche Reihenfolge von erdgeschichtlichen Ereignissen zu ermitteln oder gar, was wesentlich schwieriger ist, das Alter von Gesteinen oder Fossilien absolut zu bestimmen. Doch nicht nur die begrenzte Verfügbarkeit geeigneter Methoden bis weit ins 19. Jahrhundert hinein verhinderte wissenschaftliche Fortschritte bei der Altersbestimmung. Vielmehr waren die Forscher jener Zeit oft genug Opfer ihrer eigenen Spekulationen und vorgefassten Meinungen.
 
Der Gedanke, dass die Erde eine unvorstellbar weit zurückreichende Vergangenheit hat und dass sie während dieser Zeitspanne große Veränderungen durchmachte, lag den meisten Forschern jener Zeit fern. Nach biblischer Überlieferung sollte die Erde gerade einmal einige tausend Jahre alt sein. Das Bild der belebten Welt, so wie man es sich bis ins 19. Jahrhundert ausmalte, war geprägt vom katastrophalen Großereignis der Sintflut. Sämtliche Lebewesen, die man damals kannte, verdankten demnach ihre Existenz der rettenden Arche Noah. Sämtliche Ausprägungen der Kontinente sah man als Konsequenz dieser globalen Katastrophe. Berühmt wurde der Skelettfund eines tertiären Riesensalamanders bei Öhningen am Bodensee, der 1726 von dem Schweizer Naturforscher Johann Jakob Scheuchzer irrtümlich als das Gebein eines bei der Sintflut umgekommenen Menschen gedeutet wurde (»homo diluvii testis«).
 
 Geologische Schichten
 
Eins der Gesetze, nach denen die Geologie sich auch heute noch richten kann, entdeckte der dänische Naturforscher und spätere Bischof Niels Stensen bereits im 17. Jahrhundert bei einem Aufenthalt in der Toskana. Nach seinem Lagerungsgesetz oder Gesetz der Superposition ist in einer ungestörten Schichtenfolge eine obere Schicht immer jünger als die darunter liegende — eigentlich eine pure physikalische Notwendigkeit. Stensen formulierte noch zwei weitere Prinzipien. Er erkannte, dass die Schichten sich bei ihrer Bildung horizontal abgelagert haben mussten. Dieses Prinzip gilt aus heutiger Sicht nur eingeschränkt, denn auch auf geneigten Flächen — etwa einer Düne oder in Flussdeltas — können sich Sedimente schichtweise ablagern. Heute gilt daher: Fast alle Schichten lagen bei ihrer Bildung eher flach als stark geneigt. Stensens dritte Beobachtung führte schließlich zum Prinzip der ursprünglichen lateralen Kontinuität. Der Forscher bemerkte, dass an gegenüberliegenden Seiten von Tälern häufig dieselben Gesteine auftreten. Er deutete dies als Hinweis darauf, dass beide Gesteinsformationen ursprünglich zusammenhingen.
 
Stensens Beobachtungen und die Folgerungen daraus fanden über ein Jahrhundert lang kaum Beachtung, doch sie enthalten bereits die gedankliche Basis für eine relative Datierung geologischer Ereignisse. Stensens Lagerungsgesetz erlaubt eindeutige Aussagen über die zeitliche Abfolge der Bildung zweier Schichten. Leider sind die Dinge nicht ganz so einfach, wie es Stensens Prinzipien nahe legen. Nur selten findet man auf der Erde ungestörte Schichtenfolgen. Geologische Prozesse wie die Erosion oder tektonische Ereignisse wie eine Plattenverschiebung, die Auffaltung von Gebirgen (Orogenese) oder das Heben und Absenken von Gesteinsschichten (Verwerfungen) bringen zwar Stensens Lagerungsgesetz nicht zu Fall, dafür aber die Schichtfolgen buchstäblich durcheinander. Geologen sprechen in diesen Fällen von Diskordanzen.
 
