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ERDGESCHICHTE AUS SICHT DER GEOLOGIE UND PLANETENKUNDE

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Erdgeschichte aus Sicht der Geologie und Planetenkunde
 
Erdgeschichte im Zeitraffer
 
Könnte man das Alter der Erde, das aufgrund geologischer und astronomischer Messungen übereinstimmend mit etwa 4,5 bis 4,6 Milliarden Jahren angegeben wird, auf die Dauer eines normalen Kinofilms schrumpfen, ließe sich die Geschichte unseres Planeten innerhalb von 90 Minuten gleichsam wie mit einem extremen Zeitraffer betrachten. Doch selbst ein derart komprimierter Film hätte — zumindest über weite Strecken — unschöne »Längen«: Quasi im Vorspann sähe man die Entstehung von Erde und Mond, nach einer Viertelstunde würden erste Lebensformen in den Ozeanen auftauchen, nach weit mehr als einer Stunde würde das Festland von Pflanzen, dann auch von Tieren erobert. Doch selbst ein noch so genaues Hinsehen wäre vergebens, wollte man in diesem Film auch nur etwas über die Zeit der Hochkulturen auf unserem Planeten erfahren, über die letzten 5000 Jahre der Menschheitsgeschichte: So wäre das letzte Einzelbild des Films vor rund 35000 Jahren entstanden, als Europa noch von Mammuten und dem Neandertal-Menschen bevölkert wurde.
 
Um diesen Film über unsere Erde auch nur um wenige Minuten zu erweitern, müssen wir also weit in die Zukunft blicken: Die durchschnittliche Dauer einer Tagesschaumeldung — etwa 1 Minute 20 Sekunden — entspräche in unserem Maßstab bereits rund 66 Millionen Jahren!
 
Dreht man das Rad der Erdgeschichte um diesen Zeitraum zurück, zeigt sich die Erde als anderer Planet.Hätte man sie damals etwa vom Mond aus durch ein Fernrohr betrachtet, so wäre zuerst wohl die andere Verteilung von Land- und Wassermassen aufgefallen: Der amerikanische Doppelkontinent hatte sich vor dieser Zeit noch nicht allzu weit von Europa und Afrika entfernt, Indien trieb noch losgelöst in nördlicher Richtung auf den eurasischen Kontinent zu, und auch Australien und die Antarktis hatten noch nicht ihren heutigen Platz erreicht. Der Pazifische Ozean, der heute fast eine ganze Hemisphäre der Erde bedeckt, war damals um einiges größer.
 
Auch die Erde selbst wäre damals vom Mond aus gesehen geringfügig (um 0,4 Prozent) größer erschienen und hätte sich etwas schneller um ihre Achse gedreht (in 23 Stunden 40 Minuten), denn Erde und Mond waren zu jener Zeit einander im Mittel etwa 1500 Kilometer näher als heute.
 
Wenn die Tage länger werden
 
Dass Erde und Mond sich gegenseitig beeinflussen, ist den Menschen seit langem bekannt: Der ständige Wechsel der Gezeiten ließ sich schon früh mit den rasch wechselnden Positionen des Mondes am Himmel in Verbindung bringen, und nachdem der Engländer Isaac Newton vor mehr als 300 Jahren das allgemeine Gravitationsgesetz abgeleitet hatte, ließ sich dieser Zusammenhang auch quantitativ belegen. Bei genauerer Betrachtung des Prozesses erkannten die Astronomen aber, dass die Gezeitenwirkung des Mondes nicht ohne langfristige Folgen für die Erde und das Leben bleiben kann. Vielmehr müssen die Flutberge unseren Planeten ganz allmählich abbremsen. Da dies einer — verbotenen — Abnahme des Drehimpulses gleichkäme, muss sich im Gegenzug der Mond im Lauf der Zeit von der Erde entfernen — nur so kann der Gesamtdrehimpuls des Systems Erde-Mond unverändert bleiben.
 
