Значение слова "ABSOLUTISMUS UND WIDERSTANDSRECHT: KAMPF UM DIE SOUVERÄNITÄT" найдено в 1 источнике

ABSOLUTISMUS UND WIDERSTANDSRECHT: KAMPF UM DIE SOUVERÄNITÄT

найдено в "Universal-Lexicon"

Absolutismus und Widerstandsrecht: Kampf um die Souveränität
 
Der Begriff des Absolutismus wird häufig zur Charakterisierung der Epoche zwischen dem Dreißigjährigen Krieg und dem Ausbruch der Französischen Revolution verwendet. Die Durchsetzung unumschränkter Fürstenherrschaft nach innen wird damit zu den zentralen historischen Prozessen dieser Zeit gerechnet, wobei es sich, trotz bedeutender Ausnahmen wie England oder Polen, um ein nahezu gemeineuropäisches Phänomen handelte. In jüngster Zeit werden der Begriff des Absolutismus und seine Eignung zur Charakterisierung einer Epoche jedoch radikal infrage gestellt — bis hin zu der These, es handele sich dabei um einen »Mythos« (Nicholas Henshall), dem die weit komplexere Verfassungswirklichkeit selbst in Frankreich kaum entsprochen habe. Die Forschung der vergangenen Jahrzehnte hat die Grenzen herausgearbeitet, die jedem Versuch zur Durchsetzung absoluter Macht vor 1800 gesetzt waren: Das Ideal unumschränkter monarchischer Herrschaft und die politische Praxis klafften weit auseinander; die Wirklichkeit war durch Kompromisse, im Ansatz stecken gebliebene Entwicklungen sowie mangelnde Verfügbarkeit effizienter Machtmittel gekennzeichnet.Gleichwohl lassen sich die für die frühneuzeitliche Geschichte zahlreicher europäischer Staaten charakteristischen Vorgänge der Herrschaftskonzentration ohne den Begriff des Absolutismus kaum zureichend erfassen.
 
 Über die Rechtmäßigkeit politischer Herrschaft — Theorien
 
Obgleich das Wort »Absolutismus« erst im 19. Jahrhundert Eingang in die wissenschaftliche Sprache fand, handelte es sich bei der absoluten Monarchie nicht um ein erst im Nachhinein entworfenes Konstrukt. Die neuzeitlichen Theorien des Absolutismus entstanden vielmehr seit dem 16. Jahrhundert, und in ihren bedeutendsten Formulierungen waren sie eine Antwort auf die konfessionellen und politischen Konflikte der Zeit, in denen die Frage nach der Legitimation und Reichweite politischer Herrschaft neu gestellt wurde.
 
Den Ausgangspunkt bildete in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts Frankreich, wo der Calvinismus seit etwa 1550 zahlreiche Anhänger gefunden hatte. Wie überall, wo die Reformation Fuß fasste, verband sich die religiöse Bewegung mit politischen Konflikten; mit der katholischen Liga und der protestantischen Partei unter der Führung der Bourbonen wetteiferten zwei hochadlige Gruppierungen um die Macht. Seit 1562 herrschte ein Zustand dauernden Bürgerkriegs; der Massenmord an Tausenden von Hugenotten in der Bartholomäusnacht des Jahres 1572 stellte das Verhältnis der Protestanten zur königlichen Macht grundsätzlich infrage und bildete einen Anlass für die Weiterentwicklung der politischen Theorie.
 
Die Monarchomachen
 
Als Reaktion auf die »Bluthochzeit« von Paris erschienen zwischen 1573 und 1579 in rascher Folge drei Schriften calvinistischer Verfasser, die sich mit der Frage nach den Rechten der Untertanen gegen eine ungerechte, tyrannische Herrschaft befassten und die eine ganze Reihe »monarchomachischer« — wörtlich etwa: den Monarchen bekämpfender — Schriften der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts begründeten: die »Franco-Gallia« des französischen Juristen François Hotman (1573), »Über das Recht der Obrigkeiten« (De iure magistratuum) des Genfer Theologen Theodor Beza (1574) und »Der Rechtsanspruch gegenüber Tyrannen« (Vindiciae contra tyrannos) eines hinter dem Pseudonym Stephanus Junius Brutus verborgenen Autors (1579). In ihnen wurde das Recht, einem tyrannisch regierenden legitimen Herrscher mit Waffengewalt zu widerstehen, unumwunden bejaht. Als einige Jahre später Heinrich III. von Frankreich gegen die Führer der Liga vorging, wurden ähnliche Gedanken auch auf katholischer Seite entwickelt, die — anders als noch bei den calvinistischen Monarchomachen — bis zur Rechtfertigung des Tyrannenmords reichten.
 
