Bọn-Religion
[tibetanisch bøn-], die ursprüngliche Religion der Tibeter, mit ausgeprägtem Ahnen-, Dämonen- und Totenkult, eine Form des zentralasiatischen Animismus: Himmel, Luftraum, Erde sind, nach der Bon-Religion, von unzähligen Geistern erfüllt, die durch Opfergaben (Tuchfetzen, Fahnen und Steine) besänftigt werden müssen. Die Beschwörung dieser Geister lag in Händen von Priestern, die als mächtige Zauberer, Heilpraktiker und Wettermacher galten.Den kulturellen Handlungen lag ein vielgestaltiges, in seiner Abfolge genau festgelegtes Ritual zugrunde.
Im 7. Jahrhundert n. Chr. wurde die Bon-Religion vom Mahayana-Buddhismus verdrängt, der Elemente der Bon-Religion übernahm. Aus ihm entstand, verbunden mit Elementen des Tantrismus, der Lamaismus. Im 11. Jahrhundert entstand, als eine unter mehreren Schulen des tibetanischen Buddhismus, die Schule Bon-po (»Anhänger des Bon«). Nach eigenem Selbstverständnis die Bewahrerin der B., versteht sich Bon-po als eigenständige und, in Abgrenzung zum Lamaismus, wahre Religion Tibets (seit dem 15. Jahrhundert Gründung eigener Klöster). Heutiges Hauptverbreitungsgebiet ist Osttibet; Bon-po-Klöster und Heiligtümer bestehen jedoch auch in Nordwestindien (Himachal Pradesh) und Nepal. Reste der alten Bon-Religion haben sich daneben in Nordostindien (Arunachal Pradesh) und Bhutan erhalten.
Literatur:
H. Hoffmann: Die Religionen Tibets. Bon u. Lamaismus in geschichtl. Entwicklung (1956);
G. Tucci u. W. Heissig: Die Religionen Tibets u. der Mongolei (1970);
C. Baumer: Bön. Die lebendige Ur-Religion Tibets (Graz 1999).