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ÄGYPTEN UND BABYLON: DEN GÖTTERN UNTERTAN

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Ägypten und Babylon: Den Göttern untertan
 
Ohne Frage ist Religion als die einzige Möglichkeit, mit dem Unverständlichen im Menschen und in seiner Umgebung umzugehen, immer eine der bestimmenden Kräfte in der Geschichte gewesen. Sich dabei wie in Ägypten und Babylonien die waltenden Kräfte als menschenähnliche Götter vorzustellen, mit denen man handeln und rechten kann, ist aber eine ihrer späten Ausprägungen, nachdem man sich jahrtausendelang mit der Beschwörung von Geistern begnügt hatte.
 
In Ägypten kam es durch die frühe Reichseinigung unter König Narmer (um 2900 v. Chr.) zur Ausbildung einer Götterwelt, in der sich der Gedanke der politischen Zentralherrschaft in Gestalt eines »Reichsgottes« verkörperte. In der Frühzeit (um 3000 bis um 2620 v. Chr.) verehrte man noch den König selbst als Reichsgott, indem man ihn als lebende Verkörperung des Himmelsgottes Horus ansah. Im Alten Reich (um 2620 bis um 2100 v. Chr.) gewann dann der Kult des Sonnen- und Schöpfergottes Re zunehmend an Bedeutung, bis unter König Djedefre gegen Ende der 4. Dynastie Re zum Reichsgott und der König zum »Sohn des Re« erklärt wurde.
 
Der Gedanke der Zentralherrschaft gliederte sich dadurch in eine götterweltliche und eine irdisch-politische Sphäre auf; Re wurde zum Haupt des ägyptischen Pantheons.Im Mittleren Reich (um 2040 bis um 1650 v. Chr.) stieg der thebanische Stadtgott Amun zum Reichsgott auf und wurde in dieser Rolle als »Amun-Re« mit dem Sonnengott gleichgesetzt. Da aber die Vorrangstellung dieses Reichsgottes über die anderen Götter immer mehr zunahm, gelangte ein »zentralistischer« Zug in die ägyptische Götterwelt. Als dann im Neuen Reich (1551 bis 1080 v. Chr.) König Echnaton um 1350 v. Chr. Aton zum einzigen Gott erhob, schlug die vom Sonnengott abhängige Götterwelt in einen reinen Monotheismus um. In der Folgezeit verteilte man die Institution des Reichsgottes auf die Götter der drei Hauptstädte des Landes, Amun von Theben, Re von Heliopolis und Ptah von Memphis, erklärte diese Dreiheit aber als Erscheinungsform eines verborgenen Allgottes; damit wurde eine Denkform gefunden, die Einheit und Vielheit dialektisch vermittelte. In der Spätzeit (712-332 v. Chr.) kamen die lokalen Gottheiten stärker zum Zuge. Jedes religiöse Zentrum entwickelte jetzt seine eigene Theologie. In allen Göttern aber verehrte man den verborgenen Weltgott in spezifischer Form, alle lokalen Theologien waren Variationen eines gemeinsamen Themas. In dieser Zeit erfuhr auch der Tempelgrundriss eine Schematisierung, sodass sich seither die Tempel landesweit viel stärker ähnelten als früher.
 
»Den Göttern untertan« - diese Formel gewann in Ägypten im Lauf der Zeit an Bedeutung. Schon der Wandel von der Verkörperung des Reichsgottes im König zur Sohnschaft des Königs am Reichsgott bedeutete einen großen Schritt in diese Richtung. Der Gedanke der Sohnschaft umfasste ein weites Spektrum an Aufgaben, die der König den Göttern schuldete: Tempelbau, Ausstattung der Altäre, Versorgung der »Menschen«, Vernichtung der »Feinde«. Mit dem Neuen Reich setzte sich immer stärker eine »Theologie des Willens« durch, die alles Geschehende wie in Mesopotamien als Ausdruck göttlicher Willensentscheidung verstand. Das Orakel als Technik der göttlichen Willensbefragung wurde nun immer wichtiger, und die Könige beugten sich immer tiefer unter den Willen Gottes. Schließlich wurde mit der 21. Dynastie (1080-945 v. Chr.) in Theben für einige Jahrhunderte eine theokratische Regierungsform eingeführt, in der der Hohepriester des Amun die zum Gottesstaat erklärte Thebais, das Gebiet um, durch Orakelentscheidung regierte. Nicht nur die Könige, auch die einzelnen Menschen fühlten sich im Zeichen dieser Theologie des Willens den Göttern untertan und ihnen gegenüber für ihre Taten verantwortlich. Krankheiten und Katastrophen wurden als Strafe für begangene Sünden gedeutet, Heilung wurde durch Bekenntnis und Buße gesucht. Der höchste Gott war zugleich Weltgott und Nothelfer; er teilte diese Doppelrolle allen anderen Gottheiten mit, in denen sein umfassendes Wesen in lokaler und funktionaler Brechung gespiegelt wurde. Diese Richtung der »persönlichen Frömmigkeit«, die ältere Vorläufer hatte, kennzeichnete die Ramessidenzeit (1305-1080 v. Chr.) und prägte die ägyptische Religion dann auf Dauer.
 