Von Korallen und Astronauten
 
Mittlerweile konnten beide Effekte bestätigt und in ihrer Größe bestimmt werden, wenn auch nur zum Teil durch astronomisch-physikalische Messungen. Dass die Erde sich früher schneller gedreht hat als heute, belegten Paläontologen anhand fossilierter Korallen, bei denen sie nicht nur Jahresringe, sondern auch Tagesringe nachweisen konnten. Anhand dieser Methode ließ sich »einfach« auszählen, wie oft sich die Erde im Laufe eines Jahres um ihre Achse gedreht haben muss. Der amerikanische Paläontologe John West Wells errechnete bereits in den 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts für das geologische Zeitalter des Devons eine Jahreslänge von 395 Tagen, indem er Korallenreste untersuchte, die 370 Millionen Jahre alt sind. Da die Länge eines Erdjahrs, eines Umlaufs der Erde um die Sonne, sich in der Zwischenzeit kaum verändert hat (die bestimmende Größe ist hier die Masse der Sonne), konnte dies nur bedeuten, dass sich die Erde vor 370 Millionen Jahren schneller gedreht haben muss, einmal in gut 22 Stunden.
 
Legt man der Einfachheit halber seither eine gleichförmige Abbremsung der Erddrehung zugrunde, dann hätte die Länge eines Jahres alle 100 Jahre um rund 0,00175 Sekunden zugenommen. Aus präzisen astronomischen Beobachtungen ließ sich auch die aktuelle, gegenwärtige Abbremsungsrate bestimmen, die mit 0,00164 Sekunden pro Jahrhundert erwartungsgemäß etwas darunter liegt — durch die langsam ansteigende Entfernung des Mondes wird die Gezeitenbremse im Lauf der Zeit schwächer.
 
Bei ihren Besuchen auf dem Mond haben die Apollo-Astronauten unterdessen zwischen 1969 und 1972 mehrere Laserreflektoren auf dem Erdtrabanten zurückgelassen, die seither regelmäßig von mehreren Stationen auf der Erde angepeilt werden, unter anderem aus Wettzell in der Oberpfalz. Da die Lichtgeschwindigkeit sehr genau bekannt ist, können die Astronomen aus der Laufzeit des Laserpulses zum Mond und zurück die Entfernung des Erdtrabanten sehr genau bestimmen und vor allem auch geringfügige Veränderungen erkennen. Derzeit rückt der Mond pro Jahr um etwa 2,5 Zentimeter von der Erde ab. Würde er sich mit gleich bleibendem Tempo weiter von der Erde entfernen, so könnte er in 6 Milliarden Jahren, wenn die Sonne zu einem Roten Riesenstern herangewachsen ist, rund 150000 Kilometer an zusätzlichem Abstand gewonnen haben, wäre dann also rund 535000 Kilometer von der Erde entfernt. In der gleichen Zeit würde sich die Länge des irdischen Tages jedoch mehr als verdoppeln. Da die Gezeitenkraft des Mondes aber mit wachsendem Abstand geringer wird, sind dies lediglich Maximalwerte, die so bald kaum erreicht werden.
 
Das ständig neue Gesicht der Erde
 
Dass sich das Aussehen der Erde langfristig ändert, wurde zum ersten Mal 1915 von Alfred Wegener zur Diskussion gestellt. Er äußerte damals die Hypothese, dass die Erde vor rund 200 Millionen Jahren nur einen einzigen »Superkontinent« besessen habe, den er Pangäa nannte. Als dieser Superkontinent im Bereich des heutigen Atlantiks auseinander brach, setzte eine langsame Kontinentalverschiebung ein, in deren Verlauf Nord- und Südamerika sich zunehmend von Europa und Afrika entfernten. Die moderne Weiterentwicklung seiner Gedanken ermöglicht es inzwischen, auch die zukünftige Drift der Kontinente abzuschätzen.
 
Weil Alfred Wegener noch keine Erklärung für den »Motor« dieser Drift der Kontinente nennen konnte, gerieten seine Überlegungen fast in Vergessenheit, bis die Erforschung der Ozeanböden wichtige Indizien zu ihrer Unterstützung lieferte. 1962 fasste der Amerikaner Harry Hammond Hess, Leiter der Geologieabteilung an der Princeton-University in den USA, die Erkenntnisse zu einem neuen Bild zusammen: Die Ozeane der Erde sind von mächtigen Gebirgsrücken durchzogen, aus denen ständig neues Krustenmaterial an die Erdoberfläche dringt und den vorhandenen Meeresboden seitlich wegdrückt, sodass die »auf dem Meeresboden aufliegenden« Kontinente allmählich auseinander driften müssen; die Geologen sprechen in diesem Zusammenhang von »Spreizung der Ozeanböden«.
 
