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BAROCKE SKULPTUR: HEILIGE UND GÖTTER, ENGEL UND PUTTEN

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barocke Skulptur: Heilige und Götter, Engel und Putten
 
Kein europäischer Bildhauer nach Michelangelo prägte seine Epoche so entscheidend wie Gian Lorenzo Bernini: In Rom, der »Hauptstadt« der Kunst des 17. Jahrhunderts, war die virtuos beherrschte Marmorskulptur das ureigene Metier dieses 1598 in Neapel geborenen Universalkünstlers, der sich auch als Maler und Architekt, als Autor von Schauspielen und als Theaterregisseur betätigte. Seine Kunst, der man die Freude am Theater stets anmerkt, wurde zum Inbegriff des römischen Barock und der Barockskulptur schlechthin. Sie umfasste Statuen oder Figurengruppen der antiken Mythologie, Heilige und Engel, Reiterstandbilder für Herrscher - etwa Konstantin den Großen und Ludwig XIV. —, Grabmäler für die Päpste Urban VIII. und Alexander VII., schließlich figurenreiche Brunnenanlagen wie den Vier-Ströme-Brunnen auf der Piazza Navona. Eine besondere Spezialität Berninis waren zudem Porträtbüsten, die wegen ihrer Lebendigkeit und täuschenden Ähnlichkeit sehr begehrt waren.
 
Vor allem in den Statuengruppen vermochte Bernini etwas wiederzugeben, was bislang der Malerei oder dem Relief vorbehalten gewesen war: die Abfolge einer Handlung.Bernini nutzte hierfür die wechselnden Ansichten und Blickpunkte, die eine Statue beim Umschreiten bietet, für die unterschiedlichen Aspekte des dramatischen Verlaufs. Dass eine Statue dadurch zum Träger einer »Geschichte in Stein« werden konnte, zeigt sich schon im Frühwerk bei den vier Gruppen, die Bernini für Kardinal Scipione Borghese schuf: »Apoll und Daphne«, »Pluto und Proserpina«, »David« sowie »Äneas und Anchises« wurden zum Urbild der profanen Barockskulptur. In ihnen offenbart sich zudem die Vorbildlichkeit der antiken Kunst, Berninis entscheidender Lehrmeisterin. Einen gewissen Einfluss übte auf ihn aber auch der Bildhauer Francesco Mochi aus, dessen drängender, bewegter Stil - sichtbar etwa in der Figur der heiligen Veronika in Sankt Peter oder den Reiterdenkmälern von Ranuccio und Alessandro II. Farnese in Piacenza - bereits radikal mit der künstlich ausgewogenen Statuarik der vorangegangenen manieristischen Skulptur gebrochen hatte.
 
Mit der mühelos anmutenden, bewunderten Leichtigkeit seiner Meißeltechnik, die Bernini von seinem Vater, dem Bildhauer Pietro Bernini, gelernt hatte, gelang ihm in allen Werken eine spontan erfasste, packende Lebensnähe, die sich immer wieder anders in bewegten Affekten äußert. So reicht der Ausdruck seiner Heiligenfiguren und Engel von stiller Glückseligkeit und versunkener Inbrunst bis hin zu leidenschaftlich ausgelebtem Pathos und ekstatischer Hingabe: Mit Bildwerken wie der »Verzückung der heiligen Theresia von Ávila«, die in der Kapelle der Familie Cornaro in Santa Maria della Vittoria durch eine dem Betrachter verborgene Lichtquelle in Szene gesetzt wird und verschiedenste Materialien vereint, bestimmte Bernini mehr als ein Jahrhundert lang in ganz Europa das Bild barocker Gottessehnsucht.
 
Die römischen Bildhauer des 17. Jahrhunderts standen alle in Berninis Bann. Dessen Gefühlsüberschwang ahmt etwa - wenn auch einen Grad verhaltener - die Figur des heiligen Andreas in Sankt Peter nach, die der aus Brüssel gebürtige François Duquesnoy schuf. Die typenbildende Spezialität Duquesnoys waren Putten in draller Leiblichkeit. Berninis Hauptkonkurrent in Rom, Alessandro Algardi, leistete sein Bestes auf dem Gebiet der Porträtbüste; als Meister der individuellen Charakterisierung erreichte er hier eine ähnliche Lebensnähe wie Bernini. Algardis Statuen hingegen sind eher klassisch beruhigt. Sie verkörpern eine eigene Richtung, den »Barockklassizismus«, der idealtypisch am Grabmal Papst Leos XI. in Sankt Peter vor Augen tritt. In seinem riesigen Altarrelief der »Vertreibung Attilas durch Papst Leo I.« konkurrierte der in Bologna geschulte Künstler mit gemalten Altarbildern.
 
