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CHARLES CHAPLIN

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Charles Chaplin: übersetzung

Charles Chaplin
 
Es gibt in der unübersehbaren Literatur über Chaplin keinen Superlativ, der nicht auf ihn angewendet worden wäre. Die bedeutendsten Regisseure verschiedener Länder und Generationen, wie Sergei Eisenstein, Jean Renoir, René Clair, Stanley Kubrick, Jean-Luc Godard, Jerry Lewis, haben den Autodidakten Chaplin als das überragende Genie anerkannt. Chaplin ist vielleicht der einzige Filmkünstler in der Geschichte dieses Mediums, dem die Versöhnung zwischen massenmedialem Produkt und künstlerischem Werk vollkommen gelungen ist.
 
Charles Spencer Chaplin wurde am 16. April 1889 in London als Sohn von Hannah Chaplin, geborene Hill (* 1865), und Charles Chaplin sen. (* 1863) geboren. Sein künstlerisches Talent erbte er von beiden Eltern, die beliebte Music-Hall-Künstler waren. Die Mutter (Künstlername: Lily Harley) tanzte, trug Couplets vor und war als Imitatorin sehr geschätzt; der Vater hatte mit seiner schönen Baritonstimme großen Erfolg als Sänger. Die Eltern trennten sich bald nach der Geburt von Charles, der gemeinsam mit seinem vier Jahre älteren Halbbruder Sydney (✝ 1965) bei der Mutter aufwuchs.Als Hannah Chaplin durch Überanstrengung ihre Stimme verlor und nicht mehr engagiert wurde, geriet sie mit den Söhnen in größte finanzielle Not, zumal Chaplin sen. mit den Unterhaltszahlungen sehr säumig war. Von 1895 bis 1898 wurde sie mehrfach in die Armenhäuser in Lambeth und Newington eingewiesen, Charles und Sydney wurden in die Waisenhausschule Hanwell gesteckt, wo Charles wegen der harten und ungerechten Erziehungsmethoden (Prügelstrafe) sehr unglücklich war. Diese Aufenthalte zerrütteten die Gesundheit der Mutter weiter, die nur noch für immer kürzere Zeiten selbstständig mit ihren Kindern zusammenleben und für sie sorgen konnte. Zu ihrem Vater hatten die Brüder keine gute Beziehung, doch hingen sie sehr an der Mutter, die früh ihr Interesse für das Theater weckte.
 
 Anfänge am Theater
 
Schon mit neun Jahren trat Charles im Theater auf: Er wurde 1898 durch die Vermittlung seines Vaters Mitglied der Kindertanzgruppe »Lancashire Kids« in Manchester. Hier erwachten seine Neigung zur Komik und sein Ehrgeiz, er musste jedoch die Truppe anderthalb Jahre später wegen einer Asthmaerkrankung verlassen. 1901 starb der Vater an den Folgen der Trunksucht, und Sydney sorgte nun für den Unterhalt von Bruder und Mutter, die mehrfach in Irrenanstalten eingeliefert und 1905 für geisteskrank erklärt wurde.
 
Charles war fast ganz auf sich allein angewiesen, trieb sich auf den Straßen herum und lernte das unterste soziale Milieu kennen, das er genau beobachtete. Er verdingte sich als Laufbursche, Zeitungsverkäufer, Drucker, Spielzeugmacher und sogar Glasbläser, um seinen Lebensunterhalt zu fristen.
 
Langsam besserten sich seine Lebensumstände durch das Theater, das er früh als seine eigentliche Begabung erkannte. Er stellte sich in einer Bühnenagentur vor und spielte im Juli 1903 in »Jim, A Romance of Cockayne« seine erste Rolle, den Zeitungsjungen Sammy, mit der er viel Lob erntete, sodass er noch im gleichen Monat den Laufburschen Billy in dem Erfolgsstück »Sherlock Holmes« übernahm. Er wurde ein erfolgreicher Darsteller von Gassenjungen, bis er für diese Rollen zu alt wurde. Durch Sydneys Vermittlung, der 1903 zum Theater gegangen und seit 1906 Mitglied der bedeutendsten englischen Pantomimentruppe Speechless Comediens von Fred Karno war, kam auch Chaplin 1908 zu Karno. Dessen Pantomimen waren eine Mixtur aus Sketch, Clownspiel und Artistik und dem frühen Slapstickfilm eng verwandt. Die Brüder gingen mit der Truppe häufig auf Tournee, sorgten aber für Hannah Chaplin. Nach dem 1. Weltkrieg holte Chaplin seine Mutter nach Hollywood, wo sie 1928 starb.
 