Sedimente können unmittelbar nach der Ablagerung zeit- und stellenweise durch Erosion wieder abgetragen werden, oder ihre Ablagerung wird dort durch Erosionsvorgänge verhindert. Im Gegensatz zu anderen, entfernten Stellen mit vollständiger Schichtenfolge liegt dann hier eine Schichtlücke vor, trotz der ungestört scheinenden Schichtenfolge. Man spricht hierbei auch von einem Hiatus oder einer Erosionsdiskordanz. Die Schichtfolge stellt dann zwar immer noch ein »geologisches Tagebuch« dar, doch man kann nicht sicher sein, dass zwischendurch Eintragungen durch »Herausreißen« ganzer Blätter verloren gegangen sind.
 
Weitere »Manipulationen« erschweren das Lesen im Tagebuch der Schichtenabfolge: Da tektonische Ereignisse meist nur zu bestimmten Zeiten auftreten, erzeugen sie auch nur in den Gesteinen bis zu diesem Alter eine Störung. Auf schräg gestellte, ältere Schichten folgen etwa horizontal abgelagerte, jüngere Schichten. Man spricht in diesem Fall von Winkeldiskordanzen.
 
Manchmal erleichtern tektonische Ereignisse den Geologen die Arbeit bei der relativen Alterszuordnung von Gesteinen; beispielsweise wenn sie Leithorizonte hinterlassen. Leithorizonte stellen im geologischen Maßstab so etwas wie Zeitmarken dar. Ein Ascheniederschlag von einem großen Vulkanausbruch oder mehreren, annähernd zeitgleich stattfindenden Vulkaneruptionen lagert sich etwa über Tausende von Quadratkilometern hinweg als dünne Schicht ab. Für die vom Ascheregen erfasste Region wird ein schmales Tuffband in der Schichtenfolge zu einem einfach zu erkennenden Merkmal. Neben Vulkanausbrüchen können auch weltweite Meeresspiegelschwankungen, wie sie etwa bei Eiszeiten auftreten, solche Zeitmarken in Form von Leithorizonten setzen. Sinkt etwa der Meeresspiegel infolge einer massiven Vereisung um hundert oder zweihundert Meter ab, verlagern sich die Ablagerungen an den Küsten seewärts. Die neu gebildeten Strandsedimente haben dann global betrachtet alle ungefähr dasselbe Alter.
 
Die Stratigraphie beschränkte sich ursprünglich darauf, geologische Schichten zu beschreiben. Allmählich wandelte sich dieser Zweig der Geologie zur Formationskunde. Allgemein definiert sie sich heute als die Erforschung von Gesteinsschichten in Raum und Zeit. Das von Stensen entdeckte Tagebuch der Erde wies aber noch lange Zeit ein entscheidendes Manko auf: Die Abfolge der »Tagebucheinträge« ordnet zwar das zeitliche Nacheinander, doch über den Zeitpunkt der Entstehung einer Schicht und über die Dauer, die deren Aufbau erforderte, lässt sich daraus nichts entnehmen. Die Tagebucheinträge sind gleichsam undatiert.
 
 Eine neue Lesart
 
Der Berliner Bergrat Johann Gottlob Lehmann entwickelte gut ein Jahrhundert nach Niels Stensen die Stratigraphie zur historischen Geologie, also zur Erdgeschichte. Lehmann untersuchte die übereinander liegenden Sedimentschichten Thüringens und veröffentlichte 1756 seine Ergebnisse. Sein Buch trägt den langen, aber aufschlussreichen Titel: »Versuch einer Geschichte von Flötz-Gebürgen, betreffend deren Entstehung, Lage, darinne befindliche Metallen, Mineralien und Fossilien, größtentheils aus eigenen Wahrnehmungen, chymischen und physicalischen Versuchen, und aus denen Grundsätzen der Natur-Lehre hergeleitet«. Er eröffnete damit den modernen Weg geologisch-stratigraphischer Erkenntnisse und legte dar, dass nicht nur die Schichtabfolge selbst Informationen über geologische Abläufe preisgibt, sondern dass die in einer Schicht befindlichen Minerale, Metalle und Fossilien zusätzliche Informationen bieten.
 