Das monarchomachische Widerstandsrecht bezog seine Legitimation aus dem bereits im Mittelalter vorgebildeten Gedanken eines wechselseitigen Vertrages zwischen dem König und dem »Volk«, durch den die Herrschaftsgewalt unter bestimmten Bedingungen übertragen worden sei. Durch eine eklatante Vertragsverletzung verwirkte der König die ihm daraus erwachsenen Rechte; Widerstand wurde zulässig, ja zur Pflicht. Obgleich in der monarchomachischen Lehre wichtige Elemente der später fortentwickelten Vertragstheorie enthalten waren, bedeuteten sie doch keine Vorwegnahme des Prinzips der Volkssouveränität oder eines Rechts zur Revolution im modernen Sinne; ebenso wenig ist in ihnen eine Tendenz erkennbar, das Königtum grundsätzlich infrage zu stellen. Ein aktives Widerstandsrecht von Privatpersonen wurde vielmehr grundsätzlich verworfen: Ein Recht zum Widerstand besaßen nur diejenigen, die als »Magistrate« im Verfassungsgefüge des Staates selbst obrigkeitliche Funktionen wahrnahmen, und damit vor allem die Stände als Repräsentanten des »Volkes« gegenüber dem König.
 
Wesentlich an allen Formen ständischer Verfassung war, dass die Herrschaft nicht ungeteilt beim Fürsten lag, sondern erst durch die Mitwirkung der Stände konstituiert wurde. In der Praxis besaßen die Stände im Einzelnen unterschiedliche Rechte zur Mitwirkung an der Gesetzgebung, an der Besetzung von Hofämtern, an der Verwaltung und Rechtsprechung und an Fragen, die das Land als Ganzes betrafen. Das wirksamste Instrument zur Beschränkung fürstlicher Macht bildete überall das Recht zur Steuerbewilligung, an dem sich die meisten Auseinandersetzungen zwischen Fürst und Ständen entzündeten. Ihre explosivste Wirkung entfalteten die Prinzipien ständischer Herrschaftsbeteiligung allerdings vor allem dort, wo sie sich, wie in Frankreich, in den Niederlanden, in Böhmen oder in England, mit konfessionellen Konflikten verbanden: Mit der Berufung auf übergeordnete religiöse Ziele wurde das Widerstandsrecht ein Instrument zur Legitimierung des konfessionellen Bürgerkriegs.
 
Jean Bodins Theorie der Souveränität
 
Nur wenige Jahre nach den Büchern Hotmans und Bezas, im Jahre 1576, erschienen »Sechs Bücher über den Staat« (Les six livres de la république), die eine unmittelbare Antwort auf deren staatsrechtliche Grundsätze darstellten. Ihr Verfasser Jean Bodin stand als Katholik einer vorwiegend aus Juristen bestehenden Gruppe nahe, die bereits von den Zeitgenossen als politiques bezeichnet wurden. Anders als die Parteien in den konfessionellen Auseinandersetzungen verfolgten sie keine religiösen Ziele, sondern waren überzeugt, dass sich der innere Frieden in Frankreich nur auf der Basis konfessioneller Toleranz durch ein starkes Königtum wiederherstellen ließe. Von Bodin wurde diese Idee zu einer Theorie der Souveränität entwickelt, die zur Grundlage der absolutistischen Herrschaftsauffassung wurde.
 