Dort, wo zwei solcher Platten aufeinander treffen, finden die Geologen zwei Phänomene: Zum einen faltet sich das Gestein auf und es entstehen Gebirge. Zum anderen taucht eine der beiden Platten — in der Regel der Meeresboden — unter die andere, die kontinentale, ab. Da die Platten dabei aneinander vorbei»schrammen«, bauen sich immer wieder Spannungen auf, die sich in zum Teil verheerenden Erdbeben lösen. Liegen die Epizentren solcher Beben unter dem Meeresboden, können sie zu gewaltigen Flutwellen, zu Tsunamis, führen, die noch in großer Entfernung beträchtliche Zerstörungskraft entwickeln.
 
Außerdem kommt es im Bereich solcher Subduktionszonen zu verstärktem Vulkanismus, der ebenfalls nicht nur eine »lokale« Gefahr darstellt, wie das Beispiel Pinatubo zu Beginn der 1990er-Jahre gezeigt hat: Damals wurden bis zu 20 Millionen Tonnen Schwefeldioxid freigesetzt, die sich innerhalb weniger Wochen zu einer erdumspannenden Wolke in der Stratosphäre ausbreiteten und eine vorübergehende Abkühlung der Erde hervorriefen.
 
Spanien am Polarkreis
 
Heute wird dieses Grundkonzept der Plattentektonik, das von gewaltigen Konvektionsströmen im Erdmantel ausgeht, allgemein akzeptiert. Es erlaubt, zusammen mit Daten aus anderen Wissenschaftsdisziplinen nicht nur die Vergangenheit der Kontinentaldrift zu rekonstruieren, sondern auch ihre zukünftige Entwicklung zumindest für die nächsten 100 Millionen Jahre abzuschätzen. So gehen die Forscher davon aus, dass der verhältnismäßig junge Bruch zwischen Afrika und Asien, der sich vom Jordangraben über das Rote Meer bis nach Äthiopien erstreckt, im weiteren Verlauf zu einer teilweisen Abtrennung Ostafrikas führt, während der Rest des afrikanischen Kontinents weiter nach Norden treibt und Europa von Süden her zusammenstaucht. Auch die beiden Amerikas werden zunächst weiter nach Norden driften und Grönland bis fast an den Nordpol schieben, während Australien sich noch mit Neuguinea und einem Teil des heutigen Indonesiens vereinen dürfte. Da der »Rammstoß« Afrikas die eurasische Platte aber nur an ihrem westlichen Ausläufer trifft, dürfte der neu entstehende Superkontinent zu einer Drehung im Uhrzeigersinn gezwungen werden, in deren Verlauf — in rund 150 Millionen Jahren — Spanien die Rolle des heutigen Skandinaviens zukommt, während Australien und die Antarktis einen neuen Südkontinent bilden.
 
Mittlerweile ist es deutschen und holländischen Wissenschaftlern gelungen, die zugrunde liegenden Konvektionsströme im Erdmantel auch durch Modellrechnungen zu beschreiben. Zwar liefern solche Simulationen durchaus realistische Werte für die Driftgeschwindigkeiten der Kontinente, die im Bereich einiger Zentimeter pro Jahr liegen, und diese Spreizungsrate zeigt auch im Modell lokale Unterschiede, wie sie etwa zwischen Atlantik und Pazifik beobachtet werden. An einzelnen Stellen kommt die Wärmeströmung — der Motor der Drift — nach einiger Zeit allerdings zum Erliegen, ehe wieder neue Auf- und Abströme entstehen und der Zyklus von vorne beginnt. Noch ist offen, ob diese Erscheinung lediglich auf einer Schwäche des Computermodells beruht oder ob dies vielleicht doch den Verhältnissen in der Natur entspricht.
 