Der englische Landvermesser William Smith erkannte als erster Praktiker, dass Gesteine gleichen Alters auch gleiche Fossilien enthalten. Heute spricht man von der Horizontbeständigkeit fossiler Arten in den Gesteinsschichten. Er entdeckte damit den Wert der in den Sedimenten enthaltenen Fossilien für die Altersbestimmung und machte dabei auf einen entscheidenden Punkt aufmerksam: Gesteine können gleich, ähnlich oder grundverschieden sein — wenn sie dieselben Fossilien enthalten, sind sie gleich alt. Smith verbreitete diese Hypothese, die sich erst viel später als zutreffend erweisen sollte, ab 1798 in Form handschriftlich kopierter Tabellen; ein von ihm verfasstes Buch mit einer Darstellung der geologischen Schichtenfolge Englands erschien zwanzig Jahre später. Smith wurde so zum Vater der Biostratigraphie.
 
Im Jahr 1835 veröffentlichten der britische Geologe Roderick Impey Murchison und der britische Zoologe Adam Sedgwick im Licht der Smith'schen Hypothese eine Arbeit, in der sie behaupteten, die bislang ältesten fossilhaltigen Formationen gefunden zu haben. Sie gaben ihnen den Namen »Silur« (bezeichnet nach den Silurern, einem keltischen Volksstamm in der englischen Grafschaft Shropshire) und »Cambrium« (in Anlehnung an den lateinischen Namen für Wales, »Cambria«). Die Unterscheidung beruhte im Wesentlichen darauf, dass die unteren, die »kambrischen« Schichten weniger Fossilien enthielten als die oberen, die »silurischen« Schichten.
 
Sedgwick hatte übrigens Jahre zuvor in Wales ältere fossilführende Schichten untersucht. Dabei assistierte ihm ein gewisser Charles Darwin, der dann 1831 zu seiner berühmten Reise um die Welt mit dem Forschungs- und Vermessungsschiff »Beagle« aufbrechen sollte. Leider gelang es Sedgwick damals nicht, eine von der silurischen Fossilfauna deutlich unterscheidbare kambrische Fauna nachzuweisen. Über Jahrzehnte hinweg blieb die Abgrenzung zwischen dem »Cambrium« und dem darüber liegenden »Silur« vage, und Murchison bezweifelte gar, dass es gerechtfertigt sei, von zwei unterschiedlichen Perioden zu sprechen.
 
Licht in die Angelegenheit brachte der schottische Lehrer Charles Lapworth. Aufgrund seiner Untersuchungen forderte er 1879 gar eine Dreiteilung der Perioden. Seine Fossilienfunde sprachen dafür, das Kambrium als älteste Fossilien tragende Schicht von der unteren, älteren Hälfte des »Silurs« und diese wiederum von der oberen, jüngeren — der tatsächlichen silurischen — Schicht abzutrennen. Er gab der neuen Schicht den Namen »Ordovicium« — ebenfalls in Anlehnung an einen keltischen Volksstamm in Wales. Lapworth lag mit seiner Analyse völlig richtig, auch wenn erst aussagekräftigere Fossilfunde in den präsilurischen Schichten von Böhmen, Schweden und Russland (Sankt Petersburg) seine zeitliche Gliederung, die bis heute gilt, stützten.
 
 Biologische Zeitmarken
 
Ein weiterer Wegbereiter der modernen Geologie ist Albert Oppel. Er präzisierte die biostratigraphische Arbeitsmethode durch den Begriff der »Zone« und verband ihn mit dem von Leopold von Buch geprägten Begriff der »Leitfossilien«. Beide Begriffe implizieren bereits evolutionsbiologisches Denken und entstanden just zu der Zeit, als Darwin 1859 die »Entstehung der Arten« publizierte. Oppel beschäftigte sich mit Jura-Formationen, also Gesteinen, die mehrere hundert Millionen Jahre später als die kambrischen oder silurischen Gesteine entstanden waren. Aufgrund der in diesen Gesteinen gefundenen Fossilien gliederte er den Jura in 32 Zonen. Auch für ihn diente als Kriterium, wie für William Smith und dessen Zeitgenossen, eine für jede Zone charakteristische Fauna. Doch er ging weiter. Dort, wo er erstmals auf eine bestimmte Art traf, begann für ihn eine neue Zone. Den Wechsel zur nächsten Zone markierte das Auftreten einer neuen Art, und so weiter. Oppel rechtfertigte so die Einteilung des Jura in 32 Zonen durch die Abfolge von unterschiedlichen Ammoniten-Arten.
 