In Babylonien kam es infolge der städtischen Struktur zu einer anderen Entwicklung. Die notwendige Betonung der lokalen Selbstständigkeit brachte die Institution der Stadtgottheit hervor, unter deren Patronat die jeweilige Stadt stand. Dieser Gottheit wurde ein bestimmtes Symbol zugeordnet, das dann auch die Stadt bezeichnen konnte. Die gleichartige Form der Tempel lässt uns vermuten, dass das Konzept und die Verehrung dieser Gottheiten überall in Babylonien sehr ähnlich gewesen sein müssen. Auch die politische Verwaltung war vermutlich durchgehend die gleiche; es handelte sich bei ihr um eine religiös gebundene Verwaltung, ohne dass etwa die Funktionäre Priester genannt werden müssten.
 
Unklar sind die Wurzeln dafür, warum diese Stadtgottheiten allmählich auch andere Aspekte übertragen bekamen - wie zum Beispiel aus Nanna, dem lokalen Stadtgott von Ur, der Mondgott des ganzen Landes wurde, wie Inanna von Uruk den Doppelaspekt der Liebes- und der kriegerischen Göttin erhielt oder Utu von Larsa zum Sonnengott wurde. Die Texte der Mitte des 3. Jahrtausends zeigen bereits das Ende dieser Entwicklung. In den Götterlisten dieser Zeit begegnen uns die Ergebnisse der Versuche, Strukturen in die Götterwelt Babyloniens zu bringen, die anders als bei den gleichrangigen Stadtgöttern von Unterschieden zwischen den Göttern ausgehen. Offenbar war ein zusätzliches bzw. ergänzendes Konzept zum Konzept der Stadtgötter entstanden, in dem den Göttern nicht nur verschiedene landesweite Aufgaben zugewiesen waren, sondern das auch von einer Einheit ganz Babyloniens ausging. Interessanterweise ging diese Entwicklung derjenigen Phase voraus, in der Babylonien unter der Dynastie von Akkad zum ersten Mal politisch geeint wurde.
 
Eine Tendenz zur Scheidung zwischen oberen und unteren Gottheiten war jedoch bereits in der Zeit vor der ersten Reichseinigung am Erscheinen »persönlicher« Schutzgötter sichtbar geworden. Diese Neuerung nahm in der Einführungsszene bildliche Gestalt an: Ein menschlicher Beter wird durch eine niedere Gottheit, das heißt einen persönlichen Schutzgott, bei einer höheren Gottheit eingeführt, vor die man also nur durch Vermittlung gelangen kann. Die Verknüpfung der Zuweisung von landesweiten Funktionen an einzelne Gottheiten mit der Vorstellung von ganz Babylonien als politischer Einheit zog beim Wechsel vom Stadtstaatensystem zum ersten Zentralstaat also auch den entsprechenden religiösen Komplex nach sich. Wie zuvor das Konzept der Stadtgötter von den Stadtstaaten instrumentalisiert worden war, so bediente sich nun die Dynastie von Akkad des Konzeptes der differenzierten Gottesvorstellungen. Dass die Religion in den Dienst der Politik gestellt wurde, bedeutete jedoch nicht, dass hier etwa Anzeichen einer Verweltlichung zum Vorschein gekommen wären. Verschiebungen waren nämlich lediglich innerhalb des Systems möglich. Sichtbar wird dies etwa an den Versuchen der späteren Herrscher der 3. Dynastie von Ur, den obersten Reichsgott Enlil von Nippur, den aufrührerische Städte sich zum Wortführer erkoren hatten, dadurch abzuwerten, dass sie die in der Nähe von Ur gelegene Kultstadt Eridu des in der Hierarchie zweithöchsten Gottes Enki ausbauten und diesen dadurch zum höchsten Gott aufzuwerten suchten.
 
Eine ähnliche politische Indienstnahme wird man auch für die Entwicklung des einstigen Stadtgottes Assur zum Kriegsgott und unerbittlichen Antreiber des assyrischen Expansionismus annehmen können, obwohl gerade die Assyrer mit ihrer Manie, für alles und jedes den Willen der Götter zu befragen und nichts ohne deren Zustimmung zu tun, »den Göttern untertan« lebten. dass man sich im gesellschaftlichen Rahmen der Zeit nicht ungestraft über kultische Regeln hinwegsetzen konnte, erfuhr schließlich auch Nabonid, der letzte Herrscher der chaldäischen Dynastie, der offenbar über der Familienanhänglichkeit an den Mondgott Sin seiner Heimatstadt Harran den Kult des Marduk in seiner Residenzstadt Babylon vernachlässigte - Nabonids Ende 539 v. Chr. wird dem Mitwirken der Priesterschaft des Marduk zugeschrieben.
 
Prof. Dr. Hans J. Nissen/Prof. Dr. Jan Assmann


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