Bei Karno arbeitete Chaplin in dem Metier, das ihm kongenial war, der Pantomime. Hier schulte und entwickelte er seine schauspielerischen Fähigkeiten, entwarf komische Charaktere, erfand Gags, trainierte Akrobatik und entwickelte ein Gefühl für präzises Timing. Er spielte bald Hauptrollen in mehreren Sketchen (»Mumming Birds«, »A Night in the Show«) und stieg rasch zum Star auf. Im Herbst 1908 führte ihn seine erste Auslandstournee nach Paris, von September 1910 bis Juni 1912 reiste er bei seiner ersten Amerikatournee quer durch die USA, von denen Chaplin begeistert war.
 
 Der Start beim amerikanischen Film
 
Gleich nach der Rückkehr ging Chaplin auf Tournee nach Frankreich, und noch im Oktober 1912 brach er zur zweiten USA-Tournee auf, die zur Schicksalswende für ihn wurde: Auf Anregung des Regisseurs Mack Sennett engagierten ihn die Inhaber der Keystone-Filmgesellschaft am 25. September 1913 für ein Jahr mit einer wöchentlichen Gage von 150 $, doppelt so viel, wie er bei Karno pro Woche erhielt. Ab Januar 1914 arbeitete er in den Keystone-Studios in Los Angeles und seine einzigartige Karriere begann. Sennetts Slapstickkomödien gefielen Chaplin nicht sonderlich. Er fand sie ihres überzogenen Tempos wegen für seine Art der Komik und sein langsameres Timing nicht geeignet.
 
Der zwischen persönlicher Schüchternheit und starkem Selbstbewusstsein als Künstler schwankende Chaplin hatte zunächst Schwierigkeiten bei der Filmarbeit. Er kam mit dem Regisseur Harry Lehrmann nicht zurecht und fand auch in dem großen komischen Ensemble der Keystone Company nicht auf Anhieb seinen Platz.
 
Sein erster Film »Making a Living« (»Man schlägt sich durch«, 1914) zeigt ihn als Reporter in einer an Max Linders Stutzertypen erinnernden Aufmachung mit großem Schnurrbart, Zylinder, Gehrock und Spazierstock. Doch schon fünf Tage später, am 7. Februar 1914, trat Chaplin in dem Kurzfilm »Kid Auto Races in Venice« (»Seifenkistenrennen in Venice«) in dem Legende gewordenen Trampkostüm auf, das ihn weltberühmt machte: zu große Schuhe, zu weite Hose, zu enge Weste, Melone und natürlich der kurze Schnurrbart und das dandyhafte Stöckchen. Das in spontanem Genieblitz entworfene Kostüm wurde später kaum mehr geändert, der Charakter des Tramps vertiefte sich aber erst nach und nach.
 
 Die ersten Regiearbeiten
 
Chaplin führte bereits im April 1914 selbst Regie bei seinen Filmen, in denen er Autor, Hauptdarsteller, Regisseur, Cutter, bald auch Produzent und Komponist in einer Person war. Dieser unglaublich schnelle Aufstieg war nur möglich, weil Chaplins Trampfigur und seine Komik beim Kinopublikum auf Anhieb sensationell erfolgreich waren und die Kinobesitzer dringend neue Filme mit dem kleinen Kerl mit der Melone verlangten: Der »komischste Mann der Welt« war bereits nach einem Jahr und 35(!) Filmen der beliebteste Filmstar. Der jedes Maß sprengende Erfolg Chaplins bei Menschen jeden Alters, jeder sozialen Schicht, in allen Kulturkreisen und Ländern, in denen Filme gezeigt werden, ist nur damit zu erklären, dass Chaplin als einzigem Filmschaffenden die Schöpfung einer archetypischen Figur gelungen war. Der Tramp, dieser romantische Träumer und melancholisch-schüchterne Liebhaber, der ewige Verlierer und Getretene, der seine Niederlage nie akzeptiert, sich immer wieder erfindungsreich auf krass-anarchische Art wehrt und die Lacher auf seiner Seite hat, rührt an Tiefenschichten des Unbewussten. Er wird zur idealen Projektions- und Identifikationsfigur für unerfüllte Wünsche, Träume, Sehnsüchte und Hoffnungen. Chaplins Filme entlasten von den Sorgen des Alltags, ohne dass Chaplin eine reine Traumwelt schuf. Vielmehr schlug er komische Funken gerade aus der kritischen Schilderung der oft genug erbärmlichen Verhältnisse.
 