Da in jeder Zone viele Arten zu finden sind, stellt sich das Problem der Auswahl. Oppel löste das Problem pragmatisch und klug zugleich. Er suchte nach Arten, die häufig und möglichst weit verbreitet waren, was freilich nur bei marinen Tieren zu erwarten war. Dies stellte sicher, dass sich Sedimentuntersuchungen über weite Gebiete hinweg zeitlich parallelisieren lassen. Außerdem sollten die Fossilien plötzlich und nicht »zu lange« auftreten, damit die Zonen scharf abgrenzbar bleiben und einen möglichst kurzen Zeitraum umfassen. Um Fehlinterpretationen zu vermeiden, sollten sie zudem möglichst zweifelsfrei und leicht zu identifizieren sein; alle diese Kriterien sind mit dem Begriff Leitfossilien verbunden. Ökologisch gesprochen — und ohne das zu wissen — suchte Oppel nach »Pionierarten«: Arten, die nach einem Umbruch ihre Chance zur Ausbreitung nutzen, aber bald von besser angepassten Arten abgelöst werden. Oppel definierte mit den Leitfossilien so etwas wie das biologische Pendant zu den Leithorizonten, nämlich zuverlässige Zeitmarken.
 
 Absolute Datierung
 
All diese Fortschritte können dennoch nicht darüber hinwegtäuschen: Im 19. Jahrhundert hatten die Geologen keine Chance, das absolute Alter der untersuchten Gesteinsformationen und der in ihnen eingeschlossenen Fossilien zu ermitteln. Einen ersten Versuch, zu absoluten Altersangaben zu kommen, machte der britische Physiker Lord Kelvin. Er stellte von 1865 an verschiedene Berechnungen über die Erdwärme und die Schnelligkeit der Abkühlung an, um so das Alter der Erde zu bestimmen. Kelvin nutzte die Beobachtung, dass die Temperatur in einem Bergwerkstollen mit zunehmender Tiefe zunimmt. Er interpretierte diesen Effekt als Abstrahlung einer Restwärme im Erdinnern, die noch aus der Zeit der Erdentstehung stammen musste. Er ging davon aus, dass sich die Erde seit ihrer Entstehung mit einer konstanten Rate abkühlt. Auf diese Weise bestimmte er das Alter der Erde zu höchstens 40, wahrscheinlich jedoch nur 20 Millionen Jahren.
 
Viele Geologen bezweifelten Kelvins Altersangabe. Sein Landsmann James Hutton etwa konnte Kelvin zwar keine anderen Berechnungen entgegenhalten, doch all das Wissen über geologische Prozesse, das er und viele andere Geologen aus den stratigraphischen Untersuchungen gewonnen hatten, sprach dafür, dass die Erde erheblich älter war — man schätzte ihr Alter überschlagsmäßig auf mehrere Hundert Millionen Jahre. Der Streit zwischen den Physikern um Kelvin und den Geologen um Hutton ließ sich indes nicht entscheiden.
 
Kelvins Ansatz zur Altersbestimmung der Erde sollte sich als richtig erweisen, obwohl seine Berechnungen falsch waren. Das erkannten Geologen sehr rasch, nachdem der französische Physiker Antoine Henri Becquerel das natürlich vorkommende radioaktive Element Uran entdeckt hatte. Becquerel konnte messen, dass Uran einem spontanen radioaktiven Zerfall unterliegt und dass es dabei Wärme abgibt. Schon bald wurden in Gesteinen weitere radioaktive Elemente entdeckt, sodass klar wurde, weshalb Kelvins Altersberechnung falsch sein musste. Die Erde verfügt nicht nur über die Restwärme ihrer »heißen« Anfangsphase, sondern sie beherbergt gewissermaßen einen Atomreaktor in ihrem Innern, der bis heute ständig Wärme freisetzt. Wir wissen inzwischen, dass diese Zerfallswärme einen gleich hohen Wärmebetrag liefert wie die Restwärme des heißen Erdkerns.
 
