Значение слова "CHRONIK: GESCHICHTE DER WELT" найдено в 1 источнике

CHRONIK: GESCHICHTE DER WELT

найдено в "Universal-Lexicon"

Chronik: Geschichte der Welt
 
In Byzanz gab es zwei sich in einigen wesentlichen Punkten voneinander unterscheidende Arten, geschichtliche Ereignisse der Nachwelt zu überliefern. In Anlehnung an die Terminologie der Byzantiner selbst werden sie als »Historiographie« oder »Geschichtsschreibung« einerseits und als »Chronistik« andererseits bezeichnet. Unter Werken der Geschichtsschreibung verstehen wir die monographische Behandlung eines zumindest in großen Teilen vom Autor erlebten Abschnittes der Geschichte. Werke dieser Art stehen in Aufbau und Konzeption in der Nachfolge der großen Historiker der Antike, wie etwa Thukydides, Herodot, Polybiosoder Diodor, und orientieren sich sprachlich überwiegend am attizistischen Ideal der gelehrten Hochsprache. Werke der Chronistik dagegen bieten einen mehr oder weniger streng nach Jahren geordneten Abriss der Weltgeschichte von Adam oder Abraham bis zur Gegenwart des Autors. Ihre Sprache und ihre literarische Gesamtkonzeption sind einfacher; sie orientieren sich weitgehend an der Koine, der Allgemeinsprache, wie wir sie etwa auch in zahlreichen Heiligenviten finden.Allerdings sind die Grenzen zwischen Historiographie und Chronistik teilweise fließend. Oft wird die Darstellung einer Chronik umso ausführlicher, je näher sie der Gegenwart des Autors kommt, sodass sie sich in ihrem letzten Teil der Historiographie nähert; auch für die Sprache gilt keine strenge Zweiteilung zwischen. Chronistik und Historiographie, sondern eher eine gleitende Skala.
 
Die Entwicklung der literarischen Gattung Weltchronik fällt in die Zeit zwischen dem 3. und 6. Jahrhundert. Das erste so gut wie vollständig erhaltene byzantinische Werk dieses Genus stammt von Johannes Malalas aus Antiochia aus dem 6. Jahrhundert. Die Konzeption setzt ein christlich-heilsgeschichtlich bestimmtes Weltbild voraus: Die Geschichte bewegt sich linear von der Schöpfung der Welt zur Menschwerdung Christi und hin zu ihrem Ende mit dessen Wiederkehr. In diesen allgemeinen Rahmen sind die Geschichten einzelner Völker und Reiche sowie alle übrigen Daten und Ereignisse einzuordnen. Das Verdienst für die endgültige Ausformung dieses Gesamtplans gebührt Eusebius von Caesarea, dessen. Chronik mit ihren synoptischen Tabellen, die nach 280 entstanden ist, uns nur in Fragmenten und in der lateinischen Übersetzung des Hieronymus erhalten ist. Eusebius ist der Stammvater nicht nur der gesamten. Chronistik im griechischen Osten, sondern durch die Übersetzung des Hieronymus auch der Chronistik im lateinischen Westen.
 
Für die Gesamtsicht von Geschichte in den Weltchroniken war es entscheidend, dass schon in hellenistischer vorchristlicher Zeit zwischen Juden und Griechen heftig darüber gestritten wurde, wer eher gelebt hatte: Mose, als dessen philosophisch-historisches Werk die ersten fünf Bücher des Alten Testaments galten, oder der griechische Philosoph Platon. Wenn Platon erwiesenermaßen nach Mose gelebt hatte, konnte man behaupten, dass auch seine Philosophie von der des Mose abhängig war. Damit waren die Grundlagen für eine vergleichende Chronologie der jüdischen und griechischen Geschichte gelegt. Am Leitfaden des Alten Testaments und der gesicherten. Chronologie des Babylonischen Reiches sowie des Perserreiches und der römischen Geschichte errechnete man für die Erschaffung der Welt Daten um 5500 v. Chr. Die beiden für die byzantinische Chronographie und auch darüber hinaus wichtigsten Ären war erstens die Alexandrinische Ära, nach der die Weltschöpfung 5492 v. Chr. angesetzt wurde; diese Ära benutzt noch die Chronik des Theophanes Confessor Anfang des 9. Jahrhunderts. Zweitens war bedeutsam die seit dem 9. Jahrhundert allgemein im Byzantinischen Reich akzeptierte Ära, welche die Weltschöpfung auf den 1. September 5508 v. Chr. legte. Der Ablauf der Geschichte in den Weltchroniken orientiert sich an der Vision der vier Weltreiche im Buch Daniel: Babylonisches Reich, Reich der Meder und Perser, Reich Alexanders und der Diadochen, Römisches Reich; mit dessen Ende - so glaubte man - werde auch das Ende der Geschichte erreicht sein. Geschichtsabschnitte, die nicht von Monarchien geprägt waren - die Stadtstaaten des antiken Griechenlands oder Rom zur Zeit der Republik - hatten in diesem Geschichtsbild und damit auch in den. Chroniken keinen Platz.
 
Fast aus allen Jahrhunderten des Byzantinischen Reiches sind Weltchroniken erhalten, manche allerdings, wie auch einige Werke der Historiographie, nur in einer einzigen Handschrift. Eine Schwierigkeit für den modernen Herausgeber und Benutzer solcher Chroniken bietet ihr offener Textcharakter. In vielen Fällen haben Benutzer Texteinschübe vorgenommen, am Ende die ihnen vorliegende Chronik erweitert oder Passagen umformuliert. So kommt es, dass wir es oft mit mehreren, nicht leicht zu entwirrenden Bearbeitungsstufen einer Chronik zu tun haben.
 
Prof. Dr. Diether R. Reinsch
 
Literatur:
 
Beck, Hans-Georg: Geschichte der byzantinischen Volksliteratur. München 1971.
 Hunger, Herbert: Die hochsprachliche profane Literatur der Byzantiner. 2 Bände. München 1978.


T: 47