Chaplin löste sich schon in seinen ersten eigenen Filmen deutlich von Sennett. Er benutzte mehr Großaufnahmen, nahm den mimischen Ausdruck zurück und vermied übertriebenes Grimassieren. Die körperliche Aktion wurde eleganter und tänzerischer, und die Gags wurden sinnfällig in den Handlungsablauf eingebaut. Chaplin schuf eine neuartige Komödie der Emotionen: Die Beziehungen des Tramps zu den anderen Personen stehen im Vordergrund, Gefühle und Gedanken werden mittels Pantomime und Kamera ausgedrückt. Fast jeder Film zeigte die Fortschritte des jungen Filmemachers, der mit dem neuen Medium unermüdlich experimentierte. Dabei knüpfte er an den reichen Fundus des komischen Materials an, das er vom englischen Vaudeville mitbrachte: »Laughing Gas« (»Lachgas«) ist eine Sammlung komischer Gags zum Thema Zahnarztpraxis; in »The Property Man« (»Der Requisiteur«) spielt er den Requisiteur in einem Vaudeville-Theater, und in »The Rounders« (»Die Zechtouristen«) blickt er zurück auf die Galerie von Trunkenbolden, die er bei Karno gespielt hat. Doch mit »The Face on the Bar Room Floor« (»Das Gesicht auf dem Boden der Bar«) wagte er sich bereits auf Neuland und versuchte, Komödie mit Melodrama zu verbinden, und »The New Janitor« (»Der neue Hausmeister«) zeigt eine sehr subtile Handhabung von Kamera und Schnitt. Ende 1914 spielte er unter Sennetts Regie auch in der ersten abendfüllenden Filmkomödie »Tillie's Punctured Romance« (»Tillies gestörte Romanze«).
 
 Die Zeit der Unabhängigkeit
 
Chaplins Erfolg belegen die konkreten Zahlen: Ende 1914 schloss er einen Vertrag mit Essanay über 15 Filme in einem Jahr und erhielt eine Wochengage von 1 250 $ plus einen Bonus von 10 000 $; beim nächsten Engagement bei Mutual stieg seine Wochengage auf 10 000 $ und der Bonus auf 150 000 $ für nur sieben Filme, die Chaplin mit mehr Zeit und größerer Freiheit produzieren konnte.
 
Er gründete eine eigene Produktionsfirma, mit der er ab 1917 für die First National mit über einer Million Dollar Jahresgage acht zweiaktige Filme herstellte; kein Filmstar hat je vorher eine solche Gage erhalten. Er baute 1918 sein eigenes Studio in Hollywood und 1919 gründete Chaplin mit Mary Pickford, Douglas Fairbanks und David W. Griffith die Produktions- und Verleihfirma United Artists. Damit hatte Chaplin den letzten Schritt zur völligen Unabhängigkeit getan. Er ist wohl der einzige Filmkünstler, der sich eine solche Position erobern konnte.
 
Mit dem Erfolg stiegen aber auch Chaplins Ansprüche an seine Filme und seine Angst, die Gunst des Publikums und damit auch sein Vermögen, das er in seine Produktionen investierte, zu verlieren. Daraus resultierte ein fast zwanghafter Wille zur Perfektion.
 
 Die Meisterwerke
 
Sobald Chaplin sein eigener Herr war, wurden seine Filme reifer, persönlicher, kühner und sozialkritischer. In »Work« (»Arbeit«, 1915) ist der Tramp einem schweren Karren wie ein Maultier vorgespannt und wird mit der Peitsche angetrieben - ein eindringlicheres Bild ausbeuterischer Arbeit hatte es im Kino vorher nicht gegeben. Vor allem entwickelte er den Charakter des Tramps, der sich auch melancholische und rührende Eigenschaften zulegt, auch künstlerisch begabt ist und oft als Musikant auftritt. Chaplin wagte es, Komödien ohne Happyend zu drehen: In »The Tramp« (»Der Tramp«, 1915) bekommt der kleine Kerl das Mädchen erstmals nicht zum Schluss; mit dem berühmt gewordenen Fußkick entschwindet er einsam und stöckchenschwenkend auf einer staubigen Straße unseren Blicken - ein von Chaplin vielfach variiertes Ende seiner Filme.
 
