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FILMMUSIK UND VIDEOCLIPS: KLÄNGE UND BILDER IN BEWEGUNG

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Filmmusik und Videoclips: Klänge und Bilder in Bewegung
 
»Kammermusik oder Filmmusik - die Hauptsache ist gute Musik«: Als Paul Hindemith im Jahre 1928 forderte, dass die Filmmusik »von Grunde auf geändert werden« müsse, hatte die Verbindung von Bildern und Tönen bereits eine stürmische Entwicklung hinter sich. Unterhaltungsmusik und Salonstücke, aber auch Werke von Mendelssohn, Schumann und vielen anderen wurden bei Filmvorführungen dazu eingesetzt, die Angst der Zuschauer vor dem Dunkel der Vorführräume zu verdrängen, den Lärm der Projektoren zu übertönen und die Wirkung des Geschehens zu verstärken. Komponist der ersten Originalkomposition für einen Film war 1908 Camille Saint-Saëns. Zahlreiche Kollegen folgten ihm seitdem, von Erik Satie über Jean Sibelius bis zu Sergej Prokofjew, Erich Wolfgang Korngold und vielen anderen.
 
Nicht zuletzt durch deren anspruchsvolle Kompositionen für den Film wurde der Kinosaal zu einem Ort veritabler Unterhaltung, zunehmend auch für die gehobeneren sozialen Schichten.Tonfilme wie »Die Drei von der Tankstelle« (1932) und »Bomben auf Monte Carlo« (1930) führten zu einer neuen Ära der Visualisierung von populärer Musik in den Massenmedien. Schlager wie »Ein Freund, ein guter Freund. ..« bis zu Lilian Harveys Erkennungsmelodie »Du bist das süßeste Mädel der Welt« warben für die Filme, so wie umgekehrt auch die Filme Schlager und ihre Interpreten schlagartig populär machten. So wurde zum Beispiel das Schlageralbum »Die Drei von der Tankstelle« im ersten Jahr des Kinostarts 75 000 Mal abgesetzt. Daneben versuchten einzelne Fimschaffende und Komponisten künstlerische Sonderwege zu gehen, von deren Ideenreichtum noch heutige Videoclip-Produzenten profitieren. 1925 etwa komponierte der »Bad boy of music« George Antheil, Musik für Maschinen, Glocken, Ambosse, Autohupen, mechanische Klaviere und Schlagzeug und suchte per Annonce in Zeitungen und Kunstzeitschriften eine filmische Begleitung. Als der französische Maler Fernand Léger zusagte, wurde noch im Oktober desselben Jahres der Film »Ballet mécanique« in Wien uraufgeführt. Da die Synchronisationsmöglichkeiten jedoch technisch unbefriedigend waren, sollte die Musik als selbstständiges Konzertstück durch 16 mechanische Klaviere von einer zentral abgespielten Rolle realisiert werden. Doch auch dies war technisch nicht durchführbar. Seine Musik sei, so der Komponist, »stromlinienförmig, glitzernd, kalt und häufig ebenso von musikalischem Schweigen erfüllt wie der interplanetare Raum und ebenso heiß wie ein elektrischer Glühofen.«
 
Im Zusammenhang mit der Musik zum Stummfilm »Panzerkreuzer Potemkin« von Sergej Eisenstein entwickelte der »Rhythmiker, Geräuscherfinder und Geräuschordner« Edmund Meisel sein Konzept einer Geräuschmusik. Für die Sequenz des Angriffs des Panzerkreuzers gegen das Admiralsgeschwader hatte der russische Regisseur eine akustische Verdeutlichung des Dröhnens der Maschinen, des Stampfens der Kolben und Wellen gefordert. Dieses Filmereignis veränderte die Seherfahrung einer ganzen Generation.
 
Einen ganz anderen Weg, die Relation zwischen Bild und Musik radikal neu zu definieren, verfolgten Bertolt Brecht und Hanns Eisler. Im Mai 1932 sahen in der Premierenwoche 14 000 Berliner einen im Vergleich mit dem gängigen Publikumsfilm sperrigen, sozialkritischen Film mit avantgardistischer Bildersprache: »Kuhle Wampe oder Wem gehört die Welt?« - Musik und Bild nehmen hier gegenseitig aufeinander Bezug. Berühmt ist schon gleich zu Beginn der »dramaturgische Kontrapunkt« von Bildern trister Fabrik- und Wohnhäuser zur distanzierenden Musik. Eisler kommentierte in dem zusammen mit Theodor W. Adorno im amerikanischen Exil verfassten Buch »Komposition für den Film« folgendermaßen: »Traurig verfallene Vorstadthäuser. Slumdistrikt in all seinem Elend und Schmutz. Die »Stimmung« des Bilds ist passiv, deprimierend, sie lädt zum Trübsinn ein. Dagegen ist rasche, scharfe Musik gesetzt, ein polyphones Präludium, Marcato-Charakter. Der Kontrast der Musik - der strengen Form sowohl wie des Tons - zu den bloß montierten Bildern bewirkt eine Art von Schock, der, der Intention nach, mehr Widerstand hervorruft als einfühlende Sentimentalität.« Soll man als Kinogänger hier den Augen oder den Ohren trauen? Der Kontrapunkt von Bild und Musik fordert zu bewusster Auseinandersetzung anstelle von gedankenlosem Konsumieren heraus. Eislers strenge, konzessionslose musikalische Sprache in dieser Filmmusik steht in bewusstem Gegensatz zur sinfonischen Filmmusik, wie sie damals im oft und überwiegend zu Unrecht verpönten Hollywoodfilm erklang.
 
