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ÄGYPTISCHER KALENDER

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ägyptischer Kalender: übersetzung

ägyptischer Kalender
 
Die Ägypter unterscheiden eine zyklische und eine nichtzyklische Zeit; die eine nennen sie Neheh, die andere Djet. Neheh, die zyklische Zeit, ist die ewige Wiederkehr des Gleichen; sie wird erzeugt durch die Bewegung der Gestirne und daher in der Hieroglyphenschrift mit dem Zeichen der Sonne determiniert. Diese Zeit wird mit dem Begriff des Werdens verbunden, der im Ägyptischen mit dem Bild des Skarabäus, dem zentralen Heilssymbol der Ägypter, geschrieben wird. Nicht das Sein, sondern das Werden steht im Zentrum ihres Denkens. Die Zyklen werden und vergehen, und was innerhalb der Zyklen wird, vergeht in der Hoffnung erneuerten Werdens. Die nichtzyklische Zeit wird mit dem Begriff des Bleibens, Währens, Dauerns assoziiert. Sie wird mit dem Zeichen der Erde determiniert. Ihre Symbole sind Stein und Mumie, ihr Gott ist Osiris, der gestorbene Gott, der dem Totenreich vorsteht. Djet ist ein heiliger Raum der Dauer, in dem das Vollendete unwandelbar fortdauernd aufgehoben ist. Daher heißt Osiris als Herr der Djet Wannafre »Der in Vollendung Währende«. Djet ist stillstehende Zeit; Bewegung gibt es nur im Neheh. Neheh ist daher der Oberbegriff der Zeiteinheiten, der kalendarischen Zeit.
 
Der ägyptische Kalender beruhte auf dem Sonnenjahr, das mit 365 Tagen, also um einen Vierteltag zu kurz, berechnet wurde.Es begann mit dem Einsetzen der Nilüberschwemmung, das mit einem astronomischen Ereignis, dem Frühaufgang der Sothis (des Sterns Sirius) verknüpft wurde (Mitte Juli nach dem julianischen Kalender), und gliederte sich in zwölf Monate zu je 30 Tagen, die zu drei Jahreszeiten zusammengefasst wurden. Am Ende dieser 360 Tage wurden fünf »Zusatztage« (Epagomenen) angehängt.
 
Die Monatsnamen sind von Festnamen abgeleitet; der Kalender ist also ein Festkalender. Wie in allen archaischen und traditionellen Kulturen haben Zeitmessung und Kalender auch in Ägypten ihren Sitz im Kult, der in weit höherem Maß als die zivilen Geschäfte eine präzise Ordnung der Zeit erforderte. Dieses Normaljahr überlagert ein ursprünglicheres Mondjahr, das nicht auf Berechnung, sondern auf Beobachtung beruhte und daher mit den natürlichen Jahreszyklen in Einklang blieb, während das Normaljahr sich gegenüber dem Naturjahr um einen Vierteltag verschob und erst nach Ablauf von 1460 Jahren wieder mit diesem zusammenfiel. Dieses Mondjahr bestand ebenfalls aus zwölf Monaten, die 29 oder 30 Tage umfassten, abhängig vom Eintreten des Neumonds, mit dem der erste Tag des neuen Monats begann. Die zwölf Monate addierten sich zu 354 Tagen, was alle drei, seltener alle zwei Jahre die Einfügung eines Schaltmonats erforderte, um mit dem Jahreszyklus in Einklang zu bleiben. Die Ägypter hielten neben dem Normaljahr an diesem Mondjahr fest, benutzten also zwei Kalender gleichzeitig. Der eine bot den Vorteil der Berechenbarkeit, da er nicht auf Beobachtung beruhte, und kam daher besonders den Zwecken der Verwaltung entgegen. Der andere bot den Vorteil des Einklangs mit kosmischen Zyklen und war daher besonders geeignet für die Zwecke des Kults, dem es auf die Eingliederung der menschlichen in die als göttlich verehrten natürlichen Ordnungen ankam. Trotzdem darf man die beiden Kalender nicht als »zivil« und »religiös« verstehen. Beide Kalender waren in hohem Maß religiös. Der Normalkalender war sogar auch in dieser Hinsicht noch bedeutungsvoller als der Mondkalender, weil die nach ihm berechneten Feste, die »Feste auf dem Jahr«, viel wichtiger waren als die nach dem Mondkalender beobachteten »Feste des Himmels«. Der Kalender als solcher war religiös, weil die Ordnung als solche heilig war. Da aber der eine Kalender in einer komplexen, auf Berechenbarkeit angewiesenen Gesellschaft viel praktischer war als der andere, trat er im Lauf der Zeit immer stärker in den Vordergrund und wurde zum Normalkalender. Die Ägypter setzten die beiden Kalender durch Vergleichstabellen, Konkordanzen, miteinander in Beziehung. Dabei legten sie einen Zyklus von 25 Normalkalenderjahren zugrunde, die genau 309 Mondmonaten entsprachen. Eine solche Konkordanz ist in einem Papyrus der Spätzeit erhalten.
 