Die Jahre bei Mutual (1916/17) und First National (1918-1923) waren für Chaplin glücklich und sehr kreativ, es entstanden seine Meisterwerke »The Pawnshop« (»Das Pfandhaus«, 1916), »The Rink« (»Die Rollschuhbahn«, 1916), »The Cure« (»Die Kur«, 1917) und »The Immigrant« (»Der Einwanderer«, 1917); mit »A Dogs Life« (»Ein Hundeleben«, 1918) lieferte Chaplin eine sowohl komische wie tief bewegende soziale Studie; »Shoulder Arms« (»Gewehr über«, 1918) ist die bis heute beste Satire über Militär und Krieg, die Chaplin als engagierten Pazifisten ausweist und die zu Protesten gegen ihn in der amerikanischen Presse führte. »The Idle Class« (»Die feinen Leute«, 1921) ist eine bissige Gesellschaftssatire, und in »The Pilgrim« (»Der Pilgrim«, 1923) weist der als Prediger verkleidete Tramp auch auf die religiöse Dimension der Figur hin: Er ist der neue David, der unermüdlich gegen die »Goliaths dieser Welt« streitet. - Am 23. Oktober 1918 heiratete Chaplin die 16-jährige Mildred Harris, die Ehe wurde im November 1920 geschieden. Für die First National drehte Chaplin in fast zweijähriger Arbeit seinen ersten abendfüllenden Film »The Kid« (1921), in dem er endgültig die spezifische Mischung aus Melodrama und Komödie fand, die ihm schon lange vorschwebte und mit der er das amerikanische Erzählkino entscheidend beeinflusst hat. In Jackie Coogan, der durch den Film zu dem berühmtesten Kinderstar der Zeit wurde, fand Chaplin einen hoch talentierten Partner. Als Tramp konnte Chaplin die ganze Skala menschlicher Empfindungen darstellen. Der Film wurde ein Welterfolg.
 
1921 reiste Chaplin in den Osten der USA und nach Europa. Der enthusiastische Jubel, der ihm überall entgegenschlug, ließ ihn erstmals seine ungeheure Popularität erkennen. Nur in Deutschland, wo seine Filme wegen des Weltkriegembargos noch nicht gezeigt wurden, war er noch unbekannt, doch schon bald verfiel auch Deutschland in einen Chaplinrausch. In Berlin lernte er die Filmschauspielerin Pola Negri kennen, mit der ihn für kurze Zeit eine leidenschaftliche Beziehung verband. Zurück in den USA inszenierte Chaplin »A Woman in Paris« (»Die Nächte einer schönen Frau«, 1923) mit Edna Purviance und Adolphe Menjou, eine Sittenkomödie, die zwar von der Kritik als Meisterwerk erkannt wurde, das dieses Genre erneuert und ihm sein modernes Gepräge gibt, aber beim Publikum durchfiel, weil der Tramp hier nicht auftritt. Verblüffend sind die neuartigen Charaktere in diesem Film: Der Schuft ist charmant und sympathisch, die Heldin zwar keine Hure (wegen der Zensur), aber auch nicht rein und unschuldig und der Held ist ein Schwächling. Noch heute modern ist die von Chaplin entwickelte neue Schauspieltechnik der »expressiven Zurückhaltung«.
 
Im Januar 1924 begann Chaplin mit den Vorbereitungen zu »The Gold Rush« (»Goldrausch«). Seine ursprünglich vorgesehene Partnerin war Lita Grey (eigentlich Lolita McMurray). Chaplin verliebte sich in die knapp Sechzehnjährige und heiratete sie nicht ganz freiwillig im November 1924, da sie von ihm schwanger war. Aus der von Beginn an unglücklichen Beziehung stammen die Söhne Charles jun. und Sydney jun. Im August 1927 wurde die Ehe geschieden. Die Scheidungsklage Lita Greys war Grundlage einer Hetzkampagne gegen Chaplin. Trotz der desolaten Situation konnte Chaplin »Goldrausch« (1925) mit Georgia Hale als Partnerin fertig stellen. Der Film zeigt ihn auf dem Höhepunkt seiner Kunst: Die Goldsuche als Parabel des menschlichen Lebens ist ebenso unvergesslich wie die Slapstickszenen, z. B. der gekochte Schuh (der aus Lakritz war), den er und sein Kumpel verspeisen, oder der Brötchentanz, die vielleicht graziöseste Szene, die Chaplin je gespielt hat. Handlung und Aussage des Films bilden eine unauflösliche Einheit mit den Gags, die alle aus lebensbedrohenden oder tragischen Situationen entwickelt werden (Hunger, Einsamkeit, Verlassenheit).
 