In Hollywood wurde eine Filmmusik von spätromantischem Orchestersound geschaffen, die sich bewusst den Vorgaben des Filmbildes unterordnete. Kennzeichen dieser regelrecht filmspezifischen Musik ist die Verbindung von Kleingliedrigkeit und Melodienseligkeit, etwa in der Musik von Max Steiner zum Film »Vom Winde verweht«. Kondensat des Hauptthemas ist ein emphatischer Oktavaufschwung, in sich abgeschlossen, der zu weit ausschwingenden Melodien ausgedehnt werden kann, aber genauso auch bei bloßer Andeutung die thematische Präsenz suggeriert. Steiner erfand eine Musik, die sich den Bedingungen des Metiers vollendet anpasst und je nach den Erfordernisen der Filmsequenz geschnitten werden kann.
 
Im Film kann Zeit elastisch gehandhabt werden, sie kann gestrafft und gedehnt oder sogar an den Rand des Stillstands getrieben werden. Im »Schweigen der Lämmer« (1989) beispielsweise setzt, als die Agentin nach unendlichen Minuten das Haus des Massenmörders betritt, eine schmerzlich gedehnte Musik ein - ein äußerst feinsinnig komponierter, unter die Haut gehender Kontrapunkt zur herzflatternden Aufruhr des Kinobesuchers. In der Parallelmontage wird dem Zuschauer sogar ein Zeiterlebnis vermittelt, welches die empirsche Realität nicht möglich macht: zu verschiedenen Zeiten an verschiedenen Orten anwesend zu sein. Musik kann hier entweder die Parallelität der Handlungsstränge betonen, wie zum Beispiel in der berühmten Verfolgungsszene in »French Connection«, oder als Einheit stiftende tönende Klammer zwischen den unabhängigen Handlungsebenen fungieren. Optischer und akustischer Rhythmus kommunizieren bei jeder Filmmusik miteinander. Siegfried Kracauers »Theorie des Films« zufolge nehmen wir, »sobald Musik dazukommt, Strukturen wahr, wo wir vorher keine gesehen hatten. Konfuse Veränderungen von Positionen enthüllen sich als verständliche Gesten; zerstreute bildliche Gegebenheiten verschmelzen und schlagen eine bestimmte Richtung ein. Musik überträgt ihre Kontinuität auf die stummen Bilder.«
 
Die Ästhetik der gegenwärtigen Musikvideos hat ihre Wurzeln in den Experimenten mit visueller Musik in den Dreißigerjahren, etwa bei Oskar Fischinger. Nach Underground- und Computerfilmen der Sechzigerjahre wurden ab dem folgenden Jahrzehnt Musikvideos zunehmend kommerziell eingesetzt. Heute präsentieren Fernsehkanäle wie MTV Europe und Viva Musikvideos rund um die Uhr. Im Musikvideoclip verbinden sich Populärkultur und avantgardistische Tendenzen, Kunst und Kommerz zu heute zentralen kulturellen Erscheinungsformen der über die Medien propagierten Jugendmusikkultur. Videoclips vermitteln Lebensgefühl, Zugehörigkeit zu einer Gruppe, Identität. Je nach kulturellem Code, Lebenssituation, Geschlechts- und Rassenzugehörigkeit werden dieselben Clips sehr unterschiedlich wahrgenommen. Die verwendeten Symbole in Clip und Song des Videoclips »Papa don't preach« von Madonna zum Beispiel haben bei schwarzen und weißen Rezipienten völlig andere soziale Relevanz. Das Thema der Teenager-Schwangerschaft und ledigen Mutterschaft ist in der Kultur der Schwarzen alltägliche Erscheinung.
 
Die Art der Aneignung und des Erlebnisses von Musikvideos ist gekoppelt an generationsspezifische Realitäts-und Medienerfahrung. Der Mythos von der Videogefährlichkeit lässt es in Teilen der Kulturkritik zu pauschalen Verurteilungen von Benutzern und Produzenten der Videoclips kommen. Da ist von der »Freizeitbombe mit Zeitzünder«, von »Hackfleischkino«, »industrieller Mafia« und »Nivellierung von Bildwelten« die Rede. Der Behauptung, dass Clips Eigenaktivität beim Zuschauer reduzieren, steht die Erfahrung vieler Kinder und Jugendlicher gegenüber, die auch durch Videoclips angeregt werden, sich musikalisch auszudrücken. Sie rappen, tanzen und verwenden ihren Körper in vielfältiger Weise als Ausdrucksmittel, zum Beispiel als Perkussionsinstrument, als »human beatbox«. Mediale Entscheidungen werden im realen Alltagsleben immer wieder von nichtmedialen Entscheidungen durchkreuzt und beeinflusst. Sie lassen symbolische Bedeutung in einem komplexen und kreativen Seh- und Hörprozess immer wieder neu entstehen.
 
Prof. Dr. Hartmut Möller
 
Literatur:
 
Bartosch, Günter: Das ist Musical! Eine Kunstform erobert die Welt. Bottrop u. a. 1997.
 Flender, Reinhard und Rauhe, Hermann: Popmusik. Aspekte ihrer Geschichte, Funktionen, Wirkung und Ästhetik. Darmstadt 1989.
 La Motte-Haber, Helga de und Emons, Hans: Filmmusik. Eine systematische Beschreibung. München 1980.


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