Der ägyptische Tag begann mit Sonnenaufgang. Tag und Nacht gliederten sich in je zwölf Stunden. Da deren Zahl festlag, schwankte ihre Länge (die Tagesstunden waren im Sommer länger als im Winter, bei den Nachtstunden war es umgekehrt). Auch hier ersetzte Messung (durch Wasseruhren) ein älteres System, das auf astronomischen Beobachtungen beruhte: Die Stunden wurden bestimmt nach dem Aufgang bestimmter Sterne, der »Dekane«. Da sich diese Aufgänge im Jahreszyklus verschoben, führte alle zehn Tage ein neuer Dekan »seine« Stunde an (während der alte eine Stunde vorrückte). Wenn ein Dekan die zwölfte Nachtstunde anführte, erschien er erstmals am Morgen nach siebzigtägiger Unsichtbarkeit, was man seinen »Heliakischen Frühaufgang« nennt. Nach ägyptischer Vorstellung verblieb er für diese 70 Tage in der Unterwelt; von dieser Beobachtung wurde im Totenkult die Siebzigtagefrist abgeleitet, die als die ideale Dauer der Einbalsamierung galt. Da sich das Normaljahr gegenüber dem Mondjahr verschob, mussten die Sternuhren immer neu eingestellt werden. Sie hatten daher mehr theoretische oder symbolische Bedeutung. In der Praxis benutzte man Wasseruhren. Von den Dekanen leitete sich auch die ägyptische Zehntagewoche her; der babylonische Siebentagezyklus, der auf der Beobachtung der Mondphasen beruht, spielte in Ägypten keine Rolle. In Theben wurde jeder zehnte Tag festlich begangen; wie weit dieser Brauch ins zweite Jahrtausend zurückreicht, ist allerdings unklar. Er war aber kein Ruhetag im Sinne des biblischen Sabbat.
 
Die wichtigsten Feste, deren Wiederkehr das ägyptische Jahr mit Bedeutung erfüllte, waren das Neujahrsfest, das Sokarfest, die »Mysterien« des Osiris in Abydos und die großen thebanischen Feste: Minfest, Opetfest und Talfest.
 
