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CHEMIENOBELPREIS 1953: HERMANN STAUDINGER

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Chemienobelpreis 1953: Hermann Staudinger
 
Der deutsche Wissenschaftler erhielt den Nobelpreis für Chemie für seine Entdeckungen auf dem Gebiet der makromolekularen Chemie.
 
 Biografie
 
Hermann Staudinger,*Worms 23. 3. 1881, ✝ Freiburg im Breisgau 8. 9. 1965; 1903 Promotion im Fach Chemie an der Universität Halle, 1907 Professor für organische Chemie an der Technischen Hochschule Karlsruhe, 1912 Wechsel an die ETH in Zürich, 1926 an die Universität Freiburg; gilt als Begründer der Chemie der Makromoleküle und Polymere.
 
 Würdigung der preisgekrönten Leistung
 
In jenen chemischen Laboratorien, die sich der organischen Chemie verschrieben haben, sind Polymerisationen in der Regel eine unerwünschte Erscheinung. In der Synthese einer Verbindung entsteht anstelle der gewünschten, reinen Substanz dann eine klebrige, kaum lösliche Masse im Kolben, vulgärchemisch eine Pampe.Hermann Staudinger schuf die geistigen Grundlagen, die solche missglückten Laborexperimente ebenso wie die Kunststoffproduktion und biochemische Reaktionen zu deuten helfen.
 
 Pionier auf dem Gebiet der Makromoleküle
 
Die von den gewöhnlichen Chemikalien sehr verschiedenen Eigenschaften der Makromoleküle, großer Moleküle, die sich aus 1000 und mehr Atomen zusammensetzen, ließen vorübergehend eine eigene Klassifikation entstehen, die nach der Herkunft der Stoffe und nicht nach deren chemischen Eigenschaften differenzierte. Zu den natürlich vorkommenden Makromolekülen zählen Kohlenwasserstoffe wie Kautschuk und die verwandten Formen Guttapercha (eingesetzt zur Isolierung von Kabeln) und Balata (nicht vulkanisierbar, verwendet für Treibriemen), Polysaccharide wie Cellulose, Stärke als Energiespeicher der Pflanzen, Pektine (»Schleimstoffe«) und Chitinverbindungen (Insektenpanzer), Polynucleotide wie die Nucleinsäuren als Träger der Erbinformationen, Proteine (»Eiweiß«) und Enzyme als biochemische Katalysatoren, Lignin als Gerüststoff der Pflanzen (wie Cellulose) sowie Gerbstoffe, die bereits den Übergang zu niedermolekularen Substanzen bilden. Vulkanisierter, also chemisch vernetzter Kautschuk, Kunstseide, Cellophan, Leder oder die zu Sprengstoff ebenso wie zu Wursthäuten zu verarbeitende Nitrocellulose sind verarbeitete makromolekulare Substanzen.
 
Die ausschließlich synthetisch gewonnenen Produkte werden nach Polymerisaten, Polykondensaten und Polyadditionsprodukten und damit nach dem chemischen Reaktionsmechanismus ihrer Darstellung unterschieden. Staudinger definierte 1920 als »Polymerisationsprozesse (...) alle Prozesse, bei denen zwei oder mehrere Moleküle sich zu einem Produkt mit gleicher Zusammensetzung, aber höherem Molekulargewicht, vereinigen«. Nach einer neueren Definition ist eine Polymerisation eine sich wiederholende Addition eines Monomers (einer Einzelverbindung als Baustein) an eine aktivierte Kette. Eine Polykondensation liegt dann vor, wenn sich bei diesem Prozess niedermolekulare Verbindungen abspalten, etwa Wasser. Bei einer Polyaddition reagieren verschiedene Monomere in Form einer sich wiederholenden Addition.
 
Der Weg zu der heute so einleuchtend erscheinenden Konzeption des Aufbaus eines Makromoleküls führte über eine Diskussion der chemischen und physikalischen Vorgänge in kolloiden Lösungen. Ein Kolloid ist ein System aus zwei oder mehreren Stoffen, die einen Mischungszustand zwischen niedermolekularer Mischung und grobkörnigem Gemenge bilden. Ein Stoff liegt in kolloidalem Zustand vor, wenn der Durchmesser der Elementarteilchen zwischen 10-7 und 10-9 m liegt, also zwischen einem zehntausendstel und einem millionstel Millimeter. Diese Elementarteilchen in der dispersen, also feinstverteilten Phase werden von einem Dispersionsmittel aufgenommen.
 
