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ETRUSKER: GRANULIERTER GOLDSCHMUCK UND ARCHAISCHE BRONZEN

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Etrusker: Granulierter Goldschmuck und archaische Bronzen
 
Die Etrusker, seit dem 8. Jahrhundert v. Chr. in Mittelitalien fassbar und in der Folge eines der wichtigsten Völker der antiken Welt, haben vor allem auf dem Gebiet der Kunst bedeutende Leistungen hervorgebracht. Die einheimische Kunstproduktion ist es auch, die uns beweist, dass zwischen der vorgeschichtlichen Villanovakultur des 9./8. Jahrhunderts v. Chr. und der Blütezeit der etruskischen Kultur (7.-2. Jahrhundert v. Chr.) kein Bruch besteht, dass vielmehr die Entwicklung kontinuierlich vor sich ging. Äußerer Anstoß für das Aufblühen der etruskischen Kultur waren die engen Kontakte mit den ostmediterranen Völkern der Phöniker und Griechen, die im Westen neue Siedlungen gründeten, auf der ständigen Suche nach Rohstoffen waren (besonders Silber und Eisen) und Absatzmärkte suchten, wo sie ihre hochwertigen Produkte auf den Markt bringen konnten. Als Handelspartner war niemand geeigneter als das Volk der Etrusker: Selbst über günstige Häfen verfügend und über ein ungewöhnlich fruchtbares sowie erzreiches Land, war es nur natürlich, dass die bis zum 8. Jahrhundert noch bescheidenen Siedlungen sich schon im 7. Jahrhundert zu mächtigen Handelsstädten entwickelten. Wesentlich gefördert wurde der wirtschaftliche Aufschwung durch eine offene Gesellschaftsstruktur, die es Fremden ermöglichte, sich in Etrurien niederzulassen und rasch aufzusteigen.
 
Bestes Beispiel für diesen »Wirtschaftsboom« im 7.Jahrhundert v. Chr. ist Cerveteri: Im 8. Jahrhundert noch rein dörflich und agrarisch ausgerichtet, finden wir schon im frühen 7. Jahrhundert eine sozial gestaffelte Gesellschaft vor, deren führende Familien sich in monumentalen Grabanlagen bestatten ließen und dabei keine Kosten scheuten, ihren gehobenen Status auch durch entsprechend wertvolle Beigaben zu dokumentieren. Leider sind fast alle diese frühen Grabanlagen schon seit der Antike ausgeraubt, da sie weithin sichtbar waren. Umso größer war die Überraschung, als im Jahr 1836 endlich ein derartiges »Fürstengrab« ungestört geöffnet werden konnte, die nach ihren Entdeckern genannte »Tomba Regolini-Galassi«. Unter den Beigaben für drei Bestattungen befanden sich ein bronzenes Totenbett, zwei Holzwagen mit Bronzebeschlägen, zahlreiche verzierte Bronzeverkleidungen von Schilden, dazu kostbares Tafelgeschirr, zum Teil aus getriebenem Silber, sowie schließlich Goldschmuck, der von der hohen Kunstfertigkeit einheimischer Werkstätten zeugt.
 
Herausragendes Exemplar ist eine 31,5 cm lange Goldfibel, das heißt eine Gewandspange, deren Oberseite aus drei Teilen besteht, einer leicht oval geformten Scheibe mit gestanzten Motiven, fünf schreitenden Löwen und zwei umlaufenden Blütenfriesen, ferner aus zwei schmalen Halbzylindern von 24 cm Länge, jeweils mit Zickzackbändern verziert, sowie einer kleineren elliptischen Platte mit sechs Reihen eingestanzter Sphingen, die von 55 sitzenden Löwen flankiert werden. Nicht nur, dass die winzigen Löwen vollplastisch gearbeitet sind: Bei genauem Hinsehen ergibt sich, dass sämtliche Konturlinien der beschriebenen Bildmotive und auch die sitzenden Löwen einst mit kleinen Goldkügelchen besetzt waren, eine ungeheure Arbeitsleistung, die auch ein hohes technisches Können voraussetzt. Diese Technik der aufgesetzten Goldkügelchen, Granulation genannt, war im Alten Orient weit verbreitet und stand besonders im minoischen Kreta und bei den Phönikern in hoher Blüte. Schon die orientalischen Bildmotive wie schreitender Löwe, Sphinx und Lotosblüten deuten es an: Die Technik der Granulation ist über eingewanderte Phöniker in Etrurien heimisch geworden. Das hat den Künstler der Fibel aus der Tomba Regolini-Galassi aber nicht daran gehindert, als Typus eine einheimische, bis ins 9. Jahrhundert v. Chr. zurückverfolgbare Fibelform zu wählen, die Scheibenfibel der Villanovazeit, nur ist sie größer, verfeinerter, reich verziert und aus Edelmetall. So steht diese Goldfibel für eine aufblühende Kultur, die alteinheimische Tradition eindrucksvoll verbindet mit neuem technischen Wissen, das den Phönikern des östlichen Mittelmeerraums verdankt wird. Es wird verständlich, warum diese erste Blütezeit der etruskischen Kultur als »orientalisierende Phase« bezeichnet wird.
 