In einer anderen Hinsicht jedoch gab Kelvin mit seinen Überlegungen einen Denkanstoß für die aktuelle Klimaforschung. Nach seiner damaligen Auffassung nämlich ließe sich die Erdgeschichte in zwei Epochen teilen. Die erste Epoche, bis zum Ende des Mesozoikums, wäre die der langsamen Abkühlung des Planeten, während der das Klima von der aus der Tiefe kommenden Erdwärme bestimmt war. Das hatte zur Folge, dass das Klima überall wärmer und gleichmäßiger war. Die zweite Epoche, das Känozoikum, wäre dann die Zeit der Dominanz der Sonneneinstrahlung, wobei sich die beiden Polargebiete als kältere Regionen herausdifferenzierten.
 
In der Tat zeigt die heutige Klimaforschung, dass frühere Vereisungen immer einseitig, das heißt auf eine Hemisphäre beschränkt waren und dass die gleichzeitige Vereisung beider Polkappen ein Sonderfall ist, der sich seit der Kreide/Tertiär-Grenze (K/T-Grenze) entwickelte. Diese Klimatatsache könnte beim Aussterben der Dinosaurier eine noch zu erforschende Rolle gespielt haben.
 
 Atomare Uhren im Gestein
 
Die Entdeckung der natürlichen Radioaktivität entschied den Streit um das Alter der Erde zunächst zugunsten der Geologen. Nach heutigem Wissen ist die Erde sogar noch älter, als Hutton vermutete, nämlich 4,6 Milliarden Jahre.
 
Der Geologie bescherte die Entdeckung des Zerfalls der radioaktiven Elemente die Möglichkeit, das Alter eines Gesteins oder eines Fossils absolut zu bestimmen. Man nennt diese Methode die radiometrische Altersbestimmung. Sie basiert auf folgendem Prinzip: Von den meisten Elementen gibt es mehrere Isotope. Einige von ihnen sind instabil — sie unterliegen dem radioaktiven Zerfall. Sie senden entweder Alphateilchen — je zwei Protonen und zwei Neutronen — oder Betateilchen — Elektronen — aus. Beim Verlust eines Betateilchens geht ein Neutron im Atomkern in ein Proton über — die Kernladungszahl steigt um eins, es entsteht ein neues Element. Fängt umgekehrt ein Atom ein Elektron ein, so wandelt sich ein Proton im Kern zu einem Neutron um — wieder entsteht ein neues Element mit einer um eins verringerten Ordnungszahl.
 
Man bezeichnet radioaktive, also instabile Isotope eines Elements als Mutter-Isotope, die entstehenden Zerfallsprodukte dementsprechend als Tochter-Isotope. Ist nun die Zerfallsrate eines Isotops bekannt, dann lässt sich aus dem mengenmäßigen Verhältnis von Mutter- zu Tochterisotopen eines Elements das Alter einer Gesteins- oder Fossilienprobe bestimmen. Eine Kenngröße für die Zerfallsrate ist die Halbwertszeit. Sie gibt an, nach welcher Zeit die Hälfte des ursprünglich vorhandenen Mutter-Isotops zerfallen ist. Einige Isotope weisen Halbwertszeiten von Tausende von Jahren bis zu mehrere Milliarden Jahre auf. Auf sie greifen Geologen bei der radiometrischen Altersbestimmung zurück. Die kurzlebigeren Isotope wie Kohlenstoff 14 (Halbwertszeit 5730 Jahre) eignen sich für jüngere Proben; die langlebigsten Isotope wie etwa Rubidium 87 (Halbwertszeit 48,6 Milliarden Jahre) eignen sich auch für die ältesten Proben.
 
Gerade das letztgenannte Isotop ist für die Datierung von Gesteinen, die älter als 100 Millionen Jahre sind, besonders brauchbar. Es zerfällt zu Strontium 87, man spricht daher von der Rubidium-Strontium-Methode. Rubidium hat den Vorteil, dass es in vielen magmatischen und metamorphen Gesteinen sowie als Spurenelement auch in Sedimentgesteinen auftritt. Weitere für die radiometrische Altersbestimmung wichtige Elemente sind Uran 235, Uran 238 sowie Thorium 232, die zu verschiedenen Blei-Isotopen zerfallen.
 