 An der Schwelle zum Tonfilm
 
Der danach begonnene Film »The Circus« (»Der Zirkus«) hatte am 6. Januar 1928 Premiere. Er verdient besonderes Interesse, weil Chaplin hier Wesen und Ursachen seiner Komik und seiner Wirkung thematisierte und darüber reflektierte. Noch während der Arbeit an »Circus« kam der Tonfilm auf und trat mit »The Jazz Singer« (»Der Jazzsänger«) im Oktober 1927 seinen Siegeszug an. Von dieser radikalen Umwälzung war Chaplin besonders betroffen, und er geriet in eine existenzielle Schaffenskrise, die sich in den langen Pausen zwischen den Filmen widerspiegelt. Zwar war seine Stimme, von der er sofort Probeaufnahmen machte, durchaus tonfilmgeeignet, aber seine Kunst war die Pantomime: Der Tramp ist stumm und eben deshalb überall auf der Welt verständlich. Chaplin erkannte, dass er mit der immer an nationale und kulturelle Grenzen gebundenen Sprache die universale Figur aufgeben musste, und beschloss, als einziger Filmemacher überhaupt, weiterhin Stummfilme zu drehen und die neue Tonspur nur für von ihm selbst komponierte Musik und Geräuscheffekte zu benutzen.
 
Die Herausforderung durch den Tonfilm steigerte seinen Zwang zur Perfektion, die Arbeiten an »City Lights« (»Lichter der Großstadt«) dauerten fast drei Jahre. Hier verband Chaplin die sozialkritische Geschichte eines Millionärs, der nur in betrunkenem Zustand menschenfreundlich ist, mit der romantischen Liebe des Tramps zu dem blinden Mädchen.
 
»Lichter der Großstadt« (1931) wurde ein ungeheurer Erfolg. Chaplin reiste 1931 nach Europa, wo er überall enthusiastisch gefeiert wurde. Seine Schaffenskrise war jedoch noch nicht beendet und er unternahm 1932 eine ausgedehnte Reise in den Fernen Osten. Chaplin interessierte und engagierte sich unter dem Eindruck der Weltwirtschaftskrise zunehmend für Politik und soziale Fragen.
 
Zurück in Hollywood begann er im März 1933 mit »Modern Times« (»Moderne Zeiten«, 1936) seinen sozialkritischsten Film. Chaplin zeigte die rücksichtslose Ausbeutung der Arbeiter, die Mechanisierung und Entindividualisierung des Menschen am Fließband und die Folgen massenhafter Arbeitslosigkeit. Der Film ist eine präzise Analyse kapitalistischer Produktionsmethoden, wobei Chaplin auch die Rolle der Medien und des Staates untersuchte. Aus dem Tramp ist ein Fließbandarbeiter geworden und erst, als die Maschine ihn verschluckt und wieder ausspuckt, wird er wieder zum alten, unangepassten Tramp, der sofort ein Chaos in der Fabrik anrichtet. In der rationalisierten und profitorientierten Welt ist kein Platz mehr für ihn, seine Integrationsversuche müssen scheitern, sodass er schließlich gemeinsam mit einer ihm ebenbürtigen Gefährtin der Zivilisation den Rücken kehrt und auf Nimmerwiedersehen unseren Blicken entschwindet.
 
Die Sensation seines letzten Stummfilms war Chaplins Stimme. Chaplin hat die Sprache auf geniale Weise in den Film integriert: Nur die Herrschenden verfügen über die Sprache, die zu Befehlen, zur Lüge und zur Werbung missbraucht wird. Die Proletarier bleiben stumm, der Tramp spricht nicht, sondern singt, und zwar ein unverständliches Kauderwelsch, das nur durch die begleitende Pantomime verstehbar wird. Allerdings wurde der Film mit seinen hinreißenden Slapstickeinfällen erst im Lauf der Zeit zu einem der großen Klassiker des Kinos.
 