Ein Blick über den Tellerrand der Erde
 
Die Quelle der Wärmeströmung ist einerseits im Ursprung der Erde zu suchen, als die Bewegungsenergie vieler kleiner Planetesimale, die zusammenstießen und so die Erde formten, in Wärme umgewandelt wurde. Weitere Wärme wurde freigesetzt, als sich die Bestandteile der Erde differenzierten, etwa als das spezifisch dichtere Eisen zum Innern hin absank. Zu dieser Wärme, die wohl die Hauptquelle der Konvektion ist, gesellt sich noch die Wärme, die durch den radioaktiven Zerfall der Elemente entsteht und die den Verlust an ursprünglicher Wärme teilweise ersetzen kann. Ging man noch in den 70er-Jahren des 20. Jahrhunderts davon aus, dass die Erde ein Gleichgewicht zwischen Wärmeproduktion und Wärmeabgabe erreicht habe, glauben die Geophysiker heute, dass sich die Erde eher abkühlt. Offenbar ist die Wärmeabgabe sogar wohl nahezu doppelt so hoch wie die Wärmeproduktion durch den Zerfall radioaktiver Substanzen in den Gesteinen. Insbesondere die Zirkulation des Meereswassers in den Gesteinen des Meeresbodens scheint bei der Abkühlung eine Rolle zu spielen. Kühlt sich jedoch das Erdinnere ab, versiegt die Quelle der Konvektion und es kommt zum Erliegen der plattentektonischen Prozesse.
 
Wann dieser Zeitpunkt jedoch gekommen sein wird, ist noch ein Rätsel. Denn nach wie vor fällt es den Geophysikern schwer, den Gehalt des Erdinnern an radioaktiven Elementen abzuschätzen. Außerdem stellt sich eine weitere Schwierigkeit: Will man das plattentektonische Schicksal der Erde beschreiben und die künftige Konvektion bestimmen, kommt es auch darauf an, wo die radioaktiven Elemente konzentriert sind. Da sie über große Ionenradien verfügen, haben sie die Tendenz, sich in den obersten Schichten anzusammeln. Vom Erdmantel nimmt man an, dass die Konzentration an radioaktiven Elementen so hoch ist, dass ihre Wärmeproduktion rund 50 Prozent des an der Erdoberfläche gemessenen Wärmeflusses deckt. Wie hoch jedoch der Gehalt im Kerninnern ist, ist nicht bekannt.
 
Berücksichtigt man den heutigen Wärmefluss, die Viskosität des Mantels sowie geologische Befunde, kann man jedoch schließen, dass der Wärmestrom auch in Zukunft nur langsam abnehmen wird. Gegenwärtig nimmt er pro Jahrmilliarde nur um etwa 10 Prozent ab. Dies bedeutet, dass Erdbeben und Vulkanausbrüche möglicherweise auch noch nach Jahrmilliarden die Erde »am Leben« erhalten. Da die Geophysiker jedoch nur einen kleinen Ausschnitt des Geschehens erfassen können und stets ihre gemessenen Daten über die Zeit hinweg interpolieren müssen, könnte es auch sein, dass der Wärmeverlust höher ist.
 
 Von anderen Planeten lernen
 
Eine andere Möglichkeit, in die Zukunft des Planeten Erde zu blicken, ist der Vergleich mit anderen Planeten, die ebenfalls eine plattentektonische Geschichte haben. Für solche Vergleiche eignen sich vor allem die beiden Nachbarplaneten der Erde, Venus und Mars: Die Venus ist mit einem Durchmesser von 12104 Kilometern nur unwesentlich kleiner als die Erde, während der Mars nur gut halb so groß wie die Erde ist. Beide Nachbarplaneten sind seit den 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts wiederholt von amerikanischen und sowjetischen beziehungsweise russischen Raumsonden angesteuert und erforscht worden.
 
Venus
 
Dabei hat sich die Venus, die man lange Zeit hindurch für eine »jüngere Zwillingsschwester« der Erde gehalten hatte, als äußerst schwieriges Ziel erwiesen. Schuld hieran sind die extremen Umweltbedingungen auf diesem Planeten, die sich durch zwei Zahlen knapp, aber eindrucksvoll beschreiben lassen: Die Temperatur an der Venusoberfläche beträgt einheitlich rund 475 Grad Celsius, der Luftdruck am Venusboden entspricht etwa dem 90fachen des irdischen Luftdrucks. Beide Faktoren stellen hohe Anforderungen an die Stabilität von Landekapseln.
 