Souveränität bedeutete für Bodin, dass der Monarch als Inhaber der »absoluten Gewalt« die alleinige Gesetzgebungskompetenz besaß und damit zugleich selbst über den Gesetzen stand. Wenn Bodin mit dem aus spätantiken Rechtsquellen stammenden Begriff der legibus soluta potestas, der von der Bindung an die Gesetze gelösten Gewalt, das Wesen der Souveränität bestimmte, dann hieß dies nicht, dass der Monarch jeglicher Bindungen ledig wäre. Wie selbstverständlich stand er auch für Bodin unter dem göttlichen und natürlichen Recht; im Übrigen sah die Theorie sogar die Verpflichtung auf die »Grundgesetze« des Staates vor, insbesondere auf das salische Erbfolgegesetz, das Thronfolgestreitigkeiten als Ursache von Bürgerkriegen ausschließen sollte. Wesentlich war indes, dass für Bodin die Souveränität unteilbar war und Herrschaftsrechte nicht auf verschiedene Träger aufgeteilt werden konnten. Eine Mitwirkung der Stände gestand Bodin nur bei der Steuererhebung zu, die zu seiner Zeit nirgendwo in das Belieben des Herrschers gestellt war. Anders als der Engländer Thomas Hobbes entwarf Bodin keine aus abstrakten Prinzipien abgeleitete politische Philosophie, sondern versuchte nachzuweisen, dass seine Prinzipien bereits die Grundlage der meisten europäischen Verfassungen waren. Tatsächlich bedeutete die Forderung nach der Monopolisierung der staatlichen Gewalt in der Hand des Herrschers aber die grundsätzliche Absage an die Prinzipien, auf denen der dualistische Ständestaat ruhte. Ein Recht zum Widerstand war damit ausgeschlossen: Auch in den Fällen, in denen der Monarch gegen das göttliche oder natürliche Recht verstieß, gab es über dem Inhaber der souveränen Gewalt keine irdische Instanz, die ihn hätte richten können.
 
Das Staatsmodell des Thomas Hobbes
 
Bodin zog mit seiner Lehre die Konsequenz aus einer innenpolitischen Situation, in der der Staat in der Anarchie zu versinken drohte. Auch für Thomas Hobbes war die Bedrohung durch den Bürgerkrieg zwischen König und Parlament in England ein ausschlaggebendes Motiv für den Entwurf seiner Theorie uneingeschränkter staatlicher Gewalt, die er in seinen politischen Hauptschriften »Über den Bürger« (De cive; 1642) und »Leviathan« (1651) entwickelte. Anders als Bodin konstruierte Hobbes sein Staatsmodell ohne Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Situation seiner Zeit streng rational. Da das Zusammenleben von Menschen ohne die Recht setzende und seine Einhaltung erzwingende Gewalt des Staates die stete Drohung eines Krieges aller gegen alle bedeute, erfordere es der natürliche Selbsterhaltungstrieb, den vorstaatlichen Zustand zu verlassen. Das Recht auf individuelle Selbstverteidigung solle in einem Vertrag eines jeden mit einem jeden einem gemeinsamen Oberhaupt übertragen werden, gegenüber dem sich alle zu unbedingtem Gehorsam verpflichten. War die Vertragstheorie in ihrem Ursprung dazu geeignet, ein System wechselseitiger Rechte und Pflichten zu begründen, in dem die Vertragsverletzung durch den Herrscher die Aufhebung des Vertrages nach sich ziehen konnte, so ermöglichte es die eigentümliche Konstruktion Hobbes', den absoluten Gehorsam der Untertanen zu fordern, ohne dass ihm eine entsprechende Verpflichtung des Souveräns entsprach. Da der Souverän, den sich auch Hobbes bevorzugt als Monarchen dachte, lediglich Nutznießer, nicht Partner des Vertrages war, konnte er das Recht zur Ausübung der souveränen Gewalt durch eine Vertragsverletzung ebenso wenig verwirken wie sich die Untertanen deswegen von der Gehorsamspflicht lossagen konnten. Der Rückfall in den Naturzustand — und dies hieß für Hobbes: in den Bürgerkrieg — sollte durch diese Konstruktion auf immer ausgeschlossen bleiben.
 
