BEZIEHUNGSLEHRE

Beziehungslehre,

 

ein von G. Tarde, E. Dupréel, G. Simmel, A. Vierkandt und insbesondere von L. von Wiese (»Allgemeine Soziologie«, 1924-29, 2 Teile) vertretener theoretischer Ansatz, der in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu einer Grundrichtung der allgemeinen Soziologie wurde. Ausgangspunkt der Beziehungslehre (oder auch der »beziehungswissenschaftlichen Soziologie«) sind die aus sozialen Prozessen (Bindungs- und Lösungsakten) hervorgehenden Beziehungen und Wechselwirkungen, die sich zu relativ dauerhaften sozialen Gebilden verdichten können. Zur Abgrenzung von anderen Wissenschaften verzichtet die individualistisch-formalistische Beziehungslehre (»formale Soziologie«) bei der Analyse und Systematisierung sozialer Phänomene auf inhaltliche Erklärungsmodelle, die den Einfluss geschichtlich-kultureller Entwicklungen, sozioökonomische Strukturen, politische und ideologische Gegebenheiten auf die Beziehungen berücksichtigen.