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ALTBABYLONISCHE UND KASSITISCHE TEMPEL

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altbabylonische und kassitische Tempel
 
Die Zikkurat - ein Stufenturm mit Tempel obenauf - blieb auch in der altbabylonischen Zeit die Hauptform der zentralen Tempelanlagen in den Städten Babyloniens. Von allen Stellen, für die wir solche Bauwerke aus der Zeit der 3. Dynastie von Ur kennen, haben wir auch im 2. Jahrtausend v. Chr. Hinweise auf Erneuerungen beziehungsweise Ausbesserungen - etwa für Ur, Uruk, Larsa und Nippur. In Babylon sind uns allerdings die entsprechenden Schichten wegen des hohen Grundwasserspiegels nicht zugänglich, sodass es ungewiss ist, ob sich zur Zeit Hammurapis eine Zikkurat an der Stelle des späteren »Turms von Babel« befand.
 
Gemessen an der politischen Bedeutung und dem Umfang der schriftlichen Nachrichten sind nur wenige Bauten aus der altbabylonischen Zeit archäologisch gesichert, da im babylonischen Kernland abgesehen von einigen Ausnahmen dicke Schichten späterer Bauten ihre Überreste bedecken. Am aufschlussreichsten sind unsere Informationen deshalb aus den nicht so dauerhaft bewohnten Orten in Randgebieten, besonders für die Tempel in Nerebtum, Schaduppum und Eschnunna im östlich von Bagdad gelegenen Dijala-Gebiet. Der Tempel in Eschnunna fällt insofern aus der Rahmen, als er - dem Palast der dortigen Herrscher angegliedert - eine Kultstätte für den vergöttlichten König Schusin der 3. Dynastie von Ur darstellt. In einen quadratischen Bau sind in verkleinerter Form die Hauptbestandteile eines babylonischen Tempels eingeschrieben: ein Hof mit umgebenden Räumen.Der breit gelagerte größere Raum gegenüber dem Haupteingang wird durch die gegenüber der Tür in der Rückwand eingelassene Nische als Cella ausgewiesen.
 
Die Tempel in Nerebtum und in Schaduppum waren zwar äußerlich verschieden, umfassten aber beide innerhalb eines einzigen Baukörpers Kultstätten für mehr als eine Gottheit. Während der Tempel von Nerebtum jedoch freistand und in die regelmäßige Form eines Rechteckes eingefügt war, reihten sich die Tempel von Schaduppum in bestehende Häuserfronten ein. Neben Ischtar wurden in Nerebtum auch andere Gottheiten verehrt, die man sich - wie sich aus dem Grundriss ersehen lässt - im Rang niedriger vorstellte als die Hauptgottheit. Der gesamte westliche Teil des Komplexes mit einem großen Hof und der klar definierten Zugangsmöglichkeit zum Tempel war der Hauptgottheit geweiht; bei dem östlichen, ebenso großen Hof fanden sich die Kultstätten fast »versteckt« im nördlichen Raumtrakt und wiesen keine vorgegliederte Cella auf. Ein weiterer Unterschied bestand darin, dass die Cella gegenüber dem Vorhof nicht breit gelagert war, sondern eine längliche Gestalt mit einer tiefen Kultnische hatte. Vermutlich gingen diese Abweichungen auf Unterschiede im Ablauf der kultischen Handlungen zurück.
 
Auch der größere der Kultbauten in Schaduppum war ein Doppeltempel, der wiederum einen durch die Größe eindeutig gekennzeichneten Haupttempel und eine Kultstätte für eine geringere Gottheit besaß; beide waren aber von demselben Hof aus zugänglich. Der Eingang zum Hauptkultraum dieses Doppeltempels wurde von fast lebensgroßen, sitzenden Löwenfiguren aus Terrakotta flankiert; nach altem Glauben schützten solche übel abwehrenden Figuren den Eingang. In den kleineren Kultbau in Schaduppum konnte man dagegen direkt von der Straße aus jeweils in einen lang gezogenen Vorraum gelangen, dem dann in gerader Richtung ein kleiner Raum mit Kultnische angefügt war; beide Vorräume waren durch Durchgänge miteinander verbunden. Das hinter solchen Mehrfachtempeln stehende Konzept ist unklar, auch wenn man aus der baulichen Nähe wohl auf eine besondere Beziehung der verehrten Gottheiten zueinander schließen darf.
 