Die Staatsphilosophie von Thomas Hobbes stellte eine bis zur letzten Konsequenz gehende Formulierung absolutistischer Theorie dar, die in ihrer schroffen Härte ebenso unüberbietbar scheint wie in der kristallklaren Rationalität ihrer Argumentation. Die Entwicklung der politischen Theorie der Neuzeit ist ohne seinen grundlegenden Beitrag nicht denkbar, doch bedeutet dies nicht, dass er in der Praxis eine bevorzugte Rolle bei der Rechtfertigung monarchischer Herrschaftsansprüche gespielt hat. So dienten im Frankreich des 17. Jahrhunderts zahlreiche juristisch-politische Schriften dazu, der Durchsetzung der Krone gegenüber den oppositionellen Kräften die theoretische Begründung zu liefern, wobei die Gedanken Bodins noch radikalisiert wurden; insbesondere die Frage nach dem Steuerbewilligungsrecht der Generalstände wurde nun meist ausdrücklich verneint. Ihre Legitimationsbasis erhielten diese absolutistischen Theorien aber nicht aus der naturrechtlichen Konstruktion, sondern aus dem göttlichen Recht, das der Idee der Souveränität erst ihre letzte Überhöhung verlieh.
 
Die deutschen Naturrechtsphilosophen
 
Auch die Naturrechtsphilosophie des 17. und 18. Jahrhunderts, die in Deutschland von Samuel Pufendorf (Porträt rechts) begründet und — mit Abweichungen im Einzelnen — etwa von Christian Wolff vertreten wurde, beschritt gegenüber Hobbes einen eigenständigen Weg, der bis weit in das 18. Jahrhundert hinein meist zur Begründung absoluter Herrschaft führte, aber zugleich einen Spielraum für andere Herrschaftsformen eröffnete. Üblich war die Konstruktion eines doppelten Vertrages, wobei der erste als Gesellschaftsvertrag den Staat begründete, woraufhin das Volk mit dem künftigen Inhaber der Regierungsgewalt einen Herrschaftsvertrag schloss. Damit ergab sich in der Theorie sowohl die Möglichkeit der Übertragung absoluter Machtfülle wie die der Vereinbarung von Grundgesetzen (leges fundamentales), die die souveräne Gewalt beschränkten oder ihre Ausübung von der Zustimmung bestimmter Körperschaften (Korporationen) abhängig machten. In jedem Fall schloss die Konstruktion eines Herrschaftsvertrages zwischen dem Volk und dem Souverän dessen Verpflichtung auf die vorrangigen Staatszwecke der inneren und der äußeren Sicherheit sowie der Beförderung der allgemeinen Wohlfahrt ein. In eng umgrenzten Fällen wie der völligen Perversion der Staatszwecke durch den Herrscher oder der Verletzung der leges fundamentales blieb sogar die Möglichkeit eines aktiven Widerstandsrechts nicht ausgeschlossen. Der Vorteil dieser naturrechtlichen Theorie bestand nicht zuletzt darin, dass sie, obgleich streng rational konstruiert, genügend Flexibilität besaß, um auf die vielgestaltigen verfassungsrechtlichen Bedingungen der europäischen Staaten anwendbar zu sein.
 
 »Absolute« Herrschaft im frühneuzeitlichen Staat — Die politische Praxis
 
Die absolutistischen Theorien stellten das Arsenal von Begriffen und Argumenten bereit, die das Selbstverständnis der Monarchen prägten und in politischen Konflikten genutzt werden konnten. Die reale Durchsetzung absoluter Herrschaft vollzog sich allerdings nicht nach einem festgelegten Programm. Entscheidend waren vielmehr die konkreten Auseinandersetzungen mit den Ständen oder praktische Erfordernisse der Verwaltung und Finanzpolitik, mit deren erfolgreicher Bewältigung sich die Gewichte der Macht zugunsten des Fürsten verschoben.
 