Die nach unseren Maßstäben höllische Temperatur an der Venusoberfläche kann man auf die Zusammensetzung der Atmosphäre zurückführen: Die Lufthülle der Venus besteht zu mehr als 95 Prozent aus Kohlendioxid, das Klimatologen auf der Erde für die globale Erwärmung verantwortlich machen: Kohlendioxid lässt zwar ankommendes Sonnenlicht passieren, nicht aber die reflektierte Wärmestrahlung der aufgeheizten Planetenoberfläche.
 
Allerdings genügt Kohlendioxid allein nicht, um die Wärmestrahlung so effektiv zurückzuhalten wie dies heute auf der Venus geschieht. Eine wichtige Rolle spielen außerdem Wasserdampf sowie Schwefelsäure und Schwefeldioxid, die in den oberen Schichten der Venusatmosphäre festgestellt wurden: So registrierten die vier Landekapseln der Pionier-Venus-Mission Ende 1978 über der Venusoberfläche in Höhen zwischen 70 und 47,5 Kilometern drei Wolkenschichten, die jeweils winzige Schwefelsäuretröpfchen enthielten. Innerhalb dieser Wolken können die Schwefelsäuretröpfchen gleichsam als »saurer Regen« herunterfallen, bis sie in tieferen, wärmeren Schichten verdampfen und als »leichtere« Bruchstücke in Gestalt von Wasserdampf und Schwefeldioxid wieder in größere Höhen getragen werden.
 
Da diese Schwefelsäurewolken den Blick von außen auf die Venusoberfläche versperren, konnten erst Radarbeobachtungen Aufschlüsse über die Venuslandschaften liefern. Insbesondere die amerikanische Magellan-Sonde übermittelte zwischen 1990 und 1993 hochauflösende Radar»bilder«. Ihre Aufnahmen zeigen eine vergleichsweise junge Oberfläche auf demSchwesterplaneten der Erde, die nur wenig von Einschlagkratern zernarbt ist. Da eine Erosion durch Wind und Wasser älterer Krater angesichts der genannten Bedingungen nicht infrage kommt, müssen die Spuren der Vergangenheit durch ergiebige Lavaströme einer heftigen Vulkanismusphase zugedeckt worden sein. Die knapp tausend Einschlagkrater, die im Nachhinein entstanden sind, datieren diese Vulkanismusphase in eine Zeit vor etwa 800 Millionen Jahren.
 
Mittlerweile haben die amerikanischen Wissenschaftler Mark Bullock und David Grinspoon von der Universität von Colorado in Boulder, USA, darauf hingewiesen, dass diese heftige Vulkanphase auch Einfluss auf das Venusklima hatte, da die gleichzeitig freigesetzten Gase den Wasserdampf- und Schwefeldioxidgehalt der Venusatmosphäre auf das Zehn- bis Hundertfache gesteigert haben müssen. Das von den beiden Forschern entwickelte Klimamodell zeigt, dass zunächst eine verstärkte Wolkenbildung einsetzte. Da Wolken das ankommende Sonnenlicht reflektieren und so die Erwärmung der Oberfläche reduzieren, dürfte die Temperatur an der Venusoberfläche anfangs um etwa 100 Grad Celsius zurückgegangen sein. Doch langfristig sorgte die ultraviolette Strahlung der Sonne für eine Aufspaltung des Wasserdampfs in Wasserstoff und Sauerstoff, während das Schwefeldioxid mit Kalkgesteinen der Oberfläche innerhalb von etwa 200 Millionen Jahren reagierte und so reduziert wurde. Dadurch wurde die Wolkendecke der Venus wieder dünner, mehr und mehr Sonnenlicht erreichte die Oberfläche und heizte sie langsam wieder auf. Zu dieser Zeit war aber erst etwa die Hälfte des Wasserdampfs zersetzt, sodass die Treibhauswirkung dieses Gases die Temperatur auf rund 100 Grad Celsius über den heutigen Wert steigen ließ — hoch genug, um mit Calciumcarbonat und Calciumsulfat angereicherte Laven flüssig zu halten und die auf den Radarbildern erkennbaren Fließstrukturen an der Venusoberfläche zu schaffen. Rund 600 Millionen Jahre nach dem Einsetzen des Vulkanismus wären schließlich die letzten Wolken verschwunden, könnte die Temperatur also wieder sinken.
 
