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CHEMIENOBELPREIS 1945: ARTTURI ILMARI VIRTANEN

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Chemienobelpreis 1945: Artturi Ilmari Virtanen
 
Der Finne wurde für seine Forschungen und Entwicklungen auf dem Gebiet der Landwirtschafts- und Nahrungsmittelchemie, insbesondere für seine Methode zur Konservierung von Futtermitteln geehrt.
 
 Biografie
 
Artturi Ilmari Virtanen, * Helsinki (Finnland) 15. 1. 1895, ✝ Helsinki 11. 11. 1973; ab 1921 Direktor des Labors der Finnischen Genossenschaftlichen Molkereigesellschaft von Valio, ab 1931 Direktor des Biochemischen Forschungsinstituts in Helsinki und Professor der Biochemie im Technologischen Institut Finnlands (Helsinki), ab 1948 Präsident der Staatlichen Akademie der Wissenschaften und Künste Finnlands.
 
 Würdigung der preisgekrönten Leistung
 
Wer heute Milch und Butter erwirbt, profitiert unmittelbar von den Forschungen des finnischen Biochemikers Artturi Ilmari Virtanen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren die landwirtschaftlichen Betriebe nicht in der Lage, Milch mit einer über das ganze Jahr gleichbleibenden Qualität zu produzieren.Zudem zersetzte sich das Milchprodukt Butter recht rasch und nahm dabei einen unappetitlichen, öligen Geschmack an. Virtanen nahm sich dieser alltäglichen Probleme an und erhielt den Nobelpreis, insbesondere für seine Methode der Grünfutterkonservierung. Das Verfahren ist — nach seinen Initialen — als AIV-Methode bekannt, das Produkt als Silage (Gärfutter; abgeleitet von: im Silo hergestellt).
 
 Qualitätsunterschiede bei Milch
 
Die erste Voraussetzung für den Erfolg der wissenschaftlichen Arbeiten Virtanens war, dass er einen anzustrebenden Qualitätszustand für Kuhmilch definierte. Ist es möglich, die Kühe auf die Weide zu treiben, so ist die Milch reich an Vitaminen, Fetten und Proteinen (Eiweiß). Steht in der Zeit der Vegetationsruhe nur Heu und das mit herkömmlichen Methoden der »vor-Virtanen-Zeit« mehr schlecht als recht konservierte Grünfutter zur Verfügung, so sinkt nicht nur die Milchleistung, sondern auch die Qualität der Milch. Daher legte Virtanen den im Sommer erreichbaren Gehalt einer Milch an Fett, Proteinen, Vitaminen und Kohlehydraten als Qualitätsstandard zugrunde. Um die Zeit der Nährstoffarmut im verfügbaren Futter zu überbrücken, importierten die Industrieländer der nördlichen Halbkugel schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts ölhaltiges Zusatzfutter. Virtanen stellte sich die Aufgabe, sein definiertes Qualitätsziel ohne Futtermittelimporte zu erreichen.
 
Während ihres Wachstums produzieren Pflanzen aus einfachen Bausteinen kompliziertere chemische Verbindungen, darunter auch Proteine. Einigen Pflanzen, vornehmlich den Leguminosen (Hülsenfrüchtlern), gelingt dies besser als anderen, unter den Futterpflanzen etwa Klee, Wicke und Luzerne. Dazu benötigen sie auch das chemische Element Stickstoff. Der Stickstoff liegt in seiner elementaren Form als reaktionsträges Gas vor. Er bildet mit einem Anteil von etwa 78 Prozent den Hauptbestandteil der Erdatmosphäre. Zur Verwertung in der Pflanze muss der Stickstoff in Form von chemischen Verbindungen vorliegen, vorzugsweise in Verbindung mit vier Atomen Wasserstoff als positiv geladenem Ammoniumion.
 
Virtanen untersuchte in einem ersten Schritt, auf welche Weise die Pflanzen Stickstoff aufnehmen. Stammte der Stickstoff aus im Boden vorhandenen Stickstoffverbindungen oder konnten die Pflanzen über einen bisher nicht entschlüsselten Weg den unermesslich scheinenden Vorrat an gasförmigem Stickstoff der Atmosphäre ausnutzen? Als Resultat umfangreicher Analysen kam Virtanen zu dem Schluss, dass die in den Wurzelknöllchen einiger Pflanzen lebenden Bakterien (»Knöllchenbakterien«) in der Lage waren, den reaktionsträgen Stickstoff aus der Luft bioverfügbar umzuwandeln. Die Bakterien leben dabei mit ihren Wirtspflanzen in einer Symbiose: Sie entnehmen diesen im Gegenzug die von ihnen benötigten Kohlenhydrate.
 
