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ARABISCHE HALBINSEL: DIE ARABISCHE FRAGE UND DAS OSMANISCHE REICH

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Arabische Halbinsel: Die arabische Frage und das Osmanische Reich
 
Die arabische Welt bis zum Ersten Weltkrieg
 
Die arabischen Untertanen des osmanischen Sultan-Kalifen bildeten keine kulturelle Einheit, auch wenn sie — zumindest die Gebildeten unter ihnen — eine gemeinsame Schriftsprache verband. Muslimische und christliche Araber zerfielen in Dutzende von konfessionellen Gruppen. Die Saiditen des jemenitischen Hochlands unterschieden sich in Bekenntnis, Rechtspraxis und Alltagskultur von den sunnitischen Notabeln Aleppos. Die rigorosen Stammeskrieger der Wahhabiten hatten wenig mit den christlichen Bauern Palästinas gemeinsam. Das in viele Dialekte aufgeteilte Umgangsarabisch wurde auch von Bevölkerungsgruppen am Rande des Islam wie den Drusen gesprochen und von zahlreichen Juden etwa im Jemen oder Irak. Mit Ausnahme Marokkos, das nie dem Sultan tributpflichtig war, unterstanden noch Anfang des 19. Jahrhunderts alle arabischen Regionen mehr oder weniger unmittelbar dem Osmanenherrscher von Istanbul.
 
Zu keinem Zeitpunkt war das osmanische Istanbul in der Lage, sämtliche arabischen Untertanen zu kontrollieren, das heißt in ihren Gebieten Steuern einzuziehen und Männer zu rekrutieren.Das gilt besonders für die Stammesgebiete Ägyptens, des Iraks, für Teile Syriens und Palästinas. Die arabische Halbinsel war weitgehend unbekanntes Land. Die Legitimität des osmanischen Herrschers war wesentlich mit seiner Schutzherrschaft über die beiden heiligen Stätten des Hidjas verbunden. Die Sicherheit der Pilgerkarawanen wurde bis Anfang des 20. Jahrhunderts durch militärische Begleitmannschaften gewährleistet. Aber auch Subsidienzahlungen an die Beduinen sind seit dem 16. Jahrhundert belegt.
 
Die osmanischen Jahrhunderte kennen zahlreiche Beispiele von erfolgreichen Aufständen lokaler Statthalter, Notabeln oder Stammesführer gegen die Zentralherrschaft. Freilich waren alle Abspaltungen vorübergehend und können in keinem Fall als Vorgänger moderner Nationalbewegungen bezeichnet werden.
 
Im Gefolge der Reformen des Rechts-, Verwaltungs- und Bildungswesens während der Tansimatepoche (1839—76) wuchs auch in den arabischen Provinzen das Bedürfnis, die Macht des Sultans und seiner lokalen Stellvertreter zu beschneiden. Dabei wollten die arabischen Vertreter der konstitutionellen Bewegung das Osmanische Reich als pluralistisches Gebilde durchaus erhalten.
 
Die Loslösung Ägyptens
 
Der Prozess der ägyptischen Loslösung vom osmanischen Staatsverband setzte zwar schon 1805 ein, aber erst dem Vizekönig Ismail Pascha, der Ägypten von 1863 bis 1879 regierte, wurde von Istanbul der Titel Khedive — abgeleitet vom persischen Wort für »König« — zugestanden. Damit war der Vorrang der neuen Herren am Nil vor allen anderen, jederzeit absetzbaren Provinzgouverneuren besiegelt. Ismail setzte die imperiale Expansionspolitik Mehmed Alis mit Vorstößen ins Herz von Afrika fort. Unter diesem ehrgeizigen Herrscher erfuhr Ägypten einen weiteren, freilich weitgehend auf die Hauptstadt Kairo, das Militär und Teile der Landwirtschaft beschränkten Modernisierungsschub. Der Bau des Suezkanals und seine Eröffnung 1869 hatte Ägypten nicht wohlhabender, sondern verwundbarer gemacht. Der Urabi-Aufstand, die Revolte eines Offiziers, löste 1882 eine britisch-französische Militärintervention aus. So wurde deutlich, dass die Unabhängigkeit von Istanbul mit einer immer stärkeren Bindung an die europäischen Großmächte, allen voran Großbritannien, erkauft werden musste. Mit dem Ausbruch des Weltkriegs unterstellte Großbritannien Ägypten seinem Protektorat. Vier Jahrhunderte osmanischer Präsenz am Nil waren damit beendet.
 
