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BRITISCHES REICH: RULE BRITANNIA!

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Britisches Reich: Rule Britannia!
 
»Herrsche, Britannien, beherrsche die Meere« - » Rule Britannia, Britannia Rule the Waves«, so hatte der Dichter James Thomson 1740 geschrieben und damit jene Verse verfasst, die bald zum Text einer viel gesungenen patriotischen Hymne wurden. Sie standen wie ein Motto über dem 18. Jahrhundert, in dem die Grundlagen für das Britische Empire gelegt wurden. Die koloniale Expansion war zum nationalen Prinzip geworden, von den wirtschaftlichen Vorteilen gar nicht zu sprechen. Das Jahr 1763 war dafür entscheidend, denn mit dem Sieg über Frankreich im Siebenjährigen Krieg konnte Großbritannien nicht nur seine Vormachtstellung in Europa behaupten, sondern auch jene über die Meere ausbauen. Das katholische Frankreich war der politische und zugleich konfessionelle Hauptgegner im Ringen um die Vorherrschaft in der Welt. In der Folge der Glorreichen Revolution von 1688 bestand Großbritanniens Erfolgsrezept darin, politische Stabilität, parlamentarische Liberalität, die Dominanz eines starken Adels, eine verfassungsmäßig eingeschränkte Monarchie sowie stetiges wirtschaftliches Wachstum miteinander zu verbinden.
 
Dafür war der Kolonialbesitz seit der Besiedlung der Ostküste Amerikas unerlässlich geworden.Man kann davon ausgehen, dass die Kolonien ebenso von Großbritannien beeinflusst wurden wie diese ihrerseits auf die Identität des Mutterlands einwirkten. Großbritannien war der größte Handelsstaat Europas, der sich um die Mitte des 18. Jahrhunderts ungefähr 6 000 Handelsschiffe mit etwa 100 000 Seeleuten leistete. Im atlantischen Dreieckshandel wurden Baumwollstoffe und andere Manufakturwaren von den britischen Häfen nach Westafrika geschafft und dort gegen Negersklaven eingetauscht, die zu den Plantagenkolonien der Westindischen Inseln gebracht wurden. Auf dem Rückweg transportierten die Schiffe Tabak, Rum, Baumwolle und Zucker nach Großbritannien. Zumindest bis zur Unabhängigkeitserklärung der 13 amerikanischen Kolonien 1776 und während der ersten Phase der industriellen Revolution konzentrierte sich das Empire noch ganz auf den atlantischen Raum. Im 19. Jahrhundert lag dann sein Schwerpunkt in Asien, Australien und später Afrika.
 
 Die britischen Kolonialgebiete
 
Der Siebenjährige Krieg 1756-63 hatte deutlich gemacht, wie wichtig das Empire für Großbritanniens Stellung als europäische Großmacht und sein nationales Überleben geworden war. Zwar verlor es als Konsequenz von 1776 fast alle Besitzungen in Nordamerika, aber dafür gewann es in Asien beträchtlich dazu. Um 1770 betrug die Bevölkerungszahl in den amerikanischen Kolonien, hauptsächlich Siedler, etwa 2,3 Millionen. Die überwiegende Mehrheit in den Westindischen Inseln aber machten Sklaven aus. Hier hatte England mit Jamaika schon seit 1655 einen Stützpunkt, im 18. Jahrhundert erhielt es als Kriegsgewinn noch zahlreiche weitere dazu, zuletzt 1815 Britisch-Guayana. In der Karibik waren die unermesslich großen Zuckerplantagen die wichtigste Einnahmequelle.
 
Die Kontrolle über die asiatischen Gebiete hatte lange Zeit in den Händen der britischen Ostindischen Kompanie gelegen, die den Handel von Europa über das Kap der Guten Hoffnung zu den Küsten Indiens beherrschte. Auch hier ist im Anschluss an 1763 und insbesondere nach den Napoleonischen Kriegen ein außerordentlicher Machtzuwachs zu erkennen: Ganz Ostindien bis Bengalen, das Tal des Ganges und Ceylon, das heutige Sri Lanka, insgesamt etwa 40 Millionen Menschen, standen unter britischer Kontrolle, desgleichen auch der chinesische Hafen von Kanton. Dem entsprachen Steuereinnahmen von 18 Millionen Pfund, das war ungefähr ein Drittel der Einnahmen, die die britische Steuerbehörde in Friedenszeiten im eigenen Land erzielte. Um 1815 hatten die Briten in Indien eine Armee von 30 000 Soldaten stationiert, dazu kamen noch weitere etwa 140 000 indische Soldaten. Schließlich gehörten zum Empire auch Malta, Gambia und die Goldküste im Westen Afrikas, die Kapkolonie, Sankt Helena und die Südspitze Australiens.
 