 Die Tonfilmzeit
 
Chaplins neue Filmpartnerin und Lebensgefährtin in den folgenden Jahren war Paulette Goddard. Sein Haus wurde zum gesellschaftlichen Mittelpunkt von Hollywood. Nach einer weiteren Reise nach Ostasien, auf der er und Paulette heirateten, begann Chaplin im Oktober 1938 mit der Arbeit an »The Great Dictator« (»Der große Diktator«, 1940), einer Satire über Hitler und die Nazis.
 
Die Filmidee basiert auf der verblüffenden Ähnlichkeit zwischen dem Tramp und Hitler. Im Dritten Reich waren die Filme des fälschlich als Juden diffamierten Chaplin verboten, bereits 1931 hatten SA-Verbände Aufführungen von »Lichter der Großstadt« gestört. Chaplin hatte in seinem ersten Sprechfilm den Tramp in zwei Charaktere aufgespalten und spielte eine Doppelrolle: den kleinen, gutherzigen jüdischen Friseur und den brutal-grotesken Diktator Hynkel. In diesem ersten Antinazifilm des amerikanischen Kinos, gegen den es viele Widerstände und Proteste auch in den USA gab, stellte Chaplin sehr realistisch den Nationalsozialismus und die von ihm verübten Gräuel dar. Vor allem Hitler hat er genau studiert, um ihn lächerlich zu machen, ohne dabei seine Gefährlichkeit zu unterschätzen. Hynkel schreit, grunzt und spuckt seine verkauderwelschten Reden aus wie Munition und sein grotesker Tanz mit der Weltkugel zu Klängen von Wagners Lohengrin offenbart seine größenwahnsinnigen Machtträume.
 
»Der große Diktator« gilt als eine der bedeutendsten antinationalsozialistischen Satiren, dennoch hat Chaplin später geschrieben, dass er den Film nicht gedreht hätte, wenn er die Wahrheit über die Vernichtungslager gewusst hätte. In der Schlussszene machte Chaplin den Film zur politischen Tribüne und rief zum Widerstand gegen die faschistischen Diktatoren und zum Kampf für eine humane Welt auf. Die viel diskutierte idealistisch-kämpferische Rede ist 1940 begeistert aufgenommen und vielfach auch im Druck verbreitet worden, sie wurde als Appell an die USA (Kriegseintritt 8. Dezember 1941; Kriegserklärung Deutschlands an die USA 11. Dezember 1941) aufgefasst, sich am Kampf gegen Nazideutschland aktiv zu beteiligen. Chaplin hielt die Rede auch bei politischen Kundgebungen und engagierte sich während des Krieges für die Unterstützung der verbündeten Sowjetunion und den Aufbau einer zweiten Front in Europa.
 
1942 wurde Chaplin von Paulette Goddard geschieden. Im selben Jahr brachte er die Tonfassung von »Goldrausch« heraus. Während der Vorbereitung von »Monsieur Verdoux« strengte die Schauspielerin Joan Barry eine Vaterschaftsklage gegen Chaplin an und er wurde wegen angeblicher Begünstigung der Prostitution angeklagt. Zwar wurde Chaplins Unschuld erwiesen (trotzdem wurde er zu Unterhaltszahlungen verpflichtet), doch ließen die Prozesse und Angriffe selbst ernannter Tugendwächter und Kommunistenjäger die Stimmung der amerikanischen Öffentlichkeit gegen Chaplin umschlagen und es begannen Jahre einer hysterischen Hexenjagd gegen ihn. Mitten in den bis 1945 andauernden gerichtlichen Auseinandersetzungen heiratete Chaplin in vierter Ehe am 16. Juni 1943 die erst 18-jährige Oona O'Neill, Tochter des Dramatikers Eugene O'Neill. Mit ihr fand er sein Lebensglück und die Kraft, die Verleumdungskampagnen zu ertragen. 1944 wurde die Tochter Geraldine, das älteste der acht gemeinsamen Kinder, geboren.
 
In seiner modernen Version des Blaubart-Stoffes »Monsieur Verdoux« (1947) nahm Chaplin auch Stellung zu den Verfolgungen der letzten Jahre, vor allem aber zeichnete er ein pessimistisches Bild der modernen Zivilisation, die den staatlichen Massenmord zelebriert und legalisiert. Chaplin spielte dabei sowohl auf die nationalsozialistische Vernichtungsmaschinerie an als auch auf den 2. Weltkrieg und die amerikanische Atombombe. Bei der herrschenden Anti-Chaplin-Stimmung fand der Film in den USA keine positive Resonanz, aber auch in Europa waren Publikum und Kritik von Chaplins düsterer Ironie eher verstört.
 