Der erste saudische »Staat«
 
Die kompromisslose Reformbewegung der Wahhabiten, die im Inneren Arabiens um die Mitte des 18. Jahrhunderts auftrat, ging ein Bündnis mit einem Herrscher ein, der über ein Gebiet bei Riad gebot, aus dem der erste saudische »Staat« hervorging. Seine Krieger waren schon 1801 in der Lage, das schiitische Wallfahrtsheiligtum Kerbela im Irak zu zerstören, das nominell den Osmanen unterstand. Großbritannien hatte sich bereits 1839 mit Aden einen wichtigen Stützpunkt zwischen Indien und dem Mittelmeer gesichert. Ein Abkommen, das Großbritannien Ende des Jahrhunderts mit dem Emirat Kuwait abschloss, ermöglichte ihm, den osmanischen Zugang zum Persischen Golf zu kontrollieren. Am »Südpol« des Großreichs, im Hochland des Jemen, gelang es dem Imam al-Hadi Scharaf ad-Din, die Stämme gegen die Osmanen zu organisieren. 1880 erklärte er den djihad, den Heiligen Krieg, gegen den sunnitischen Kalifen und Sultan. Bis es im Jahre 1911 zu einem vorläufigen Ausgleich kam, wurde der Jemen von einer Serie blutiger Aufstände gegen das osmanische Militär erschüttert.
 
Die nordafrikanischen Besitzungen
 
Mit der Landung von 600 französischen Schiffen begann 1830 die Besetzung der osmanischen Überseeprovinz Algerien. Es dauerte bis Anfang der Achtzigerjahre, bis die letzten Widerstandsbewegungen gegen die Kolonialmacht unterdrückt werden konnten. Die osmanischen Provinzen Bengasi (Cyrenaica), Tripolitanien und Fessan wurden später die Bausteine der italienischen Kolonie und des unabhängigen Libyen. Nach vorübergehender Selbstständigkeit waren sie erst nach 1835 wieder unter mehr oder weniger direkte Aufsicht Istanbuls gekommen. Die südlichen Teile der notorisch vernachlässigten Provinz waren ein von Sultan Abd ül-Hamid II. bevorzugter Verbannungsort für seine Gegner. Gegen Ende des Jahrhunderts entstand mit der Bruderschaft der Senussi eine bedeutende religiöse, politische und wirtschaftliche Kraft im Hinterland. Man hat die Zusammenarbeit der Osmanen mit dieser sunnitischen Erweckungsbewegung als »Kondominium« bezeichnet. Die Senussi setzten ihren Widerstand gegen die italienische Besetzung des Landes im Jahre 1911 auch noch fort, als die osmanischen Truppen wegen des ersten Balkankriegs 1912 auf ihre letzten afrikanischen Besitzungen verzichten mussten.
 
Auch in den Gebieten der arabischen Welt, die dem Sultan Ende des 19. Jahrhunderts noch direkt unterstanden, war der Einfluss der europäischen Mächte unübersehbar: Über Bahnstationen, Postämtern, Hafenanlagen, Schulen, Krankenhäusern und Missionsanstalten wehte häufig die Flagge einer europäischen Großmacht.
 
Von allen arabischen Untertanen standen die Syrer im 19. Jahrhundert in der engsten Verbindung zum osmanischen Zentrum. Zunehmend begannen sie ihre Söhne in die Eliteschulen Istanbuls zu schicken. Ihr Anteil im Beamten- und Militärapparat des osmanischen Reiches war beträchtlich. Mit den arabischen Provinzen der Peripherie — Irak, Jemen, Nordafrika — bestand nur ein wesentlich lockererer Zusammenhang.
 