Während der acht Jahrzehnte, die Bernini in Rom lebte - nur 1665 reiste er für fünf Monate an den Hof Ludwigs XIV. nach Frankreich —, zog er wie ein Magnet eine große Zahl von Bildhauern an. Manche von ihnen waren in seiner Werkstatt tätig und übernahmen die Ausführung von Großaufträgen, manche arbeiteten selbstständig. Zu ihnen gehörten Ercole Ferrata, Antonio Raggi der Ältere, Domenico Guidi oder der hoch begabte, früh verstorbene Melchiorre Caffà. Künstlerisch waren sie alle ihrem übermächtigen Vorbild Bernini verpflichtet, einige zugleich auch Algardi. Untereinander im Wettbewerb standen sie bei den Altarreliefs für Sant'Agnese in Agone und beim Figurenschmuck der Engelsbrücke, die einen Querschnitt der Bernini-Schule bieten. Da Ferrata und Guidi Werke auch nach Frankreich, Spanien und Deutschland - bis hin nach Breslau - exportierten, verbreitete sich die römische Kunst schnell. Doch seit der Gründung der »Académie de France« in Rom (1666) beschäftigte man in der »Ewigen Stadt« bevorzugt französische Bildhauer, die sich die Formensprache des Hochbarock in Italien angeeignet hatten: Die Aufträge für die prominenten Altäre der Jesuitenkirchen Il Gesù und Sant'Ignazio erhielten Pierre Legros der Jüngere und Jean-Baptiste Théodon. Diese brachten in die römische Skulptur, deren Markenzeichen religiöse Leidenschaft war, einen kühleren Beiklang, gepaart mit eleganter Haltung und distanziertem Gleichmut des Ausdrucks.
 
Diese religiös bestimmte Kunst wurde um 1700 zunehmend theatralischer und bekam durch pathetische Schwere der Bewegung und ausfahrende Gestik einen deklamatorischen Zug: An der Apostelgalerie in San Giovanni in Laterano, an der Camillo Rusconi und Pierre Étienne Monnot mitarbeiteten, stellen die Heiligen wie Akteure des tragischen Faches ein angestrengtes Aufgewühltsein zur Schau; ihre Leidenschaft ist aber nicht mehr gelebt, sondern wird vorgeführt und zur Übertreibung gesteigert. Von der römischen Skulptur, die erst hundert Jahre später im Klassizismus mit Antonio Canova wieder stilbildend werden sollte, übernahm in diesen Jahren die französische Bildhauerkunst die Vormachtstellung in Europa.
 
In der französischen Skulptur des Barock gab es zwei grundsätzlich verschiedene Richtungen: Die eine orientierte sich am römischen Barock und somit letztlich an Bernini, die andere stand unter dem Geschmacksdiktat der 1648 gegründeten »Académie Royale de Peinture et de Sculpture« und deren verbindlichen Kunstregeln. Zur ersten Richtung gehörten die in Rom lebenden Künstler sowie der originelle, in Toulon, Marseille und Genua tätige Pierre Puget, ein Schiffsdekorateur, Architekt, Maler und Bildhauer, dessen kaum gezügeltes Temperament sich bei seinen Figuren in heftiger, ungestümer, bisweilen fast schon wilder Bewegung und emotionaler Leidenschaft äußerte. In seiner berühmtesten Skulptur, dem »Milon von Kroton«, maß sich Puget nicht nur mit der damaligen römischen Kunst, sondern sichtlich auch mit den antiken Bildhauern des Hellenismus. Die Zentren der französischen Kunst - Paris und Versailles - blieben diesem unbequemen Künstler auf Geheiß des mächtigen Ministers Colbert aber verschlossen, da Pugets Vorstellungen nicht dem alles Extreme und Exzentrische ausschließenden Ideal der höfischen Gesellschaft entsprachen.
 
Die führenden Bildhauer bei Hofe, François Girardon und Antoine Coysevox, beugten sich dagegen der »Ehrbezeigung« und dem »guten Geschmack«. Girardons Werke, insbesondere diejenigen für den Park von Versailles, sind eine einzige Huldigung an Ludwig XIV., dessen 1792 zerstörtes Reiterdenkmal auf der Place Vendôme in Paris von Girardon modelliert wurde. Als Mitglied und zeitweiliger Direktor der königlichen Akademie hielt er sich an deren strenge Regeln und suchte die Natur zum Ideal zu überhöhen. Das Ergebnis war ein ins Klassische veredelter Barock ohne Kraft, dafür mit verfeinerter Delikatesse in der Oberflächenbehandlung der Stoffe, die zum Beispiel die Marmorgruppe des »Apollobades« in Versailles oder das Grabmal Kardinal Richelieus in der Kirche der Sorbonne in Paris aufweisen.
 