Vom Ständestaat zum Gesamtstaat
 
Im Grunde ist »Absolutismus« ein Sammelbegriff für eine ganze Reihe von grundlegenden Tendenzen, die den Ausbau des frühneuzeitlichen Staates im Zuge der Durchsetzung monarchischer Macht nach innen kennzeichneten. Dazu gehörten die Versuche zu einer stärkeren Vereinheitlichung der oft sehr heterogenen Staa- ten, die sich aus Provinzen und Territorien mit unterschiedlichen Rechten, besonderen Ständevertretungen und eigenen Verwaltungsinstitutionen zusammensetzten, für die die Dynastie nicht selten die einzige Klammer darstellte. Brandenburg-Preußen mit seinen weit auseinander liegenden Territorien, die erst 1651 mit dem Geheimen Rat die erste gemeinsame Regierungsbehörde erhielten, ist ein Beispiel dafür, wie mit dem Ausbau der kurfürstlichen beziehungsweise königlichen Verwaltung immer mehr gesamtstaatliche Institutionen geschaffen wurden, die dazu beitrugen, dass die »monarchische Union von Ständestaaten« (Gerhard Oestreich) allmählich zu einem Gesamtstaat mit einem sie verbindenden Staatsbewusstsein zusammenwuchs.
 
Seine größten praktischen Leistungen entfaltete der Absolutismus in den Versuchen, durch eine intensive Wirtschaftspolitik mit der ökonomischen Leistungsfähigkeit den allgemeinen Wohlstand und vor allem die Steuerkraft des Landes zu steigern. Der Merkantilismus des französischen Reformpolitikers Jean-Baptiste Colbert, dessen gezielte Förderung der gewerblichen Produktion außerhalb Frankreichs zahlreiche Nachahmer fand, und die vor allem im 18. Jahrhundert eingeleiteten Meliorationen — Maßnahmen zur Bodenverbesserung — in der Landwirtschaft stellten unterschiedliche Versuche dar, die ökonomischen Ressourcen des Landes für staatliche Zwecke nutzbar zu machen. Im Vordergrund stand dabei stets auch die Erschließung von Finanzquellen, die die wachsenden Staatsausgaben decken und die Unterhaltung eines stehenden Heeres ermöglichen sollten. Bei den Großmächten stand der Ausbau des frühmodernen Staates nach innen letztlich unter dem Primat der Außenpolitik, und ebenso, wie der Bedarf des Heeres und die zahlreichen Kriege die wirksamere Nutzung der innen —, finanz — und wirtschaftspolitischen Machtmittel vorantrieben, vereitelten sie häufig genug zugleich ihren Erfolg.
 
Die Auseinandersetzungen um die Souveränität und die Zurückdrängung oder Ausschaltung des politischen Einflusses der Ständevertretungen stellten letztlich nur einen Teilprozess in der Entwicklung frühmoderner Staatlichkeit dar. Und nicht überall, wo der Fürst versuchte, seine Macht auf Kosten der Stände auszuweiten, führte dies auf Dauer zum Erfolg; zuweilen brachte der Konflikt zwischen Ständen und Monarchen eine erneute Verfestigung ständischer Mitbestimmungsrechte mit sich.
 