 Die osmanische Kulturmission
 
Um die Bindung an Istanbul zu verstärken, richtete man zur Bildung von Stammesangehörigen in der Verwaltungshochschule und an der Militärakademie eigene Klassen ein. Die Gründung einer »Stammesschule« in Istanbul wurde in einer Denkschrift aus dem Jahr 1892 mit der Gefahr einer drohenden Entfremdung der arabischen Untertanen von Sultanat und Kalifat begründet. Diese Anstalt nahm jährlich 40 arabische Knaben im Alter von 12 bis 16 Jahren auf. Im Mittelpunkt der vierjährigen Ausbildung stand das Erlernen des Türkischen und der Erwerb von Kenntnissen über osmanische Geschichte und Geographie. Nach ihrer Rückkehr sollten die jungen Männer in ihren Gebieten als Multiplikatoren der osmanischen Staatsideologie wirken. Die Schule hatte bis 1907 Bestand und war ein Ausdruck der zivilisatorischen Mission, die die osmanische Zentrale ihren arabischen Untertanen gegenüber zu erfüllen glaubte.
 
Der Zentralismus des sich reformierenden osmanischen Staates blieb nicht ohne kulturelle Auswirkungen auf die arabische Welt. Die 1876 verkündete Verfassung wurde zwar bald wieder suspendiert, doch war der Wille, Türkisch als Sprache von Verwaltung, Justiz und Schulwesen zwischen der Adria und dem Roten Meer durchzusetzen, damit nicht erloschen.
 
Die verbreitete Formel, Türkisch sei die Sprache des Sultanats, Arabisch aber die des Kalifats, war allerdings nicht geeignet, um die Loyalität der arabischen Untertanen zu gewährleisten. Selbst Abgeordnete aus manchen arabischen Provinzen, insbesondere dem Jemen, kamen in »ihrer« Hauptstadt Istanbul nicht ohne Dolmetscher aus. Nur ein winziger Bruchteil der arabischen Untertanen verstand Türkisch. Bald nach seiner — zunächst indirekten — Machtübernahme im Jahre 1908 versuchte das jungtürkische »Komitee für Einheit und Fortschritt«, den Gebrauch des Türkischen im Gerichtswesen zu erzwingen. 1909 erklärten die Abgeordneten der nordafrikanischen Provinz Tripolis, dass nicht einmal 200 Personen Türkisch beherrschten, aber bereits — zwei Jahre vor der italienischen Besetzung! — 20000 Italienisch. Erst 1913 zwangen die Verluste in den Balkankriegen Istanbul zu einer Umkehr seiner von Anbeginn zum Scheitern verurteilten Politik, die arabischen Provinzen zu türkisieren. Das Innenministerium ließ Arabisch als Gerichts- und Unterrichtssprache in staatlichen Schulen zu. Auch durften Gesuche in arabischer Sprache von den Behörden angenommen und regierungsamtliche Bekanntmachungen auf Arabisch formuliert werden. Es blieb aber bei der Pflichtsprache Türkisch im gesamten staatlichen Schulwesen.
 
Das allgemeine Schulwesen war in den arabischen Provinzen sehr unterschiedlich entwickelt. Höhere Bildung konnten osmanische Araber nur an den Missionshochschulen von Beirut erwerben, ohne ihren Kulturraum zu verlassen. Viele Araber, die später zum Teil als Nationalistenführer Einfluss erlangten, gingen aus den hauptstädtischen Eliteanstalten hervor. Die Kulliya as-Salahiya, eine 1915 in Jerusalem gegründete Hochschule für die arabische Reichshälfte, war bestrebt, einen Lehrbetrieb aufrechtzuerhalten, der einen Drahtseilakt zwischen Islamismus, Osmanismus und Arabismus vollzog. Noch während des Weltkriegs bemühte sich die später als Erzählerin sehr bekannt gewordene Halide Edib Adɪvar, das türkische Mädchenschulwesen Syriens zu reformieren.
 
 Arabien von 1914 bis 1918
 
Schon kurz nach dem Kriegseintritt der Osmanen an der Seite der Mittelmächte landeten britische Truppen in Basra. Der Herrscher von Kuwait unterstellte sich dem britischen Protektorat. Ende 1914 war bereits der gesamte südliche Irak unter Großbritanniens Kontrolle, während Bagdad bis März 1917 in türkischer Hand blieb. Ebenso entscheidend für den Kriegsausgang war die taktische Allianz, die Großbritannien mit dem Hidjas ebenfalls noch im Herbst 1914 schloss.
 