In diesem Szenario setzen die heute beobachteten Venuswolken voraus, dass auch während der letzten 30 Millionen Jahre Vulkane auf unserem Nachbarplaneten aktiv gewesen sein müssen. Ob dies der Beginn eines neuen Zyklus darstellt, lässt sich mit den vorhandenen Daten allerdings nicht sagen.
 
Die Klimaanlage des Planeten Erde
 
Spuren einer globalen Plattentektonik konnte Magellan dagegen nicht entdecken, doch erscheint dies nach Meinung von James Kasting vom Ames Research Center der NASA angesichts der Klimageschichte der Venus nicht verwunderlich. Gemeinsam mit James Walker und Paul Hays von der Universität von Michigan hat er ein Modell entwickelt, das die Klimaentwicklung erdähnlicher Planeten mit dem Carbonat-Silicat-Zyklus beschreibt. Es gibt zugleich Hinweise auf das künftige Klima unserer Erde sowie der erdähnlichen Planeten.
 
Nach Kastings Modell entfernt der Carbonat-Silicat-Zyklus einen Teil des Kohlendioxids aus der Atmosphäre und deponiert es in Carbonatsedimenten am Meeresboden. Durch die Plattentektonik taucht der Meeresboden im Bereich einer Subduktionszone ins Planeteninnere ab. Dort setzen hoher Druck und hohe Temperaturen das Kohlendioxid frei, sodass es durch Vulkanismus nach mehr als einer halben Million Jahre erneut in die Atmosphäre gelangen kann.
 
Da dieser Carbonat-Silicat-Zyklus temperaturabhängig ist, wirkt er wie eine natürliche Klimaanlage: Wenn die Meerestemperatur durch einen Rückgang der Sonneneinstrahlung sinkt, verdunstet weniger Ozeanwasser, gibt es weniger Niederschläge, wird entsprechend weniger Kohlendioxid aus der Atmosphäre entfernt. Dagegen bleibt die Freisetzungsrate von vulkanisch aufbereitetem Kohlendioxid, das aus vergangenen Perioden stammt, noch lange konstant — und damit wächst der Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre, nimmt entsprechend auch der Treibhauseffekt zu, steigt die Temperatur der Erde wieder an.
 
Geht die Entwicklung dagegen in die andere Richtung, so kann ein Temperaturanstieg zunächst noch durch die verstärkte Erosion und damit eine stärkere Reduzierung des Kohlendioxidgehaltes aufgefangen werden. Wenn allerdings die Anfangsbedingungen — wie für die Venus aufgrund der größeren Sonnennähe vermutet — schon heiße Ozeane und eine feuchte Atmosphäre einschließen, kann die natürliche Klimaanlage des Carbonat-Silicat-Zyklus nur begrenzt greifen. Dann nämlich dürfte die Venus innerhalb von rund 600 Millionen Jahren ihr Ozeanwasser durch Verdunstung verloren haben. Entscheidend dabei ist, dass das Wasser in der Hochatmosphäre aufgespalten wird und der Wasserstoff unwiederbringlich in den Weltraum entweicht.
 
Zugleich fehlt dem Zyklus dadurch Wasser — jegliche Plattentektonik müsste demnach zum Erliegen kommen. Sie setzt nämlich nach Ansicht der Wissenschaftler voraus, dass Wasser im Bereich der Subduktionszonen bis in tiefere Schichten des Erdmantels mitgeführt und dort gleichsam als »Schmiermittel« für die Gesteinsströmungen wirksam wird. Stimmt das Modell, dann hat sich eine anfangs erdähnliche Venus nach dem Verlust des Wassers allmählich in eine heiße Hölle verwandelt, die zwar immer wieder von heftigen Vulkanphasen heimgesucht wird, ansonsten aber keine endogenen Veränderungen ihrer Oberfläche mehr erfährt. Dann allerdings ist kein erkalteter Planetenkern für das Fehlen einer fortdauernden Plattentektonik verantwortlich, sondern die vorausgegangene Klimakatastrophe. Die Venus wäre also nur bedingt als Lehrbeispiel für die zukünftige Entwicklung der irdischen Plattentektonik anzusehen — es sei denn der Mensch wäre in der Lage, auch auf der Erde ein solches Kippen des Klimas auszulösen. Die Folgen für das gesamte Leben auf unserem Planeten wären deshalb — siehe Beispiel Venus — katastrophal.
 
