Значение слова "CHRYSOSTOMOS: MEISTER DER HOMILIE" найдено в 1 источнике

CHRYSOSTOMOS: MEISTER DER HOMILIE

найдено в "Universal-Lexicon"

Chrysostomos: Meister der Homilie
 
Kein anderer Prediger des christlichen Ostens hat zu seiner Zeit und über die Jahrhunderte hin eine so tief greifende und nachhaltige Wirkung auf seine Hörer und Leser ausgeübt wie Erzbischof Johannes Chrysostomos, der von 386 bis 404 in den Metropolitankirchen Antiochias und Konstantinopels wirkte. Im Westen wäre ihm nur der ganz anders geartete Augustinus von Hippo an die Seite zu stellen. Neben seinen Schriftkommentaren im Stil der textnahen Exegetenschule Antiochias und in engster Verbindung zu ihnen stellen die zahlreichen Predigten zu besonderen Anlässen, vor allem aber zu den Sonn- und Feiertagen, den Festen der Märtyrer und den heiligen Zeiten, sein eigentliches Lebenswerk dar. Chrysostomos predigte gegen die christologische Irrlehre der Arianer, der Anhänger des alexandrinischen Priesters Arius, gegen die Gesetzesfrömmigkeit der Juden beziehungsweise Judenchristen, was ihm den unverdienten Vorwurf des Antisemitismus eintrug, gegen die Wiederbelebungsversuche des Heidentums durch Julian den Abtrünnigen, gegen die Feinde des Mönchtums unter den. Christen, vor allem aber gegen die Reichen und Mächtigen; und es waren die sieben Homilien über den reichen Prasser und den armen Lazarus, die letztlich 404 zu seiner Absetzung als Bischof und zur Verbannung durch den Kaiser führten.
 
Chrysostomos nahm seine Heimatstadt in Schutz, als nach einem durch Steuererhöhung verursachten Aufruhr und der Zerstörung kaiserlicher Statuen die Gefahr einer Strafexpedition drohte.Seine Hörer, ungebildete Sklaven und Tagelöhner, Schauspieler, Handwerker, Soldaten, aber auch Gelehrte und Frauen aller Stände, faszinierte wohl sein totales Aufgehen in der übertragenen Aufgabe, die ihn - nach eigenem Geständnis - oft bis in die nächtlichen Träume verfolgte. »Ich kenne kein anderes Leben als euch und die Sorge für eure Seelen«, rief er einmal den Gläubigen zu. Chrysostomos war kein spekulativer Theologe, aber auch kein simpler Moralist, sondern ein um die spirituellen Grundlagen christlichen Handelns ringender Seelenführer. - Zu den besten Beispielen seiner Beredsamkeit gehören seine Homilien zum Römerbrief; nach Meinung seines Bewunderers Isodorosvon Pelusion hätte Paulus seine Briefe nicht anders auslegen können. Dass Chrysostomos in einer Predigt oft ganz verschiedene Dinge anspricht, erklärt er damit, dass für verschiedene Krankheiten nicht einfach die gleiche Medizin verabreicht werden könne. Gelegentlich lange Einleitungen sollten dazu dienen, die von einzelnen Hörern versäumten Predigten ins Gedächtnis zu rufen. Chrysostomos sprach auf der Kanzel immer frei, aber gut vorbereitet; nur eine unvorhersehbare Katastrophe, man nimmt dies bei dem Erdbeben von 396 in Antiochia an, konnte ihn zu einer Stegreifpredigt veranlassen. Die erhaltenen Aufzeichnungen sind wohl mitschreibenden Stenografen zu verdanken. Bei deutlicher Unaufmerksamkeit im Kirchenraum konnte er auch unwillig auffahren; andere Randbemerkungen, etwa über Gedrängel und Taschendiebe, über Müdigkeit und Beifall der Zuhörer, zeigen, dass der Prediger das Auditorium stets fest im Blick behielt. Seine Stimmungen konnte er durch blendende Gegensätze, Steigerungen und Fantasiebilder zum Ausdruck bringen. All seine Reden leben - anders als die seines heidnischen Lehrers Libanios - von ihrem reichen und tiefen Gehalt, nicht von der kunstgerechten Anwendung rhetorischer Stilmittel.
 
Den sichtlichen Erfolg suchte Chrysostomos nicht zu verschweigen. »Mit jedem Gottesdienst sehe ich, wie das Saatfeld größer wird, die Ernte reichlicher, die Scheune voller, die Garben zahlreicher.« Auf der anderen Seite hatte er starke Konkurrenz: die häufigen, zum Teil gleichzeitigen, störenden Darbietungen in Theater und Zirkus, denen vor allem die unteren Volksschichten unwiderstehlich verfallen waren. Aber selbst ein »Goldmund« konnte diesen Massengeschmack nicht ändern. Dennoch behalten viele seiner Mahnungen bleibende Gültigkeit. Aus diesem Grund wurden die Predigten immer wieder abgeschrieben, exzerpiert, in viele Sprachen übersetzt und imitiert, besonders in der slawischen Orthodoxie, wo sie oft statt eigener Predigten im Gottesdienst verlesen wurden. Der schon von Abt Neilos im 5. Jahrhundert aufgebrachte Beiname »Goldfluss« hat sich für den unerschrockenen Prediger, der im Exil in den Briefen an die ihm treue und vertraute Diakonissin Olympias seine letzte menschliche Reife erfahren durfte, bis in die Gegenwart bewahrheitet.
 
Prof. Dr. Gerhard Podskalsky
 
Literatur:
 
Baur, Chrysostomus: Der Heilige Johannes Chrysostomus und seine Zeit. 2 Bände. München 1929—30.
 Klasvogt, Peter: Leben zur Verherrlichung Gottes. Botschaft des Johannes Chrysostomos. Ein Beitrag zur Geschichte der Pastoral. Bonn 1992.


T: 40