Die nordwestarabische Landschaft mit den heiligen Stätten von Mekka und Medina unterstand dem Haschimiden Husain I. Ibn Ali. Er führte als Prophetenabkömmling den Titel Scherif. Zunächst hatte er mit den Osmanen gemeinsame Gegner wie Ibn Saud, den saudischen Herrscher des Nedjd, und die Idrisiden in der Landschaft Asir bekämpft. Die geplante Fortsetzung der 1901—08 von Damaskus aus gebauten Hidjasbahn über Medina hinaus nach Mekka empfand er jedoch als Bedrohung seiner Stellung im Hidjas. Noch vor Ausbruch des Weltkriegs näherte er sich Lord Horatio Herbert Kitchener, dem britischen Generalkonsul, der ab 1911 High Commissioner in Ägypten war, an. Der britische Statthalter am Nil versprach nicht weniger als die Errichtung eines Kalifats mit Sitz in Mekka oder doch zumindest einen Herrschaftsraum, der große Teile der arabischen Welt, vor allem Syrien, Palästina und den Irak einschließen würde. Diese Aussichten und britisches Geld bewirkten, dass Husain im Juni 1916 die Revolte gegen die Osmanen ausrief. Allerdings ließen sich viele arabische Muslime in ihrer Loyalität zum türkischen Sultan-Kalifen nicht beirren. In einem berühmten Schreiben an den Vertreter Großbritanniens schrieb Husain:
 
»Großbritannien anerkennt die Unabhängigkeit der arabischen Länder, welche im Norden begrenzt werden von der Linie Mersin-Adana, parallel zum 37º nördlicher Breite und dann entlang der Linie Birecik —Urfa —Mardin —Midyat. .. bis zur persischen Grenze. ..« Der Brief forderte zugleich die Anerkennung eines »Arabischen Kalifats für den Islam«. Die britische Antwort vom 24. Oktober 1915 war ausweichend und wies auf den nicht »rein arabischen Charakter« von Gebieten westlich der Linie Damaskus —Aleppo hin. Gleichzeitig wollte Großbritannien seine vertraglichen Bindungen mit arabischen Herrschern am Golf nicht infrage stellen. Als Husain Ende 1916 den Titel »König der arabischen Länder« annehmen wollte, gestand ihm der britische Verbündete nur »König des Hidjas« zu. Großbritannien, das bis zum Ausbruch des Weltkriegs die territoriale Integrität des Osmanischen Reiches vertrat, hatte nun seine Politik vollkommen umgestellt. Weiterhin aber galt, dass Mesopotamien und der Persische Golf im Mittelpunkt seiner Interessen standen.
 
Die Grenzziehungen der Nachkriegszeit haben Araber und Türken weitgehend getrennt. Nördlich und westlich der syrischen Grenzen leben nur wenige, die Arabisch sprechen. Dennoch hat die Republik Syrien das 1939 an die Türkei gefallene Gebiet des »Sandschak von Alexandrette« mit der Hauptstadt İskenderun als zum eigenen Staatsgebiet gehörig reklamiert.
 
Als Husain sich 1924 selbst zum Kalifen ernannte, nahm nie- mand mehr von ihm Notiz. Die britische Schutzmacht intervenierte nicht, als Ibn Saud den Hidjas eroberte. Husain starb nach Jahren im britischen Exil auf Zypern in der transjordanischen Hauptstadt Amman. Zwei seiner Söhne, Feisal I. und Abd Allah ibn al-Husain, regierten später in den neu gebildeten Staaten Irak und Transjordanien.
 
Prof. Dr. Klaus Kreiser
 
Weiterführende Erläuterungen finden Sie auch unter:
 
Osmanisches Reich: 1856 bis 1918
 
Grundlegende Informationen finden Sie unter:
 
Osmanisches Reich (1683 bis 1856): Vom Niedergang einer Großmacht
 
Literatur:
 
Geschichte der arabischen Welt, herausgegeben von Ulrich Haarmann. München 31994.
 Hourani, Albert Habib: Die Geschichte der arabischen Völker. Aus dem Englischen. Sonderausgabe Frankfurt am Main 1997.
 Prätor, Sabine: Der arabische Faktor in der jungtürkischen Politik. Eine Studie zum osmanischen Parlament der II. Konstitution (1908-1918). 1993.
 Schölch, Alexander: Palästina im Umbruch. Stuttgart 1986.
 Strohmeier, Martin: al-Kullya a-alya in Jerusalem. Arabismus, Osmanismus und Panislamismus im Ersten Weltkrieg. Stuttgart 1991.


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