Wohl am bekanntesten ist die Radiocarbon-Methode, auch C 14-Methode genannt. Sie basiert auf der Messung des Isotopenverhältnisses von Kohlenstoff 14 (C 14) zu Kohlenstoff 12 (C 12). Aufgrund der relativ kurzen Halbswertszeit von Kohlenstoff 14 eignet sich die Radiocarbon-Methode nur für Proben, die jünger als 70 000 Jahre sind. Kohlenstoff 14 entsteht in geringen Mengen in der oberen Erdatmosphäre. Pflanzen bauen es bei der Photosynthese ebenso ein wie das stabile Isotop Kohlenstoff 12. Stirbt nun die Pflanze — etwa ein Baum — ab, endet die Aufnahme von Kohlenstoff, das radioaktive Isotop Kohlenstoff 14 zerfällt fortan mit der bekannten Rate. Je älter eine Probe ist, desto geringer ist daher ihr relativer Gehalt an Kohlenstoff 14.
 
 Fossilien versus Isotope
 
Auch wenn die Halbwertszeiten konstant sind, liefert die radiometrische Altersbestimmung oft nur ungefähre Altersangaben, etwa wegen unvermeidbarer Messfehler. Beispielsweise lassen sich bei magmatischen Gesteinen oft nur Zeiträume angeben. Das Alter einer Schicht wird dann mit einer Schwankungsbreite für das Höchst- und das Mindestalter angegeben.
 
Bei der Altersbestimmung sticht daher die radiometrische Methode die Bestimmung anhand von Fossilien, die man einer Biozone zuordnen kann, durchaus nicht immer aus. Vielmehr ergänzt die absolute Altersbestimmung mit physikalischen Mitteln die relative Datierung anhand von Fossilien, indem sie Zeitangaben in Jahren erlaubt. Leider ist die Schwankungsbreite solcher Angaben, das heißt ihr Messfehler, immer noch größer als die Dauer einer Biozone.
 
Die Angabe von Erdzeitaltern in Jahren ist auch aus anderen Gründen problematisch. Als Geologen etwa die Tageszuwachsringe silurischer und devonischer Einzelkorallen zählten, stellten sie fest, dass ein Jahr im frühen Devon 405 Tage hatte; ein kambrisches Jahr gar 425 Tage. Da das Jahr aber immer gleich lang war, muss in früheren Zeiten die Tageslänge kürzer gewesen sein. Wenn Geologen heute ein geologisches Alter in Jahren angeben, beziehen sie diese Angabe auf das gegenwärtige mittlere Sonnenjahr.
 
Somit ergänzten und ergänzen sich Biostratigraphie, Lithostratigraphie und Geochronologie. Letztere beschreibt das erdgeschichtlich-geotektonische Geschehen, die Großgliederung der Erdgeschichte durch gebirgsbildende Vorgänge. Das Ergebnis aller Methoden und Forschungsrichtungen ist die Synthese in der geologischen Zeitskala.
 
Prof. Dr. Rudolf Daber
 
Literatur:
 
Probst, Ernst: Deutschland in der Urzeit. Von der Entstehung des Lebens bis zum Ende der Eiszeit. München 1986.
 Rey, Jacques: Geologische Altersbestimmung. Aus dem Französischen. Stuttgart 1991.
 Schwarzbach, Martin: Das Klima der Vorzeit. Stuttgart 51993.
 
Städte unter Wasser. 2 Milliarden Jahre, herausgegeben von Fritz F. Steininger und Dietrich Maronde. Frankfurt am Main 1997.
 Stanley, Steven M.: Historische Geologie. Aus dem Amerikanischen. Heidelberg u. a. 1994.
 Steiner, Walter: Europa in der Urzeit. Die erdgeschichtliche Entwicklung unseres Kontinents von der Urzeit bis heute. München 1993.


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