Kolloide bestehen aus Partikeln einer Größe von 1000 bis 1 Milliarde Atomen, gehen durch Filterpapier hindurch und können mikroskopisch nicht mehr beobachtet werden. Sie lassen sich durch eine halbdurchlässige (»semipermeable«) Membran auf dem Weg der Dialyse nicht auftrennen, im Gegensatz zu niedermolekularen Verbindungen aus zwei bis 1000 Atomen. Makromolekulare Partikel mit mehr als 1 Milliarde Atomen sind mikroskopisch sichtbar und werden durch Filterpapier zurückgehalten.
 
Im Aufbau und ihren Eigenschaften sind Makromoleküle danach zu unterscheiden, ob sie in kolloidalem Zustand »fadenartig« oder »sphärisch« vorliegen. Das Protein Haemoglobin etwa bildet ein Sphärokolloid, es liegt in festem Zustand puderartig vor, kann nicht aufquellen und ergibt eine Lösung geringer Viskosität (Zähflüssigkeit). Das lineare Polysaccharid Cellulose ist in festem Zustand faserartig und hart, kann beträchtlich aufquellen und ergibt eine hochviskose Gellösung.
 
Um diese Eigenschaften zu erklären, war zu Staudingers Zeit in den 1920er-Jahren zunächst ein Modell favorisiert, wonach die bekannten makromolekularen Naturstoffe aus kleinen Molekülen bestünden, die sich in einer Lösung unter Beibehaltung ihres individuellen Molekülcharakters zu einem größeren Verband zusammenlagerten (Micellen). In dieser Weise wird die Auflösung von Seife in Wasser interpretiert. Es währte fast ein Jahrzehnt, bis sich die von Staudinger schon früh (1920) vertretene Ansicht durchsetzte, dass es sich bei den fraglichen kolloid gelösten Substanzen um längerkettige Makromoleküle handelte. Staudinger hatte mit seinen diesbezüglichen Anschauungen den nahezu einhelligen Widerstand seiner Fachkollegen zu überwinden. Als Ergebnis der Arbeiten verschiedener Forscher und eigenen Arbeiten Staudingers zu verschiedenen makromolekularen Naturstoffen zeigte sich, dass Makromoleküle einen regelmäßigen Aufbau besaßen, der durch eine sich wiederholende so genannte Elementarzelle beschrieben werden konnte. Damit waren die Befunde mit bewährten theoretischen Vorstellungen über die Struktur und den Aufbau organischchemischer Moleküle zu erklären. Ihr Verhalten bestimmten die im Molekül und nicht zwischen verschiedenen Molekülen wirkende Kräfte. Grundlegend für die Aufklärung des Aufbaus und der Untersuchung der Eigenschaften der Makromoleküle war somit eine Kombination der probaten Methoden der organischen Chemie und der experimentellen Analyseverfahren der Kolloidchemie. Staudinger stützte seine Theorie über die Existenz und den Aufbau von Makromolekülen durch die Untersuchung der Endprodukte der Reaktionen so genannter Makroradikale. Theoretisch einfach waren in der experimentellen Durchführung diverse Schwierigkeiten zu meistern, etwa dass geringste Spuren von Luftsauerstoff den Abbau der aus den Makroradikalen gebildeten Produkte forcieren. Staudinger diente der Nachweis dieser Produkte in Verbindung mit theoretischen Überlegungen zur Reaktionskinetik, also zum vorhersagbaren Ablauf der Reaktion, zur Bestätigung seiner Hypothesen.
 
Staudinger entwarf für die Chemie der Makromoleküle eine eigenständige gedankliche Konzeption, die er durch zweckmäßige Experimente überprüfte. Damit entsprach er einem verbreiteten und idealisierten Bild eines der reinen Wissenschaft verschriebenen Naturforschers. Diese (Selbst-) Inszenierung erfuhr dadurch weitere Nahrung, dass Staudinger zu Beginn der NS-Diktatur mit den neuen Machthabern im Streit lag, sich später aber, wie so viele andere auch, mit ihnen arrangierte. Die Zukunftsperspektive der makromolekularen Chemie, die Staudinger selbst als Teilgebiet der organischen Chemie betrachtete, sah er in der Aufklärung von Naturvorgängen, ganz im Sinne einer Wissenschaft von der Natur. Das heraufziehende Zeitalter der Kunststoffe, des Plastiks, war zum Zeitpunkt der Verleihung des Nobelpreises an ihn erst schemenhaft zu erkennen. Praktisch sind die Arbeiten von Guilio Natta und Karl Ziegler (Nobelpreis 1963) als Durchbruch zu werten, die gedankliche Konzeption führte Paul John Flory weiter (Nobelpreis 1974).
 
N. Fuchsloch


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