Die Entwicklung in Frankreich
 
Selbst in Frankreich, dem »klassischen« Land des europäischen Absolutismus, führte die Entwicklung zu unterschiedlichen Ergebnissen in den einzelnen Landesteilen und nach dem Tode Ludwigs XIV. (1715) sogar zu erneuten Einschränkungen der königlichen Gewalt. In der Phase anhaltender innenpolitischer Instabilität zwischen 1610 und 1660 war es der Krone gelungen, die politische Sonderexistenz der Hugenotten zu vernichten, immer wieder aufflackernde Adelsverschwörungen und Bauernaufstände zu unterdrücken und schließlich dem Aufstand der Fronde (1648—53) standzuhalten, der von den heterogenen Kräften der Parlamente, des Adels und des Bürgertums einiger Städte getragen wurde. Diese Konflikte zeigten ebenso die Fragilität der Monarchie zur Zeit der Minister-Kardinäle Richelieu und Mazarin, wie sie den letztlich erfolgreichen Prozess ihrer Durchsetzung markierten und die Voraussetzung der Entfaltung absoluter Herrschaft unter Ludwig XIV. darstellten. Die Zurückdrängung ständischer Versammlungen war ein Teil dieses Prozesses. Zu einer Einberufung der Generalstände kam es seit 1614 nicht mehr — erst im Jahre 1789 sollte ihre erneute Einberufung unter ganz anderen Vorzeichen das Ende des Ancien Régime einleiten. Die Zahl der verbliebenen Provinzial- und Regionallandtage verminderte sich bereits seit dem 16. Jahrhundert, doch blieben sie in zahlreichen Provinzen am Rande des Königreiches, etwa in der Bretagne, der Bourgogne, dem Artois und dem Languedoc, bis zur Französischen Revolution erhalten und stellten dort ein Gegengewicht zu den zentralisierenden Tendenzen der Monarchie dar. Unter Ludwig XIV. kam es sogar zur politischen Entmachtung der Parlamente, der obersten Gerichtshöfe des Landes, die gegenüber der Krone eine eigenständige und nicht selten oppositionelle Politik betrieben und die Funktion einer quasiständischen Körperschaft beanspruchten. Ihr wichtigstes Machtmittel stellte das Recht zur Registrierung neuer Gesetze dar, die unter Angabe von Gründen verweigert werden konnte. Zwischen 1667 und 1673 wurde dieses Remonstrationsrecht bis zur Wirkungslosigkeit eingeschränkt, doch stellte es der Regent Philipp von Orléans 1715 in seinem vollen Umfang wieder her. Während des ganzen 18. Jahrhunderts vermochten die Parlamente immer wieder die Rolle einer wirksamen Opposition gegen das Königtum zu spielen, an der sich schließlich auch die »Vorrevolution« von 1788 entzündete. Es ist kein Zufall, dass es mit Montesquieu ein ehemaliger Parlamentspräsident — von Bordeaux — war, der in seinem Buch »Vom Geist der Gesetze« (De l'esprit des lois) den wirkungsmächtigen Gedanken der Gewaltenteilung propagierte.
 
Der aufgeklärte Absolutismus
 
Trotz aller Tendenzen zur Zurückdrängung konkurrierender Gewalten, zur Zentralisierung der Regierungsbefugnisse, zum Aufbau einer vom Monarchen abhängigen Verwaltung und zur effektiveren Nutzung der verfügbaren ökonomischen und finanziellen Ressourcen blieb der Absolutismus durch zahlreiche traditionelle Schranken in seiner Machtausübung nach innen begrenzt. Dies galt insbesondere für die Durchsetzungsfähigkeit der Zentralgewalt nach »unten«, wo die aus der Grundherrschaft erwachsenen Verwaltungs- und Gerichtsrechte des Adels unangetastet blieben. Von einer durchgängigen Monopolisierung der öffentlichen Gewalt in den Händen des Fürsten konnte nirgendwo die Rede sein, die Ansätze dazu erstreckten sich im Allgemeinen nur auf die oberen und mittleren Verwaltungsebenen. Zugleich war der Absolutismus kaum irgendwo plötzlich da; Dänemark, wo 1665 ein Reichsgrundgesetz erlassen wurde, das dem König ausdrücklich die absolute Macht zusprach, war eine Ausnahme. Vielmehr handelte es stets nur um eine Tendenz zur Ausweitung der fürstlichen Macht, um eine Annäherung an die theoretischen Grundsätze, wie sie von Bodin und anderen vorgegeben worden waren. Der Absolutismus erscheint in der europäischen Geschichte des 17. und 18. Jahrhunderts nicht einfach als Faktum, sondern als Prozess, der auch am Ende des 18. Jahrhunderts nicht abgeschlossen war.
 
Gleichwohl brachten die Versuche zur Monopolisierung und Straffung der fürstlichen Gewalt und zur Bürokratisierung und Rationalisierung von Herrschaft eine grundlegende Modernisierung des Staatsaufbaus mit sich. Durch den »aufgeklärten Absolutismus« der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde dieser Prozess noch intensiviert. Der aufgeklärte Absolutismus war in erster Linie ein Phänomen der Regierungspraxis, die die Erfüllung aufklärerischer Reformforderungen zu bedeuten schien und damit der Monarchie in den Augen der aufgeklärten Öffentlichkeit eine neue Legitimationsbasis verlieh. Zugleich verband sich mit ihm ein neues Selbstverständnis des Herrschers, der sich als »erster Diener« seines Staates begriff und, wie Friedrich II. von Preußen, seine Herrschaftslegitimation aus der naturrechtlichen Vertragstheorie bezog — freilich ohne damit eine Infragestellung seines Anspruchs auf absolute Gewalt zuzulassen. In vielen Fällen, etwa in Portugal, Dänemark und zahlreichen kleineren und mittleren deutschen Territorien, waren allerdings aufgeklärte Minister oder die Beamtenschaft die eigentlichen Träger der Reformpolitik, was durch eine Blickverengung auf die Herrscherpersönlichkeiten leicht verdeckt wird. Die zunehmend eigenständige Rolle der Bürokratie bedeutete einen Wandel im Verständnis des absolutistischen Regierungssystems, mit dem die gesetzliche Bindung des Monarchen in den Vordergrund gerückt wurde.
 