Diese Erkenntnis Virtanens beeinflusste in ihrer praktischen Umsetzung tiefgreifend die Arbeitsorganisation im ländlichen Betrieb. So kann in den klimatisch begünstigten Zonen Mitteleuropas bereits im Mai mit der Ernte der zu silierenden Pflanzen begonnen werden. Das Grünfutter kann sogar in zwei Ernten eingebracht werden, da die Konservierung nach der AIV-Methode auch bei noch nicht erreichtem Reifezustand möglich ist.
 
Der Prozess des Silierens ist in geringem Umfang von den Witterungsbedingungen abhängig. Zeitlich muss der Schnitt der Pflanzen in jene Wachstumsphase fallen, in der sie einen hohen Proteingehalt aufweisen. Danach ist ein Zeitraum von einem halben bis anderthalb Tagen zum Anwelken nötig. Dabei verliert die Pflanze etwa ein Drittel ihres Wassergehalts, was besonders für Pflanzen mit hohem Proteingehalt wichtig ist, um Zersetzungserscheinungen und Fehlgärungen vorzubeugen. Nachdem die Pflanzenmasse in den gut gereinigten Silo gebracht wurde, ist die Luft herauszupressen und abzuschließen.
 
 Der Weg zu vitamin- und proteinreichem Futter
 
Virtanen erkannte, dass die Qualität des Grünfutters aus eigener Erzeugung nur dann sichergestellt werden konnte, wenn es gelang, die ablaufenden Gärungsprozesse so zu steuern, dass die rasche Zersetzung der im Futter enthaltenen Vitamine und Proteine unterblieb. Dies gelang ihm durch die Zugabe starker Säuren, wodurch er in die sonst natürlich ablaufenden biologischen Zersetzungsvorgänge eingriff. In Weiterentwicklung seiner Arbeit ist es heute möglich, den Gärvorgang auch durch andere Zugaben wie etwa Nitrit, Melasse oder Zucker zu steuern.
 
Das Einhalten einer bestimmten Säurekonzentration ist für einen erfolgreichen Gärprozess unabdingbar. Auf der Skala von 0 bis 14 sollte der pH-Wert zwischen 3 und 4 liegen. Eine Lösung mit dem Wert 7 ist neutral, liegt er unter 7, ist sie sauer, liegt er über 7, ist sie basisch. Die Gärung der Silage verläuft demnach im sauren Bereich, der die saure Wirkung von konzentrierter Essigsäure deutlich übertrifft. Würde die Vergärung unter milderen Bedingungen ablaufen, entstünden Substanzen wie Essigsäure oder Buttersäure, die das Futter geschmacklich höchst negativ beeinflussen.
 
Die Silage ist nach einigen Wochen Gärzeit ausgereift. Doch Futter, das sauer ist, lässt die damit gefütterten Tiere an Durchfall erkranken. Nach umfangreichen Fütterungsversuchen erkannte Virtanen, dass durch die Zugabe von Kalk das zur Konservierung angesäuerte Futter wieder soweit neutralisiert werden kann, dass es eine verträgliche Zukost zum weiterhin verfütterten Heu darstellt. Die Säuren wurden dadurch in Wasser, Kohlendioxid und in ihre Calciumsalze umgewandelt. Die bei der Ernte enthaltenen Vitamine und Proteine waren noch fast vollständig enthalten.
 
Die Verfütterung des so in Silos, mittlerweile auch in Kunststofffolien konservierten Grünfutters ermöglichte die Produktion von vitamin- und proteinreicher Milch über das gesamte Jahr. Virtanen konnte zudem zeigen, dass in dem Schritt der Veredlung der Milch zu Butter die durch die Zersetzung der Butter entstehenden negativen geschmacklichen Veränderungen durch Ansäuern oder Salzen zu unterdrücken sind.
 
Erst die positiven Eigenschaften der Silage ließen eine umfangreiche Milchwirtschaft zu. Dies führte in Kombination mit dem ausgeweiteten Import von Soja- und anderem Kraftfutter zu einer Veränderung des weltweiten agrarwirtschaftlichen Gleichgewichts. In Europa entstanden Milchseen und Butterberge.
 
Virtanen bedauerte in seiner Nobelpreisrede das geringe Interesse der kapitalstarken chemischen Industrie an seiner Entwicklung. Er führte dies auf die Furcht zurück, seine Methode der Futterkonservierung und der Stickstoffdüngung würde den Weg »zurück zur Natur« fördern und den Verbrauch von chemisch erzeugtem Stickstoffdünger (etwa nach der Methode von Haber und Bosch, Nobelpreise 1918 und 1931) zurückdrängen.
 
N. Fuchsloch


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