Die Venus zeigt den Geologen zudem, wie das Innere eines Planeten auch ohne Mantelkonvektionsströme langsam auskühlt — durch extensive Vulkanphasen, bei denen immer wieder große Mengen heißen Magmas an die Planetenoberfläche gelangen: Vorsichtige Schätzungen gehen davon aus, dass vor rund 800 Millionen Jahren während der — vorerst — letzten Vulkanzeit genügend Lava freigesetzt wurde, um die Oberfläche des Planeten mit einer bis zu 10 Kilometer dicken Lavaschicht zu bedecken.
 
Plattentektonik auf dem Roten Planeten
 
Auch beim Mars hat man bisher keine Anzeichen für eine umfassende Plattentektonik gefunden. Zwar entdeckte das Magnetometer des Mars Global Surveyor 1998/99 in manchen Regionen ein auffälliges Streifenmuster wechselnder Polaritäten, ähnlich wie es im irdischen Ozeanboden beidseits der Spreizungszonen auftritt. Bislang ist jedoch unklar, ob dort — wie bei der Erde — gelegentliche Polumkehrungen des Magnetfelds ihre Spuren im auseinander driftenden Marsboden hinterlassen haben. Sehr lange kann eine mögliche Plattentektonik jedoch kaum angedauert haben. Denn zum einen enthält unser äußerer Nachbarplanet lediglich rund 10 Prozent der Erdmasse, sodass er von Anfang an über entsprechend wenig »innere Hitze« verfügte. Und die dürfte sich auch noch relativ schnell »verflüchtigt« haben, denn das Verhältnis von Masse zu Oberfläche ist beim Mars deutlich ungünstiger als bei der Erde. Zum anderen scheint es auch auf dem Mars schon seit langem kein flüssiges Wasser mehr zu geben, das als Schmiermittel für die Mantelkonvektionsströme infrage käme. Tatsächlich scheint sich der Planetenkern auch beim Mars über lang anhaltenden Vulkanismus abzukühlen: Olympus Mons und die drei anderen Riesenvulkane der Tharsisregion gehören zu den größten Vulkanen des Sonnensystems. Quantitative Rückschlüsse auf die Zukunft irdischer Plattentektonik liefert also auch der Mars nicht.
 
Dafür können Mars und Venus als Modellfall für eine Entwicklung ganz anderer Art angesehen werden, die unseren Planeten mehr oder minder regelmäßig heimzusuchen scheint. Gemeint ist die in der Vergangenheit wiederholt eingetretene Umkehr des Magnetfeldes, deren Spuren man im Rahmen paläomagnetischer Untersuchungen im Bereich der auseinander driftenden Meeresböden gefunden hat. Sie lassen erkennen, dass sich das Magnetfeld der Erde allein während der letzten 3,6 Millionen Jahre mindestens neunmal umgekehrt hat.
 
Gegenwärtig scheint wieder eine solche Magnetfeldumkehr bevorzustehen: Seit nämlich im Rahmen des von Carl Friedrich Gauß und Wilhelm Weber 1834 gegründeten magnetischen Vereins regelmäßige Messungen des Erdmagnetfelds vorgenommen werden, wird eine langsame, aber beständige Abnahme der Feldstärke beobachtet: Zu Beginn des dritten Jahrtausends scheint das Magnetfeld der Erde rund 8 Prozent schwächer zu sein als noch zu Lebzeiten der beiden berühmten Göttinger Physiker. Geht die Magnetfeldstärke weiter mit derselben Rate zurück, wird das Magnetfeld der Erde in rund 2000 Jahren wieder einmal vorübergehend völlig verschwinden.
 
Auf den ersten Blick erscheint dies ohne großen Belang, denn die Bestimmung der Nordrichtung mithilfe eines Kompasses ist längst durch andere Methoden ersetzt worden. Das irdische Magnetfeld bedeutet aber weit mehr als nur eine Orientierungshilfe: Es schirmt die Erdoberfläche auch äußerst wirksam gegen die energiereiche Partikelstrahlung aus dem Kosmos ab.
 