Ausblick
 
Die Entwicklung der politischen Theorie indes wies bereits zu diesem Zeitpunkt längst über den Absolutismus hinaus. Bereits der englische Philosoph John Locke hatte im 17. Jahrhundert die Vertragslehre zu einer Staatslehre ausgebaut, die zur Sicherung des unveräußerlichen Rechts auf Leben, Freiheit und Eigentum die Trennung der gesetzgebenden und der exekutiven Gewalt vorsah; im Falle einer unrechtmäßigen, tyrannischen Ausübung der Regierungsbefugnisse wurde dem Volk ausdrücklich ein Widerstandsrecht zugebilligt. Die liberalen und demokratischen Verfassungskonzeptionen seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert bauten auf Lockes politischer Theorie auf, doch war diese selbst, ebenso wie die Gewaltenteilungslehre Montesquieus, in ihrem Kern noch »ständisch konzipiert« (Horst Möller). Das wesentlich Neue an Jean-Jacques Rousseaus Lehre von der Volkssouveränität (1762) bestand darin, dass er, in radikaler Ablehnung jeglicher Repräsentationsvorstellungen, die Ausübung politischer Freiheit in die Hände des ganzen Volkes legte. Auch wenn sein Modell direkter Demokratie als unmittelbares Vorbild künftiger Verfassungen bedeutungslos bleiben musste, ebnete es den Weg zu einem Verständnis von Repräsentation, das nicht mehr die Herrschaftsbeteiligung privilegierter Korporationen, sondern die aus freier Wahl gebildete Vertretung des ganzen Volkes zur Norm erhob. Das aus korporativen Rechten zur Mitregierung erwachsene ständische Widerstandsrecht hatte damit auch in der antiabsolutistischen Theorie seine Grundlage eingebüßt: An seine Stelle trat das moralisch begründete Recht des Einzelnen auf Widerstand gegen die Diktatur oder das Recht des Volkes zur Revolution.
 
Dr. Georg Seiderer
 
Literatur:
 
Absolutismus, herausgegeben von Ernst Hinrichs. Frankfurt am Main 1986.
 
Absolutismus, herausgegeben von Walther Hubatsch. Darmstadt 21988.
 
Der Absolutismus - ein Mythos? Strukturwandel monarchischer Herrschaft in West- und Mitteleuropa (ca. 1550-1700), herausgegeben von Ronald G. Aschund Heinz Duchhardt. Köln u. a. 1996.
 
Der Aufgeklärte Absolutismus, herausgegeben von Karl Otmar Freiherr von Aretin. Köln 1974.
 Duchhardt, Heinz: Das Zeitalter des Absolutismus. München 21992.
 
Geschichte der politischen Ideen. Von der Antike bis zur Gegenwart, bearbeitet von Hans Fenske u. a. Neuausgabe Frankfurt am Main 9.-11. Tausend 1997.
 Absolutismus. Europäische Geschichte vom Westfälischen Frieden bis zur Krise des Ancien Rgime.Göttingen 1986.
 
Pipers Handbuch der politischen Ideen, herausgegeben von Iring Fetscher und Herfried Münkler. Band 3. München u. a. 1985.
 Reibstein, Ernst: Volkssouveränität und Freiheitsrechte. Texte und Studien zur politischen Theorie des 14.-18. Jahrhunderts, herausgegeben von Clausdieter Schott. 2 Bände Freiburg im Breisgau u. a. 1972.


T: 27