Die Feste häuften sich in den Jahreszeiten, in denen die Feldbestellung ruhte. Einen unverkennbar jahreszeitlichen Sinn hatte das Sokarfest. Hier ging es ursprünglich um das Aufhacken der Erde, das Bestatten des Samenkorns und die Aufrichtung eines Pfeilers als Symbol des aufkeimenden Lebens. Damit begann das Jahr des Landmanns nach dem Abziehen der Überschwemmung. Diese Riten verloren schnell ihren auf die Landwirtschaft bezogenen Sinn und wurden auf den Osiris-Mythos ausgedeutet. Das Fest begann mit dem Ansetzen einer »Kornmumie« (in Gestalt eines mumienformigen Adonisgärtchens mit rasch aufkeimenden und wieder verwelkenden Pflanzen), die nach achttägiger Keimfrist feierlich und unter großem Klagen zu Grabe getragen wurde. Unterdessen wurde in der Mitte dieser Achttagefrist das Erdhacken gefeiert. Die Aufrichtung des »Djed-Pfeilers« feierte den Triumph des Osiris als Überwinder des Todes. Der folgende Tag brachte das Nehebkau-Fest, das ein zweites Neujahrsfest darstellte. Das eine Neujahrsfest feierte die Wiedergeburt der Sonne (so auch die Bedeutung des ägyptischen Monatsnamens Mesore), das andere die Wiedergeburt der Vegetation. Alle Feste hatten einen erneuernden Sinn. Das Luxorfest erneuerte die Gottessohnschaft des Königs, das Talfest die Gemeinschaft mit den Toten und das Minfest als eine Art Erntedankfest die Fruchtbarkeit der Erde und die Herrschaft des Königs über die Weltgegenden. Der gesamte Festkalender lässt sich als eine kultische Erneuerung und Inganghaltung der Zeit verstehen, die dadurch nicht nur geordnet und gemessen, sondern geformt und gedeutet wurde.
 
Das gilt insbesondere auch für die »Feste des Himmels«, die die Mondphasen begleiteten. Das waren im Gegensatz zu den Jahresfesten keine Wallfahrts- und Prozessionsfeste, bei denen die Massen zusammenströmten, sondern Riten, die nur von Priestern im Tempel vollzogen wurden und die Zeit durch rituelle Unterstützung des Mondlaufs in Gang halten sollten. Die wichtigsten waren das Neumondfest (erster Tag), das Monatsfest (zweiter Tag), das Fest des sechsten Tages, das Fest des siebenten Tages und das Fest des 15. Tages. Entsprechendes gab es auch in den Tempeln des Sonnengottes; hier wurde rund um die Uhr das Stundenritual zelebriert, das den Sonnenlauf mit stündlichen Rezitationen begleitete und die Zeit als Arbeit des Sonnengottes und seines Gefolges mitwirkend befördern sollte.
 
Kalender ganz anderer Art waren die Tagewählereikalender (Hemerologien), die jeden einzelnen Tag des Jahres aufgrund bestimmter mythischer Ereignisse kennzeichneten. Sie dienten der Prognostik, also der Vorhersage künftiger Ereignisse, und gaben Anweisungen, was an bestimmten Tagen zu tun und zu lassen war. Der Tag war in drei Tageszeiten eingeteilt, die als »gut«, »unentschieden« oder »unheilvoll« eingestuft wurden, wobei sich die Eigenschaft des Tages oder der Tageszeit aus dem zugehörigen mythischen Ereignis herleitete. So bekam die mythische Welt eine kalendarische und die Zeit eine mythische Dimension. Solche Hemerologien - wörtlich bedeutet Hemerologie die Auflistung der einzelnen Tage des Jahres, hier jedoch so, dass für jeden Tag seine mythologische Charakteristik beschrieben wird - sind auch aus Babylonien bekannt, waren aber für Ägypten so typisch, dass unheilvolle Tage im Mittelalter und darüber hinaus als »dies aegyptiaci« (ägyptische Tage) galten. Als besonders unheilvoll wurden die Epagomenen eingestuft; an diesen Tagen durchstreiften die Unglücksboten der Göttin Sachmet das Land.
 
In der Jahreszählung fingen die Ägypter bei jeder Thronbesteigung eines neuen Königs wieder mit Jahr 1 an, besaßen aber in den Königslisten ein Instrument, das es ihnen ermöglichte, zurückliegende Zeitabstände genau zu berechnen. Da es jedoch im Sinne einer Geschichtsschreibung nie zu einer Beschäftigung mit der Vergangenheit kam, haben sie von dieser Möglichkeit kaum Gebrauch gemacht. Eine Ausnahme war die Aufstellung einer Stele König Sethos' I. (um 1290 v. Chr.) zur Feier der 400. Jahrestages der Einrichtung des Seth-Kults in Auaris.
 
Prof. Dr. Jan Assmann


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