 Nach Verfolgungen in den USA wieder in Europa
 
Die Hetze gegen Chaplin war mit Ende der Prozesse noch lange nicht beendet, die Presse forderte seine Ausweisung, und im Juli 1947 wurde er vor das »Komitee zur Untersuchung unamerikanischer Betätigung« (»House of Un-American Activities Committee«, Abkürzung HUAC) geladen; sein Einsatz für die verbündete Sowjetunion wurde ihm jetzt ebenso zum Verhängnis wie seine Freundschaft zu kommunistischen Künstlern. In einem ironischen Telegramm an das Komitee bezeichnete sich Chaplin als »Friedenshetzer« und plante, bei der Vernehmung im Trampkostüm zu erscheinen, worauf die Vorladung zurückgenommen wurde.
 
Trotz der Belastungen schuf Chaplin von 1948 bis 1952 seinen Bekenntnisfilm »Limelight« (»Rampenlicht«), den er in London uraufführen ließ (23. Oktober 1952). Während er sich auf der Überfahrt dorthin befand, wurde ihm die Wiedereinreisegenehmigung in die USA entzogen. Chaplin entschloss sich, in Europa zu bleiben. 1953 bezog er mit der Familie sein Haus Manoir de Ban in Corsier-sur-Vevey am Genfer See. Er schnitt alle Fäden zu den USA ab, wo seine Filme fortan boykottiert wurden.
 
Die Auseinandersetzungen um Chaplin überschatteten seine Filme; die Kritik fand »Rampenlicht« nicht komisch genug und zu geschwätzig für das Genie der Pantomime. Dabei wurde übersehen, dass Chaplin zu diesem Film die Musik für ein wunderbares Ballett geschaffen hat. Der Film erweist sich als eine tiefgründige Meditation über das Altern und über Rolle, Aufgabe und Sendung des Clowns, der bezeichnenderweise Calvero heißt (von calvary »Kalvarienberg«), der andere Menschen erlöst und sich dafür opfert. Die autobiografischen Bezüge des Films unterstrich Chaplin, indem er fast seine gesamte Familie, Freunde und Weggefährten wie den genialen Filmkomiker Buster Keaton auftreten ließ. 1956 drehte Chaplin in London das Satyrspiel »A King in New York« (»Ein König in New York«, 1957), in dem er bewies, dass seine komische Kraft und seine Erfindungsgabe ebenso wenig gebrochen waren wie sein politisches Engagement. In der brillanten Satire rechnete er schonungslos mit dem McCarthyismus ab und attackierte sowohl den American Way of Life als auch das neue bunte Medien- und Werbezeitalter. Mitten im Kalten Krieg verübelten ihm dies Publikum und Kritik und erst in den 70er-Jahren wurde der mutige Film als Meisterwerk erkannt.
 
Chaplin arbeitete unermüdlich weiter: 1958 brachte er die »Chaplin Revue« heraus, eine Zusammenstellung früher Filme, 1964 veröffentlichte er seine Autobiografie, 1966 drehte er seinen letzten Film, die ironisch-elegante Gesellschaftskomödie »A Countess from Hong Kong« (»Die Gräfin von Hongkong«, 1967), in der er kurz als Steward auftritt, 1969 komponierte er die Musik für die Tonfassung von »Der Zirkus«.
 
1954 erhielt er den Preis des Weltfriedensrates, 1962 wurde er Ehrendoktor der Universität Oxford, 1971 Mitglied der französischen Ehrenlegion, 1972 bekam er in Venedig den Goldenen Löwen, und auch Hollywood versöhnte sich mit dem »einzigen Genie, das der Film hervorgebracht hat« (G. B. Shaw), und zeichnete ihn 1972 mit einem Ehren-Oscar für seine »unschätzbaren Verdienste um die Filmkunst« aus. 1975 wurde er von Königin Elisabeth II. von England in den Adelsstand erhoben. Am 25. Dezember 1977 starb Sir Charles Spencer Chaplin in seinem Wohnsitz Manoir de Ban in Corsier-sur-Vevey.


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