 Handel, Herrschaft und Krieg
 
Mit einem Blick auf die Weltkarte lässt sich erkennen, dass das Britische Empire in erster Linie ein Weltreich über die Meere war. Während die Schifffahrt nach Amerika schon fast Routine war, dauerte die Reise nach Indien durchschnittlich sechs Monate. Der Handel mit Indiens wertvollen Gütern wie Tee, Seide und Stoffen war zwar vergleichsweise lohnend, viel größere Ausmaße hatte jedoch der Handel über den Atlantik mit Zucker oder Baumwolle. Erst in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts, spätestens seit 1776, verlagerte sich der Schwerpunkt allmählich vom Atlantik zum Fernen Osten. Besonders ertragreich war der Teehandel mit China, der in den 1790er-Jahren jährlich 20 Millionen Pfund einbrachte und von der Ostindischen Kompanie beaufsichtigt wurde. Man spricht daher für die Phase nach dem Siebenjährigen Krieg von einem »zweiten Empire«.
 
Zur Verteidigung und Erweiterung des Empires und des weltweiten Handels war eine starke Flotte nötig. Im Gegensatz zu den meisten europäischen Mächten setzte Großbritannien nicht auf ein stehendes Heer, das ja eher den Interessen der Monarchie diente und leicht zu Machtmissbrauch führen konnte, sondern auf eine perfekt organisierte Seeherrschaft, deren glänzende Siege im Volk viel Popularität genossen. Seekriege waren ein geeignetes Mittel zur Vergrößerung des Empire, das auf Kosten der Franzosen (Mauritius), Spanier (Trinidad) und Niederländer (Kapkolonie) kontinuierlich wuchs. So entstanden die im Unterschied zu den zuvor eroberten Siedlungskolonien Kronkolonien. Vom Ende des 17. bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts herrschte zwischen Großbritannien und Frankreich siebenmal der Kriegszustand, was für Frankreich schließlich bedeutete, ganz aus seinen nordamerikanischen Besitzungen verdrängt zu werden und fortan nur eine untergeordnete Rolle im Indienhandel zu spielen. In Wirklichkeit also ging es um mehr als um die bloße Verteidigung von Handelsinteressen: Großbritannien baute systematisch sein Weltreich auf und besaß damit, neben der Krone, ein zweites Symbol, mit dem sich Engländer, Schotten, Iren und Waliser gleichermaßen identifizieren konnten. Und umgekehrt kam es zu einer kulturellen und sozialen Anglisierung der Kolonien, zum Beispiel durch Kolonialeliten, die sich das Londoner Gesellschaftsleben, die englische Literatur und die heimischen kulturellen Normen für das Leben in der Fremde zum Vorbild nahmen. Als die amerikanischen Kolonisten 1776 gegen das britische Parlament aufbegehrten, nahmen sie im eigentlichen Sinne Freiheitsrechte in Anspruch, die man seit 1688 als »urbritisch« bezeichnen könnte.
 
Doch trotz des Verlustes der 13 nordamerikanischen Kolonien und auch einer zeitweiligen parlamentarischen Unabhängigkeit in Irland zwischen 1782 und 1800 zog Großbritannien keine Konsequenzen für seine imperialen, sowohl militärisch-direkten als auch wirtschaftlich-indirekten Herrschaftsmethoden. Nicht zuletzt dank der Schwäche der europäischen Gegner im maritimen Kampf um die Vorherrschaft in der Welt konnte sich die Insel nach den Napoleonischen Kriegen 1815 die »Splendid Isolation« genannte Politik der »freien Hand« gegenüber Europa leisten und die Tradition seiner Kolonialpolitik weiterführen, wie sie sich 1763 bewährt hatte. Überdies hatte sich der britische Handel gegen Ende des 18. Jahrhunderts weltweit, das heißt über die Grenzen des Empire hinaus, entwickelt; zum damals größten Markt gehörten auch die gerade in die Unabhängigkeit entlassenen Vereinigten Staaten. Damit hatte Großbritannien durch seine imperiale Politik und seine, durch die industrielle Revolution geförderte, protektionistische Handels- und Wirtschaftspolitik im Sinne des Merkantilismus bereits im 18. Jahrhundert die Weichen für die globalen Entwicklungen der folgenden 200 Jahre gelegt.
 
Dr. Benedikt Stuchtey


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