Wie wir aus Inschriften und mit Herrschernamen beschriebenen Ziegeln wissen, sorgten auch die kassitischen Herrscher für die Erhaltung der vorhandenen Zikkurats. Beim Bau seiner neuen Hauptstadt Dur-Kurigalzu stellte Kurigalzu I. sogar eine Zikkurat ins Zentrum. Dieser ganz aus gebrannten Ziegeln errichtete Turm hatte eine schlankere Gestalt als die sonstigen Türme. Bei einer normalen Steigung der Treppen, die sich in einem Punkt in der Höhe der ersten Stufe treffen sollten, reichte daher die Länge der einen Seite nicht mehr aus, um vom Eckpunkt des Massivs her die beiden Seitentreppen bis in die gewünschte Höhe führen zu können. Die Baumeister lösten dieses Problem, indem sie die Seitentreppen auf beiden Seiten des Massivs begannen und dann um die Ecke lenkten. Eine 2 m hohe Plattform, die nur durch ein kleines Treppchen zugänglich war, fand sich so vor die Mitteltreppe gesetzt, dass sie den Zugang eher behinderte. Räume um diese Plattform werden zwar durch Inschriften als Kultstätten bezeichnet, sie fügen sich jedoch in kein bekanntes Schema ein. Möglicherweise schufen die Kassiten, die der babylonischen Kultur ansonsten kaum Eigenständiges hinzufügten, hier Raum für eigene Kultgepflogenheiten.
 
Nahe gelegt wird dies auch durch einen kleinen Kultbau in Uruk, dessen Bauherr und Entstehungszeit durch eine Bauinschrift gesichert sind. Er wurde errichtet von Karaindasch, einem der frühen Herrscher der Kassiten-Dynastie, den wir mangels ausreichender Nachrichten nur schätzungsweise in die Zeit um 1415 v. Chr. datieren können. Dieser Tempel mit einer Grundfläche von 19 x 14 m ist an die Umgrenzung eines der äußeren Höfe des Eanna-Heiligtums angelehnt und wie dieses der Göttin Inanna geweiht. Da er in Grundriss und Gestaltung der Außenfassade ein Unikum in der mesopotamischen Baugeschichte darstellt, wird er oft als Beispiel kassitischer Eigenständigkeiten genannt. Schon äußerlich fällt der Rechteckbau durch die turmartig betonten vier Ecken auf. In einen rechteckigen Innenraum sind Mauern so eingefügt, dass sich von einem kleinen quadratischen Eingangsraum aus ein Kultraum öffnet, der statt der Nische in der Rückwand über ein Podest vor der Wand verfügt. Vom Vorraum aus sind seitliche Korridore zugänglich, die einen Zutritt zur Cella auch von den Seiten her ermöglichen. Bemerkenswert ist außerdem die aus gebrannten Formziegeln gestaltete Außenfassade, deren Ziegel allerdings nicht in der später von den Ausgräbern vorgeschlagenen Zusammenfügung gefunden wurden: Über einem Sockel befand sich ein umlaufender Fries, der zwischen wellenförmigen Wasserstrahlen weibliche und männliche Götterfiguren zeigt, deren Unterkörper mit engen Falten oder einem Schuppenmuster geschmückt sind, das üblicherweise Bergdarstellungen charakterisiert.
 
Trotz dieser architektonischen Besonderheiten versuchten die Kassiten offenbar, die Traditionen Babyloniens möglichst nahtlos fortzusetzen. Auch die offiziellen Inschriften der Herrscher wurden nun wieder in der als altehrwürdig empfundenen Sprache Sumerisch, die seit mindestens einem halben Jahrhundert nicht mehr gesprochen wurde, abgefasst. Darüber hinaus wurde die ältere Literatur gesammelt und »kanonisiert«. Dass die chaldäische Dynastie im 6. Jahrhundert v. Chr. dann so direkt an die Formen der altbabylonischen Zeit anknüpfen konnte, als ob inzwischen nicht fast tausend Jahre vergangen wären, ist deshalb sicher auf die bewusste Traditionspflege der Kassiten zurückzuführen.
 
Prof. Dr. Hans J. Nissen


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