Eine Untersuchung hat ergeben, dass einst über 120 000 Kügelchen auf der Goldfibel aus der Tomba Regolini-Galassi befestigt waren. Trotz vieler Versuche in der Vergangenheit, darunter auch Experimente des berühmten Renaissance-Goldschmiedes Cellini aus Florenz, ist es erst in jüngster Zeit gelungen, das Herstellungsverfahren der Granulationstechnik im einzelnen zu rekonstruieren. Ausgangsprodukt waren fadenartig dünne Golddrähte, die zerhackt und geschmolzen und sodann mittels einer Verbindung aus Kupfersalzen und organischen Klebstoffen festgelötet wurden. Die Kügelchen von etwa 0,3 mm Durchmesser dienten entweder zur Unterstreichung von Konturlinien oder auch als Binnenfüllung von Tieren oder Blüten, wobei im letzteren Fall sogar noch kleinere, nur 0,1 mm große Kügelchen Verwendung fanden. Mit bloßem Auge nicht mehr sichtbar und wie aufgepickt wirkend, hat sich für diese extrem feine Technik die Bezeichnung »Staubgranulation« durchgesetzt.
 
Neben den Phönikern sind es vor allem und mehr noch die Griechen, die prägend auf die etruskische Kultur eingewirkt haben; denn während der Orient nur in der Frühzeit und nur in Teilbereichen dominierte, war der griechische Einfluss dauerhafter und vielfältiger. Nicht umsonst wird die auf die Villanovazeit folgende Kulturstufe des 7. und 6. Jahrhunderts v. Chr. auch in Etrurien als »Archaik« bezeichnet. Vor allem ist es das griechische Menschenbild, das sich in Etrurien mehr und mehr durchsetzte und dabei ältere einheimische und orientalische Formen zurückdrängte. In der Übergangszeit vom 7. zum 6. Jahrhundert v. Chr. können alle drei genannten Einflüsse noch miteinander vereint auftreten: so in einer 34 cm hohen Bronzebüste einer Frau aus dem »Isisgrab« von Vulci, die einen Vogel in der vorgestreckten Rechten hält, bei dem sich deutliche Reste eines Goldüberzugs erhalten haben. Die Form der Büste, das heißt die Reduzierung der Frau auf Kopf und Oberkörper, ist ein gerade im Gebiet von Vulci auftretendes, in die Villanovazeit zurückreichendes Element, das auch später immer wieder auftritt. In hohem Maße auf einheimischer Tradition fußen auch der überlängte Kopf, die strengen Einzelformen des Gesichtes sowie der lange, spitz auslaufende Rückenzopf, während die beiden vorne über die Schultern fallenden Haarflechten offenbar eher auf griechischen Einfluss hindeuten. Orientalisch-phönikisch ist hingegen die Sitte, Plastiken mit dünner Goldfolie zu überziehen, wie sie der Vogel noch aufweist und wie sie ursprünglich vielleicht auch die gesamte Büste besaß.
 
Im 6. Jahrhundert v. Chr. setzt sich das griechische Menschenbild in Etrurien vollständig durch, und hierbei ist es vor allem der Kuros-Typus des nackten, frontal ausgerichteten jungen Mannes. Wie in Griechenland handelte es sich vorwiegend um Weihegaben in Heiligtümern, der Typus konnte aber auch als Schmuck von Geräten Verwendung finden sowie in Flachrelief gearbeitet sein.
 
In der Spätphase der Archaik, ab etwa 500 v. Chr., lässt sich eine neue Entwicklung beobachten, die für die künftige Plastik in Etrurien von großer Bedeutung wird: Die Bronzestatuetten werden größer und schmaler, sie wirken wie in die Länge gezogen. Höchst qualitätvolle Statuetten wie der Krieger aus dem Votivdepot von Brolio im Chianatal verdeutlichen, dass nicht künstlerisches Unvermögen für die veränderten Körperproportionen verantwortlich war, sondern eine andere Sehweise: Nicht der Gleichklang der Körperproportionen ist verbindlich, sondern ein expressives Menschenbild. Diese neue Sehweise entwickelte sich in den beiden kommenden Jahrhunderten weiter und gipfelte im 4. und 3. Jahrhundert v. Chr. in extrem überlängten Statuetten wie der »Ombra della Sera« in Volterra, bei der nur noch der Kopf den natürlichen Proportionen folgt, während der übrige Körper wie ein Strich erscheint. Alberto Giacometti, der - angeblich ohne direkten Einfluss der etruskischen Bildwerke - ganz ähnliche Plastiken geschaffen hat, wollte auf diese Weise die Leichtigkeit, ein Schweben des menschlichen Körpers zum Ausdruck bringen. Ob die Etrusker ebenso empfanden, wissen wir nicht. In jedem Fall ist es aber bemerkenswert, dass sie dem in der Antike dominierenden Kanon der griechischen Klassik mit diesen Figuren ein eigenständiges Bild des Menschen entgegenstellten, das über 2 000 Jahre später eine erneute Wertschätzung erfährt.
 
Prof. Dr. Friedhelm Prayon
 
Literatur:
 
Die Etrusker. Kunst und Geschichte, bearbeitet von Maja Sprenger. Aufnahmen von Max und Albert Hirmer. München 1977.
 
Die Etrusker, Texte von Mauro Cristofani u. a. Sonderausgabe Stuttgart u. a. 1995.
 Pallottino, Massimo: Etruskologie. Geschichte und Kultur der Etrusker. Aus dem Italienischen von Stephan Steingräber. Basel u. a. 1988.
 Prayon, Friedhelm: Die Etrusker. Geschichte, Religion, Kunst. München 1996.


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