Girardons Rivale am Hof, Coysevox, der Lehrer einer ganzen Generation von Bildhauern, sprühte als Dekorateur der Schlossräume vor Erfindungskraft und Lebendigkeit. Als bedeutendste Werke hinterließ er die Grabmäler Mazarins, Colberts und Le Bruns, vor allem aber Porträtbüsten von hochgestellten Personen und von Freunden. In diesen Bildwerken beherrschte er das ganze Spektrum vom überpersönlichen, pompös inszenierten Staatsporträt bis hin zum halboffiziellen Standesporträt, das sowohl die Persönlichkeit als auch ihren gesellschaftlichen Rang zum Ausdruck bringt. Zur Vollendung gelangte diese Gattung zur Zeit der Französischen Revolution durch Jean-Antoine Houdon, dessen Porträtbüsten nicht nur den Charakter, sondern auch das Private, wenn nicht Intime erfassen, ohne die Würde des Dargestellten zu verletzen: Das bürgerliche Individuum von Geist hatte nun die Person von Stand endgültig abgelöst, das Zeitalter des Barock war beendet.
 
Die Entfaltung der Bildhauerkunst im Heiligen Römischen Reich wurde nach einer Blütezeit der Bronzeplastik um 1600 in München, Prag und Augsburg - hier verschmolzen Hubert Gerhard, Hans Reichle und Adriaen de Vries Einflüsse Giambolognas mit niederländischen Formen - durch den Dreißigjährigen Krieg schwer beeinträchtigt. Im frühen 17. Jahrhundert kann man die weitgehend auf die katholischen Gebiete Deutschlands beschränkte Skulptur kaum barock nennen. Fast überall blieb sie lokalen Traditionen verhaftet; die Wirkung von Ornamentstichen, unter anderem aus den Niederlanden, überwog den Impuls der römischen Kunst. Für die neuesten barocken Strömungen offen war allerdings der in Augsburg tätige Georg Petel, ein Spezialist für Elfenbeinschnitzereien, der auch Holzfiguren und Bronzebildwerke schuf. Für ihn wurden Rubens und van Dyck, mit denen er in persönlichem Kontakt stand, zur Quelle seiner Kunst: Wie kein Zweiter vermochte er die warme, gleichsam atmende Leiblichkeit der Gestalten der Malerei in die Gattung der Skulptur zu übertragen.
 
Bewegtes barockes Pathos erreichte die Bildhauerkunst erst um 1700 bei Balthasar Permoser und Andreas Schlüter, die beide nach Aufenthalten in Italien vom römischen Barock geprägt waren. Permoser schuf als sächsisch-polnischer Hofbildhauer die Bauskulptur am Dresdner Zwinger - darunter das »Nymphenbad« -, die eine einzigartige Synthese mit der Architektur eingeht. Schlüter, Oberbaudirektor und Hofbildhauer in Berlin, gelang mit dem Reiterdenkmal des Großen Kurfürsten der Inbegriff des absolutistischen Souveräns von sicherem Weitblick und kraftvoller Energie. Ruhmesmale und Unheil abwehrende Zeichen zugleich sind Schlüters 22 »Masken« sterbender Krieger am Berliner Zeughaus, die steinernen Darstellungen von Köpfen erschlagener Feinde.
 
In Süddeutschland vertrat der Bildhauer und Stuckateur Egid Quirin Asam zusammen mit seinem Bruder, dem Maler Cosmas Damian Asam, eine von Rom geprägte Ausstattungskunst, in die Malerei, Skulptur und Architektur gleichwertig einbezogen waren. Egid Quirin Asam, dessen Figuren aus Stuck gefertigt sind, war der Meister des »Theatrum sacrum«, des »Glaubenstheaters« im Kirchenraum: In Weltenburg scheint der von unwirklichem Licht umfangene heilige Georg aus dem Hochaltar herauszureiten, in Rohr wird der Hochaltar zur Bühne, auf der die Himmelfahrt Mariens regelrecht aufgeführt wird. Von den Asam nahm dann die Dekorationskunst des Rokoko mit Johann Baptist Straub, Ignaz Günther, Paul Egell und Joseph Anton Feuchtmayer ihren Ausgang. Die erstaunlich breiten Ausdrucksmöglichkeiten der barocken Skulptur nördlich der Alpen reichten von einem wild zerklüfteten, an die Grenze der Formauflösung gehenden Bewegungsfluss bei Matthias Bernhard Braun in Böhmen bis zu einer manieristisch gedrehten, äußerst kunstvollen Neoklassik bei Georg Raphael Donner in Wien. Doch auch in Mitteleuropa bewegte sich die Barockskulptur zwischen den beiden so maßgeblichen wie gegensätzlichen Positionen des Zeitalters: zwischen der überschwänglichen Kunst des barocken Rom Berninis und der klassischen Tradition des antiken Rom, gefiltert durch den Geist der Akademien.
 
Prof. Dr. Bernhard Schütz
 
Literatur:
 
Bauer, Hermann: Barock. Kunst einer Epoche. Berlin 1992.
 
Die Kunst des Barock. Architektur, Skulptur, Malerei, herausgegeben von Rolf Toman. Köln 1997.
 
Die Kunst des 17. Jahrhunderts, bearbeitet von Erich Hubala. Beiträge von Per Bjurström u. a. Sonderausgabe Berlin 1990.


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