Um das an sich unsichtbare Magnetfeld zu beschreiben, entwickelte der englische Physiker Michael Faraday um 1820 das Konzept der magnetischen Feldlinien, die Orte gleicher Magnetfeldstärken untereinander und mit den beiden Magnetpolen verbinden. 40 Jahre später formulierte sein schottischer Kollege James Clerk Maxwell jene Gleichungen, die den wechselseitigen Einfluss von magnetischen und elektrischen Feldern beschreiben. Sie machen deutlich, dass ein Magnetfeld elektrisch geladene Teilchen in ihrer Bewegung beeinflusst: Wollen solche Teilchen in die Bereiche höherer Magnetfeldstärke vordringen, so verlieren sie Energie, bis sie sich schließlich nur noch auf engen Spiralbahnen entlang der Magnetfeldlinien bewegen können — sie werden also regelrecht abgeschirmt.
 
Energiereiche Teilchen aber prasseln ständig aus allen Richtungen auf die Erde, als kosmische Strahlung. Ein Großteil dieser Partikel stammt von der Sonne; sie sind meist von geringerer Energie und werden größtenteils stark genug abgebremst, sodass sie zwischen den beiden magnetischen Polen der Erde festgehalten werden. Sie bilden die Strahlungsgürtel der Erde, die 1958 von Explorer 1, dem ersten amerikanischen Satelliten, entdeckt wurden. Dagegen besitzen die Teilchen der wirklich »kosmischen« Strahlung genügend Energie, um den magnetischen Schutzschirm nahezu ungehindert durchdringen zu können — sie werden allenfalls etwas in Richtung auf die magnetischen Pole der Erde umgeleitet. Deshalb ist die Strahlenbelastung bei Flugreisen, die über die Polgebiete der Erde hinwegführen, deutlich höher als auf anderen Routen.
 
Verschwindet nun das Magnetfeld der Erde während einer Umpolung vorübergehend, geht auch der magnetische Schutzschirm gegen die kosmische Strahlung verloren, sodass während dieser Zeit mit einer erhöhten Mutationsrate zu rechnen ist. Die »Erfahrung« der Vergangenheit zeigt allerdings, dass dies keine grundsätzliche Gefährdung des Lebens auf der Erde darstellt, denn alle früheren Ereignisse dieser Art haben den Fortbestand des Lebens nicht ernsthaft infrage gestellt.
 
Mars und Venus verfügen beide über kein nennenswertes Magnetfeld, ihre Oberflächen sollten also eigentlich dem Bombardement der kosmischen Strahlung schutzlos preisgegeben sein. Messergebnisse amerikanischer Sonden deuten allerdings darauf hin, dass die dichte Gashülle der Venus ebenfalls einen guten Schutzschirm darstellt: Ebenso wie in der Erdatmosphäre erzeugt die Röntgenstrahlung der Sonne auf der Venus eine Ionosphäre, in der freie Elektronen und Atomrümpfe nebeneinander existieren. Diese Ionosphäre bedeutet für die Teilchen des Sonnenwindes ein ähnliches Hindernis wie das Magnetfeld, sie kann also die energieärmeren Ionen sehr wohl noch von der Planetenoberfläche fern halten. Beim Mars ist dieser Effekt aufgrund der wesentlich dünneren Atmosphäre weniger stark ausgeprägt, aber immer noch nachweisbar. Die Atmosphäre der Erde wäre deshalb wohl dicht genug, um während einer Magnetfeldumpolung einen Ersatzschutzschirm für das Leben an der Erdoberfläche aufzubauen.
 
Dipl.-Phys. Hermann-Michael Hahn
 
Weiterführende Erläuterungen finden Sie auch unter:
 
Meteoriten und Meteore: Kosmische Katastrophen
 
Erdgeschichte: Das Ende des Lebens
 
Literatur:
 
Eiszeitforschung, herausgegeben von Herbert Liedtke. Darmstadt 1990.
 Lang, Kenneth R.: Die Sonne, Stern unserer Erde. Aus dem Amerikanischen. Berlin u. a. 1996.
 Press, Frank/Siever, Raymond: Allgemeine Geologie. Eine Einführung. Aus dem Englischen. Heidelberg u. a. 1995.
 Stanley, Steven M.: Historische Geologie. Eine Einführung in die Geschichte der Erde und des Lebens, herausgegeben von Volker Schweizer und Reinhart Kraatz. Aus dem Amerikanischen. Heidelberg u. a. 1994.
 Strobach, Klaus: Unser Planet Erde. Ursprung und Dynamik. Berlin u. a. 1991.


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